Team-Needs für Free Agency und Draft - Ravens, Bengals, Browns und Steelers: Die AFC North

Jan Dafeld
28. Februar 202008:57
Die Baltimore Ravens und die Cincinnati Bengals wollen sich verstärken.getty
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Die Free Agency rückt immer näher, in wenigen Wochen können sich Teams mit vertragslosen Spielern verstärken, ehe anschließend der Draft ansteht. Die Problemzonen und Nöte der Teams fallen dabei äußerst unterschiedlich aus. SPOX blickt im Detail auf alle Divisions. Nach der AFC South folgt nun die AFC North.

Offseason Needs: Free Agency und Draft - die AFC North

Baltimore Ravens (Vorjahresbilanz 14-2)

Die wichtigsten eigenen Free Agents: Edge Matthew Judon, DT Michael Pierce, CB Jimmy Smith, LB Josh Bynes, C Matt Skura (RFA).

Die größten Baustellen:

Pass-Rush: Druck auf den gegnerischen Quarterback kreierten die Ravens in der Vorsaison vor allem durch ihr kreatives und aggressives Blitzing, Eins-gegen-eins-Duelle gewann die Front Four 2019 zu selten. Mit Judon wird der einzige individuell überdurchschnittliche Pass-Rusher nun auch noch Free Agent, und selbst der dürfte auf dem Markt deutlich überbezahlt werden.

Der Vertrag von Pernell McPhee läuft ebenfalls aus, Tyus Bowser und Jaylon Ferguson empfiehlen sich bislang nicht für größere Aufgaben. Selbst wenn Baltimore Judon hält - der Franchise Tag wäre eine Option -, müsste daher wohl noch ein weiterer Edge-Rusher her.

Und: Auch Inside mangelt es in der Defensive Line an Qualität. Auch hier konnten die Ravens im vergangenen Jahr zu selten Druck ausüben, mit Pierce und Jihad Ward haben zwei der Rotationsspieler zudem auslaufende Verträge.

Wide Receiver: Marquise Brown deutete sein Potenzial als Speedster in seinem Rookie-Jahr an, und das obwohl er die Saison angeschlagen absolvierte. Willie Snead ist eine solide Waffe im Slot, ein zusätzlicher guter und verlässlicher Receiver würde den Ravens jedoch gut zu Gesicht stehen.

Ja, das Run Game ist die Basis dieser Offense und im Passing Game nehmen die Tight Ends eine sehr große Rolle ein, eine weitere Receiver-Waffe würde die Optionen des Teams aber zusätzlich erhöhen - insbesondere bei Rückständen und klaren Passing Downs.

Guard:Die Offensive Line zählte im Vorjahr zu den großen Stärken des Teams und dank des starken Tackle-Duos Ronnie Stanley und Orlando Brown Jr. sollte dieser Status vorerst auch bestehen bleiben. Doch: Marshal Yanda denkt nach wie vor über einen Rücktritt nach, dieser würde eine große Lücke im Team hinterlassen. Baltimore wird wohl kaum eine Interior Line aus Bradley Bozeman, Matt Skura und Ben Powers aufs Feld schicken wollen.

Selbst wenn Yanda für eine weitere Saison zurückkehren sollte, werden die Ravens im nächsten Jahr vor dem gleichen Problem stehen. Baltimore sollte dieses daher vorzeitig angehen, womöglich ist der Draft dafür jedoch der bessere Weg als die Free Agency.

Linebacker:Nach dem Abgang von C.J. Mosley entwickelte sich die Linebacker-Position zu Beginn der vergangenen Saison zu einer echten Problemzone in Baltimore. Patrick Onwuasor funktionierte nicht in der Mike-Rolle, andere Kandidaten fielen komplett aus der Rotation.

Mit Bynes und L.J. Fort fand man zwar im Laufe der Saison gute Alternativen, langfristig dürften diese jedoch auch nicht die Lösung sein. Bynes, der Free Agent ist, könnte zum Team zurückkehren, die Ravens werden aber sicher bei einigen anderen Optionen anklopfen.

Mögliche Team-Fits: Die Ravens zeigten sich in den Vorjahren in der Free Agency durchaus bereit, defensiv zu investieren. Sollte Judon nicht gehalten werden, könnte man es daher tatsächlich bei einem großen Namen wie Yannick Ngakoue, Dante Fowler oder Shaq Barrett - wenn sie denn auf dem Markt kommen - versuchen, Shaq Lawson könnte eine zusätzliche Option sein.

