NFL MVP Rennen 2021: Führt (mal wieder) kein Weg an Brady vorbei?

Jan Dafeld
14. Dezember 202111:06
Tom Brady hat gute Chancen auf den MVP-Titel.getty
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Die NFL-Saison begibt sich auf die Zielgeraden, das Rennen um den MVP-Award ist dennoch weiterhin völlig offen. Drei Favoriten bilden die Spitzengruppe, doch auch dahinter machen sich einige Stars noch Hoffnungen. Wir geben einen Überblick und verraten, wer die besten Chancen auf die Auszeichnung hat.

Cooper Kupp (Wide Receiver, Los Angeles Rams)

Das spricht für Kupp: Rein statistisch ist Kupp der mit Abstand beste Wide Receiver der laufenden NFL-Saison. Catches, Yards, Touchdowns - in allen Kategorien belegt der 28-Jährige den ersten Platz, es bestehen nach wie vor Chancen, dass Kupp in dieser Spielzeit den Rekord von 1964 Receiving Yards in einer Saison von Calvin Johnson aus dem Jahr 2012 bricht. In diesem Fall könnte er auf einigen MVP-Wahlzetteln landen.

Die Offense der Rams läuft durch Kupp - und das Woche für Woche. Nur in einem einzigen Saisonspiel blieb der Slot-Receiver bislang bei weniger als sieben Catches oder weniger als 90 Receiving Yards. Und: Der Motor der Rams-Offense geriet in diesem Spiel, dem ersten Aufeinandertreffen mit den Cardinals, prompt gehörig ins Stocken. Angesichts der Probleme von Matthew Stafford im November lässt sich daher durchaus argumentieren, dass Kupp in dieser Saison der beste und wichtigste Offensivspieler im Team der Rams ist.

Das spricht gegen Kupp: Kupp mag in dieser Saison die beeindruckendsten Statistiken auflegen. Dass er im Vergleich mit Spielern wie Davante Adams, Tyreek Hill und Justin Jefferson aber tatsächlich auch der bessere Spieler ist, darf durchaus bezweifelt werden. Kupp profitiert ohne jede Frage von seiner Rolle innerhalb der Rams-Offense, in der er auf Crossing-Routes aus dem Slot immer wieder gegen Safeties isoliert wird und somit deutlich einfacherere Matchups erhält als beispielsweise Adams oder Jefferson, die Woche für Woche gegen den besten gegnerischen Cornerback bestehen müssen.

Darüber hinaus bleibt der Wert (und dabei soll es bei der MVP-Wahl ja gehen) eines Wide Receivers im Vergleich zu den Elite-Quarterbacks in der Liga eher überschaubar. In der Geschichte des Awards wurde noch nie ein Receiver als MVP ausgezeichnet, Johnson landetete in seiner Rekord-Saison 2012 gerade mal auf dem sechsten Rang. Kupp müsste die Offense der Rams wohl auf ein neues Level katapultieren, um echte Chancen auf den MVP-Titel zu haben. In puncto EPA/Play belegen die Rams in dieser Spielzeit allerdings "nur" Platz fünf.

Die Chancen: Sehr gering. Der wirklich dominante Quarterback mag in dieser Saison im Vergleich zu den letzten Jahren zwar fehlen und angesichts dessen könnte es Kupp tatsächlich auf einige Wahlzettel schaffen, erst Recht wenn er Johnsons Rekord wirklich brechen sollte. Zu mehr dürfte es allerdings nicht reichen. Eine Platzierung in den Top-5 wäre bereits ein sehr respektabler Erfolg.

Jonathan Taylor (Running Back, Indianapolis Colts)

Das spricht für Taylor: Taylor ist der zweite Nicht-Quarterback, der sich zumindest Außenseiterchancen auf den Award ausrechnen darf, da er ebenso wie Kupp der klar stärkste Spieler auf seiner Position in der laufenden Saison ist. Taylor hat mehr als 300 Rushing Yards und vier Rushing Touchdowns mehr als jeder andere Running Back, doch Taylors Impact geht weit über die reinen Boxscore-Statistiken hinaus.

