Salt Lake City - Friesinger mit Kaltstart, Pechstein auf vollen Touren: Ohne Testrennen in den zurückliegenden zwei Wochen vollzieht Anni Friesinger den Auftakt in die Weltcup-Saison der Eisschnellläufer in Salt Lake City.
Claudia Pechstein ist dagegen bereits so gut in Schuss wie noch nie zuvor in ihrer 17-jährigen internationalen Karriere. Nur langsam nähert sich Sprint-Weltmeisterin Friesinger (Inzell) nach überstandener Erkältung ihrer gewohnten Form.
Indes ließen die Test-Ergebnisse der 35-jährigen Pechstein in der Olympia-Stadt von 2002 die Konkurrenz bereits aufhorchen. In 4.00,78 Minuten verfehlte die Berlinerin ihren deutschen Rekord über 3000 Meter nur um 3,43 Sekunden und war damit so schnell wie noch keine andere Läuferin in dieser Saison.
"Jetzt bin ich gespannt, wie ich das im ersten Weltcup-Rennen der Saison umsetzen kann und natürlich, was die Konkurrenz zeigt. Die Ausgangsposition ist jedenfalls nicht schlecht", meinte Pechstein, die sich im Sommer erstmals gemeinsam mit der norwegischen Auswahl in Oslo und Hamar auf die Saison vorbereitete und nun die Früchte des harten Trainings ernten will.
Pechstein setzt sich selbst unter Druck
Tags zuvor hatte sie sich in einem "Sport Bild"-Interview selbst unter Druck gesetzt und angekündigt, ihre Laufbahn zu beenden, wenn ihr in diesem Jahr keine WM-Medaille gelingen sollte. "Wenn ich auf meinen Hauptstrecken, also 3000 und 5000 Meter, nur auf Platz zehn rumdümpele, packe ich meine Sachen. Dann habe ich selber keinen Bock mehr", meinte sie.
Im Moment scheint das Konzept mit dem Training beim Amerikaner Peter Mueller nach den Plänen von Joachim Franke aufzugehen. "Die Integration von Claudia war easy. Und wenn man eine fünfmalige Olympiasiegerin in seiner Trainingsgruppe hat, bringt das alle weiter - darüber muss man gar nicht reden", meinte Mueller zu seinem neuen Star.
Doch der 1000-Meter-Olympiasieger von 1976 fordert auch viel von seinem Schützling. "Wer im Training 4.00 läuft, sollte im Wettkampf auch 3.57 schaffen können", meinte der US-Amerikaner vor dem Auftakt auf dem schnellsten Eis der Welt in Salt Lake City.
Friesingers "Schritt ins Dunkle"
Mit ein wenig Ungewissheit geht Anni Friesinger an den Start über ihre Paradestrecken 1000 und 1500 Meter. "Das ist ein Schritt ins Dunkle. Aber sie ist erfahren genug, diesen Auftakt auch so zu meistern", äußerte Teamchef Helge Jasch, der vor dem Saisonstart keine Ausfälle zu beklagen hat und sich über viele persönliche Bestzeiten bei der Trainingswoche in Calgary freute.
Vor allem die dreifache Meisterin Daniela Anschütz-Thoms sorgte mit neuen Bestzeiten über 500 (39,38) und 1000 Meter (1.16,22) für Furore und möchte diese Grundschnelligkeit nun gegen die Weltelite auf den langen Strecken beweisen.
In Salt Lake City muss nun auch Mehrkampf-Weltmeisterin Ireen Wüst aus den Niederlanden, die bisher nicht mit Topzeiten aufwarten konnte, erstmals in dieser Saison die Karten auf den Tisch legen. "Die Wahrheit liegt auf dem Eis", fasste Claudia Pechstein die Situation in Abwandlung eines Otto-Rehhagel-Zitats zusammen. Das gilt natürlich auch für die deutschen Herren, die beim Titelkampf in Erfurt noch nicht den erhofften Anschluss an die Weltspitze herstellten und nun auf dem "Blitzeis" in Salt Lake City auf neue Bestzeiten hoffen.