Hält Baltimore bei den Edge-Rushern die Füße still, könnte das Team in der Interior Defensive Line zuschlagen. Javon Hagrave vom Erzrivalen aus Pittsburgh könnte gut ins Beuteschema des Division-Champs passen.

Angesichts der tiefen Receiver-Klasse im Draft erscheint es wahrscheinlicher, dass Baltimore diese Baustelle eher dort angeht und daher die Finger von teuren Kandidaten wie A.J. Green oder Robby Anderson lässt. Das würde die Tür für eine mögliche Linebacker-Verpflichtung öffnen: Cory Littleton oder Joe Schobert würden den Ravens eine Cover-Option auf diesem Level der Defense geben, die dem Team zuletzt lange gefehlt hat.

Cincinnati Bengals (2-14)

Die wichtigsten eigenen Free Agents: WR A.J. Green, CB Darqueze Dennard, TE Tyler Eifert, DT Andrew Billings, LB Nick Vigil.

Die größten Baustellen:

Offensive Line:Gehen wir an dieser Stelle davon aus, dass die Bengals mit dem ersten Pick des Drafts nichts Verrücktes machen und mit Joe Burrow ihren Quarterback der Zukunft ziehen - diese Position zählt in diesem Fall somit nicht mehr zu den großen Baustellen des Teams und Andy Dalton könnte sich als guter Trade-Chip erweisen.

Angesichts der katastrophalen Vorjahresbilanz könnte Cincy allerdings Verstärkung auf in nahezu allen anderen Mannschaftsteilen gebrauchen. Das Team will in der Free Agency in diesem Jahr aggressiver vorgehen als in der Vergangenheit, dabei sollten die Bengals sich vor allem auf die Offensive konzentrieren, um Burrow einen guten Einstand in die NFL zu ermöglichen.

Dies beginnt mit der Offensive Line: Im Vorjahr zählte diese zu den schwächsten der Liga, Jonah Williams soll nach seinem verpassten Rookie-Jahr als Left Tackle übernehmen, auf allen anderen Positionen benötigt das Team jedoch Hilfe. Die O-Line sollte daher sowohl in der Free Agency als auch im Draft addressiert werden.

Tight End:Tyler Eifert wird Free Agent und ist schlicht und ergreifend nicht (mehr) die Lösung auf dieser Position. Die Tight-End-Klasse im Draft ist dünn, daher könnten die Bengals hier in der Free Agency aktiv werden.

Erhält Burrow einen guten und verlässlichen Tight End, kann man mit dem Receiving Corps der Bengals durchaus arbeiten, erst recht, wenn Green weiter gehalten wird; zur Not mit Hilfe des Franchise Tags. Im Draft sollten sich in den Runden 2 bis 4 zudem genügend Optionen für weitere Receiver-Hilfe bieten.

Linebacker:Das Linebacker Corps zählte im Vorjahr zu den größten Schwächen eines insgesamt sehr schwachen Bengals-Teams. Vigil wird nach einem mehr als enttäuschenden Jahr Free Agent. Es erscheint sehr unwahrscheinlich, dass er zum Team zurückkehrt.

Cincy wird sich auf dieser Position neu aufstellen müssen, vor allem über den Draft - doch auch via Free Agency? Es gibt definitiv schlechtere Jahre, um auf der Suche nach Off-Ball-Linebackern zu sein, die Bengals könnten hier auch noch einen erfahrenen Spieler holen wollen.

Mögliche Team-Fits: Zeigen sich die Bengals in diesem Frühjahr wirklich aggressiv, könnte das Team Jack Conklin ins Auge fassen, den die Titans wohl nicht werden halten können; der allerdings auch sehr teuer werden dürfte. Günstigere Alternativen auf der offensiven Tackle-Position wären Daryl Williams oder Halapoulivaati Vaitai. Inside wäre Graham Glasgow eine interessante Option und ein sofortiges Upgrade für die Bengals.

Mit Hunter Henry (25), Austin Hooper (25) und Eric Ebron (26) gibt es auf der Tight-End-Position gleich drei junge, sehr gute Receiving-Optionen, die das Team von Zac Taylor offensiv auf einen Schlag gefährlicher machen würde. Auch sie alle dürften aber nicht gerade günstig zu haben sein, und wie viel Geld wollen die Bengals in der Free Agency ausgeben?

