NBA - Dennis Schröder von den Los Angeles Lakers im Interview: "Diesen Sommer werde ich mein ganzes Leben lang nicht mehr vergessen"

Florian Regelmann
16. November 202209:30
SPOXgetty
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Dennis Schröder plant, in der Nacht zum Samstag im Spiel gegen die Detroit Pistons sein Comeback und sein Saisondebüt für die Los Angeles Lakers zu feiern. Das bestätigte der 29-Jährige im Interview mit SPOX.

Schröder hatte sich Mitte Oktober wegen einer Bänderverletzung am Daumen einer Operation unterziehen müssen. Zuvor hatte der 29-Jährige nach einer starken EuroBasket einen Einjahresvertrag über 2,6 Millionen Dollar bei den Lakers unterschrieben, für die er bereits in der Saison 2020/21 auflief.

Bei den schwach gestarteten Lakers (3-10) soll Schröder eine wichtige Rolle übernehmen. Im Gespräch mit SPOX erklärt der Point Guard die Hintergründe für seinen Wechsel und verteidigt Russell Westbrook, er blickt aber auch auf einen ganz besonderen Sommer mit der Nationalmannschaft zurück und schwärmt von Franz Wagner.

Herr Schröder, mit ein bisschen Abstand, welche Gefühle überwiegen, wenn Sie an die EuroBasket denken?

Dennis Schröder: Es überwiegt ganz klar der Stolz. Dass wir es geschafft haben, nach 17 Jahren wieder eine Medaille für Deutschland zu gewinnen - und dann auch noch zuhause vor den eigenen Fans - war unbeschreiblich. Natürlich wissen wir auch, dass noch mehr drin gewesen wäre als Bronze, die Chance war da. Aber ich finde, dass man auch den Spaniern Respekt zollen muss. In den entscheidenden Situationen waren sie öfter zur Stelle als wir. Das Positive ist, dass wir daraus lernen werden für die Zukunft. Wenn wir noch einmal in so eine Situation kommen, wissen wir genau, was wir dann zu tun haben.

Wie würden Sie Ihre persönliche EuroBasket-Reise beschreiben?

Schröder: Ich habe mir überhaupt keinen Druck gemacht. Das Turnier begann zwar für mich persönlich nicht perfekt, weil ich verletzt war und der Wurf nicht fallen wollte, aber wir haben als Team trotzdem Siege geholt. Deshalb war ich die ganze Zeit sehr ruhig. Ich wurde vom Team auch unglaublich gut unterstützt, jeder stand total hinter mir und hat zu mir gesagt: Mach dein Ding einfach weiter. Wir haben wirklich alle an einem Strang gezogen. Ich habe einfach jeden Tag an meinen Sachen gearbeitet und ich wusste, dass sich das später im Turnier auszahlen würde. Genau so ist es dann auch gekommen.

Sie sind in Ihrer Rolle als Kapitän total aufgegangen. Wie viel hat Ihnen das bedeutet?

Schröder: Die deutsche Nationalmannschaft als Kapitän aufs Feld führen zu dürfen, ist eine unglaubliche Ehre für mich. Robin Benzing hat das Kapitänsamt über Jahre hinweg sehr gut ausgefüllt und das Fundament gelegt, Robin darf bei der ganzen Sache nie vergessen werden. Dennoch habe ich mich natürlich extrem gefreut, als der Bundestrainer mich anrief und mir sagte, dass ich sein Kapitän werden soll. Ich hätte mir in jungen Jahren nie erträumt, einmal Kapitän der deutschen Nationalmannschaft zu sein und dieses Gefühl zu erleben. Das ist Wahnsinn. Ich habe die Zeit sehr genossen und ich will auch gerne noch länger Kapitän dieser Mannschaft sein. Ich will weiter alles dafür tun, um ein guter Leader zu sein. Die Bronzemedaille war zum Start nicht schlecht, aber wir wollen in Zukunft noch mehr erreichen.

Dennis Schröder mit der Bronzemedaille - im Interview blickt er auf die Heim-EM zurück.imago images

Dennis Schröder: "Mein Ziel war es, Deutschland viel zurückzugeben"

Haben Sie das Gefühl, dass dieses Turnier die Beziehung zwischen Basketball-Deutschland und Ihnen verändert hat? Sie wurden in der Vergangenheit auch immer mal wieder kritischer gesehen, jetzt war das alles vergessen.

Schröder: Ich glaube, dass am Ende des Tages Siege und Erfolge entscheidend sind für die Wahrnehmung. Wir haben bei dieser EM Bronze geholt und Geschichte geschrieben, dann sind natürlich auch die Fans happy. Ich glaube aber schon, dass durch diese EM jeder verstanden hat, wofür ich stehe und was ich bereit bin, für die Nationalmannschaft alles aufzugeben. Mein Ziel war es, Deutschland bei diesem Turnier viel zurückzugeben, das ist mir glaube ich ganz gut gelungen.

