Der Deutsche Tennis Bund sucht weiter vergeblich einen Teamchef für seine Davis-Cup-Mannschaft. Auch Boris Becker hat keine Lust auf die Nachfolge von Patrik Kühnen, der nach Querelen mit den Spielern aufgab und Verhandlungen über eine Verlängerung seines seit zehn Jahren laufenden Kontraktes abbrach.
"Nein, ausgeschlossen", sagte der dreimalige Wimbledonsieger Becker, der als Spieler zweimal den Pokal gewann und als Kapitän von 1997 bis 1999 fungierte.
"Ich hätte zwar das Know-how, aber nicht die Zeit. Das ist keine Tätigkeit für vier bis sechs Wochen im Jahr, sondern ein Fulltime-Job", erklärte der 46-Jährige im Interview mit der "Bild"-Zeitung - und entwarf sogleich ein Anforderungsprofil: "Der Neue muss mit den Charakteren der Spieler umgehen können und natürlich auch mit dem Präsidium - was Patrik sehr gut konnte. Idealerweise sollte der neue Teamchef selbst Weltklassespieler gewesen sein."
Kühnens Demission war nach der Ausbootung des Teamchefs beim World Team Cup im Mai in Düsseldorf, dem öffentlichen Streit mit Philipp Kohlschreiber und schließlich der fehlenden Rückendeckung der Verbandsoberen folgerichtig. Trotzdem scheint der DTB überrascht und ohne Plan B dazustehen. "Mir hat die Durchschlagskraft und Entschlossenheit im letzten halben Jahr gefehlt. Die Problematik mit Kohlschreiber lag ja seit Monaten auf dem Tisch", sagte Becker.
"Man sollte generell mehrere Optionen im Kopf haben"
Doch außer einem halbherzigen Machtwort von DTB-Präsident Karl-Georg Altenburg, der Kühnen und Kohlschreiber zu einem klärenden Gespräch aufforderte, geschah nichts. Statt die Angelegenheit umgehend zu klären und dies auch unmissverständlich kommunizieren zu lassen, wurde in der Öffentlichkeit ein Bild des Chaos vermittelt. Wieder einmal. Die fehlende Rückendeckung des Verbandes nannte Kühnen denn auch als wichtigsten Grund für seinen Abschied.
"Wenn man rechtzeitig keine klaren Entscheidungen trifft, wird es am Ende nicht leichter", sagte Becker und kritisierte deutlich, dass die Verantwortlichen keine Alternative in der Hinterhand haben: "Man sollte generell immer mehrere Optionen im Kopf haben. Der Tennissport ist kein Wunschkonzert."
Spekulationen schießen ins Kraut
Natürlich bin ich bereit zu helfen, kündigte Becker an. Doch wie Michael Strich oder Nikola Pilic, der als Teamchef Vater der drei Davis-Cup-Triumphe 1988, 1989 und 1993 war, hat er kein Interesse am Platz auf der Bank. Zumal nicht nur ein Kapitän gesucht wird, sondern ein Bundestrainer, der wie Barbara Rittner bei den Frauen viel stärker als bisher den Nachwuchs fördert.
Die Spekulationen über den Kühnen-Nachfolger schießen ins Kraut. Sogar Nicolas Kiefer wurde jüngst genannt. Als heiße Kandidaten freilich gelten die früheren Profis Alexander Waske und der in Expertenkreisen geschätzte Carsten Arriens, der die meisten Davis-Cup-Spieler aus seiner Aachener Bundesliga-Mannschaft kennt.
Auch Rainer Schüttler, der seine Profi-Karriere gerade beendet hat, wird genannt, obwohl er seinen Hut gar nicht in den Ring geworfen hat. "Ich kann nur sehr schwer beurteilen, ob er ein guter Trainer ist", sagte Becker und betonte im "Bild"-Interview: "Es ist noch lange keine Entscheidung bezüglich Patriks Nachfolge getroffen worden."
Die ATP-Weltrangliste im Überblick
Meistgelesene Artikel
Das könnte Dich auch interessieren

.jpg?quality=60&auto=webp&format=pjpg&width=317)

