Die Bundesliga boomt und verzückt die Fans. Fast 40.000 Zuschauer sehen sich im Schnitt die Spiele in den topmodernen Arenen an und für die übertragungsrechte im TV werden pro Saison einfach mal 500.000 Millionen hingelegt.

Auf dem Platz zaubern Ribery, Diego und van der Vaart als gäbe es kein Morgen und ganz nebenbei wird allenthalben siegenthalerisch nach dem perfekten Systemfußball geforscht. Oh, Du schöne Bundesliga! Die Beletage des deutschen Fußballs macht also ihrem Namen wieder einmal alle Ehre und selbst das magere Abschneiden auf europäischer Ebene stört da wenig und liegt ohnehin nur an den Abermillionen, die Klubs aus Spanien, Italien und England zur Verfügung haben.

Außerdem ist ja die smarte Nationalmannschaft unter Chef-Taktiker Jogi Löw so gut wie lange nicht mehr und vereint das "Schland" mit Siegen am Fließband, Traumkombinationen und Toren aus dem Lehrbuch im schwarz-rot-goldenen "Vor-EM-Rausch". Alles also super, alles wunderbar, lasst uns froh und munter sein und am Samstag wieder den Sitzplatz im Businessclub einnehmen. Soweit das fiktive Portfolio aus Frankfurt, Guiollettstraße 44-46 und Otto-Fleck-Schneise 6.

Doch bleiben wir einfach einmal beim Thema Frankfurt. Am Freitag erwartet die Eintracht in der Commerzbank-Arena Hannover 96 - und weiter? Weiter ist nichts, weil es so überhaupt nichts darüber zu reden geschweige denn zu schreiben gibt. Gut, die einst so launische Diva hat zuletzt eine 1:5-Packung gekriegt - heftige Sache!

Dies veranlasst dann auch Ioannis Amanatidis dazu, von einer "Kopfsache" zu sprechen und Trainer Funkel erwartet eine Trotzreaktion. Vielleicht auch noch mal bei Urs Siegenthaler durchrufen, was der so meint. Bei Hannover 96 laboriert übrigens Schröter an Schmerzen im Nackenbereich, Cherundolo plagen Fußsohlenprobleme und Bruggink hat mit Problemen in der Gesäßmuskulatur zu kämpfen. Mein lieber Mann, ist das nicht für eben jenes?

Wenn wir doch einmal ganz ehrlich sind, ist es doch furchtbar langweilig in der Liga - oder gibt es in der Spox-Userschaft etwa anständige Stammtischthemen? Die Bayern marschieren durch, ein Verfolger wird verzweifelt gesucht, die Plätze zwei bis sechs werden fröhlich rotierend abonniert und den Abstieg machen immer Bochum, Bielefeld und die Aufsteiger untereinander aus, wenn die beiden nicht ohnehin gerade aufgestiegen sind.

Da werden dann auch die überraschungserfolge eines KSC irgendwann öde, nachdem die lustige Story vom Underdog, bei dem alle gescheiterten Existenzen plötzlich zu Topspielern mutieren, in sämtlichen Medien mit der immer gleichen Story wiedergekäut wurde. Unteressen werden fiese Ellenbogenchecks aus gefühlten 23 Kameraperspektiven und auch noch mit der vierten Slomo aufgelöst und ein Hattrick zum Jahrhunderterlebnis hochgejazzt.

Kein Wunder, gibt es doch einfach nichts, über das diskutiert oder gar gestritten werden kann: Auf dem Platz agieren Medien geschulte und mental trainierte Leisetreter ohne Ecken und Kanten. An der Linie geben uncharismatische Spielerversteher ihre systemtheoretischen Anweisungen oder sitzen "recarogepolstert" fest im Sattel statt auf dem berühmten Feuerstuhl. Die Präsidentensessel besetzen unterdessen Wirtschaftsbosse, die von Human Capital faseln.

Was war es doch da noch schön, als die kaiserlich trainierte Nationalmannschaft in 10 Partien zwischen Juni 1997 und Mai 1988 genau 10 Tore erzielte und der FC Bayern im Viertelfinale des Europapokals der Landesmeister scheiterte. Als der SV Waldhof sich noch durch die Bundesliga mauerte, der FC Homburg drei Trainer verschliss und im Schnitt exakt 18.646 Zuschauer die unüberdachten Tribünen bevölkerten. Ja, nehmen wir doch einfach mal die Saison 1987/88, vor genau 20 Jahren:

Vor der Saison hatte Toni Schumacher seinen kruden Gedanken in "Anpfiff" freien Lauf gelassen und wurde gefeuert, der FC Homburg machte Werbung für Kondome und auf den Trainerbänken saßen noch bösartige Miesepeter wie Rolf Schafstall, Uwe Klimaschweski und Josip Skoblar. Auf dem unbeheizten Rasen gingen unterdessen noch Arbeiter ihrem Tagwerk, wahlweise Ball oder des Gegners Bein zu treffen, nach: Namen wie Jürgen Kohler, Dieter Schlindwein, Ulli Borowka, Günter Kutowski oder Roland Dickgießer sprechen für sich.

Währenddessen bürgten Lajos Detari für Spielkultur, Jürgen Klinsmann für den wohl schönsten Fallrückzieher aller Zeiten und Mladen Pralja für die wahrscheinlich schlechteste Torwartleistung in der Bundesliga. Eigentlich schon genügend Gesprächsstoff, doch nicht nur auf dem Spielfeld, sondern besonders daneben konnten Männer wie Wolfram Wuttke, "Pele" Wollitz und deren Spießgesellen noch ordentlich "zaubern". Weitgehend unbeobachtet von Beratern und Presse hatten kleine Skandale damals Hochkonjunktur.

Und damit wären wir schon wieder im Hier und Heute. Denn es gab leichte Hoffnung, dass die Herren Profifußballer endlich einmal wieder ein klein bisschen zu den Wurzeln des Mannschaftssports zurückkehren würden. Da titelte doch die SportBild nach dem Champions League-Debakel des VfB mit dem Ausspruch von Mario Gomez: "Uns hilft nur noch saufen!"

Jawoll, das ist es doch - wenn schon nicht Trainer Vehs baldige, dringend nötige Demission zur Diskussion steht (außer im Blog von BigBen), dann doch wenigstens mal ordentlich den Frust von der gepeinigten Meisterseeele weglitern und für ein bisschen Reizpunkte sorgen.

Aber nochmals und final ganz ehrlich: Kann sich irgendjemand vorstellen, dass schick gescheitelte und wohl erzogene Jungstars wie Sami Khedira, Thomas Hitzlsperger, Serdar Tasci oder eben Mario Gomez es sich einfach mal in einer verrauchten Kaschemme ordentlich alkoholisch besorgen und den Grundstein zu neuen Taten setzen? Eher nicht. Außerdem ist in Stuttgart Rauchverbot. In einigen Arenen übrigens ebenfalls. Auch so etwas…