Auch in den so genannten Advanced Stats sieht Taylor wie der beste Running Back des Jahres aus. Die Colts verfügen laut EPA/Play über das klar stärkste Run-Game der NFL, Taylor kommt auf mehr Yards per Carry und EPA/Rush als jeder andere Back mit mindestens 100 Carries, bei den Rushing Yards over Expected muss er sich einzig James Robinson von den Jacksonville Jaguars hauchdünn geschlagen geben. In einem Jahr, in dem sich bislang kein Quarterback als klarer MVP-Favorit positioniert hat, könnte der Award somit an Taylor gehen. Als Running Back hat er bessere Chancen als Kupp: Seit 2000 wurden immerhin vier Running Backs (Adrian Peterson, LaDainian Tomlinson, Shaun Alexander und Marshall Faulk) als MVP ausgezeichnet.

Das spricht gegen Taylor: Über den Wert von Running Backs in der modernen NFL ist in den letzten Jahren viel gestritten worden ohne zu einem abschließenden Ergebnis zu kommen. Relativ unumstritten dürfte allerdings sein: Im Vergleich zu Quarterbacks wie Aaron Rodgers oder Tom Brady ist selbst ein Elite-Runner wie Taylor deutlich stärker von den Umständen um ihn herum abhängig. Zu Beginn der Saison trat Taylor noch deutlich weniger dominant auf (65 Rushing Yards pro Spiel, 4,5 Yards pro Rush) als in den darauffolgenden Wochen und Monaten, in denen die Offensive Line der Colts endlich zu ihrer vollen Stärke fand (128 Rushing Yards pro Spiel, 6,1 Yards pro Rush).

Dazu kommen weitere Faktoren: Im Vergleich zu Backs wie Austin Ekeler oder Alvin Kamara bleibt Taylors Rolle im Passspiel nach wie vor relativ beschränkt, Nyheim Hines übernimmt viel Arbeit bei klaren Passing Downs. Darüber hinaus dürfte die Bilanz der Colts gegen Taylor sprechen. Verpasst Indianapolis die Playoffs, wird der 24-Jährige keinerlei Chancen haben, auch ohne Division-Sieg dürfte es für ihn sehr eng werden.

Die Chancen: Wie bei Kupp scheinen auch Taylors Aussichten verschwindend gering. Derrick Henry führte die Titans in der Vorsaison mit 2027 Rushing Yards und 17 Touchdowns zu elf Siegen und dem Division-Sieg und erhielt dennoch keine einzige MVP-Stimme. Einen so starken Quarterback wie 2020 scheint es in diesem Jahr zwar nicht zu geben, Taylor bräuchte dennoch vermutlich vier dominante Auftritte und vier Siege aus den verbleibenden vier Spielen, um überhaupt eine Außenseiterchance zu haben.

Matthew Stafford (Quarterback, Los Angeles Rams)

Das spricht für Stafford: Sieben Siege in den ersten acht Spielen, dazu 22 Touchdown-Pässe bei nur drei Interceptions und der Spitzenplatz in nahezu jeder statistischen Kategorie. Nach der ersten Hälfte der Saison war Stafford der klare Favorit auf den Gewinn des Awards. Die Storyline nach 13 Jahren im unteren Mittelmaß in Detroit schien zudem perfekt.

Tatsächlich öffnete Stafford das Playbook in Los Angeles, die Rams kehrten von ihrer Outside-Zone- und Play-Action-Offense ab und agierten mit ihrem neuen Quarterback deutlich mehr mit klassischen Dropback-Plays. Stafford katapultierte Mitspieler wie Kupp in neue Sphären, auch an beeindruckenden Highlight-Plays mangelte es nicht. Nach einigen schwächeren Spielen meldete er sich in den letzten Wochen wieder zurück, vor allem sein Auftritt im wichtigen Division-Kracher gegen die Cardinals war beeindruckend.

Das spricht gegen Stafford: Nach dem herausragenden Saisonstart stürzte Staffords Stern genau so schnell wieder ab, wie er gestiegen war. Gegen die Titans, die 49ers und die Packers spielte er drei Spiele, in denen er keineswegs wie ein Quarterback aussah, der in irgendeiner Art und Weise Chancen auf den MVP-Award haben sollte. In drei aufeinanderfolgenden Partien warf der 33-Jährige drei Pick Sixes.

