Die Ausgeglichenheit im europäischen Fußball hat mit Beginn der Champions League Reform stetig abgenommen. Neureiche Vereine wie Paris Saint-Germain, oder etabliert Spitzenklubs wie Bayern München und der FC Porto scheinen mehr und mehr unschlagbar zu werden. Dabei gibt es durchaus Möglichkeiten David im Kampf gegen Goliath die Steinschleuder zurückzugeben. Ein Blick nach Nordamerika oder auf die Balance of Power Doktrin inspirieren zum Nachdenken.
Vor kurzem stellte der Chefredakteur des 11-Freunde Magazins Christoph Biermann die Frage in den Raum: Ist die Bundesliga langweilig? und bezog sich damit darauf, dass die deutschen Spitzenklubs Borussia Dortmund und Bayern München nicht mehr so blöd seien und ihr riesiges Potenzial verheizen. Als Beispiel für diese Blödheit benannte er die mitunter unnötigen und teuren Transfers Borussia Dortmunds in der Zeit nach dem Börsengang oder die bayrische Arroganz gegen kleine Gegner, die nicht selten Punkte kostete.
Beide Phänomene scheinen vom Aussterben bedroht zu sein. Dortmunds Fehltransfers halten sich in Grenzen, die großen Neuverpflichtungen scheinen gut zu passen und Bayern verschenkte zwar gegen Freiburg zwei sicher geglaubte Punkte, doch letztlich bleibt das eine Ausnahmeerscheinung in einer sonst perfekten Serie von Siegen. Das derzeitige Fußballjahrzehnt begann mit einem Meistertitel von Bayern München und entwickelte sich anschließend durch die Konkurrenz aus Westfalen zu einem Dualismus im deutschen Oberhaus, der bei den Buchmachern nicht deutlicher formuliert werden könnte. Während die Quote für einen Gewinn der Bayern bei derzeit 1,2 rangiert und bei Borussia Dortmund zwischen 4 und 5 variiert, müssten die Wettstudios bei einem Gewinn von Leverkusen bereits das 50-fache ausschütten, bei Schalke, Mönchengladbach oder Wolfsburg gar das 500-fache.
Dieses Phänomen hat die deutsche Bundesliga allerdings nicht allein, ein Blick auf die europäischen Classements der letzten Jahre verdeutlicht, dass die Spannung in Europas Top-Ligen sich zu einem zarten Pflänzchen entwickelt hat. In Spanien wechseln sich Barcelona und Real Madrid in unregelmäßigen Intervallen ab, in England kam der Meister in den letzten neun Jahren entweder aus einem der Manchester Klubs, oder es handelte sich um den FC Chelsea. In Italien gewann im gleichen Zeitraum Inter Mailand fünfmal, Juventus zweimal und der AC Milan einmal den Titel und in Portugal ist die Titel-Serie des FC Porto seit 2006 nur ein einziges Mal von Benfica Lissabon unterbrochen worden. Ein anderes Bild bot zuletzt einzig Frankreich, welches im Anschluss an die sieben Titel Serie von Olympique Lyon gleich sechs unterschiedliche Meister stellte. Doch auch hier zeichnet sich nun eine Hegemonie ab, da Paris Saint-Germain mit seinen Scheich-Millionen sich anschickt die Spannung im Keim zu ersticken.
Die Ursachenforschung ist in der Regel schnell abgeschlossen, wirtschaftliche Überlegenheit kann mittlerweile nicht mehr komplett durch kluges und umsichtiges Scouting und Training kompensiert werden, zumal diese natürliche Überlegenheit durch die Champions League noch vergrößert wird. Was die Kleinen können, das können die Großen schon lange, könnte man meinen. Überraschungs-Meister wird es in Deutschland auf absehbare Zeit zumindest nicht mehr geben.
In England scheint es der aktuellen Tabelle zu Folge nicht ganz ausgeschlossen, insofern der FC Arsenal oder Liverpool als Überraschungen durchgehen würden. In Italien gibt der AS Rom derzeit alles dafür, um den Titel nach 2001 erstmals wieder nach Rom zu holen und in Spanien hat Atletico Madrid die Verfolgung des FC Barcelona zumindest noch nicht aufgegeben. Doch reicht uns das wirklich? Vermissen wir nicht zumindest ein bisschen die Zeiten, in denen Kaiserslautern aufsteigen und den Titel einheimsen konnte, Werder Bremen mit dem genialen Franzosen Johan Micoud die Bayern alt aussehen ließ, oder der VfB Stuttgart sich mit Gomez und Cacau zur Meisterschaft ballerte?
