Mit Owetschkin zum Titel-Hattrick?

Von Florian Regelmann
2009 holte sich Russland durch einen 2:1-Finalsieg gegen Kanada den WM-Titel
© Getty

Mit dem sensationellen 2:1-Erfolg gegen die USA im Weltrekord-Spiel vor 77.803 Zuschauern in der Arena auf Schalke hat Deutschland einen Traumstart in die Weltmeisterschaft erwischt. SPOX hat den deutschen Kader und den der 8 Top-Nationen genau unter die Lupe genommen und geschaut, wie viel Olympia in den jeweiligen Aufgeboten steckt.

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Deutschland

Situation: Es ist ein Do-or-Die-Turnier. Nicht nur für das DEB-Team. Für das gesamte deutsche Eishockey. Es besteht die einmalige Chance, mit Erfolgen bei einer Heim-WM einem am Boden liegenden Sport einen dringend benötigten Schub zu geben und so etwas wie Eishockey-Euphorie zu entfachen. Geht es schief, kommt man etwa nicht mal über die Vorrunde hinaus und müsste in die Abstiegsrunde, wären die Folgen verheerend.

Bundestrainer Uwe Krupp steht aller Voraussicht nach zum letzten Mal als DEB-Coach an der Bande. Spätestens seit Bekanntwerden der Krebserkrankung seiner Frau ist nicht davon auszugehen, dass Krupp weitermachen will. Für die WM hat Krupp versucht, eine laufstarke und technisch versierte Mannschaft zusammenzustellen, die defensiv kompakt steht und offensiv für Gefahr sorgt.

Die mangelnde Durchschlagskraft und die typisch deutsche Abschlussschwäche sind auch diesmal wieder die großen Probleme, die es zu lösen gilt. Die Formel für deutsche Erfolge ist denkbar einfach: Ein überragender Torwart, Kampf bis zum Umfallen, von den Fans angetrieben über die Verhältnisse spielen - und ein bisschen Scheibenglück vor dem gegnerischen Tor haben. Anders geht es nicht.

Sven Felski im SPOX-Interview

Top-Star: Marcel Goc. Der 26-Jährige hat in dieser Saison in der NHL einen gewaltigen Sprung gemacht und seinen Durchbruch gefeiert. War er in San Jose nicht viel mehr als ein Vierte-Reihe-Spieler, ist Goc in Nashville auch offensiv aufgeblüht. 12 Saisontore, 30 Scorerpunkte und ein Plus-Minus-Verhältnis von +10 deuten an, wie gut seine Saison war, aber tatsächlich war sie sogar noch besser. Goc hätte noch viel mehr als 12 Tore machen können, er erarbeitete sich Chancen en masse. Kurzum: Goc hat sich zu einem Zwei-Wege-Stürmer von gehobenem NHL-Format entwickelt. Er muss bei der WM als Captain vorneweg marschieren - und er muss scoren.

Player to watch: Justin Krueger. Justin wer? Der Sohn des ehemaligen Schweizer Nationaltrainers und des vielleicht zukünftigen Krupp-Nachfolgers Ralph Krueger hat sich sein WM-Ticket durch exzellente Leistungen in der Vorbereitung verdient. Der 23-Jährige spielt in den USA an der Elite-Uni Cornell für die Big Red - eines der besten College-Teams des Landes. Krueger ist kein spektakulärer Offensiv-Verteidiger, seine Stärken liegen in der Defensive. Er ist ein guter Schlittschuhläufer, dazu physisch stark, kann sich in den Zweikämpfen an der Bande und vor dem Tor durchsetzen und macht praktisch nie dumme Fehler. Über kurz oder lang wird man ihn bei den Carolina Hurricanes, die die Rechte an ihm haben, in der NHL sehen. Nicht als Star-Verteidiger, aber als ganz solider Nummer 4-6-Defender.

Ausblick: Zwischenrunde ist ein Muss, Viertelfinale wäre eine Sensation.

Der Kader bei der WM:

Tor: Dennis Endras (Augsburger Panther), Dimitrij Kotschnew (HK Spartak Moskau), Rob Zepp (Eisbären Berlin)

Endras muss der deutsche Halak werden: Die DEB-Goalies im Check

Verteidigung: Korbinian Holzer (DEG Metro Stars), Sven Butenschön (Adler Mannheim), Robert Dietrich (Milwaukee Admirals/NHL), Alexander Sulzer (Nashville Predators), Nikolai Goc (Hannover Scorpions), Justin Krueger (Cornell University), Constantin Braun (Eisbären Berlin)

Sturm: Sven Felski (Eisbären Berlin), Andre Rankel (Eisbären Berlin), Michael Wolf (Iserlohn Roosters), Kai Hospelt (Grizzly Adams Wolfsburg), John Tripp (Hamburg Freezers), Alexander Barta (Hamburg Freezers), Marcel Müller (Kölner Haie), Christoph Ullmann (Kölner Haie), Marcel Goc (Nashville Predators), Philipp Gogulla (Porland Pirates), Felix Schütz (Portland Pirates), Patrick Hager (Krefeld Pinguine)

 