Mit Ausnahme seines herausragenden Auftritts beim Sieg über die Bucs mangelte es Stafford und den Rams in dieser Spielzeit zudem lange an überzeugenden Spielen gegen starke Teams. Die starken Auftritte der Offense kamen vor allem gegen Teams wie die Lions, Texans oder Jaguars zustande. Der überzeugende Sieg gegen die Cardinals war somit auch für Stafford wichtig.

Die Chancen: Deutlich größer als noch vor zwei Wochen, doch immer noch eher gering. Nach dem brandheißen Saisonstart waren die Auftritte im November schlicht zu enttäuschend. Hätte Stafford seine schwachen Spiele früher in der Saison abgeliefert, wäre er womöglich gar kein Teil der MVP-Diskussion mehr. Führt er sein Team doch noch zum Division-Sieg, könnte Stafford aber einige Argumente auf seiner Seite haben.

Justin Herbert (Quarterback, Los Angeles Chargers)

Das spricht für Herbert: Die "Highs" sind bei kaum einem Spieler so hoch wie bei Herbert - egal, ob wir nun über einzelne Spiele oder Plays sprechen. Der 23-Jährige lieferte in dieser Saison bereits mehrere wirklich herausragende Auftritte ab: Bei den Siegen über die Chiefs, die Browns, die Steelers oder am vergangenen Wochenende gegen die Giants sah Herbert fraglos wie einer der besten Quarterbacks und einer der wichtigsten Spieler der NFL aus. Seine unglaublichen Deep Shots auf Jalen Guyton in Woche 13 und 14 sind Plays, die in der Liga vielleicht nur zwei oder drei andere Spieler auflegen können.

An guten Tagen katapultiert Herbert die Chargers in Sphären, in denen sie rein schematisch kaum sein sollten. Über weite Strecken der Saison agierte Los Angeles offensiv eher konservativ und mit einem großen Fokus auf das Kurzpassspiel. Es war Herberts individuelle Klasse, die darin immer wieder für Big Plays sorgte. Anders als Aaron Rodgers bei den Packers kann er nicht auf einen so hohen schematischen Floor zurückfallen, anders als Tom Brady bei den Bucs hat er keine Armada an individuellen Ausnahmespielern an seiner Seite.

Das spricht gegen Herbert: Wie Herbert die Limitierungen innerhalb der eigenen Offense immer wieder überspielen und übertreffen konnte, war definitiv beeindruckend. Diese enorme Abhängigkeit von der Klasse des eigenen Quarterbacks führte allerdings auch zu einigen hässlicheren Spielen. Gegen die Vikings unterliefen Herbert gleich mehrere unschöne Fehler, auch gegen die Ravens, die Patriots und mit Abstrichen die Broncos lieferte er Spiele ab, die den Ansprüchen an einen MVP-Kandidaten nicht gerecht werden können.

Dass Herbert im Kurzpassspiel noch etwas Luft nach oben hat, wurde in dieser Saison bereits in mehreren Spielen offensichtlich. Über die ersten zehn Spiele der Saison schien die Offense der Chargers dem Status einer Enttäuschung daher näher als dem einer positiven Überraschung. Herberts Anteil an dieser Entwicklung ist zwar überschaubar, seinen MVP-Chancen zuträglich war dies natürlich dennoch nicht.

Die Chancen: Klassische Statistiken, Advanced Stats, Tape, Teamerfolg - Herbert ist in all diesen Punkten vorne mit dabei, wahrscheinlich aber auch in keinem die Nummer eins. Es gibt Argumente für Herbert als MVP, es fehlt jedoch ein wenig die übergreifende Geschichte. Die letzten zwei Auftritte der Chargers-Offense waren definitiv ein Schritt in die richtige Richtung. Spielt Herbert auch im Thursday Night Game gegen die Chiefs (Nacht auf Freitag, 2.20 Uhr live auf DAZN) groß auf, könnte seine Kandidatur im Saison-Endspurt tatsächlich nochmal heiß werden.

