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Gründer: midget | Mitglieder: 94 | Beiträge: 41
08.12.2009 um 12:19 Uhr
Geschrieben von donluka
Der Moment
Nah beieinander sind manchmal extremste Gefühle. Nur eine Sekunde, ein Herzschlag liegt zwischen stummer Anspannung und ekstatischem und ausgelassenem Jubel.

Als Anhänger des wundervollen FC aus Köln komme ich ja derzeit nicht häufig dazu, mal so richtig über ein Tor jubeln zu können. 7 in 15 Spielen lassen Fanherzen nicht unbedingt höher schlagen, aber gut. So kann es schon einmal vorkommen, dass ich mich in eine Art Phantomjubel versetze, um nicht zu verlernen, wie so etwas geht. Das muss ja alles locker von der Hand gehen, wenn Nova, Poldi oder wer auch immer das nächste Tor erzielen. Da stehe ich dann also vor meinem Badezimmerspiegel und reiße die Arme hoch und die Augen auf. Ich springe über die Kacheln, meist lautlos. Und bejubele Tore, die der FC vergaß, zu schießen. Doch es will mir nicht gelingen. Das einzigartige Gefühl, das mich durchströmt, wenn ein rot-weiß bekleideter Stürmer trifft, will in dieser Simulation einfach nicht aufkommen.

Es ist doch schließlich so: Fußball wird nun einmal in erster Linie dafür gespielt, dass Tore fallen. Und eben dieser Moment, diese Sekunde, dieser Herzschlag macht plötzlich alles anders. Man liegt sich in den Armen, gerne auch wildfremden Menschen, springt, schreit sein Glück heraus.

Doch ist diese Hundertstelsekunde vor dem erlösenden Jubel nicht eigentlich noch packender? Ist es nicht der Moment der hilflosen Fassungslosigkeit, der den Reiz des Spiels ausmacht? Der Moment, an dem das komplette Spiel noch einmal am inneren Auge vorbeizieht. In dem man sich und sein Team hinterfragt. In dem man hofft, betet, fiebert und verzweifelt?

Während des gesamten Spiels ist man als beteiligter Zuschauer und Fan angespannt. Wahlweise wippt man mit den Beinen, trinkt unzählige Biere und/oder greift häufig in seine Packung Zigaretten. Hinzu kommen die Momente, in denen man flucht, klatscht oder unbeteiligt und resigniert auf seinem Sitz klebt.

Und dann, dann sind da diese speziellen Situationen, die alles anders machen. Sie können völlig unverhofft kommen, sie können sich aber auch lange ankündigen. Es sind jene Momente, bei denen man sagt, dass nachher nichts mehr so sein sollte wie jemals zuvor. Tore, die Meisterschaften und Abstiege besiegelten. Tore, die Menschen zusammen brachten und Tore, die niemals gefallen sind, aber dennoch zählten.

Es sind diese Tore, die den Sport reizvoll und liebenswert machen. Und eben der Moment vor dem Tor ist es, der uns eintauchen lässt, in eine paralysierende Parallelwelt. Diese Momente, die uns wie Jahre vorkommen und in denen unser Herz aufhört, zu schlagen. In denen wir nur noch bangen. Und hoffen.

Diese kurze Sequenz, wenn der Ball in den Strafraum gespielt wird und der Stürmer zum Schuss ansetzt und hektisch versucht, die Unordnung im gegnerischen Strafraum auszunutzen, wenn ich das Gefühl bekomme, meine Augen hätten die Pause-Taste gedrückt. Alles eingefroren, alles steht still. Ich höre mich nur noch atmen. Ein und aus. Und ich hänge an seinen Beinen. Ich fühle sein rasendes Herz. Ich kann plötzlich den Rasen riechen und bin nur noch im Spiel. Dieses befindet sich immer noch in einer Art Standbildzustand. Alles nur eine Hundertstelsekunde lang, die mir wie eine Ewigkeit vorkommt. Um mich herum ein großes, leeres Nichts. Was wird passieren? Meine Knie werden weich, ich halte es nicht mehr aus. Ich ertrage dieses Warten nicht mehr, möchte erlöst werden. Immer noch Standbild, immer noch angesetzte Schusshaltung. Ich höre meine innere Stimme, die da flüstert: "Schieß, bitte schieß!"

Plötzlich geht das Spiel weiter. Der Stürmer holt aus - und erzielt das Tor. Er erzielt tatsächlich das Tor und ich muss nun funktionieren. Ich springe und umarme die Welt. Meine kleine Welt, die für einen Moment stehen geblieben war. Im Moment vor dem Tor.
Aufrufe: 2958 | Kommentare: 48 | Bewertungen: 25 | Erstellt:08.12.2009
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KOMMENTARE
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midget
10.12.2009 | 16:10 Uhr
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midget : 
10.12.2009 | 16:10 Uhr
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midget : 
jetzt heb aber nicht ab hier. wenn ich sowas sage heisst es einfach nur: "der midget!" wenn andere das sagen heisst es :"WOW!"
du bist ein "abheber" don, das ist fast so was wie "fanboy" nur noch viel schlimmer.
abheber, pah :)
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donluka
10.12.2009 | 16:08 Uhr
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donluka : 
10.12.2009 | 16:08 Uhr
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donluka : 
Wow! Danke, DICSANTANA!
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DICSANTANA
10.12.2009 | 16:01 Uhr
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DICSANTANA : 
10.12.2009 | 16:01 Uhr
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DICSANTANA : 
Geiler Blog. Hat in mir Gefühle vom Aufstieg der Eintracht wieder hervorgebracht. Das 6:3 gegen Reutlingen. Gänsehautfeeling pur. Nebenbei immer noch aus die Anzeigetafel geschaut wie es in Mainz aussieht. Als das 6:3 fiel stand mein Herz einfach still. Ich kann mich einfach noch so gut erinnern.

