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Es geht nur hässlich

Ole FrerksOTHER
04. Juni 201714:00
LeBron James muss das direkte Duell gegen Kevin Durant gewinnen getty
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Nach Spiel 1 der NBA Finals wurden teilweise bereits Abgesänge auf die Cleveland Cavaliers angestimmt - so deutlich war der Qualitätsunterschied zu den Golden State Warriors. Dabei gibt es vor Spiel 2 durchaus konkrete Stellschrauben, an denen Tyronn Lue drehen kann. SPOX analysiert, in welchen Aspekten der amtierende Champion besser werden muss.

Sie dürfen sich nicht herumschubsen lassen

Nahezu alle Cavs-Spieler und auch Lue waren sich nach Spiel 1 einig, dass vor allem eins gefehlt hatte - die physische Härte. Niemand nahm dies persönlicher als Tristan Thompson, der zum ersten Mal seit Anfang November ohne Punkte blieb und keine fünf Rebounds holte. Thompson bezeichnete seine eigene Leistung als "Müll" und versuchte umgehend, sich selbst und sein Team anzustacheln.

"Gegen die Warriors reicht es nicht, einfach nur hart zu spielen. Man muss hart auf einem Level spielen, der das Thermometer sprengt. Sie bestrafen dich sonst einfach sofort, mehr als jedes andere Team. Darüber müssen wir uns im Klaren sein", erklärte Thompson. Mit Recht: Auch wenn die Cavs das Rebound-Duell am Ende mit 59:50 gewannen, taten ihnen insbesondere die 14 Offensiv-Rebounds der Dubs richtig weh.

Bezeichnend war eine Szene, in der Stephen Curry einen Offensiv-Rebound schnappte, obwohl er zwischen LeBron James und Thompson stand. Die Warriors haben mehr Firepower als die Cavs - sie dürfen nicht auch noch mehr Einsatz zeigen, will Cleveland eine Chance haben.

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Sie müssen das Tempo drosseln

Passend dazu muss Cleveland versuchen, das Spieltempo zu drosseln. Zum einen, weil dadurch LeBron ein wenig geschont wird, der in Spiel 1 spätestens im dritten Viertel zum ersten Mal seit langem völlig ausgelaugt wirkte. Und zum anderen deshalb, weil die Warriors im Chaos besser spielen als jedes andere Team. Wer mit ihnen rennen will, wird überrannt.

In Spiel 1 passierte genau dies: Golden State erzielte im Half-Court pro Ballbesitz nur 0,89 Punkte, was ein verheerend schlechter Wert ist, in Transition bekamen sie jedoch alles, was sie wollten. Die Cavs spielten ihnen dabei mit ihrem Game-Plan voll in die Karten, denn auch Cleveland drückte bei jeder Gelegenheit auf die Tube, auch wenn man keine Überzahlsituation hatte.

Dazu sei gesagt: Die Halfcourt-Zahl wurde auch deshalb gedrosselt, weil Golden State etliche Layups daneben legte, die normalerweise automatisch drin sind. Ebenso wie einige offene Dreier (siehe: Thompson, Klay). Man sollte nicht zwingend darauf setzen, dass dies regelmäßig passieren wird, denn dafür ist Golden States Offense einfach zu gut.

Daher muss es das Ziel sein, ihnen weniger Möglichkeiten zu geben. Zum Vergleich: In Spiel 7 der 2016er Finals hielten die Cavs Golden State bei nur 83 Würfen und einer Pace von 90,7. In Spiel 1 waren es 106 Würfe und eine Pace von 99,5. Lue muss das ändern - sonst wäre es keine Überraschung, wenn die Dubs die 140 Punkte knacken, sobald sich ihre Quoten normalisieren.

Sie müssen LeBron gegen Durant helfen

Kevin Durant war in Spiel 1 bekanntlich das größte unter vielen Problemen für Cleveland. Abgesehen von seinem monströsen Output von 38, 8 und 8 lag das auch an dem direkten und indirekten Effekt, den er auf LeBron hatte: Zum ersten Mal in diesen Playoffs (in dieser Saison?) musste James das ganze Spiel über wirklich Energie in der Defense aufwenden. Und das nicht gegen Jae Crowder oder DeMarre Carroll, sondern gegen den vielleicht einzigen Spieler der Liga, der länger UND schneller ist als er selbst.

KD ist 28 Jahre alt und in der besten Verfassung seines Lebens - er konnte offensiv wie defensiv Vollgas gehen und wirkte dabei so frisch, als könnte er im Anschluss noch einen Marathon laufen. LeBron ist 32 und immer noch ein Freak, aber eben mittlerweile daran gewöhnt, dass er sich defensiv Auszeiten gönnen kann. Gegen Golden State funktioniert das aber nicht. James braucht Hilfe.

Angesichts der physischen Voraussetzungen von Durant sind Lues Optionen limitiert, gerade wenn er mit Love und Thompson zwei Bigs auf dem Court haben will. Richard Jefferson ist 36 Jahre alt und spielt im Gegensatz zum letzten Jahr mittlerweile auch seinem Alter entsprechend. Damit bliebe noch Iman Shumpert, der zwar an sich zu klein ist, aber Durant zumindest nerven kann.

Der Punkt ist: Natürlich soll LeBron in Clutch-Situationen auch direkt gegen Durant spielen. Wenn er es jedoch das gesamte Spiel über tun soll, geht ihm offensiv zu viel Energie verloren - und dann kommen die Cavs gar nicht erst in Clutch-Situationen. Lue muss überlegen, wie er seinem wichtigsten Spieler ein wenig unter die Arme greifen kann. Selbst wenn er dann womöglich nicht mit Thompson und Love spielen lassen kann.