Josh Allen (Quarterback, Buffalo Bills)

Das spricht für Allen: Wahrscheinlich kein Quarterback schultert in dieser Saison so viel Verantwortung innerhalb der eigenen Offense wie Allen in Buffalo. Gegen die Bucs war er am vergangenen Wochenende über weite Strecken die Pass- und die Run-Offense seines Teams, in der Woche davor setzten die Bills trotz äußerst widriger Umstände gegen die Patriots auf ihren Quarterback und dessen Arm, während New England Mac Jones gerade mal drei Pässe werfen ließ.

Ähnlich wie Herbert gelang es auch Allen unter diesen Umständen einige wirklich phänomenale Auftritte auf den Rasen zu zaubern. Gegen Washington oder auch Kansas City sah Allen zweifellos wie ein MVP-Kandidat aus, auch gegen die Bucs spielte er trotz der schlussendlichen Niederlage stark auf und führte sein Team überhaupt erst zurück ins Spiel. Nachdem er im vergangenen Jahr trotz einer herausragenden Saison nur abgeschlagen auf Platz zwei landete, wäre Allen zudem sicher ein gerne gesehener MVP.

Das spricht gegen Allen: Zwei Niederlagen aus den letzten beiden Spielen, der Division-Sieg derzeit in weiter Ferne - die Bills reiten aktuell nicht gerade auf einer Welle der Euphorie. Gegenüber der Vorsaison hat Buffalo einen Schritt zurück gemacht: Die Offense läuft längst nicht mehr so rund, mittlerweile muss das Team sogar um die Playoffs bangen. Kein optimaler Saisonverlauf für einen MVP-Anwärter.

Auch Allen selbst spielt nicht auf dem Niveau der vergangenen Saison: Passing Yards, Completion Percentage, Yards pro Passversuch, Touchdown-Interception-Ratio - in allen klassischen Statistiken hat der 24-Jährige einen Schritt zurück gemacht. Diese Rückschritte sind zwar größenteils auf schematische Probleme sowie Schwächen in der Offensive Line zurückzuführen, doch auch Allen lieferte in dieser Spielzeit bereits mehrere durchwachsene Auftritte ab, angeführt natürlich von der blamablen 6:9-Niederlage gegen die Jaguars.

Die Chancen: Mit Leistungen wie in der vergangenen Saison wäre Allen im MVP-Rennen ganz vorne mit dabei, vielleicht sogar alleine an der Spitze. Die Probleme der Bills-Offense passen in diesem Jahr allerdings alle nicht wirklich in die Erzählung einer MVP-Kampagne. Die Buchmacher haben Allen zwar nach wie vor auf den vorderen Plätzen, ohne vier wirklich herausragende Auftritte in den letzten vier Saisonspielen dürfte der Zug für ihn allerdings abgefahren sein.

Aaron Rodgers (Quarterback, Green Bay Packers)

Das spricht für Rodgers: Wie viel schlechter spielt Rodgers im Vergleich zur vergangenen Saison, in der der Packers-Quarterback den MVP-Award nahezu ohne Gegenstimme und mit weitem Abstand vor Stars wie Josh Allen und Patrick Mahomes gewann? Nicht viel schlechter? Dafür lassen sich durchaus Argumente finden - zumindest wenn man den kompletten Fehlstart der Packers gegen die Saints ausklammert.

Rodgers macht auch in dieser Saison kaum gravierende Fehler (zwei Interceptions in den letzten zwölf Spielen) und gibt seinem Team in jedem Spiel eine Chance auf den Sieg. Seit Green Bays Niederlage gegen die Saints verlor die Franchise mit Rodgers under Center nur noch ein Match - und das war das 31:34 gegen die Vikings, in dem Rodgers sein vielleicht bestes Saisonspiel ablieferte. Die absoluten Highlight-Plays mögen seltener geworden sein, werden mittlerweile jedoch durch tausend kleine Nadelstiche ersetzt. Keine Offense bewegt den Ball offensiv konstanter als die Packers mit Rodgers. Nicht zu unterschätzen zudem: Nach der Niederlage der Cardinals gegen die Rams belegen die Packers den ersten Platz in der umkämpften NFC.

