Favoritensterben in der Vorrunde

Jannik Schneider
31. Oktober 201609:10
Nach der Auslosung standen die Final-Teilnehmerinnen in Abendkleidung für ein Bild paratgetty
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Serena Williams verletzt, Maria Sharapova gesperrt, Angie Kerber angeschlagen: Das Rennen um die Krone bei den WTA-Finals in Singapur (ab Sonntag alle Spiele live und auf Abruf auf DAZN) war noch nie so offen. Den vermeintlichen Favoriten mangelt es an körperlicher Frische, Überraschungen sind programmiert: Das SPOX-Power-Ranking.

8. Garbine Muguruza (weiße Gruppe):

Die Spanierin darf sich seit den diesjährigen French Open Grand-Slam-Siegerin schimpfen - mit 22 Jahren und sieben Monaten ist sie damit die jüngste Major-Siegerin seit Victoria Azarenka 2012 in Australien (22 Jahre und sechs Monate). Von jenen 2000 Punkten, die dank bärenstarker Vorstellungen in Paris wohlverdient waren, zehrt die junge Spanierin seitdem.

Ähnlich wie Kerber hatte die Hardhitterin nach ihrem größten Erfolg Probleme zurück in den Turnieralltag zu finden. Anders als die Deutsche benötigt Muguruza aber mehr Zeit. Als Vorjahresfinalistin ereilte sie in Wimbledon bereits das Aus in Runde zwei gegen die slowakische Qualifikantin Jana Cepelova. Danach gab es für sie nur noch ein Viertelfinale (in Cinncinati).

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Hoffnung für die WTA-Finals dürfte Muguruza das Vorjahresergebnis machen. Bei ihrer Premiere überstand sie ohne Niederlage die Vorrunde und wurde erst im Halbfinale von der späteren Titelträgerin Agnieszka Radwanska gestoppt.

Allerdings hatte sie zuvor gute Ergebnisse auf der Asientour eingefahren, gewann in Peking und erreichte das Finale in Wuhan. Dieses Jahr ereilte sie dort aber jeweils ein frühes Aus. Zwar ist ihr aggressiver Spielstil immer gut für Siege, doch in den vergangenen Wochen war die Fehlerquote deutlich zu hoch, um ihren zahlreichen Fans hier Mut zu machen.

Und auch, wenn Muguruza nur eine ganz knapp negative Bilanz gegen die stärkste Gruppengegnerin Radwanska aufweist, in Singapur dürfte nach drei Spielen Schluss sein.

Prognose: Vorrundenaus

Setzt sich Angelique Kerber auch in SIngapur die Krone auf?perform

7. Karolina Pliskova (weiße Gruppe):

1, 1, 1, 1, 2, 1, 2, 2, 2, 3, 3, 2, 2, 1, 3, 1, 2 - in Runden berechnet las sich die bisherige Grand-Slam-Ausbeute der hochaufgeschossenen Tschechin in den vergangenen Jahren äußerst mau. Bis zu den US Open 2016. Da schaffte die 24-Jährige mit der Finalteilnahme ihr erstes großes Ergebnis, schlug unter anderem Serena Williams in der vierten Runde.

Bei kleineren Turnieren hatte die starke Aufschlägerin, die wie keine zweite fast gänzlich ohne Spin agiert, bereits vorher des Öfteren geglänzt, was sie bereits vor ihrem Lauf in New York bis auf Platz sieben der Weltrangliste klettern ließ.

Seitdem ist aber die Luft raus. Auf der Asientour war spätestens im Achtelfinale Schluss. Unwahrscheinlich, dass es bei der Premierenteilnahme in Singapur für mehr als vielleicht einen Einzelsieg reicht. Gegen Gruppenkopf Radwanska hat sie bei sechs Versuchen noch nie gewonnen. Lediglich im direkten Vergleich mit Muguruza liegt sie vorne (3:1).

Gegen Kuznetsova hat sie den einzigen Vergleich gewonnen, die Russin, wie auch die Britin Konta sind in diesen Tagen aber einfach besser drauf. Als einzige Topspielerin ist die Rechtshänderin auch in der Doppelkonkurrenz mit Julia Görges vertreten.

Prognose: Vorrundenaus (im Einzel) und Halbfinaleinzug (im Doppel)

6. Simona Halep: (rote Gruppe):

"You can't teach talent" - das gilt für die beste rumänische Spielerin aller Zeiten ganz besonders. Denn trotz anhaltender Achillessehnenprobleme und einer Knöchelverletzung im Frühjahr hat sie es erneut bis nach Singapur geschafft.

