München - An einem Tag im Mai 2007 nahm das Leben von Masters-Siegerin Justine Henin eine entscheidende Wendung.
Ihr Arzt hatte ihr geraten, einen Asthma-Spezialisten aufzusuchen - ausgerechnet in der Lütticher Klinik, in der 1995 ihre Mutter Francoise an Krebs gestorben war.
Als Justine Henin den Eingangsbereich der Klinik betrat, überwältigten sie die bösen Erinnerungen: "Ich wollte schon auf dem Absatz kehrtmachen, da sagte mir jemand, dass mein Bruder David auf der Intensivstation im Koma lag."
David Henin kämpfte nach einem schweren Autounfall um sein Leben. Justine, seit ihrer Jugend von ihren drei Geschwistern und ihrem Vater getrennt, eilte an sein Bett und blieb dort, bis David endlich wieder die Augen öffnete.
"In einer anderen Welt"
"Ich habe gedacht, ich bin in einer anderen Welt", erzählte der 19-Jährige später: "Ich habe meine Schwester immer nur im Fernsehen erlebt, und plötzlich saß sie an meinem Bett."
Das dramatische Ereignis mit dem glücklichen Ende führte die Familie wieder zusammen, auch Justine und ihren Vater Jose, dem sie lange Jahre vorgeworfen hatte, ihre Mutter schlecht behandelt und sie selbst immer wieder gedemütigt zu haben.
Als Justine Henin im Juni zum dritten Mal hintereinander die French Open gewann, saß ihre komplette Familie in Roland Garros auf der Tribüne und feierte mit.
Sportlich unantastbar
Nach ihrem 5:7, 7:5, 6:3-Sieg gegen die Russin Maria Scharapowa in einem der spannendsten Masters-Endspiele aller Zeiten ließ die kleine Belgierin, die seit ihrem 14. Lebensjahr von dem Spanier Carlos Rodriguez trainiert wird, ein für sie ganz spezielles Jahr noch einmal Revue passieren: "Eine Menge ist passiert, aber jetzt bin ich so erleichtert und glücklich."
Sportlich ist die 25-jährige Justine Henin unantastbar. Zehn Turniersiege 2007, darunter die French Open, die US Open und das Masters, sprechen eine deutliche Sprache. In der Weltrangliste hat sie 2600 Punkte Vorsprung auf die zweitplatzierte Russin Swetlana Kusnezowa.
In Madrid rang sie Scharapowa in 3:24 Stunden nieder und blieb damit seit ihrer überraschenden Halbfinal-Niederlage in Wimbledon gegen die Französin Marion Bartoli in der zweiten Jahreshälfte ungeschlagen - ein Kunststück, das zuletzt Steffi Graf 1989 schaffte.
Scheidung kostet den Saisonauftakt
Dennoch sah Justine Henin nach ihrem "Master-Stück" Raum für Verbesserungen: "Ich habe hier nicht mein bestes Tennis gezeigt, ich habe mit Herz und Emotionen gekämpft. Aber ich muss künftig aggressiver spielen und meine Chancen besser nutzen."
Ihr nächstes großes Ziel ist Melbourne, bei den Australian Open 2008 will sie sich den Titel holen, auf den sie in diesem Jahr kampflos verzichtet hatte.
Wegen der laufenden Scheidung von ihrem Ehemann Pierre-Yves Dardenne hatte Justine Henin die komplette Australien-Tour im Januar ausgelassen und war erst im Februar in die Saison eingestiegen.
Drohung an die Konkurrenz
Zwei Wochen Pause will sie sich gönnen, ehe sie Ende November mit den Vorbereitungen für den australischen Sommer beginnt. Zwei Wochen, in denen sie Zeit mit ihrer neu gewonnenen Familie, aber auch mit sich selbst verbringen will.
"Obwohl das Jahr mit der Scheidung traurig begann, hat es einen unglaublich positiven Verlauf genommen", sagte die kleine Frau mit der gigantischen Rückhand: "Ich will versuchen, 2008 noch eine Schippe draufzulegen." Die Konkurrenz wird sich freuen ...
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