Finale erreicht, neue Spielergewerkschaft geplant und immer wieder der Hinweis auf körperliche Beschwerden: Novak Djokovic macht in New York von sich reden. Nicht alle sind begeistert vom Verhalten der Nummer eins.
Novak Djokovic hatte genug. Nach drei Stunden Schwerstarbeit auf dem Center Court war dem besten Tennisspieler der Welt die Kraft ausgegangen. Sagte er jedenfalls, oder besser: Er ließ es die Turnierleitung sagen. Djokovic habe sich auf dem Platz nicht wohlgefühlt, und die Beschwerden seien nach dem Match nicht besser geworden, hieß es in einem Statement der Western and Southern Open in New York: "Der Turnierarzt hat ihm deshalb geraten, heute keine Pressetermine mehr wahrzunehmen."
Muss man sich vor den am Montag beginnenden US Open, bei denen der Weltranglistenerste als Topfavorit gilt, also Sorgen um Novak Djokovic machen? Vermutlich nicht, auch wenn er bereits die ganze Woche über Nackenbeschwerden klagt und sich im Halbfinale der Western and Southern Open gegen den giftigen Spanier Roberto Bautista Agut sogar zwei Medical Timeouts im zweiten Satz gönnte. Am Ende verlor der Spanier den Tiebreak des dritten Satzes zu null, und Djokovic blieb mit 4:6, 6:4, 7:6 (7:0) auch in seinem 22. Einzel des Jahres ungeschlagen.
Danach gab es von der Turnierleitung ein dürres Statement des Siegers. "Um ehrlich zu sein, ich weiß nicht, wie ich gewonnen habe", ließ Djokovic wissen: "Ich habe mich weder physisch noch in meinem Spiel gut gefühlt, aber ich habe es geschafft, darüber hinwegzukommen."
Das war es also schon von Novak Djokovic an diesem Freitag in New York. Kein Wort zu der von ihm angeschobenen Gründung der neuen Spielergewerkschaft PTPA (Professional Tennis Players Association), die sich angeblich nicht in Konkurrenz zur ATP sieht, den Spielern aber zu mehr Einfluss und Entscheidungsgewalt verhelfen will. Per Mail wurden alle Profis über die Planungen informiert, der Rücklauf war zunächst angeblich eher spärlich.
Vor US-Open-Start: Djokovic gründet Spielergewerkschaft
Djokovic sieht sich laut einer Meldung der New York Times selbst als Präsident der PTPA. Ihm zur Seite stehen die potenziellen Gründungsmitglieder John Isner (USA), bekennender Anhänger von US-Präsident Donald Trump, und Vasek Pospisil (Kanada), der dem wegen Körperverletzung rechtskräftig verurteilten früheren US-Profi Justin Gimelstob einst viel zu lange den Rücken stärkte.
Pospisil verkündete in New York seinen sofortigen Rücktritt aus dem Spielerrat der ATP: "Bei den gegenwärtigen Strukturen der ATP ist es dem Spielerrat unmöglich, Einfluss auf die wirklich wichtigen Entscheidungen zu nehmen." In dem ATP-Gremium, dessen Präsident Djokovic laut NY Times ebenfalls bereits zurückgetreten ist, war Pospisil Vertreter der Spieler zwischen Position 51 und 100 der Weltrangliste.
Djokovic wird die Kritik an der Auswahl seiner Mitstreiter vermutlich ebenso wenig grämen wie die an seiner umstrittenen Adria-Tour. Er will in Abwesenheit von Roger Federer und Rafael Nadal die US Open gewinnen, wovon ausgerechnet sein ehemaliger Trainer Boris Becker nicht ganz überzeugt ist.
Gerade Djokovic, so Becker im Gespräch mit Eurosport, sei ein Spieler, der den Dialog mit den Zuschauern brauche: "Wenn dann das größte Tennisstadion der Welt menschenleer ist, muss sich auch einer wie Novak erstmal zurechtfinden. Ohne Zuschauer ist es dort fast ungemütlich."
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