Das spricht gegen Rodgers: Kein Quarterback in dieser Liste profitiert derart von der unglaublich gut designten Offense, in der er selbst spielt. Matt LaFleur ermöglicht Rodgers in der Offense immer wieder offene Würfe im Rhythmus des Plays, es ist kein kompletter Zufall, dass der dreimalige MVP erst mit der Einstellung von LaFleur wieder zur Klasse alter Tage zurückfand. Auch eine solche Offense muss ein Quarterback mit vielen genauen Pässen ohne böse Fehlwürfe erst einmal Down-to-Down umsetzen, ganz so spektakulär wie die Saisons von Brady oder Murray könnte das aber in den Augen vieler Voter nicht wirken.

Dazu kommt, dass Rodgers selbst unter dem Eindruck seiner überragenden Vorsaison leidet. In praktisch allen Statistiken schneidet der 38-Jährige 2021 schwächer ab als noch im Vorjahr. Die Konkurrenz mag in dieser Spielzeit zwar nicht gerade überwältigend sein, ein erneuter MVP-Titel für Rodgers wäre unter diesen Umständen allerdings eine eher unromantische Erzählung.

Die Chancen: Am Ende könnte der Nummer-eins-Seed in der NFC das Zünglein an der Waage werden. Das gilt ebenso für Rodgers wie auch für Murray und Brady. Hält Rodgers seine Form der letzten Wochen aufrecht, hat er rein leistungstechnisch definitiv Argumente auf seiner Seite. Ohne den ersten Platz in der Conference scheint ein zweiter MVP-Titel in Serie allerdings eher unwahrscheinlich.

Kyler Murray (Quarterback, Arizona Cardinals)

Das spricht für Murray: Kein Quarterback brachte in dieser Saison eine ähnlich effiziente Offense aufs Feld wie Murray mit den Cardinals. In puncto EPA/Play führte Murray lange weit vor Stafford, Rodgers, Brady und Co., die Passing-Offense des Teams thronte in dieser Statistik ebenfalls auf Platz eins - und das obwohl Colt McCoy Murray in drei Spielen als Starter ersetzte.

Murrays Explosivität konnte bislang noch keine Defense wirklich einschränken: Der 24-Jährige kam bislang in jedem Saisonspiel auf mindestens 65 Prozent Completion Percentage und mindestens 7,5 Yards pro Passversuch, Murrays Fähigkeiten als Runner, die vor allem in der Red Zone enorm wertvoll sind, kommen noch obendrauf. In seinem dritten Jahr machte er in nahezu allen Aspekten seines Spiels nochmal einen großen Schritt nach vorne, spektakuläre Highlight-Plays liefert Murray zudem nahezu Woche für Woche. Außerdem kämpfen die Cardinals nach wir vor um den ersten Platz in der NFC.

Das spricht gegen Murray: Drei Spiele verpasste Murray in dieser Saison verletzungsbedingt. Damit liegt der Quarterback der Cardinals in sämtlichen klassischen Statistiken - Passing Yards, Touchdowns etc. - weit abgeschlagen hinter seinen direkten Konkurrenten. In einer Saison mit einem wirklich dominanten Quarterback hätte Murray mit so vielen verpassten Spielen vermutlich gar keine Chance mehr auf den Award.

Dazu kommt, dass die Offense der Cardinals ohne Murray keineswegs verloren wirkte. Mit Colt McCoy under Center schlug Arizona die 49ers und die Seahawks durchaus abgebrüht. McCoy spielte dabei zwar nicht ansatzweise so explosiv wie Murray, legte aber durchaus respektable Zahlen auf und brachte eine funktionierende Offense auf den Rasen. Einzig der ernüchternde Auftritt gegen die Panthers verhinderte drei Siege in Murrays Abwesenheit. Kann ein Spieler, dessen Fehlen in der eigenen Offense zumindest zeitweise relativ gut aufgefangen wurde, tatsächlich MVP werden? Gegen die Packers und Rams spielte Murray zudem seine zwei schwächsten Saisonspiele und war somit für die zwei Saisonniederlagen der Cardinals mit ihm als Quarterback mitverantwortlich.