WMOlympia
CKruppKrupp
GEndrasKotschnewZeppGreissPätzoldEndras
DHolzerDietrichEhrhoffSeidenberg
SulzerKruegerHolzerButenschön
ButenschönN. GocSchmidtBakos
Braun
SulzerFicenec
FGogullaM. GocSchützHechtM. GocSturm
WolfUllmannMüllerWolfMulockGreilinger
RankelHospeltHagerRankelFelskiTripp
FelskiBartaTrippMüllerHospeltKlinge

Kanada

Situation: Man muss sich nichts vormachen. In Kanada wird die WM in Deutschland zwar beachtet, weil einfach alles im Eishockey beachtet wird, aber die Bedeutung hält sich arg in Grenzen. Mit der olympischen Goldmedaille im eigenen Land, die märchenhaft im Finale in der Overtime gegen die USA von Sidney Crosby, dem Poster-Boy von Hockey Canada, herausgeschossen wurde, ist das Jahr jetzt schon unter "perfekt" abgehandelt.

Was jetzt noch wichtig ist, sind die laufenden Playoffs, in denen nicht nur Crosby, sondern auch noch zwei kanadische Teams (Montreal, Vancouver) vertreten sind. Wer braucht da die WM? Dennoch soll im Vorbeigehen möglichst Gold gewonnen werden - und dafür hat General Manager Mark Messier einen interessanten Kader zusammengestellt.

Von der Olympia-Mannschaft ist nur Ducks-Winger Corey Perry dabei, aber dafür wimmelt es von jungen Talenten wie Steven Stamkos oder John Tavares. Für die richtige Mischung sorgen die Väter der Truppe: "Captain Canada" Ryan Smith und Ray Whitney. Einziges Fragezeichen ist die Torhüter-Position, die wirklich nur mittelmäßig besetzt ist. Wobei Chris Mason seine WM-Tauglichkeit 2009 in der Schweiz bewiesen hat.

Top-Star: Steven Stamkos. Es spielt überhaupt keine Rolle, gegen wen Kanada bei der WM in Deutschland spielt. Oder wer außer ihm im kanadischen Team steht. Wer eine Chance hat, Steven Stamkos beim Eishockeyspielen zuschauen zu können, der muss sie ergreifen. Der 20-Jährige gehört zum Aufregendsten, was es in der NHL gibt. Mit 51 Saisontoren teilte er sich den Torjäger-Titel mit Sidney Crosby. Mehr muss man eigentlich nicht sagen. Dass Stamkos bei den Olympischen Spielen nicht dabei war, hat viele in Kanada wütend gemacht. Dafür wird er jetzt bei der WM mächtig aufdrehen. Garantiert.

Player to watch: Tyler Myers. Drei NHL-Rookies sind für die Calder Trophy nominiert, zwei davon spielen bei der WM für Kanada: Matt Duchene und Tyler Myers. Dabei ist Sabres-Verteidiger Myers längst kein Talent mehr. Er ist erst 20 Jahre alt, aber schon jetzt ein Star. Defensiv stark, offensiv immer brandgefährlich - und praktisch immer mit der meisten Eiszeit ausgestattet. Myers ist der Traum eines jeden Trainers. Ergänzung: Jordan Eberle ist aktuell nur als Ersatz nominiert, aber sollte der 19-Jährige eine Chance bekommen, wird er auf sich aufmerksam machen. Der MVP der Junioren-WM ist zwar nur 1,80 Meter groß, aber dafür pfeilschnell, trickreich und torgefährlich.

Ausblick: Natürlich gemeinsam mit Russland der große Goldfavorit. 2008 und 2009 gab es zwei bittere Final-Niederlagen gegen die Sbornaja, eine dritte soll unbedingt vermieden werden.

Der Kader bei der WM:

Tor: Chris Mason (St. Louis Blues), Chad Johnson (New York Rangers),

Verteidigung: François Beauchemin (Toronto Maple Leafs), Brent Burns (Minnesota Wild), Kyle Cumiskey (Colorado Avalanche), Michael Del Zotto (New York Rangers), Mark Giordano (Calgary Flames), Tyler Myers (Buffalo Sabres), Kris Russell (Columbus Blue Jackets), Marc Staal (New York Rangers)

Sturm: Rene Bourque (Calgary Flames), Steve Downie (Tampa Bay Lightning), Matthew Duchene (Colorado Avalanche), Evander Kane (Atlanta Thrashers), Brooks Laich (Washington Capitals), Steve Ott (Dallas Stars), Corey Perry (Anaheim Ducks), Rich Peverley (Atlanta Thrashers), Ryan Smyth (Los Angeles Kings), Steven Stamkos (Tampa Bay Lightning), John Tavares (New York Islanders ), Ray Whitney (Carolina Hurricanes). Ersatz: Jordan Eberle (Regina Pats, WHL)

 

WMOlympia
CMacTavishBabcock
GMasonJohnson
LuongoBrodeurFleury
DMyersCumiskeyWeberNiedermayer
StaalBurns
DoughtyPronger
GiordanoRussellKeithSeabrook
Del ZottoBeaucheminBoyle
FBourqueStamkosPerryStaalCrosbyIginla
DucheneTavaresWhitneyMarleauThorntonHeatley
SmithPeverleyKaneRichardsToewsNash
LaichOttDownieBergeron/MorrowGetzlafPerry

 

Russland

Situation: Es waren keine 30 Minuten im Viertelfinale des olympischen Eishockey-Turniers gespielt, da war Russland am Boden. 2:7! Im Spiel der Spiele wurde die Sbornaja von Kanada vorgeführt. Sportlich hingerichtet. Lächerlich gemacht. Wie man es auch bezeichnen will.