Als Verstärkung für das Linebacker-Corps könnten derweil einige Namen infrage kommen. Spieler wie Littleton oder Schobert könnten für die Bengals angesichts ihrer zahlreichen Baustellen zu teuer werden, Jamie Collins oder De'Vondre Campbell wären jedoch günstigere Alternativen. Auch Nick Kwiatkowski dürfte noch eine Preisklasse weiter unten zu haben sein.

Cleveland Browns (6-10)

Die wichtigsten Free Agents: LT Greg Robinson, LB Joe Schobert, FS Damarious Randall.

Die größten Baustellen:

Offensive Tackle: Die Offense der Browns zählte zu den größten Enttäuschungen der vergangenen Saison. Die Probleme in der Offensive Line waren dabei nicht der alleinige Grund für die schwachen Aufritte von Baker Mayfield und Co., aber doch Woche für Woche eine klare Problemzone.

Robinson ist nun Free Agent und dürfte im nächsten Jahr gar nicht mehr in der NFL spielen, sodass das Hauptaugenmerk der Browns auf der Left-Tackle-Position liegen wird. Doch auch auf Right Tackle würde das Team ein Upgrade gegenüber Chris Hubbard gut vertragen.

Cleveland verfügt über den Cap Space, um in der Free Agency auch größere Namen anzuvisieren, Offensive Tackles sind allerdings Jahr für Jahr heiß begehrt. Somit scheint auch ein Trade (Trent Williams?) im Bereich des Möglichen. Man darf gespannt sein, wie der neue GM Andrew Berry diese klare Schwachstelle im Team bekämpfen wird.

Linebacker: Mit Joe Schobert wird der beste Linebacker des Teams Free Agent, Christian Kirksey könnte zudem noch entlassen werden, um mehr als sieben Millionen Dollar zu sparen. In diesem Fall stünde Cleveland mit klaren Lücken im eigenen Linebacker Corps da.

Die Browns werden versuchen, Schobert zu halten, der Franchise Tag dürfte ihnen dabei allerdings eine Nummer zu groß sein, zumal Geld für andere Positionen im Team gebraucht wird. Cleveland hat den Cap Space, um seine Linebacker zu halten oder diese adäquat zu ersetzen, die entscheidende Frage ist hier jedoch: Will man das verfügbare Geld tatsächlich dafür nutzen?

Safety:Mit Denzel Ward und Greedy Williams sind die Browns die Cornerback-Position in den letzten beiden Drafts aggressiv angegangen, Sorgen bereitet in der Secondary nun allerdings die Safety-Position.

Randall ist nach einer eher durchwachsenen Saison Free Agent und scheint entbehrlich, Morgan Burnett spielte eine solide Saison, doch auch hier würde das Team ein Upgrade vertragen, sofern sich in der Free Agency oder im Draft die Möglichkeit ergibt.

Mögliche Team-Fits: Überdurchschnittliche Left Tackles sind in der Free Agency nur selten zu haben. Kommen sie doch mal auf den Markt, werden sie zudem exorbitant teuer. Das dürfte 2020 nicht groß anders werden, D.J. Humphries wurde von den Cardinals vor der Free Agency mit einem neuen Vertrag ausgestattet, die Colts werden Anthony Castonzo wohl zur Not mit dem Franchise Tag halten.

Veteranen wie Andrew Whitworth oder Jason Peters würden die Left-Tackle-Probleme der Browns zumindest für ein Jahr lösen können, wären jedoch nur eine kurzfristige Antwort auf das Problem. Kelvin Beachum wäre eine immerhin solide Lösung und vermutlich ebenfalls ein Upgrade zur Vorsaison.

Auf dem Linebacker-Level erscheint es unwahrscheinlich, dass die Browns hier sehr viel Geld in die Hand nehmen, wenn sie Schobert ziehen lassen und/oder Kirksey entlassen. Nick Kwiatkowski oder sein Bears-Teamkollege Danny Trevathan als erfahrenere Lösung könnten hier gute Optionen sein.

In der Secondary könnten die Browns Anthony Harris ins Auge fassen, sofern dieser auf den freien Markt kommt. Eine (deutlich) günstigere, aber nur marginal schwächere Option wäre Tre Boston, der Clevelands Pass-Defense als echter Center Fielder auf ein neues Level heben könnte, ohne große Cap-Ressourcen zu verschlingen.

Pittsburgh Steelers (8-8)

Die wichtigsten Free Agents: Edge Bud Dupree, DT Javon Hagreave, CB Artie Burns.