Die Chancen: Murrays Argumente hängen an dem Nummer-eins-Seed in der NFC. Verpassen die Cardinals den ersten Platz in der Conference, dürfte er mit drei verpassten Spielen sowie eher wackligen Auftritten gegen zwei Top-Konkurrenten kaum noch Chancen auf den Award haben. Um trotzdem im Rennen zu bleiben, muss Arizona den Rest der Saison ungeschlagen bleiben, Murray darf sich zudem keinen schwächeren Auftritt mehr erlauben.

Tom Brady (Quarterback, Tampa Bay Buccaneers)

Das spricht für Brady: Noch vor zehn Jahren wäre Brady der MVP-Award in dieser Spielzeit wohl kaum noch zu nehmen gewesen. Der 44-Jährige führt die Liga in Touchdowns und Passing Yards mit gehörigem Vorsprung an, zudem erzielen seine Bucs die meisten Punkte pro Spiel, haben den Division-Sieg so gut wie in der Tasche und auch noch gute Chancen auf den Nummer-eins-Seed in der hart umkämpften NFC.

Tatsächlich sind Bradys Leistungen in dieser Saison beeindruckend. Der dreimalige MVP wirft den Ball mit genau so viel Zip über die Mitte des Feldes wie vor zehn Jahren, vielleicht sogar noch besser. Bradys Pocket-Management sowie sein Decision-Making sind ohnehin über jeden Zweifel erhaben. Nach 14 Wochen ist Brady womöglich der beste Quarterback der laufenden Saison, die Bucs stellen aktuell zudem die vielleicht gefährlichste Offense der Liga. Die romantische Story des ältesten MVPs aller Zeiten - ein Jahr nach dem Gewinn des Super Bowls wohlgemerkt - dürfte für so manchen Voter zudem eine zu schöne Story sein, um diese nicht wahr werden zu lassen.

Das spricht gegen Brady: Brady profitiert in Tampa Bay von hervorragenden Umständen. Kein anderer Quarterback im MVP-Rennen verfügt über eine so gute Offensive Line oder ein so gutes Waffenarsenal wie der 44-Jährige. Sollten die Bucs den Nummer-eins-Seed in der NFC trotz ihrer herausragend besetzten Offense am Ende verpassen, dürfte dies durchaus als Argument gegen Brady verwendet werden.

Zumal Brady durchaus nicht schuldlos daran ist, dass Tampa Bay mit drei Niederlagen auf dem Konto auf einen Ausrutscher der Konkurrenz angewiesen ist. Gegen New Orleans und Washington leistete er sich vor einem Monat zwei schwächere Spiele und war dadurch mitverantwortlich für zwei der drei Niederlagen in der laufenden Saison.

Die Chancen: Brady braucht den ersten Platz in der NFC nicht zwingend, um den MVP-Award mit nach Hause nehmen zu dürfen. Anders als Murray hat er keine Spiele verpasst, anders als Rodgers leistete er sich keine richtig schlechte Vorstellung. Die nackten Zahlen sprechen ohnehin für seinen vierten MVP-Award. Stand heute ist er der Top-Favorit auf die Auszeichnung, mit einem kleinen Durchhänger im letzten Saisonviertel könnte er aber sehr wohl nochmal überholt werden.

NFL: Die MVPs der letzten zehn Jahre

JahrSpielerPositionTeam
2020Aaron RodgersQuarterbackGreen Bay Packers
2019Lamar JacksonQuarterbackBaltimore Ravens
2018Patrick MahomesQuarterbackKansas City Chiefs
2017Tom BradyQuarterbackNew England Patriots
2016Matt RyanQuarterbackAtlanta Falcons
2015Cam NewtonQuarterbackCarolina Panthers
2014Aaron RodgersQuarterbackGreen Bay Packers
2013Peyton ManningQuarterbackDenver Broncos
2012Adrian PetersonRunning BackMinnesota Vikings
2011Aaron RodgersQuarterbackGreen Bay Packers