Großbritannien verfolgte einst die Doktrin des Balance of Power, welche vorsah die Vormachtstellung eines einzigen Staates unter allen Umständen zu verhindern, um das Mächtegleichgewicht aufrecht zu erhalten. Sicherlich ging es den Briten nicht um Spannung, aber leicht abgewandelt finden sich Ansätze dieser Doktrin auch im Sport, beispielsweise im nordamerikanischen Eishockey oder Basketball. Dort obliegt das Vorrecht auf die besten Jahrgangsspieler am Anfang einer Saison den zuletzt schlecht abgeschnittenen Teams. Auf diese Weise versucht die NHL zu verhindern, dass die Liga zu sehr auseinanderdriftet.
Dieses System ließe sich zwar nicht auf die Bundesliga oder die anderen europäischen Ligen anwenden, doch es regt dazu an, alternative Lösungen zu finden, um die Liga beisammen zu halten und so die Spannung zu retten. Ein solcher Ansatz wäre möglicherweise die Einführung eines Salary Cap, also einer Gehaltsobergrenze für die Spielerkader. Die derzeit verfolgte Lösung des Financial Fairplay sieht vor, dass lediglich 50% des Gesamtumsatzes in den Spielerkader fließen dürfen. Bei Vereinen wie Manchester City oder Paris Saint-Germain würde dies allerdings nichts bewirken, sobald die Geldgeber sich schlicht als Hauptsponsoren beteiligen und somit weiter unheimliche Mengen Geld in die Klubs fließen lassen. Sinnvoller wäre eine allgemeine Gehaltsobergrenze, die für alle Vereine gleichermaßen bindend ist. Dies würde einen doppelten Effekt hervorrufen, einerseits eine einigermaßen ausgeglichene Liga und andererseits eine Eindämmung der teils astronomischen Gehälter, die im Fußball mittlerweile gezahlt werden.
Wichtig ist, dass solche Überlegungen nicht nur durchdacht, sondern auch durchgerechnet werden. In Frankreich beispielsweise könnte die Einführung des 75% Spitzensteuersatzes auf Gehälter von über einer Millionen Euro sogar zu einer Mehrbelastung der kleinen Vereine führen, da gleichzeitig eine Höchstgrenze der Zahlungen von 20 Millionen Euro festgelegt wurde. Das würde bedeuten, dass ein Verein wie der AS Monaco, der diese 20 Millionen Grenze locker um ein Vielfaches überschreitet, am Ende Vorteile durch die Neuregelung hat, während ein Verein der weit unter der Grenze bleibt verhältnismäßig wesentlich mehr zahlen muss.
Die Gegner solcher Modelle argumentieren oft mit der zu schützenden unternehmerischen Freiheit der Vereine und damit, dass eine politische Einmischung ungerechtfertigt sei. Doch eine solche Reform des Liga-System muss nicht zwangsläufig von Seiten der EU oder der einzelnen Staaten eingeführt werden. Die Liga selbst hat es in der Hand, genauso wie die Uefa. Leider verlaufen die bisherigen Reformen im Sand.
Die letztmalige politische Einmischung in den Fußball beim Bosman-Urteil hat bereits dazu geführt, dass die Transfersummen enorm angestiegen sind, nun ist es an den Ligen diese Entwicklung zu korrigieren und für einen ausgeglicheneren Markt zu sorgen. Andernfalls heißt es auch in den nächsten Jahren Spannung adé und das begonnene Fußballjahrzehnt wird nicht wie das letzte fünf verschiedene Meister stellen, sondern nur noch zwei. Dabei lebt doch gerade der Fußball wie kein anderer Sport davon und bezieht seine Attraktivität daher, dass es nie ausgeschossen ist, dass David gegen Goliath gewinnen kann.
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In Italien und Frankreich herrscht das große Problem, dass eben nur wenige Klubs potente Geldgeber am Start haben (ASM, Paris, Inter, Milan...) und dadurch eben am Ende doch immer die gleichen oben stehen bzw. stehen werden. Hier müssten m.E. die jeweiligen Verbände eingreifen, was natürlich aber auch nicht geschehen wird, da man dann die großen Flaggschiffe zumindest temporär der internationalen Wettbewerbsfähigkeit berauben würde.
