"Mir ist egal, wer den Stanley Cup gewinnt"

Von Für SPOX in Köln: Alexander Mey
Zwei NHL-Stars im Duell: Christian Ehrhoff (Vancouver) vs. Pawel Datsyuk (Detroit)
© Getty

Christian Ehrhoff ist im Moment nicht nur der beste Deutsche in der NHL, er ist laut Statistik sogar einer der besten Verteidiger der gesamten Liga. Trotzdem hat es im ersten Jahr bei den Vancouver Canucks nicht zum Einzug ins Stanley-Cup-Finale gereicht. Stattdessen spielt Ehrhoff bei der WM im eigenen Land. SPOX hat mit ihm gesprochen.

Cookie-Einstellungen

Als am Abend des 11. Mai bei Bundestrainer Uwe Krupp das Telefon klingelte, war für Christian Ehrhoff am anderen Ende der Leitung ein Traum geplatzt. Nach dem bitteren 2-4-Playoff-Aus seiner Vancouver Canucks gegen die Chicago Blackhawks meldete sich Ehrhoff für die WM in Deutschland einsatzbereit.

Deutschland vs. Slowakei: Dienstag, 16 Uhr im LIVE-TICKER

Eine große Geste angesichts der großen Enttäuschung. Aber auch Balsam auf die Wunden. "Die WM hilft mir dabei, die Enttäuschung zu vergessen", sagt Ehrhoff im Interview mit SPOX.

Trotz der schlechten Erinnerungen lässt Ehrhoff die NHL-Playoffs und seine komplette erste Saison in Vancouver noch einmal Revue passieren und nennt seinen Tipp für das Stanley-Cup-Finale.

SPOX: Herr Ehrhoff, wie oft denken Sie noch an das bittere Playoff-Aus gegen die Blackhawks?

Ehrhoff: Im Moment gar nicht mehr oft. Ich bin mit meinen Gedanken in Deutschland. Diese Ablenkung durch die WM hilft mir dabei, die Enttäuschung zu vergessen. Hier in so einer tollen Mannschaft zu spielen, ist für mich auch noch eine großartige Herausforderung.

SPOX: Haben Sie überhaupt noch Zeit oder Lust, den weiteren Verlauf der Playoffs zu verfolgen?

Ehrhoff: Ich schaue schon noch nach den Ergebnissen. Aber außer über das Internet bekomme ich davon hier leider nicht mehr viel mit.

SPOX: Die Canucks sind jetzt schon zum zweiten Mal hintereinander an den Chicago Blackhawks gescheitert. Ein Angstgegner?

Ehrhoff: Sie sind nicht unser Angstgegner. Aber es ist zwischen beiden Teams sicher eine Rivalität entstanden. Wenn wir disziplinierter gespielt hätten, wäre die Serie sehr viel enger geworden.

SPOX: 23 Gegentore gab es in den sechs Spielen gegen die Blackhawks. Wie konnte das einer sonst defensiv so starken Mannschaft passieren? Lag es wirklich nur an den Verletzungen von wichtigen Spielern wie Sami Salo oder Willie Mitchell?

Ehrhoff: Die Verletzungen allein waren es nicht. Unser Unterzahl-Spiel war schlecht. Die Quote spricht da eine ganz klare Sprache. Wenn du in einem Spiel vier Tore in Unterzahl kassierst, kannst du in den Playoffs nicht gewinnen.

SPOX: Ausgerechnet Ihr Ex-Klub aus San Jose ist noch dabei, Sie selbst sind aber raus. Wie bitter ist das?

Ehrhoff: Mir ist ab jetzt völlig egal, wer den Stanley Cup gewinnt. Ich habe sicher noch Freunde und Bekannte in San Jose, und es war eine schöne Zeit dort. Aber diese Zeit ist jetzt vorbei. Nun bin ich in Vancouver.

SPOX: Wie gefällt es Ihnen in Kanada?

Ehrhoff: Sehr gut. Ich habe mich gut eingelebt und meine Familie fühlt sich dort sehr wohl. Zudem war meine erste Saison sportlich gut. Hoffentlich läuft es in der zweiten noch besser.

SPOX: Sie haben noch ein Jahr Vertrag bei den Canucks. Wie geht es danach weiter?

Ehrhoff: Das ist noch sehr weit weg für mich. Dazu kann ich im Moment gar nichts sagen.

SPOX: Begehrt sollten Sie sein, denn Sie sind laut Statistik einer der besten Verteidiger der NHL.

Ehrhoff: Der Wechsel nach Vancouver war für mich definitiv ein Schritt nach vorne.

SPOX: Ein Schritt in Richtung bester Verteidiger der Liga? Ist das ein Ziel für Sie?

Ehrhoff: Das Ziel ist, den Stanley Cup zu gewinnen. Ob ich dann der Top-Verteidiger der Liga bin oder der zweit- oder drittbeste, spielt überhaupt keine Rolle.

SPOX: Wie lautet Ihr Tipp für den Stanley-Cup-Gewinner 2010?

Ehrhoff: Schwer zu sagen. Es hätte wohl kaum jemand erwartet, dass der Erste oder Zweite im Westen gegen den Siebten oder Achten im Osten in den Finals antreten wird. Ich denke trotzdem, dass der Sieger aus dem Westen kommen wird.

SPOX: Würden es die Blackhawks, könnten Sie wenigstens sagen, dass Sie gegen den Champion ausgeschieden sind.

Ehrhoff: Na toll, das hilft einem dann auch nicht mehr.

SPOX: Wie sehr hat Sie das frühe Aus der Capitals und der Penguins überrascht?

Ehrhoff: Klar hat mich das sehr überrascht. Aber man sieht: Wenn ein Torwart in einer Serie heiß läuft, dann ist alles möglich. Wir hatten das im vergangenen Jahr in San Jose, als wir in der ersten Playoff-Runde in Jonas Hiller reingelaufen sind. Da war das Tor wie vernagelt. Den Capitals und den Penguins ging es dieses Jahr mit Jaroslav Halak offensichtlich ganz genauso.

SPOX: So einen wie Halak hätten auch die Canucks gebraucht. Roberto Luongo hatte nämlich auch einige Patzer dabei.

Ehrhoff: Er ist ein super Torwart, aber es stimmt, dass ihm etwas die Konstanz gefehlt hat. Er ist aber der Erste, der versuchen wird, im kommenden Jahr alles zu geben und das wieder gutzumachen.

Ganz bittere Overtime-Pleite gegen Weißrussland