NBA

Der nicht ganz so feine Unterschied

Von Ole Frerks
Kevin Durant entschied das Duell gegen LeBron James in Spiel 1 für sich
© getty

Kevin Durant hat bei seiner Rückkehr auf die Finals-Bühne direkt für ein Ausrufezeichen gesorgt. In Spiel 1 der Serie zwischen den Golden State Warriors und den Cleveland Cavaliers besiegte er LeBron James im direkten Duell - und offenbarte das fundamentale Dilemma dieser Finalserie.

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Fünf Jahre lang musste Kevin Durant warten. Während LeBron James stets bis spät in den Juni hinein spielen durfte, seit nunmehr sieben Jahren in Folge, war für Durant immer spätestens in den Conference Finals Endstation. 2012 stand KD mit OKC in den Finals und es schien, als würden die Thunder und LeBron sich in Zukunft noch öfter gegenüberstehen. Doch es kam bekanntlich anders.

OKC tradete James Harden, dann verletzte sich mal Durant, mal Russell Westbrook, mal Serge Ibaka - und mal war man auch einfach nicht gut genug für die Finals. 2016 war man es wohl, dennoch reichte es nicht gegen Golden State. Danach hatte KD genug - und wechselte zu ebendiesen Warriors. Eine Entscheidung, für die er massiv Kritik einstecken musste und einstecken muss, die sich für ihn aber als richtig erwiesen hat. Persönlich, wie er selbst mehrfach betont hat - und sportlich sowieso.

Nachdem er jahrelang am Versuch scheiterte, ist er mit den Warriors fast widerstandslos in die Finals eingezogen, dorthin, wo er sich eigentlich jedes Jahr wähnte. Dass die Dominanz seines Teams dabei viele Zuschauer zu Tode langweilte - geschenkt. "Dann schaut eben nicht zu", sagte Durant dazu. Die Kritik an seiner Person ist nach dieser Aussage selbstverständlich nicht leiser geworden, zumal er diese Antwort nicht unbedingt sympathisch rüberbrachte.

Nach Spiel 1 wird sich das auch nicht ändern, aber wenn man KD glauben darf, ist ihm das egal. Ihn interessiert nur dieser Ring, sein erster. Wenn er so weiter macht, wird er ihn mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit bald sicher haben.

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Sieger im direkten Duell

Durant agierte in Spiel 1 wie ein Mann auf einer Mission. 38 Punkte, 8 Rebounds und 8 Assists - eine solche Statline hatten in den Finals in den letzten 30 Jahren nur vier andere Spieler geschafft. Zweimal Michael Jordan, Shaquille O'Neal, Kobe Bryant. Und natürlich LeBron, der das Kunststück sogar viermal vollbrachte.

Durants Leistung beeindruckte dabei vor allem deshalb, weil er im direkten Duell mit dem besten Spieler der Welt der bessere Spieler war - an diesem Tag. KD verteidigte James immer mal wieder und war entscheidend daran beteiligt, dass dieser mit acht Ballverlusten einen unrühmlichen Finals-Rekord aufstellte. Und am anderen Ende des Courts ließ er James ausnahmsweise tatsächlich wie einen 32-Jährigen aussehen - mit einem Crossover schickte er LeBron gar auf die Bretter.

"Es geht hier um das Duell Golden State Warriors gegen Cleveland Cavaliers. Wir werden es nur zusammen schaffen", sagte Durant nach dem Spiel zwar, aber natürlich war auch ihm klar, dass diese Runde vor allem wegen ihm an sein Team gegangen war. Das wurde durch sein Verhalten auf dem Court sowie seinen vermeintlichen Staredown in Richtung von Popstar Rihanna, an den er sich danach aber "nicht mehr erinnern" konnte, mehr als deutlich.

Was sticht hervor? "KD"

Also fiel es am Ende eben LeBron zu, das Offensichtliche auszusprechen. Auf die Frage, was bei den Warriors an diesem Abend hervorstach, antwortete James lediglich mit "KD". Auf Nachfrage wurde er etwas ausführlicher: "Man nimmt eins der besten Teams, die wir je gesehen haben, und fügt so einen Spieler hinzu. Das sticht hervor. So einfach ist das."

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Die genervte Antwort wäre komplett gewesen, wenn er noch hinzugefügt hätte, dass Durant ein wenig schwerer zu kontrollieren ist als sein Vorgänger Harrison Barnes. Zumal LeBron gewissermaßen gezwungen ist, ihn zu verteidigen - KD ist für alle anderen Flügelverteidiger der Cavs viel zu groß und für alle Big Men viel zu schnell.

James wirkte platt

Die Energie, die LeBron nun defensiv investieren muss, fehlt ihm vorne - Mitte des dritten Viertels wirkte James zum ersten Mal in diesen Playoffs völlig platt. KD dagegen hatte weiterhin die Energie, wieder und wieder zum Korb zu gehen - neun seiner 15 Treffer erfolgten am Ring, dazu zog er noch acht Freiwürfe.

Durant strahlte eine Dynamik und Aggressivität aus, die bei den Warriors fast die ganze Partie über den Ton angab. Im Gegensatz zu James ist er eben auch ein paar Jahre jünger und musste über die letzten Jahre bei weitem nicht so viele Spiele absolvieren.

Und was wichtiger war: Die Warriors haben mit KD, Draymond Green und Andre Iguodala drei Verteidiger von Weltformat, die sich mit James beschäftigen können, KD musste also längst nicht alles alleine erledigen. Ihnen sind damit ganz andere Möglichkeiten gegeben. Und dank Durant können sie es sich leisten, James gezielt zu attackieren.

Kein Schüler mehr

Die Cavs konnten die Finals vergangenes Jahr gewinnen, weil sie in James den besten Spieler der Serie hatten. Das ist auch heute noch der Fall. Aber KD kann das Duell offen gestalten - und wenn er es gewinnt, unter Umständen sogar deutlich, dann sind die Cavaliers Toast. So wie in Spiel eins.

Fünf Jahre ist es her, dass KD zuletzt in den Finals stand. Damals legte er zwar gute Zahlen auf, dennoch wurden ihm und seinem Team von LeBron die Grenzen aufgezeigt, genau wie James selbst es 2007 bei seinem ersten Finals-Auftritt gegen die Spurs erlebt hatte. In der Folge trainierte KD mehrfach mit LeBron, um ihn nachzuahmen und von ihm zu lernen. Er hat mittlerweile damit aufgehört, seinen Rat zu suchen, wie LeBron vor den Finals verriet.

Durant ist erwachsen geworden, ein deutlich kompletterer und reiferer Spieler als im Jahr 2012. Er ist das Monstrum an der Spitze des besten Teams, das Cavs-Coach Tyronn Lue je gesehen hat. Er macht keine Anzeichen, dass er den Fuß in nächster Zeit vom Gas nehmen wird.

Außerhalb der Bay Area mag das für ziemlich viel Ärger sorgen - aber das ist nicht Durants Problem. Er ist in seinem Element. Und damit wird man sich wohl oder übel abfinden müssen.

Das Playoff-Bracket im Überblick