Was war der Moment des Turniers, den Sie nie vergessen werden?

Schröder: Ganz klar der Moment, als ich die Bronzemedaille um den Hals hatte. In diesem Moment denkst du nochmal an den ganzen Sommer zurück. Wir hatten so viele Höhen und Tiefen, so viele Verletzungen. Es ist wirklich bemerkenswert, dass wir es so weit geschafft haben, das hätten wir vorher niemals gedacht. Diesen Sommer werde ich mein ganzes Leben lang nicht mehr vergessen.

Sie haben es schon angedeutet, Deutschland hat jetzt eine Mannschaft, auch wenn man sieht, wer alles nicht dabei war, mit der auch in Zukunft zu rechnen ist.

Schröder: Unser Ziel muss sein, in den nächsten Jahren noch mehr Medaillen zu holen. Wir haben die Mannschaft dazu. Wir haben viele junge Talente, die schon sehr weit in ihrer Entwicklung sind und nur besser werden, wir haben aber auch erfahrene Jungs, die in der Euroleague eine große Rolle spielen. Und wir haben die NBA-Spieler. Wir haben wirklich eine gute Chance, in den nächsten Jahren noch ein paar Medaillen zu gewinnen. Vielleicht ja auch mehr als Bronze. (lacht)

Dennis Schröder spielt bei den Lakers wieder mit LeBron James zusammen.imago images

Dennis Schröder: Coach Ham? "Eine Herzensangelegenheit"

Mitten in der EM platzte dann die Nachricht rein, dass Sie wieder zu den Lakers gehen. Wie kam es dazu?

Schröder: Ich habe schon vor der EM mit den Lakers gesprochen. Die Lakers waren die ganze Zeit eine Option, vor allem ab dem Zeitpunkt, als sie Darvin Ham als neuen Head Coach verpflichtet haben. Er war mein Assistant Coach in meinem ersten Jahr in Atlanta, seitdem haben wir eine sehr enge Bindung, die auch in den neun Jahren danach nie abgerissen ist. Für ihn zu spielen, ist eine Herzensangelegenheit für mich.

War es nicht schwierig, dass es sich so lange hingezogen hat?

Schröder: Viele haben mich gefragt, ob es mich nicht gestört hat, aber ich war wirklich die ganze Zeit entspannt. Ich wusste ja, dass ein paar Angebote auf dem Tisch liegen, ich habe mir also keine Sorgen gemacht. Ich wollte mich einfach zu hundert Prozent auf die Nationalmannschaft fokussieren. Und ich wollte, nachdem ich bei den Olympischen Spielen nicht dabei war, unbedingt allen zeigen, dass ich auch ohne NBA-Vertrag für die Nationalmannschaft da bin. Das war mir wichtig.

Welche Rolle hat LeBron James bei Ihrem Wechsel gespielt?

Schröder: Ich habe vorher natürlich mit LeBron gesprochen. Wie gesagt, der Coach war sehr wichtig für mich, aber die Chance, noch einmal mit LeBron zusammenzuspielen, aber auch mit Anthony Davis oder Russell Westbrook, war sehr verlockend. Es ist eine große Ehre für mich, mit diesen Jungs gemeinsam auf dem Feld zu stehen. Auch wenn der Saisonstart nicht gut war, bin ich davon überzeugt, dass wir ein gutes Team haben, wenn alle fit sind.

Wann ist denn mit Ihrem Comeback zu rechnen?

Schröder: Ich hoffe, dass ich am Freitag gegen die Pistons wieder dabei bin. Natürlich war es schwer für mich, jetzt zum Saisonstart nicht dabei sein zu können, aber für meine restliche NBA-Karriere und die kommenden Jahre war es wichtig, die Operation jetzt zu machen und sie nicht aufzuschieben. Ich fühle mich gut und bin bereit, eine starke Saison zu spielen.

Sie haben es erwähnt: Coach Ham kennt Sie sehr gut, was erwartet er von Ihnen, wenn Sie wieder da sind?

Schröder: Er kennt mich schon so lange und er will einfach, dass ich das aufs Feld bringe, was mich ausmacht. Verteidigen, aber auch scoren, die Mitspieler in Szene setzen - aber auch ein Leader sein für das Team. Ich weiß, was ich kann und ich glaube, dass das Team gerade auch von mir meine Leadership-Qualitäten benötigt. Der Coach hat mir gesagt, dass ich eine sehr wichtige Rolle haben werde. Wenn ich jetzt zurückkomme, will ich sofort da sein.

Russell Westbrook hat sehr viel Kritik abbekommen. Sie kennen ihn gut. Wie haben Sie die Situation um ihn erlebt?

