Das Geheimnis des TBH-Erfolgs

Von SPOX
Großer Jubel bei Team Bavarian Heaven nach dem IFNG-Sieg gegen Team Alternate.
© fragster

Team Bavarian Heaven (TBH) hat schwere Zeiten hinter sich. Nach durchwachsenen Leistungen in den vergangenen Spielzeiten der ESL Pro Series (EPS) sah sich die bayerische Organisation mit finanziellen Engpässen konfrontiert. Durch ein sehr knappes Budget war der Clan gezwungen, junge Spieler zu integrieren. Jetzt steht man überraschend an der Tabellenspitze - was ist das Erfolgsgeheimnis der Taufkirchener?

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Es waren sorgenvolle Tage zum Jahreswechsel beim Team Bavarian Heaven. Die Finals der EPS wurden zum wiederholten Male verpasst, die nominell stark besetzte Mannschaft konnte nach teilweise bestenfalls durchwachsenen Leistungen und trotz eines beeindruckenden Endspurts nur den sechsten Tabellenplatz erreichen - und das Final-Wochenende am 12. und 13. Dezember in Köln fand ein weiteres Mal ohne TBH statt.

Das tat weh. Die Ansprüche des Taufkirchener eSport-Vereins - und seiner Sponsoren - waren seit dem größten Erfolg des Teams, der Teilnahme an den EPS-Finals im Winter 2008, andere gewesen. Doch nachdem Stars wie Roman "roman" Ausserdorfer das Team anschließend verließen, endeten die folgenden Spielzeiten nicht zufriedenstellend.

Und die Finanzkrise tat ihr Übriges, um den Clan Ende 2009 vor schwere Probleme zu stellen. Die einst so gut aufgestellte Organisation - Hauptsponsor MSI stellte ein für eSport-Verhältnisse großzügiges Budget - verlor seinen wichtigsten Geldgeber.

Katastrophal war die Lage laut Clanchef Hubert "Saleman" Sallerstorfner aber eigentlich nie: "Die finanzielle Situation war sicher nicht rosig, aber auch nicht so schlecht, wie viele vermuten. Einen Partner wie MSI zu kompensieren, geht leider nicht von einer Minute auf die andere." Trotzdem mussten sich die einst so wohlhabenden Taufkirchener neu orientieren und zum Beginn der aktuellen Saison ein Team mit minimalem Budget zusammenstellen.

Beeindruckende Erfolge trotz Newcomer

Und nun stehen die Bayern plötzlich neben dem deutschen Vorzeige-Clan mousesports an der Tabellenspitze der EPS. Sieben Spiele, sieben Siege - darunter so richtungsweisende Erfolge wie das beeindruckende 16:14 gegen Vizemeister Team Alternate in Hannover.

Die Mannen rund um Szenegröße David "CHEF-KOCH" Nagel haben sich zu einem echten Final-Aspiranten entwickelt - trotz drei junger Neuzugänge, die in der höchsten Spielklasse bisher nicht sonderlich in Erscheinung getreten sind.

Was ist das Erfolgsrezept von CHEF-KOCH, Eduard "eddy" Schmidt, Kenyon "Kenan" Temmel, Paul "pwl" Woltschenko und Christian "crisby" Schmitt?

Training und Training und Training und...

Fakt ist: Noch ist das Team, was internationale Erfahrung und spielerische Routine betrifft, nicht auf dem Niveau der langjährigen Platzhirsche mousesports, Alternate oder n!faculty.

Zwar sind Spieler wie David Nagel oder Eduard Schmidt schon mehrere Jahre im Geschäft tätig und vor allem Erstgenannter hat auch auf internationaler Ebene schon vieles erlebt, doch dem gegenüber stehen drei Nachwuchs-Spieler, die teilweise aus der zweiten Liga kamen und noch nicht die spielerische Reife besitzen, die Weltklasse-Spieler wie Roman Ausserdorfer oder Antonio "cyx" Daniloski vorzuweisen haben. Dieses Defizit wird momentan jedoch durch mehrere Faktoren mehr als wett gemacht.

Die Basis des Erfolgs: Training. Vieles kann TBH durch umfangreiches Training kompensieren - vor allem von der teilweise trainingsfaulen und "satten" Konkurrenz altgedienter EPS-Akteure konnte man sich dadurch absetzen. Mehr als zwanzig gemeinsame Stunden in so genannten "practice clan wars", inklusive Vor- und Nachbesprechung der Leistungen, sind keine Seltenheit. Hinzu kommen individuelle Einheiten zum Verbessern der eigenen Bewegungsabläufe und der Treffsicherheit. Pro Woche, wohl gemerkt.

Der richtige Mix

Zudem scheint sich eine der Schwächen des bayerischen Clans langsam aber sicher auch zu seiner größten Stärke zu entwickeln. Denn die jungen Neuzugänge bei TBH sind hungrig und wollen sich in der höchsten deutschen Spielklasse endlich beweisen. Ihr Talent haben Kenan, pwl und crisby schon vor ihrem Wechsel mehrfach unter Beweis stellen können - was fehlte, waren die echten Herausforderungen auf hohem Niveau und die richtige Anleitung durch erfahrene Spieler.

Nun haben die Drei beides: Während sie in der EPS gegen international erfolgreiche Teams wie mousesports antreten können, sind in CHEF-KOCH und eddy zudem zwei gestandene Spieler Teil der Mannschaft, die dadurch den richtigen Mix aus Erfahrung und jugendlicher Frische gefunden zu haben scheint. Vor allem David Nagel als Team-Captain und taktischer Dreh- und Angelpunkt scheint sich in seine Rolle als "Spielmacher" eingefunden zu haben, was dem gesamten Team mehr als zugute kommt.

Langsam zeigt sich, wie wertvoll der Verbleib des Altmeisters für Team Bavarian Heaven wirklich ist. Vor allem, da es alles andere als selbstverständlich war, dass sich CHEF-KOCH trotz des verminderten Budgets keinen neuen Arbeitgeber suchte.

Mehr Entspannung in Taufkirchen

So scheint sich die sportliche Krise der Bayern schneller als erwartet gelegt zu haben. Und auch finanziell läuft es mittlerweile wieder rund: Mit Asus und Intel wurde mehr als adäquater Ersatz für den ehemaligen Hauptsponsor gefunden - das Ausklingen der Wirtschaftskrise macht sich auch bei den eSports-Organisationen bemerkbar.

Und die Clanleitung in Taufkirchen kann entspannter in die Zukunft blicken.

Wie diese Zukunft aussieht, ist indes noch nicht klar. Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass Erfolg im eSport oft nur von kurzer Dauer ist. Und - um auch das Phrasenschwein noch zu bedienen: Abgerechnet wird zum Schluss.

Die kommenden Wochen werden richtungsweisend für David Nagel und seine Team-Kameraden sein, die Final-Teilnahme ist noch lange nicht gesichert und Patzer - vor allem gegen die vermeintlichen Underdogs - darf man sich nicht erlauben. Sollte man sein Pflichtprogramm jedoch absolvieren können, dürfte im Sommer die erfolgreichste TBH-Saison seit Jahren besiegelt sein.

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