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20.01.2012 um 16:10 Uhr
Der Schettino vom Bernabéu
Anfang der Woche war es das Schiffunglück der Costa Concordia das die Titelseiten der Medien einnahm und mit ihr der große Sündenbock und Kapitän Francesco Schettino. Der Kapitän, der das Schiff entgegen seiner Aufgabe und entgegen dem Ehrenkodex in einem Rettungsboot noch vor den meisten Passagieren verlassen hatte, nachdem er wohl noch selber mitverantwortlich für das Unglück war. Ganz Italien schimpft seitdem auf den 52-jährigen Süditaliener, den schmierigen Kerl, der warscheinlich noch Drogen konsumierte und statt sich um die riskante Lage vor dem Kentern zu kümmern vom Koch noch ein Menü für sich und eine Freundin verlangte.

Einen ähnlichen Fall gibt es nun auch im Santiago Bernabéu. Die erneute Niederlage der Königlichen gegen den Erzrivalen aus Barcelona wird von den spanischen Medien (ganz vorneweg von der scheinheiligen MARCA) ebenso an einer Person manifestiert. Képler Laveran Lima Ferreira, genannt Pepe, der ja schon des öfteren durch überhartes Einsteigen und seinen Ausraster gegen Casquero vor 3 Jahren negativ aufgefallen war. Jener Pepe war es, der am Mittwoch den 18. November Weltfussballer und Lichtgestalt Lionel Messi auf die Hand gestiegen war und damit eine nicht nur landesweite Hetzkampagne gegen sich auslöste.

Die zaghafte Entschuldigung des Akteurs („Zum Vorfall mit Lionel Messi muss ich sagen, dass er unbeabsichtigt war. Dennoch möchte ich entschuldigen, wenn er sich angegriffen gefühlt hat, auch wenn ich nur versucht habe, mein Team und meinen Verein zu verteidigen. Ich gebe meinen Leib und meine Seele, und ich habe nie daran gedacht, einen Kollegen zu verletzen") erinnert derweil wiederrum stark an den Fall der Costa Concordia, wo Kapitän Schettino dreist behauptete in das Rettungsboot gefallen zu sein.

Sicherlich eine weitere unschöne Aktion des Spielers, der selbst in deutschen Medien nun als "größtes Ekel des Weltfussballs" bezeichnet wird und dessen Videos seiner vorigen Vergehen in den sozialen Medien ihre Kreise ziehen. Pepes Aktionen auf dem Platz zu entschuldigen ist auch für einen Real-Fan schwer möglich, besonders da der Verein sich in der Vergangenheit gerne als Club von Ehre und Anstand präsentierte, Werte die Pepe mit seinen Aktionen wortwörtlich mit Füßen trat. Es war ein Vergehen, das Bestrafung verdient, jedoch nur Verachtung erntet. Verachtung für einen Spieler der sich wohl seiner Taten auf dem Platz mehr schämt als so mancher hier denken mag.

Pepe wird von Kollegen, Trainern und anderen Weggefährten stets als sehr ruhiger und intelligenter Mensch beschrieben. Zu seinen Hobbys zählt er Lesen, er hat eine Vorliebe für die spirituellen, besinnlichen Texte des brasilianischen Autors Paulo Coelho. Bernd Schuster, der ihn seinerzeit nach Madrid lotste und mit ihm 2008 Meister wurde meinte über Pepe das dieser mit dem überstreifen des Trikots ein anderer Mensch werde, es hat etwas von Dr. Jeckyll und Mr. Hide.

Nach seinem Ausraster gegen Casquero beteuerte Pepe das er nicht wisse was mit ihm los war. Er entschuldigte sich mehrfach und beteuerte das seine Freunde ihn privat als friedvollen Menschen kennen würden. Der Portugiese machte sich in der Zeit seiner Sperre schwere Vorwürfe und nahm sich die Schelte der Medien schon damals sehr zu Herzen.

Ich nehme an das es sich am Mittwoch ähnlich verhalten hat. Vielleicht war es gar nicht so gelogen als Pepe sagte er habe Messi nicht verletzen wollen. Viel eher war es ein erneuter Kontroll-Verlust der ihn dazu trieb dem wiedermal entwischten Gegenspieler auf den Fuß zu steigen. Die schwache Entschuldigung diente um einer Bestrafung seitens des Verbandes aus dem Weg zu gehen (sicherlich war dies auch im Sinne von Real Madrid, die auf Pepe in dieser Phase der Saison sportlich nicht verzichten können, so sehr es auch das Image der Königlichen schädigt).
Ex-Sportdirektor Valdano formulierte es ähnlich. "Ich bin mir sicher, als Pepe diese Tat begann, war er einfach fertig und fühlte sich sogar verantwortlich für das Gegentor und das ganze braute sich zu einem Cocktail zusammen, der sich dann auf die wohl unpassendste Weise entlud. Ich glaube Pepe, dass er Messi keinen Schaden zufügen wollte. Es war eine unkontrollierte Handlung, mit der er dennoch dem Verein schadet."