Schröder: Sie haben recht, er hat wirklich viel abbekommen. Aber Russell Westbrook ist ein Hall-of-Famer. Er hat zuletzt sehr gut gespielt. Ich hoffe, auch wenn ich wieder zurück bin, dass wir dann als Team noch eine Schippe drauflegen können und das Thema Westbrook abgehakt ist. Er hat letztens sogar MVP-Sprechchöre bekommen. Ich wünsche mir für ihn, dass er bei den Lakers den Respekt bekommt, den er verdient.

Sie sind jetzt 29 und spielen seit 2013 in der NBA. Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer bisherigen NBA-Karriere?

Schröder: Ich hätte mir nie ausmalen können, dass ich es so weit schaffe in meinem Leben. Ich bin ein Junge aus Braunschweig. Ich bin ein Junge aus Braunschweig, der mit 19 Jahren in die NBA gekommen ist und der damals schon komplett überwältigt war, überhaupt gedraftet zu werden. Dass ich in der Folge so einen Weg gegangen bin, mit so viel Spielzeit, mit dem Erreichen der Eastern Conference Finals mit den Hawks, mit einem 70-Millionen-Dollar-Vertrag - das ist verrückt. Ich bin sehr stolz darauf, was ich erreicht habe. Meine Familie ist stolz auf mich, was mir viel bedeutet. Ich habe auch sehr viel dafür investiert und Arbeit reingesteckt. Natürlich würde man vielleicht im Rückblick nicht mehr alles genau gleich machen, aber auch schwierigere Phasen sind wichtig, um aus ihnen zu lernen. Ich bereue nichts und würde diesen Weg immer wieder so gehen. Jetzt will ich noch einige Jahre das Beste aus mir herausholen und dann geht es wieder zurück nach Europa.

Dennis Schröder will am Wochenende sein Comeback feiern und sein erstes Saisonspiel für die Lakers machen.imago images

Dennis Schröder: "Wenn Franz so weitermacht, wird er ein ganz Großer in der NBA"

Sie haben jetzt wieder für ein Jahr unterschrieben bei den Lakers. 2023 sind Sie dann 30, was ist das Ziel für die restliche NBA-Karriere?

Schröder: Mein Ziel ist es, nochmal einen großen Vertrag zu unterschreiben. Dafür will ich jetzt in dieser Saison bei den Lakers allen nochmal zeigen, wer ich bin - als Spieler und als Mensch. Danach schauen wir mal, wo die Reise hingeht, aber ich habe noch einige sehr gute Jahre vor mir.

Noch viel mehr gute Jahre hat Franz Wagner vor sich. Was sagen Sie zu seiner Entwicklung?

Schröder: Franz hat definitiv das Potenzial, um in der NBA All-Star zu werden. Franz ist ein super Typ und vor allem mit 21 Jahren schon extrem weit in seiner Entwicklung. Er ist extrem reif. Er weiß jetzt schon ganz genau, was er zu tun hat, um Tag für Tag besser zu werden. Er hat das sehr früh verstanden. Ich freue mich total, seine Entwicklung zu sehen. Wenn Franz so weitermacht, wird er ein ganz Großer in der NBA.

Dennis Schröder schwärmt im Interview von Franz Wagner.imago images

Welchen ganz Großen schauen Sie aktuell am liebsten zu?

Schröder: Das ist eine schwierige Frage, da gibt es so viele. Ich schaue generell die ganze Zeit die NBA. Wenn ich zum Beispiel weiß, dass Steph Curry oder Damian Lillard spielen, schalte ich immer ein. Das sind absolute Superstars, die auf meiner Position spielen, da schaue ich immer besonders gerne hin und versuche, dabei etwas zu lernen. Aber ich denke auch an Ja Morant, Darius Garland, Luka Doncic natürlich - bei mir läuft immer die NBA. (lacht)

Letzte Frage, um nochmal den Bogen zum DBB zu schlagen: Austin Reaves spielt keine schlechte Rolle bei den Lakers. Er wäre ja potenziell auch ein Kandidat für die Nationalmannschaft. Versuchen Sie, ihn für den DBB zu begeistern?

Schröder: Bis jetzt haben wir nicht darüber gesprochen, aber danke für den Hinweis, vielleicht sollte ich das tatsächlich mal tun. (lacht) Ich weiß nicht, ob er überhaupt Lust hätte, für Deutschland zu spielen, das muss ja auch immer dann für alle Seiten passen, aber wer weiß, was die Zukunft bringt.

NBA: Die nächsten Spiele der Lakers

DatumGegner
19.11.vs. Detroit
21.11.vs. San Antonio
23.11.@ Phoenix
26.11.@ San Antonio
27.11.@ San Antonio