Das Imperium schlägt zurück

Von Christoph Köckeis
Kanada hofft bei der WM-Endrunde in Schweden und Finnland endlich Gold zu bejubeln
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9. Deutschland

Die DEB-Cracks sind nicht unbedingt zu beneiden: Nackenschlag um Nackenschlag setzte es in den letzten Jahren. All das verstärkt durch die historische WM 2010: Unter Regie von Uwe Krupp stieß man im eigenen Land in ungeahnte Sphären empor. Rang vier - eine Messlatte, die fortan unerreicht blieb.

DEB-Präsident Uwe Harnos im SPOX-Interview: "Ein Präsident schießt keine Tore"

Sotschi 2014 wurde blamabel verpasst, das 0:8 gegen Schweden in der Vorbereitung passte in das zerrüttete Gesamtbild. Positive Ausnahme: Das rehabilitierende 5:2 am Folgetag. Gleichwohl wäre man gut beraten, die Ansprüche zurückzuschrauben. Ansonsten, das akzentuierten zwei (knappe) Pleiten gegen die Schweiz, scheint Deutschland zum Scheitern verdammt.

Kratzen, kämpfen, beißen - klassische Tugenden werden im hohen Norden wegweisend sein. In den Auftaktspielen begegnet man Finnland sowie Russland. Die weiteren Gegner: Slowakei, USA, Österreich, Lettland und Frankreich. Das Viertelfinale scheint nicht realistisch, aber mit dem Abstieg darf die Cortina-Truppe nichts zu tun haben.

Player to watch: Christian Ehrhoff. Er ist ein Multimillionär. Ein gestandener Profi auf der veritabelsten Bühne, der NHL. Und ein Ehrenmann. Der Sabres-Defender glänzt nicht mit Abwesenheit, hält nach 48 Spielen in der NHL bei der WM für Deutschland seine Knochen hin. Panthers-Forward Marcel Goc zieht die WM ebenfalls dem Urlaub vor. Respekt!

10. Österreich

Seit der WM 2005 plagt Österreich das gleiche Schicksal: Kaum in der Weltelite angekommen, folgt der Abstieg. Das Fahrstuhl-Dasein soll endgültig abgelegt werden. Blöd nur, dass Stützen fehlen. Etwa Thomas Raffl (Lungenriss), Matthias Trattnig oder Pechvogel Rafael Rotter, dessen Karriere von Rückschlägen erschüttert wird.

Die geglückte Olympia-Qualifikation, als man Deutschland eliminierte, verschleiert viele Missstände. Hoffnungsträger sind in der Alpenrepublik rar gesät. Einer davon: Bernhard Starkbaum. Der gebürtige Wiener hielt im Premieren-Jahr in der Elitserien für Traditionsverein MODO glänzend. Nun kann er der NHL ein weiteres Empfehlungsschreiben widmen.

Player to watch: Thomas Vanek. Er ist das Aushängeschild in Rot-weiß-rot. Seit dem Draft '03 wirbelt er die NHL-Scorerlisten durcheinander. 51 Punkte brachten dem 29-Jährigen diesmal Rang neun ein. Wenn es läuft, kann er Konkurrenten im Alleingang erledigen. Ein Fragezeichen prangt über der sehr kurzfristigen Anreise.

11. Dänemark

Lange verdingte sich Dänemark in den Niederungen, pendelte zwischen B- und C-WM. Bis nach der Jahrtausendwende der Durchbruch folgte. Seit dem Wiederaufstieg 2002 waren die Skandinavier nicht aus der Weltgruppe zu verdrängen.

2010 erlebte man das Highlight: Noch nie klassierte sich die Nationalmannschaft besser als auf Platz zehn, in Deutschland wurde man Achter. Übrigens: Ein Gros ist in der DEL und Schweden engagiert. So lässt sich die spielerische Ausbildung begründen.

Player to watch: Mikkel Boedker. Der Coyotes-Stürmer verleiht den Dänen etwas NHL-Power im Angriff. Der 23-Jährige hat eine solide Saison (26 Punkte) hinter sich. In der Verteidigung heißt der NHL-Crack der Dänen Philip Larsen (Stars).

12. Weißrussland

Schwieriges Unterfangen für Weißrussland: Zuvor oftmals als potenzieller Viertelfinalist gehandelt, zeigte die Ergebnis-Kurve in den vergangene drei Jahren nach unten. Die Talfahrt könnte nun im erstmaligen Abstieg seit 2004 münden.