Dieser Blog führt tatsächlich zu richtigen Hochgefühlen. Der beste, den ich jemals gelesen habe. Spannender als jedes Buch.
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midget
10.12.2009 | 15:59 Uhr
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midget : 
10.12.2009 | 15:59 Uhr
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midget : 
aber ich bin doch seit neustem alba fan. alba ist ja basketball und da war ich :live. ich fand das aber auch sehr gefühlsecht, irgendwie.
hab aber auch den hang zum passiv sport. aktiv ja nicht: da trink ich ja, aber passiv ist sport schon sehr fein. finde ich. genau wie dein blog.
musste ich mal loswerden, da ja alba irgendwie hier gar nicht zum zuge kommt. :)
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donluka
10.12.2009 | 15:52 Uhr
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donluka : 
10.12.2009 | 15:52 Uhr
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donluka : 
Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr glaube ich übrigens wie Pramel auch, dass die Tatsache, dass im Fußball nicht alle 10 Sekunden ein Treffer fällt, zur Bindung zu diesem Sport beiträgt. Einerseits kann man zwar die vergleichweise geringere Anzahl an Toren im Vergleich zum bspw. Eishockey negativ auslegen, im Sinne von: Pah! Da passiert ja viel weniger!

Andererseits denke ich, dass die oben beschriebenen Gefühle nicht in dieser Form auftreten würden, wenn Tore inflationär fielen, wie Pramel es bezeichnete.
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manutd1902
09.12.2009 | 20:55 Uhr
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manutd1902 : ManUtdHardy :
09.12.2009 | 20:55 Uhr
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manutd1902 : ManUtdHardy :
besser war noch der elfer von terry

ich nahm meine fernbedienung und hab versucht den fernseh auszuschalten und war total enttäuscht und verärgert. dann geht auch dieser scheiß fernseh nicht aus......

was ein glück der drecksack terry schieß den ball an den pfosten

ich bin ausgepflippt vor freude und hab erstmal einen anschiss von meiner frau bekommen das ich nicht so schreien soll, da die kinder schlafen

einfach nur geil
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ManUtdHardy
09.12.2009 | 20:32 Uhr
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09.12.2009 | 20:32 Uhr
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94. Minute:
Der 17-jährige bekommt den Ball im Strafraum, täuscht links an, dreht sich nach rechts, ein Schlenzer ins lange untere Eck - Macheeeeeeeda!!!
Die Vorentscheidung auf dem Weg zur englischen Meisterschaft 2008/2009.

...oder gegen Bayern im CL-Finale
...oder gegen Pool im FA-Cup VF
...oder gegen Arsenal im FA-Cup HF
...oder gegen Villa in der PL
...oder gegen City in der PL
...ließe sich beliebig fortführen...

Ja ja, United, die Meister der Last-Minute-Tore...

aber...
auch Schüsse, die nicht ins Tor gehen bescheren einem einen großen Moment...wo man hüpfend, schreiend und jubelnd durchs Zimmer fegt - siehe CL-Finale '08 der verschossene Elfer von Anelka!

Toll geschrieben und emotional auf den Punkt gebracht.
10 Punkte
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sko9laz
09.12.2009 | 16:04 Uhr
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sko9laz : 
09.12.2009 | 16:04 Uhr
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sko9laz : 
Man sollte mal ein paar Fans verkabeln vor dem Spiel, denn ich bin mir sicher dass für eine kurze Zeit jeglicher Herzschlag und Hirnaktivität aussetzt.
Aber sehr schöner Blog (9 Punkte habe ich noch nie vergeben), konnte absolut mitfühlen und hatte bspw. Frei's Elfer beim Derby letzte Saison (der zum 3-3) grad vor Augen :)
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MGoedderz
MODERATOR
09.12.2009 | 15:12 Uhr
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MGoedderz : 
09.12.2009 | 15:12 Uhr
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MGoedderz : 
Dass du dich an solche Momente noch erinnern kannst ist mir zwar ein Wunder, weil es ja schon ziemlich lange her ist, dass wir einen solchen Moment erleben durften, aber dein Blog ist spitze.
Dadurch fiel mir selbst auch wieder ein, wie toll das doch ist.
Diese Emotionalität.
Dafür lebe ich den Fußball. Für genau diesen Moment.

Tolle Sache.
Es ist zum heulen und kotzen zugleich, dass ich in den letzten zwei Jahren kaum solche Momente erleben durfte.
Aber bald kommt ja die WM, da ist es wirklich extrem, weil es da eigentlich nur besondere Momente und Tore gibt.

Sehr schön geschrieben.
10 für Luka.
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midget
09.12.2009 | 14:32 Uhr
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midget : 
09.12.2009 | 14:32 Uhr
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midget : 
hihi ich dachte bauen ;)
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