Vor dem Start der US Open zeigt sich die Tennistour zerrissener denn je. Novak Djokovic bläst mit seiner neuen Spielergewerkschaft zur Revolution - und geht damit nicht nur auf Konfrontationskurs zu Roger Federer und Rafael Nadal.
New York/Frankfurt (SID) Der überraschende Angriff von Novak Djokovic hatte es in sich, doch der scharfe Konter von Roger Federer und Rafael Nadal ließ nicht lange auf sich warten. Obwohl Djokovic bei den US Open auf die sportlichen Duelle mit seinen beiden Erzrivalen verzichten muss, stieg schon vor Turnierbeginn der große Schlagabtausch der Superstars. Der Weltranglistenerste hat die Szene in Abwesenheit von Nadal und Federer mit der Gründung einer neuen Spielergewerkschaft in Aufruhr versetzt - in der New Yorker Tennis-Blase brodelt's gewaltig, die Tour ist zerrissener denn je.
"Es ist Zeit für Einheit, nicht für Spaltung", schrieb Nadal bei Twitter, nachdem Djokovics Pläne einer neuen Interessensvertretung in Konkurrenz zur Spielerorganisation ATP durchgesickert waren. Der Serbe will selbst als Präsident die Professional Tennis Players Association (PTPA) anführen. Federer sprang seinem sportlichen Dauerrivalen Nadal sofort zur Seite. "Dies sind unsichere und herausfordernde Zeiten", schrieb der Grand-Slam-Rekordchampion: "Aber ich glaube daran, dass es sehr wichtig für uns ist, als Spieler zusammenzustehen."
Djokovic will aber die Revolution, sieht er doch die Interessen der Profis in der ATP nicht genügend berücksichtigt und ist unzufrieden über das Krisenmanagement während der Corona-Pandemie. Im siebenköpfigen Führungsgremium der ATP sitzen je drei Spieler- und Turniervertreter sowie Präsident Andrea Gaudenzi.
Für Djokovic, der als Präsident des ATP-Spielerrates laut New York Times umgehend zurückgetreten ist, nicht genug. Und so kamen rund 50 Abtrünnige am Samstagabend in New York zum Gründungsfoto der neuen Gewerkschaft zusammen - und gingen damit auf Konfrontationskurs zu allen wichtigen Tennis-Organen, just bevor die US Open am Montag unter anderem mit den Matches der deutschen Spitzenspieler Angelique Kerber und Alexander Zverev beginnen.
Federer und Nadal gehen auf Konfrontationskurs zu Djokovic
Schon zuvor hatten die ATP, die Damen-Tour WTA, der Weltverband ITF sowie die vier Grand-Slam-Turniere ein gemeinsames Statement veröffentlicht. "Jetzt brauchen wir mehr denn je Zusammenarbeit und starke Beziehungen, und wir unterstützen die ATP voll und ganz in ihrer Rolle, die besten Interessen der Akteure in diesem Prozess zu vertreten", hieß es darin: "Es ist eine Zeit für eine noch engere Zusammenarbeit, nicht für eine Spaltung."
Den Zeitpunkt für den Vorstoß hatten Djokovic und seine Mitstreiter clever gewählt. Federer und Nadal gehören zu den gemäßigten Vertretern im Spielerrat der ATP, hatten sich zuletzt aber schon für eine gemeinsame Dachorganisation für Frauen und Männer ausgesprochen. Beide fehlen aber in New York. Federer erholt sich von einer Knieoperation, Nadal bereitet sich lieber auf die French Open Ende September vor. Und aus der Ferne haben sie nur begrenzt Einfluss.
Zusammen mit vier weiteren verbliebenen Mitgliedern des ATP-Spielerrates - neben Djokovic waren auch Vasek Pospisil (Kanada) und John Isner (USA) zurückgetreten - versuchten sie aber dennoch, auf die Kollegen auf der Tour einzuwirken. Eine neue Spielerorganisation könne "mit der ATP nicht koexistieren", heißt es in einer Mail an die Spieler. Der dreimalige Grand-Slam-Champion Andy Murray bemängelte indes, dass die Damen in Djokovics Plänen außen vor sind. So wie viele andere auch.
Sportlich sucht Djokovic derzeit ernsthafte Gegner. Er ist in diesem Jahr noch ungeschlagen und der große Favorit bei den US Open, alles andere als Grand-Slam-Titel Nummer 18 wäre eine Überraschung. Die Kämpfe abseits des Courts versprechen da deutlich mehr Spannung.
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