Das Aufgebot wurde aus Akteuren der KHL und der heimischen Liga zusammengewürfelt. Besonders Letztere geben ein Rätsel auf: Ihr Leistungsvermögen obliegt reiner Spekulation. Immerhin wies man im Testspiel die norwegische Auswahl, sprich einen Gruppengegner, in die Schranken.

Player to watch: Konstantin Koltsov. Ihm prognostizierten die Pittsburgh Penguins eine NHL-Karriere. Nicht durch Zufall kürten sie den Flügelstürmer zum 18. Pick. Nach solider Spielzeit 2003/04 mit 29 Punkten in 82 Einsätzen ging es rapide bergab. Ein Sturzflug bis in die KHL zu Atlant Mytishi.

13. Norwegen

Der Reiseaufwand ist überschaubar, für Norwegen ist es eine WM der kurzen Wege. Entsprechend werden die Supporter zahlreich ihre Helden begleiten. Die Rollen bleiben im hohen Norden dennoch eindeutig verteilt: Hinter den Gastgebern Schweden und Finnland mimt man den David. Und zwar mit Respektabstand.

Zuletzt etablierten sich die Isbjörnen, die Eisbären, allerdings, die vierte Top-10-Platzierung en suite könnte möglich sein. Internationale Härte kennen die Spieler jedenfalls, verdienen sie doch ihre Brötchen beinahe ausnahmslos in Schweden und Russland.

Player to watch: Patrick Thoresen. Er trägt die offensive Alleinverantwortung. In der NHL gescheitert, gehört der 29-Jährige zu den Hauptattraktionen der KHL. Gemeinsam mit Defender Ole-Kristian Tollefsen ist es ihm vorbehalten, das Team zu dirigieren.

14. Lettland

Rund zwei Millionen Einwohner zählt Lettland. Bei der Endrunde ist man jedoch Stammgast. In der IIHF-Rangliste wird man als Elfter geführt. Knapp hinter Deutschland (10.). Und vor Frankreich (14.), Österreich (15.) oder anderen, größeren Ländern. Stark!

Der russische Einfluss ist in der Identität nicht zu leugnen: Technisch sind die Cracks bestens geschult. Physisch hinken sie aber leicht hinterher. Es droht ein Kampf um den Klassenerhalt: In der Vorbereitung verlor man gegen Frankreich, also einen direkten Konkurrenten.

Player to watch: Miks Indrasis. In der abgelaufenen Spielzeit konnte der 22-Jährige in der KHL Fuß fassen. Für Dinamo Riga, das erst im April 2008 ins Leben gerufen wurde, verbuchte er ordentliche 26 Punkte.

15. Slowenien

Zwei Mal hielten sich die Slowenen in der A-WM. Ansonsten endeten die Gastspiele stets mit demselben ernüchternden Resultat: dem sofortigen Abstieg. Dieser scheint erneut nicht abzuwenden. Anze Kopitar trumpft zwar in der NHL auf. Ob der Playoffs steht er aber nicht zur Verfügung.

Das Idol fehlt an allen Ecken und Enden und ist keineswegs zu ersetzen. Aus dem Kader laufen einige Spieler in Deutschland, Österreich und Schweden auf. Allerdings dürfen sich die Wenigsten bei ihren Arbeitgebern als Leistungsträger fühlen.

Player to watch: Robert Sabolic. Der Stürmer wechselte erst im Januar nach Ingolstadt in die DEL, schlug dann aber mit 11 Punkten in 11 Spielen überragend ein. Die Belohnung war die Vertragsverlängerung beim ERC.

16. Frankreich

Unverhofft kommt oft: Urplötzlich fanden sich die Franzosen bei der WM 2009 auf Platz neun wieder. Schon damals glich es einem Wunder. Eine Wiederholung würde es noch toppen. Obwohl man Lettland im Vorfeld 3:1 besiegte, ist die Abstiegsgefahr akut. Alles andere wäre Realitätsverweigerung.

Spieler aus aller Welt scharrt Chef-Betreuer Dave Henderson um sich. In der NHL läuft nur Dallas-Stürmer Antoine Roussel regelmäßig auf. Prominente Namen gibt es kaum.

Player to watch: Cristobal Huet. Zugegeben, der frühere NHL-Schlussmann ist in die Jahre gekommen. Mittlerweile zählt er 37 Lenze und spielt in Lausanne. Zu Glanzzeiten stieg er bei den Canadiens zum All-Star auf, in Chicago nahm er 2010 den Stanley Cup entgegen, auch wenn er daran nur geringen Anteil hatte. An Erfahrung mangelt es ihm nicht.

Der WM-Spielplan im Überblick

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