Abschließend behaupte ich mal, dass ein Salary Cap im großen Stil nur möglich ist, wenn man eine europäische "Super- / Gesamt- / whatever-Liga" gründen würde, wobei das wieder ne neue Baustelle eröffnet Ansonsten gibt es mMn zu viele Anreize für die jeweiligen nationalen Verbände und Vereine, Schlupflöcher zu finden und Regeln zu umschiffen, um letzten Endes doch besser da zu stehen (wie man es momentan bei City und Konsorten beobachten kann).
Ein Salary Cap ist nur möglich wenn ein Verband oder eine Liga eine weltweite Monopolstellung haben und weltweit keine solchen Gehaltssummen wie in dem beschriebenen Verband (Liga) gezahlt werden. Dies sind NHL, NFL, NBA, MLB. Jeder Spieler in diesen Sportarten träumt davon in der speziellen Liga zu spielen um Chancengleichheit (einigermaßen) zu wahren haben die zuständigen Ligen beschlossen eine gewisse Art von Gehaltdeckelung zu verabschieden.
Da die Ligen ein in sich abgeschlossenes System sind und keinerlei Bedrohung von aussen besteht, sowie keine internationalen Wettkämpfe ist das auch in Ordnung. Das Problem beim Fussball ist, dass ich als Liga zwar die Gehälter mit einem Deckel versehen kann, aber im internationalen Vergleich dann kein Land mehr sehe.
Gleiches gilt für den Verband. Dann wandern die Investoren einfach in andere Länder (Südamerika, MLS etc) und geben ihr Geld dort aus. Im Gegensatz zum Fussball verfügen nämlich in den anderen Sportarten fast alle Vereine über die finanziellen Mittel ein solches "Cap" auch auszureizen.
Es kann einfach nicht funktionieren, weil es schon reicht wenn sich eine Liga (z.B. England) querstellt und dann einfach nicht mehr in der CL teilnimmt, aber alle Stars nach England abziehen um dort mehr Geld zu verdienen.
Außerdem warum sollten Bayern, Dortmund, Manchester, Real, Barca etc. da mitmachen? Da wäre es wesentlich profitabler die angedachte "Spitzenliga" aus den besten Teams Europas zusammenzustellen.
Regelungen, die nur für Deutschland gelten kann es nur geben, wenn sie die internationale Wettbewerbsfähigkeit nicht einschränken. Wenn die Qualität der Liga stark abnimmt, weil alle deutschen Stars abwandern und Ausländer lieber in Ligen ohne Beschränkungen spielen, kann ich auf Spannung gerne verzichten. Zuerst muss die Qualität stimmen. Keine Spannung um jeden Preis. Wenn die Spannung mit der Qualität steigt, bin ich für vieles offen.
Für mich sind auch nicht die Gehälter das Problem, sondern die nach oben offene Menge, die durch Sponsoren, Geldgeber und Fernsehen verdient werden kann. Dadurch entstehen nämlich die Unterschiede bei den Gehältern. Und natürlich sind die Unterschieden zwischen CL- und EL-Preisgeldern viel zu groß.
Vielleicht wären Besitzer eher bereit sich zurück zu nehmen, wenn man auch Sponsoren- und Fernseheinnahmen einschränken würde. Und sie nicht das Gefühl haben dafür bestraft zu werden, dass sie Geld haben.
Zumal Triplekkk und PDZ einen wichtigen Punkt angesprochen haben: Die weltweite Monopolstellung der US-Profiligen, die sich nur deswegen einen Salary Cap leisten können. Über Jahrzehnte hinweg haben sich die Clubs in Nordamerika einen Status erspielt, der ihnen unter Marktmachtaspekten die größte Verhandlungsmacht, Wertschöpfung usw ermöglicht. Ein DFB als reichster Verband der Welt, wäre in den USA überhaupt nicht denkbar. Dort ist alles auf die Clubs ausgerichtet. Die haben die (Verhandlungs-) Macht und nicht die Verbände. Das ganze Sportwesen in Europa und Nordamerika ist doch komplett unterschiedlich aufgebaut. Deswegen würde ein expliziter Vergleich der unterschiedlichen Systeme in Europa und Nordamerika zu viel Zeit in Anspruch nehmen, aber ich hoffe eines ist klar geworden: Es ist zu einfach, etwas "Tolles" aus einem anderen System zu fordern, ohne auf die Gesamtzusammenhänge zu achten.
wer sagt das ausgewogenheit irgendwie wichtig ist?
im sport geht es darum leistung abzubilden. und die leistung eines verein ist es auch gut zu wirtschaften.
die größte ausgewogenheit wäre wenn jeder die gleiche chance hätte. also 1 / 18 chance meister zu werden. dann kann man den meister auch einfach auswürfeln. super.