Die größten Baustellen:

Receiving Corps:Die Steelers-Offense war in der vergangenen Saison über weite Strecken eine herbe Enttäuschung. Dies lag - natürlich - zum Großteil am Ausfall von Ben Roehtlisberger und den wenig überzeugenden Leistungen der Backups Mason Rudolph und Devlin Hodges, dies sollte jedoch nicht über so manch anderes Problem in Pittsburghs Offense hinwegtäuschen.

Die jungen Wide Receiver des Teams sind talentiert, noch fehlt es Johnson, Washington und Co. allerdings an Konstanz. Smith-Schuster ist den Beweis, dass er eine Offense als Nummer-eins-Receiver tragen kann, bislang zudem noch schuldig geblieben. Aufgrund der großen Cap-Probleme des Teams könnte Tight End Vance McDonald obendrein entlassen werden und die Fragezeichen im Receiving Corps weiter vermehren. Könnte ein Nummer-1-Receiver ein hohes Draft-Ziel werden?

Interior Offensive Line: Pittsburghs Tage der Dominanz in der Mitte der Offensive Line scheinen vorbei. Maurkice Pouncey, David DeCastro und Ramon Foster machten in der vergangenen Saison alle einen Schritt zurück, Foster könnte sogar entlassen werden, um mehr Cap-Spielraum zu kreieren. Fosters und Pounceys Verträge laufen zudem im kommenden Jahr aus.

Die Steelers werden sich Gedanken machen müssen, wie sie dieses Problem angehen können und dabei sowohl die kommende Saison als auch die ferne Zukunft im Blick haben. Eine wirkliche Alternative zu Foster (und Co.) steht aktuell nicht im Kader.

Edge Defender:Edge? Nachdem die Steelers in der vergangenen Saison die vielleicht beste Defensive Line und eines der besten Outside-Pass-Rushing-Duos der Liga hatten? Ja, Edge. Bud Dupree dürfte zwar mithilfe des Franchise Tags gehalten werden, allerdings würde dies auch nur eine kurzfristige Lösung darstellen. Auf lange Sicht müssten sich die Steelers darauf einstellen, den Pass-Rusher gehen zu lassen - erst recht, wenn dieser seine starke Vorsaison in diesem Jahr wiederholen sollte.

Lässt Pittsburgh Dupree schon in diesem Jahr ziehen, um etwas mehr Cap-Spielraum zu bekommen, würde die Position gegenüber von T.J. Watt plötzlich zu einer echten Problemzone werden. Ein denkbarer Nachfolger für Dupree steht derzeit nicht bereit.

Running Back: James Conner mag ein Publikumsliebling in Pittsburgh sein, bislang schlug er sich allerdings zu häufig mit Verletzungen herum und scheint kein Three-Down-Back für die Steelers zu werden. Darüber hinaus geht der einstige Pitt-Star in das letzte Vertragsjahr seines Rookie-Deals.

Jaylen Samuels und Benny Snell überzeugten im Running-Back-Committee nicht wirklich, sodass Pittsburgh einen weiteren Spieler in der Rotation vertragen könnte, insbesondere als Receiving-Option. Die Steelers wären gut beraten, nicht allzu viel Geld oder einen hohen Draft-Pick in einen Running Back zu investieren - die Probleme im Run Game sind nicht zuletzt auch der Offensive Line anzulasten -, ein neues, junges Gesicht könnte dem Backfield dennoch gut tun.

Mögliche Team-Fits: Sofern die Steelers Dupree tatsächlich mit dem Franchise Tag halten, verfügt das Team schlicht und ergreifend nicht über die Mittel, um in der Free Agency groß aktiv zu werden. Die ohne Frage bestehenden Baustellen ohne Cap Space und ohne einen Erstrundenpick anzugehen, dürfte eine echte Herausforderung in diesem Frühjahr werden.

Sollte McDonald tatsächlich entlassen werden, könnte Tight End Tyler Eifert eventuell mit einem günstigen Einjahresvertrag zu haben sein, ähnliches würde für einen Running Back wie Chris Thompson, der im Passspiel eine sofortige Verstärkung sein könnte, gelten.

Lassen die Steelers Dupree wider Erwarten doch gehen (womöglich auch via Trade?), würde zuallererst der Pass-Rush angegangen werden müssen. Ein Veteran wie Robert Quinn könnte dann ebenso eine Option sein wie ein junger Spieler wie Shaq Lawson, zum Beispiel über einen kurzen Prove-It-Deal, ähnlich wie ihn Shaq Barrett im vergangenen Jahr bei den Buccaneers unterschrieben hatte.