Es ist eine verzwickte Lage in der sich der Verein nun befindet. Auf der einen Seite stehen die Traditionalisten mit ihren alten Werten, die sich mit der Marca und der Öffentlichkeit solidarisieren und einen Rauswurf von Pepe, wenn nicht sogar von José Mourinho fordern. Der mit seiner destruktiven Spielweise ja der Initiator für die aggressive Spielweise eines Pepe sei.
Auf der anderen Seite steht ein José Mourinho, der zwar gegen Barcelona erneut den Kürzeren zog, dafür aber die Liga mit 5 Punkten Vorsprung anführt, ein Pepe der neben seinen Vergehen sportlich eine große Stütze des Teams ist.

Meiner Meinung nach sollte man versuchen das Thema auszusitzen. Sportlich ist wenig verloren und vor Allem in der Liga noch alles drin. Selbst im Pokal ist ein Weiterkommen möglich. Pepe Vereinsintern zu bestrafen wäre eine Maßnahme, die sicherlich das Außenbild des Vereins fördern würde, die Muskelverletzung dazu ein guter Vorwand. Sportlich gesehen ist ein Pepe aber besonders im Rückspiel gegen Barcelona (sollte man dort noch etwas gewinnen wollen) mehr als wichtig. Andererseits könnte eine Denkpause auch ihm nicht schaden, um ihn aus der Schusslinie der Medien zu bekommen.
Ein Zyniker könnte behaupten Pepe hätte sich für das Team geopfert und mit seiner Aktion die gesamte Medienaufmerksamkeit vom Team ab, auf sich gelenkt. In der Tat wird die Niederlage gegen Barcelona und das anstehende Rückspiel kaum thematisiert, Real Madrid geht als klarer Außenseiter ins Rückspiel, was so schlecht nicht ist.

Abschließend muss gesagt sein das ich jegliche Kritik an Pepes Verhalten speziell am Mittwoch, oder auch seine vorigen Aktionen verstehe, sowie auch jegliche Empörung. Dennoch muss man sich da auch mal eingestehen das sowas keine Seltenheit im Fussballl ist. Ein Roy Keane, war ein schlimmeres Kaliber als Pepe, gab offen zu die Karriere seines Gegenspielers beenden zu wollen und gilt dennoch in der Öffentlichkeit als anerkannte Größe des englischen Fussballs. Auch Oliver Kahn ist so manches mal auf dem Feld der Kragen geplatzt, doch beim Titan wurde jeder seiner Übergriffe liebevoll als überbrodelndes Temperament abgetan. Juanito, Cantona, Frank Rijkaard-sie alle haben ihre Fehler gemacht und Pepe reiht sich da in eine namhafte Liste an Spielern ein, die sicherlich Fehler gemacht haben, die aber keinesfalls dafür geächtet wurden.
Ich kann jegliche Form von Empörung verstehen und nachvollziehen, aber man muss es nicht übertreiben und den von den Medien an den Pranger gestellten Sündenbock zusätzlich mit Eiern bewerfen...genauso bei Schettino!
Aufrufe: 15519 | Kommentare: 52 | Bewertungen: 27 | Erstellt:20.01.2012
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KOMMENTARE
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JonaB
24.01.2012 | 17:07 Uhr
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JonaB : 
24.01.2012 | 17:07 Uhr
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JonaB : 
im ersten Moment dachte ich mir, dass das wirklich niemand verdient hat und dass der Blog echt sehr gut ist. Wollte auch erst 9 oder 10 Punkte geben. Hatte das Gefühl, Pepe hätte vielleicht eine Krankheit, dann kann sowas mal passieren. Jetzt habe ich grad dieses Video bei youtube gefunden: http://www.youtube.com/watch?v=11enIeWNJbE&feature=fvwrel
Meine Meinung hat sich komplett geändert. Niemals kann jemand das alles wegen einer Krankheit oder so machen. Reiner Vorwand.
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ALU69
24.01.2012 | 22:42 Uhr
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ALU69 : 
24.01.2012 | 22:42 Uhr
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ALU69 : 
Es gab und gibt viele harte Spieler, üble Fouls und richtige Schweinereien. Aber bei Pepe kommt das offenbar schon regelmäßig vor und hat fast schon System.
-> Der Typ hat schlicht und einfach einen Schaden!
Dass bislang noch keiner schwere oder gar schwerste Verletzungen erlitten hat, grenzt an eine Wunder! 1-2 cm tiefer beim zweiten Tritt im Spiel gegen Getafe und dem Spieler wäre mit dem Stollen übel der Rücken aufgerissen worden. Den Kopf hat er ja auch nur unwesentlich verfehlt.

Man kann vermutlich keine Wetten mehr darauf annehmen, dass Pepe am Mittwoch im Clasico erneut vom Platz fliegt (egal ob mit Gelb-Rot oder glatt Rot), sondern nur noch, in welcher Minute das passiert.


PS.
Irgendwie wünschte ich mir, dass Pepe mal so etwas gegen Oliver Kahn oder gegen einen von Ollis Teamkameraden vor dessen Augen gemacht hätte.
Das wäre wohl das einzige Mal, dass ich anschließend fast Mitleid mit Pepe gehabt hätte. Aber auch nur fast...
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