Dass die Rumänin nach Zwangpausen keine lange Anpassungszeit benötigt, zeigte ihr Titel in Madrid. In Wimbledon wurde sie ganz ohne Matchpraxis erst im Viertelfinale von Angie Kerber gestoppt. Haleps Saisonhoch? Beim Heimturnier in Bukarest und anschließend in Montreal: Hier fuhr sie zehn Siege in Folge ein und gewann beide Titel.

Nach dem Aus im US-Open-Viertelfinale zeigte Halep in Asien durchwachsene Leistungen. Die Rumänin kämpft noch immer mit ihrer Fitness. Die benötigt sie aber, um die Vorrunde zu überstehen. In dieser Form scheint das unwahrscheinlich.

Prognose: Vorrundenaus

5. Dominika Cibulkova (rote Gruppe)

"Play big, when it's big games", spiele gut, wenn es in den großen Matches darauf ankommt. So lautet ein Ausspruch, den US-Amerikaner oft von Sportlern einfordern. Die Slowakin tauchte bei den Grand Slams in diesem Jahr eher ab. Lediglich in Wimbledon stand das Viertelfinale zu Buche.

Dafür hat die Australian-Open-Finalistin von 2014 vor allem bei kleineren Turnieren eifrig gepunktet. In Katovice und Eastbourne gewann sie, in Acapulco, Madrid und zuletzt in Wuhan erreichte sie das Finale.

Ihr Turniersieg vor Wochenfrist, dort schlug sie unter anderem Belinda Bencic, Carla Suarez Navarro und Anastasia Pavlyuchenkova, haben sie zu einer Geheimfavoriten, zumindest auf das Halbfinale, aufsteigen lassen. Die 27-Jährige wirkt auch nach einem langen Jahr noch fit und austrainiert.

Bleibt sie körperlich auf der Höhe, muss sie in der Vorrunde beweisen, dass sie 2016 auch auf der großen Bühne bestehen kann. Gegen Madison Keys hat sie bisher allerdings immer verloren. Die vergangenen vier Duelle mit Angelique Kerber entschied ebenfalls die neue Nummer eins der Welt für sich. So wird es trotz starker Form ganz knapp nicht für das Halbfinale reichen.

Prognose: Knappes Vorrundenaus

4. Johanna Konta/Svetlana Kuznetsova (weiße Gruppe):

Ja, richtig gelesen! Bei einem Turniersieg von Swetlana Kuznetsova in Moskau (Finale am Samstag) darf die Russin starten, ansonsten erhält die Britin als bisherige Nummer acht der Setzliste Grünes Licht. Und der Last-Minute-Teilnehmer könnte und wird sich wahrscheinlich bis ins Halbfinale vorspielen.

Die Erklärung für diese Prognose ist simpel. Beiden Spielerinnen haben einen Lauf! Die Russin, die in Sydney triumphierte und in Miami im Finale stand, hat ihren Rythmus in den vergangenen Wochen gefunden. Beim Halbfinaleinzug in Wuhan besiegte sie unter anderem Agnieszka Radwanska und Venus Williams. In Tianjin war ebenfalls erst in der Vorschlussrunde Schluss.

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Und wenn sie wirklich wie im Vorjahr ihr Heimturnier in Moskau für sich entscheidet, wird die 31-Jährige mit einer gehörigen Portion Selbstvertrauen in die Maschine nach Südostasien steigen.

Ihre deutlich positive Einzelbilanz gegen Agnieszka Radwanska (11:4) spricht Bände. Gegen eine sich in Hochform befindende Garbine Muguruza verlor sie bei den French Open. Doch die Vorzeichen sind nun andere: Lediglich Müdigkeit und Reisestrapazen könnten dem Halbfinaleinzug der Russin im Weg stehen.

Johanna Kontas Stern ging beim Happy Slam in Australien auf, als sie sensationell das Halbfinale erreichte. An diesen Erfolg konnte sie in den folgenden Monaten nicht mehr ganz anknüpfen, hielt sich aber immerhin in den Top ten. Die Britin scheint rechtzeitig zum letzten Höhepunkt des Jahres wieder in Fahrt zu kommen - in Peking wurde sie erst im Finale von Agnieszka Radwanska gestoppt.

In Hongkong zog sie als Vorsichtsmaßnahme zurück. Die 25-Jährige brennt auf ihre erste Finals-Teilnahme und trainiert bereits seit Montag in Singapur. Die vergangenen zwei Vergleiche gegen Garbine Muguruza gewann sie, gegen Karolina Pliskova hat sie zuletzt vor zwei Jahren aufgeschlagen. Die Formkurven könnten konträrer kaum sein. Das Halbfinale ist allemal drin - wenn sie denn ran darf.