Russland war im Stolz verletzt und wird alles unternehmen, um als amtierender Weltmeister in Deutschland ein starkes Turnier zu spielen und den Titel erneut zu verteidigen. Der Kader ist absolut hochkarätig besetzt. Abgesehen von Alexander Owetschkin können dank eines frühen Ausscheidens in den NHL-Playoffs auch Alexander Semin, Ilja Kowaltschuk und Alexander Frolow dabei sein.

Das Talent ist wie immer unbestritten. Aber genauso ist es wie immer die Frage, ob es die Russen schaffen werden, als echtes Team aufzutreten. Die Chemie zwischen den NHL-Jungs und der KHL-Fraktion soll auch in Vancouver nicht die beste gewesen sein.

Top-Star: Alexander Owetschkin. Er wollte endlich den Stanley Cup gewinnen - und sitzt plötzlich in einem Hotel in Köln. So kann es gehen. Nach dem unglaublich bitteren Ausscheiden aus den NHL-Playoffs mit den Washington Capitals gegen die Montreal Canadiens überrascht es sicher viele, dass Ovie eine WM spielt, aber bei genauerer Betrachtung ergibt es Sinn. Statt sich zu Hause in den Schlaf zu weinen und sich am Fernseher anzuschauen, wie Sidney Crosby nach Stanley-Cup-Sieg und Olympia-Gold vielleicht schon wieder den Cup holt, hat er ein bisschen Spaß mit seinen russischen Freunden und kann im optimalen Fall wenigstens WM-Gold holen. Das würde die Saison zwar nicht retten, aber hey, besser als nichts. Und er ist weit weg von Jaroslav Halak... Owetschkins größter Albtraum wäre wohl, wenn Montreal ausscheidet und die Slowakei den Keeper nachnominiert.

Statistik: Top-Torschützen und Top-Torhüter der WM

Player to watch: Nikolai Kulemin. Die Toronto Maple Leafs haben auch in diesem Jahr wieder die Playoffs verpasst, aber das lag sicher nicht an Kulemin. Der 23-Jährige hat sich in der NHL durchgesetzt und gehört zu den am meisten unterschätzten Spielern. Gemeinsam mit Phil Kessel und Tyler Bozak bildete er die Top-Reihe der Leafs. Kulemin ist ein guter Penalty-Killer, der viel an den Banden und vor dem Tor ackert und auch immer mehr in der Offensive Akzente setzen konnte (16 Saisontore). "Er ist unser komplettester Spieler. Er hat alles, was man sich wünscht", lobte ihn Leafs-Coach Ron Wilson. Und wenn Wilson jemanden lobt, dann muss es sich derjenige auch redlich verdient haben.

Ausblick: Mal wieder der große Gegner für Kanada. Mit Owetschkin muss eigentlich zum dritten Mal in Folge Gold her.

Der Kader bei der WM:

Tor: Simeon Warlamow (Washington, NHL), Wassili Koschetschkin (Magnitogorsk), Alexander Emerenko (Ufa)

Verteidigung: Witali Atjuschow (Magnitogorsk), Denis Grebeschkow (Nashville, NHL), Dmitri Kalinin (Ufa), Konstantin Kornejew (ZSKA Moskau), Dmitri Kulikow (Florida, NHL), Ilja Nikulin (Kazan), Alexei Jemelin (Kazan)

Sturm: Alexander Owetschkin (Washington, NHL), Alexander Semin (Washington, NHL), Maxim Afinogenow (Atlanta, NHL), Artem Anisimow (New York Rangers, NHL), Sergei Fedorow (Magnitogorsk), Alexander Frolow (Los Angeles, NHL), Ilja Kowaltschuk (New Jersey, NHL), Maxim Suschinski (St. Petersburg), Viktor Kozlow (Ufa), Sergei Mosjakin (Atlant Moskau Oblast), Alexei Tereschtschenko (Kazan), Nikolai Kulemin (Toronto, NHL)

 

WMOlympia
CBykowBykow
GKoschetschkinEmerenko
Warlamow
NabokowBryzgalowWarlamow
DGrebeschkowKornejew
TyutinGontschar
KulikowAtjuschow
GrebeschkowKornejew
NikulinJemelin
NikulinMarkow
Kalinin

WoltschenkowKalinin
FOwetschkinFedorow
SeminOwetschkinMalkinSemin
KowaltschukTereschtschenko
FrolowKowaltschukDatsyukAfinogenow
MosjakinAnisimow
SuschinskiZaripowZinowiewMorozow
KuleminKozlowAfinogenow
KozlowFedorowRadulow

 

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