wenn jemand die meisterschaft nicht spannend genug ist, sollte er sich mehr um den 2. platz kümmern. oder die abstiegsplätze. oder die 2. liga. wenn das mehr schauen verdienen die clubs auch mehr geld und können oben angreifen.
die fakten belegen doch das gegenteil. bayern hat rekordumsatz wenn sie weit oben stehen. das heisst das es viel mehr leute toll finden wenn sie das tun, als wenn sie es nicht tun.
ist doch ne pseudothese das spannung irgendwie ein selbstzweck wäre. wenn dem so ist, dann wird sich das system auch selbst regeln. dann wird der der keine spannung bietet (bayern) kein interesse mehr hervorrufen und schrumpfen.
auch die annahme das das system undurchlässig ist total konstruiert. vor nem jahr hatten wir noch nen überraschungsmeister... dortmund hatte vor 4 jahren niemand auch nur in der cl gesehen... bestes beispiel für durchlässigkeit. in den letzten 6 jahren alle 2 jahre ein anderer meister. wo ist das problem? wieso will man die vereine aus der verantwortung entlassen sinnvoll zu wirtschaften und sich weiter zu entwickeln? dortmund hat gezeigt wie es geht. wolfsburg und leverkusen können sich auch nicht über leere kassen beschweren, sie können nur mit dem geld nix anfangen.
aber hauptsache mal in alarmismus verfallen und irgendwelche abstrusen thesen spinnen.
Bayern
rest der Liga
Seit ich gedenken kann heißt es immer das Bayern der Verein ist. Sie dominieren die Liga usw..... Trotzdem gibt es halt immer wieder Vereine die es schaffen oben mitzumischen. Ich denke das es auch in Zukunft so sein wird. Den Gehaltswahnsinn mit den Scheichs sollte man schon eindämmen. Aber man sollte auch immer bedenken, dass das Geld welches Gezahlt wird auch Steuern produziert und auch mit die Wirtschaft ankurbelt. Es ist ja nicht so als würde man es verbrennen. Traditionsvereine wie Bayern Arsenal Liverpool ManchesterU haben schließlich Jahre für den Erfolg und die Wirtschaftlichen Möglichkeiten gearbeitet. Ist es dann nicht deren gutes Recht, diesen Verdienst auch für weiteren Erfolg einsetzen zu können???
Der größte - und auch entscheidende - Unterschied im Gegensatz zu Nordamerika ist, wie schon gesagt wurde, dass hier zwar auf dem Papier die EU bzw. UEFA existieren, aber in der Realität doch jeder Staat bzw. Verband das tut, wonach ihm steht. Deshalb seh ich kurz- und mittelfristig leider auch schwarz für entsprechende Maßnahmen, die alle Klubs des Kontinents betreffen (und nur dann könnte ein Hauch von Chancengleichheit und Gerechtigkeit (wieder)hergestellt werden).
Was die Bundesliga angeht:
Erstens bin ich der Meinung, dass die Liga keine Alleingänge starten sollte, das wird früher oder später nur dazu führen, dass die deutschen Klubs im internationalen Vergleich weniger wettbewerbsfähig sein werden.
Zweitens denke ich, dass die hiesige Überlegenheit von FCB und BVB einfach das Resultat überragender Arbeit ist und man das auch entsprechend honorieren sollte, anstatt es zu bestrafen. Denn du sagst ja selbst, dass die Bayern und Dortmund bis vor nicht allzu langer Zeit ihr "riesiges Potenzial" verheizt haben, woraus folgt, dass eben nicht nur wirtschaftliche Überlegenheit, sondern diese gepaart mit kluger Scouting- / Transferpolitik bzw. klugem Management i.A. zum Erfolg führen. Die aktuelle Dominanz von Rot-Weiß und Schwarz-Gelb ist ja in großen Teilen auf die Herren Hoeneß bzw. Watzke zurückzuführen.
Außerdem glaube ich, dass Klubs wie BMG, WOB, LEV und S04 auf nem guten Weg sind und zumindest mittelfristig die Dominanz der beiden Großen brechen können.
Was das Ausland angeht:
In England könnte ein Salary Cap vllt. für mehr Spannung sorgen, wobei ich persönlich die englische Liga immer noch sehr attraktiv und spannend finde. Das liegt aber daran, dass sich dort schon so gut wie jeder Klub in privater Investorenhand befindet (hab leider keine genaue Quote vorliegen) und durch diesen Prozess schon was Chancengleichheitsähnliches vorliegt.