Prognose: Halbfinaleinzug für die Last-Minute-Teilnehmerin

3. Angelique Kerber(rote Gruppe):

Die Weltranglisten-Erste hat eingesehen, dass sie sich den Status einer Vielspielerin wird nicht mehr länger leisten können und wird ihren Turnierkalender 2017 merklich ausdünnen. Für die Finals 2016 kommt diese Entscheidung vermutlich zu spät.

Kerber spielte bei allen drei Turnieren der Asientour und kämpfte mehr mit Oberschenkel- und Schulterproblemen, als dass sie ihre Gegnerinnen mit ihrem 2016 so erfolgreichen Kontertennis aus dem Tritt hätte bringen können.

Dennoch wird die zweifache Grand-Slam-Siegerin des Jahres nochmals alle Kräftereserven mobilisieren, um bei der vierten Finalteilnahme endlich erstmals die Vorrunde zu überstehen. Den Anspruch, aber auch den Druck hat sie als Nummer eins. Dank der verletzungsbedingten Absage von Serena Williams bleibt sie unabhängig vom Ergebnis die Nummer eins.

Angie Kerber im großen SPOX-Interview: "Muss niemanden mehr etwas beweisen"

Gegen Madison Keys könnte es, trotz positiver Bilanz, eng werden. Cibulkovas Spiel ist zu ähnlich, als das es Kerber in Normalform gefährlich werden könnte. Simona Halep ist momentan zu schwach. Dennoch: Wenn es für den Titel reichen soll, müssen die Gegnerinnen mitspielen und schwächeln.

Prognose: Im Halbfinale ist Schluss!

2. Madison Keys (rote Gruppe):

Die US-Amerikanerin spielt die konstanteste Saison ihrer noch jungen Karriere, war bei den Grand Slams Dauergast im Achtelfinale. Dass sie schon zu mehr in der Lage ist, zeigte die 21-Jährige mit ihrem variantenreichen und druckvollen Spiel während Olympia in Rio. Nach der Halbfinalniederlage gegen Kerber wurde sie mit Bronze dekoriert.

Das gab der Hardhitterin Rückenwind, von dem sie bis zuletzt profitierte. Der starke Herbst mit einem Viertelfinale (Wuhan) und den Halbfinals in Peking und Linz haben sie zu einer Anwärterin auf das Halbfinale von Singapur aufsteigen lassen - wenn sie ihre Nervosität bei der Premieren-Teilnahme unter Kontrolle hat.

Allerdings klagte sie vor ihrem Halbfinale von Linz über eine fiebrige Atemwegsbeschwerden und trat nicht mehr an. Seit Donnerstag ist sie in Singapur zurück im Training. Wenn sie fit ist, kann sie das Halbfinale erreichen. Findet sie den Rhythmus zwischen Powerspiel und Kontrolle, kann es zum Gruppensieg reichen. Dann ist auch ihr erstes großes Finale drin. Über die größere Erfahrung verfügt allerdings die Polin.

Prognose: Finalteilnahme

1. Agnieszka Radwanska (weiße Gruppe):

Die Vorjahressiegerin weilt bereits seit Anfang der Woche in Singapur, trainiert ähnlich wie Kerber zweimal am Tag und schraubt die Belastung zum Wochenende hin herunter.

Es ist ein durchwachsenes Jahr der Polin gewesen, der noch mehr als die Jahre zuvor in den entscheidenden Momenten der Punch fehlte. An dem 0:6, 4:6 gegen Serena Williams im Halbfinale der Australian Open hatte die 27-Jährige länger zu knabbern - auf den großen Bühnen reichte es nie für mehr als das Achtelfinale. Bei Olympia war sogar in der ersten Runde Schluss.

Während der Asientour war jedoch deutlich ein Aufwärtstrend zu erkennen, der seinen Höhepunkt im Turniersieg von Peking fand. Eine Woche später trat sie zu ihrem Viertelfinale von Tianjin nicht an - eine Vorsichtsmaßnahme.

Radwanska will, mit dem Selbstvertrauen ihres einzigen großen Titels im Rücken, erneut in Singapur gewinnen. Spielerinnen, die Powerschläge und Erfahrung kombinieren können, fehlen dieses Jahr gänzlich. Und nur auf diese Kombi reagiert die Nummer zwei der Setzliste allergisch. Somit ist der polnische Nationalheld die variabelste und fitteste Spielerin in Singapur - und daher Favoritin auf den Titel.

Prognose: Titelverteidigung

WTA: Die Weltrangliste