Sie müssen auf den Ball aufpassen und weniger meckern

Dass die Warriors in Spiel 1 20 Würfe mehr abfeuerten als Cleveland, hatte neben den Offensiv-Rebounds vor allem auch mit der Turnoveritis zu tun. 20 Ballverluste klingen eher nach den Lakers als nach dem amtierenden Champion und gerade LeBron war mit acht Give-Aways ganz schwach in diesem Department. Er kann und wird sich bessern.

Die Turnover waren aber nicht nur schlimm, weil die Cavs, nunja, den Ball verloren. Sie entblößten auch ihre größte Schwäche, die absolut erbärmliche Transition Defense. Auch hier ging LeBron nicht mit gutem Beispiel voran: Mehrfach blieb er motzend über fehlende Calls stehen und stritt mit den Refs, statt zurück zu rennen.

Teilweise war sein Frust verständlich: Gerade Andre Iguodala verteidigte ihn wie üblich nicht unbedingt sauber, foulte aber clever genug, um dabei nicht erwischt zu werden. Dennoch: Gegen die ohnehin überragende Fastbreak-Offense der Warriors schuf James damit noch zusätzlich Unterzahlsituationen, die man sich nicht leisten darf. Auch hier kam das Thema Einsatz wieder zum Tragen.

Sie müssen den offensiven Game-Plan anpassen

Nicht nur defensiv lief bei den Cavs jede Menge schief, auch die Offense war um mehr als 30 Punkte pro 100 Ballbesitze schlechter als bisher in den Playoffs. Problematisch war es dabei, dass die Cavs es mit exakt derselben Strategie versuchten wie im vergangenen Jahr, obwohl sie nicht mehr die gleichen Resultate brachte.

Sie wollten Stephen Curry in so viele Pick'n'Rolls verwickeln wie möglich - das funktionierte letztes Jahr sehr gut, allerdings war Curry damals eben auch nicht gesund und seiner lateralen Geschwindigkeit beraubt. Dieses Mal stellte er sich deutlich besser an und die Warriors waren vorbereitet. Wichtiger als seine individuelle Defense war es, dass die Warriors so zumeist Durant und Green als Help-Defender hatten - und diese Kombination aus Spannweite, Athletik und Spielintelligenz ist im Half-Court nur schwer zu überwinden.

LeBron ist ein absoluter Meister darin, zu penetrieren und dann einen Pass über das halbe Feld an den Dreierschützen zu bringen. Regelmäßig hebelt er mit genau diesen Pässen ganze Defensivreihen aus. Aber Green und KD schienen genau auf diese Anspiele zu warten und bekamen scheinbar bei jedem Pass noch eine Hand oder einen Finger an den Ball, um dessen Weg entscheidend zu verändern.

Nun kann man freilich nicht verhindern, dass die beiden im Weg sind - es sei denn, man provoziert Green zu einer weiteren Sperre. Aber vielleicht kann man ihren Impact etwas verringern, wenn man sie anders attackiert, beispielsweise mit gezielteren Isolationen oder Post-Ups.

Gerade Green ist dann am besten, wenn er aushelfen kann. Individuell ist er ebenfalls stark, aber schnelle und kreative Guards (wie Kyrie Irving) oder Launen der Natur (wie James) können ihn durchaus vor Probleme stellen, gerade wenn die Angreifer um ihn herum auch noch Shooter auf dem Court haben. Dass Irving in Spiel 1 nur einen einzigen Freiwurf zog (bei einem 4-Punkte-Spiel), sollte nicht noch einmal passieren.

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Sie müssen ihre Chancen besser nutzen

Das führt automatisch zum nächsten Punkt: Wenngleich es bei den Warriors mehr thematisiert wurde, ließen auch die Cavs extrem viele ordentliche bis sehr gute Looks liegen. Am Ring trafen sie in den ersten drei Vierteln 39 Prozent, gerade Love, Thompson und auch James hatten Probleme beim Finishen. Und auch von Downtown strahlten die Cavs nicht die gewohnte Gefahr aus, was nicht nur an der guten Defense der Warriors lag.

"Trefft eure Würfe" ist eine relativ offensichtliche "Strategie", sie trifft in diesem Fall in vielerlei Hinsicht zu und betrifft alle anderen Punkte, die hier diskutiert wurden. Schließt man hochprozentiger ab, gibt es weniger Transition-Möglichkeiten für Golden State, weniger Chaos und weniger Auf und Ab für LeBron. Und damit wiederum vermutlich eine langsamere Pace, die den Cavs eher entgegenkommt.

Es ist eine ziemlich große Checkliste, die den Cavaliers hier vorliegt. Und es ist auch nicht garantiert, dass sie gewinnen würden, wenn sie alles abhaken - denn auch die Warriors haben zweifelsohne noch Luft nach oben. Golden State hat das talentiertere Team und spielt überragenden Team-Basketball. Sie sind Goliath im klassischen Sinn.

Goliath wurde von David allerdings auch bezwungen und es wäre viel zu früh, die Cavs jetzt schon abzuschreiben. Das sollte man aus den Finals 2016 eigentlich gelernt haben. Klar ist aber, dass sie gegen die Warriors keinen Schönheitswettbewerb gewinnen können. "Give me some nasty", wie Gregg Popovich einst sagte. Es kann nur funktionieren, wenn sie das Spiel hässlicher machen.

Die Finals im Überblick

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