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Von: Maxi_FCB
15.09.2014 | 1854 Aufrufe | 4 Kommentare | 8 Bewertungen Ø 6.6
Champions League 2014/15
CL-Favoritenvorschau III
Teil 3: Italien und Deutschland

Juventus Turin
Gruppe A
Atletico Madrid, Olympiakos Piräus, Malmö FF

"Das Ziel ist der FC Bayern - ein Weltverein mit gesunden Finanzen", ließ Präsident Agnelli vor der Saison 2012/2013 verlauten. Diesem Statement folgend tat Juventus Turin in den letzten beiden Jahren auch auf Kosten des Erfolgs (Vorrundenaus 13/14) alles dafür endlich die maroden Finanzen in den Griff zu bekommen. Millionen-Transfers wurden nicht getätigt, Spieler wie Pirlo oder Pogba kamen ablösefrei. Als Konsequenz folgte diesen Sommer der Bruch zwischen Agnelli und Erfolgscoach Conte. Der Meistertrainer wollte di Maria, Suarez, Sanchez, Cuadrado - er bekam Morata, der sich zudem kurz nach seinem Wechsel auch noch verletzte und nun zwei Monate fehlt. Zuviel der Askese beim Weltklub für Conte, der zurücktrat und ein Erbe hinterlässt, das so klar seine Handschrift trägt, dass es für Nachfolger Allegri schwer sein wird eigene Ideen durchzudrücken. Überhaupt ist ein Großteil der Tiffosi alles andere als glücklich über Allegri, zu sehr hat sein Image in den zwei Jahren bei Milan Schaden genommen.


Grund zu Optimismus sind die ab Sommer 2015 erwarteten Einnahmen durch das neue Stadion, Fernsehgelder und den neuen Ausrüster adidas und altbewährte Kräfte wie Barzagli, Chiellllini, Vidal, Pirlo und Pogba. Das Quintett wird durch Patrice Evra erweitert. Der ablösefreie Franzose wird sich allerdings erst mit einer neuen Liga und der ungewohnten Dreierkette akklimatisieren müssen. Was der Alten Dame fehlt ist ein echter Torjäger, Tevez altert, Llorente war zu oft Fremdkörper unter Conte und Moratas größter Erfolg ist der Gewinn der U-21-EM, einen echten Nachweis seiner Klasse ist der Spanier im Herrenbereich bisher schuldig geblieben.

Mögliche Wunschaufstellung

Buffon - Chiellini, Bonucci, Barzagli - Pirlo - Asamoah, Vidal, Pogba, Lichtsteiner - Llorente, Tevez

Taktik

Conte war nicht nur Patron in Turin, sondern auch taktischer Macher. Seine Version der Dreierkette machte das Modell wieder salonfähig und sein Mittelfeld-Konstrukt, das eine Mischung aus individueller Klasse und taktischem Korsett ausmacht, ist noch immer eines der besten der Welt. Es wird ein schmaler Grat für Massimo Allegri werden zwischen dem Beibehalten der Conte-Zersuneit und der Entwicklung eigener Prozesse. Dabei tut man dem italienischen Meister von 2011 Unrecht, wenn man ihn zum mittelmäßigen Trainer deklariert. Bei seinen Stationen in Sassuolo und Cagliari bewies er Sachverstand und wurde jeweils Trainer des Jahres. Der 47-jährige will Pressing, Laufintensität und schnelles Umschaltspiel seiner Mannschaft sehen. Weniger dominant als Conte, dafür mit mehr Druck und Zug zum Tor. Es gab bereits Stimmen, die den Königsmord ankündigten: Pirlo sei für Allegris Fußball zu langsam und alt. Auch wenn mit Marchisio eine starke Alternative bereit stehen würde ist Juve (noch) genau so undenkbar ohne Pirlo wie ein Schiff ohne Steuermann und Kapitän.
Spannend wird sein, wie Allegri mit Ogbonno und Caceres verfährt, die er beide sehr schätzt, die aber, wenn Barzagli und Chiellini fit sind kaum spielen lassen kann.

Player to watch: Kingsley Coman (18)

Im Kleingedruckten fiel neben den Neuzugängen Evra und Morata vor allem Coman ins Auge. Ein 18-jähriger Franzose, der zu Juve wechselt? Da war doch was. Abgesehen von dieser Parallele ist der Coman-Deal jedoch gänzlich anders als damals bei Pogba. Der Mittelfeldspieler kommt von Paris und ist noch lange nicht so weit wie Pogba in seinem Alter. Dennoch spielte Coman in der Liga bisher in beiden Spielen, im ersten sogar von Beginn an. Die hängende Spitze ist antrittsschnell und technisch extrem stark, die 750.000, die Juve für den französischen U-21-Nationalspieler überwiesen hat, sind eine gute Investition denn Kingsley ist erst 18 und hat viel vor in Turin.

Prognose


Ohne Conte und neue Spieler spielt Juve beim Titelkampf erneut keine Rolle. Zum unangenehmen Widersacher taugt die alte Dame aber allemal. Das Achtelfinale wird als Gruppenzweiter souverän erreicht, danach spielen sich die Italiener mit Kampf und den Fans im Rücken ins Viertelfinale, wo man dann unglücklich scheitert, zu sehr macht sich das Fehlen eines Top-Stürmers bemerkbar.

AS Rom
Gruppe E
Bayern München, Manchester City, ZSKA Moskau

Roma aeterna. Die ewige Stadt. All diese Titulierungen erhalten im Bezug auf der Stadt liebstes (Fussball-)Kind einen ironischen Anstrich. Stolze 28,8 Jahre nämlich brächte die mögliche Wunschelf von Rudi Garcia (siehe unten) im Durchschnitt auf den Platz. Erfahrung ist Trumpf in der ewigen Stadt. Doch es zahlt sich aus: Die Roma erlebte unter Neu-Trainer Garcia eine wahre Renaissance. Vermeintlich antike Relikte wie Francesco Totti, Morgan de Sanctis oder Daniele de Rossi schwangen sich trotz gehobeneren Alters zu Weltklasse-Leistungen auf und straften ihre Zweifler Lügen. Am Ende musste man lediglich das schier übermächtige Juve (102 Punkte!) passieren lassen. Trotz der beachtlichen Punkteausbeute von 85 Punkten, welche in 6 der letzten 10 Saisons zum Titel genügt hätte, wurde es nichts mit der ersten Meisterschaft seit schlappen 13 Jahren.
Dennoch darf die vergangene Saison ausschließlich positiv bewertet werden. Aus einer Mannschaft auf dem absteigenden Ast formte der ehemalige Meistercoach des OSC Lille eine schlagkräftige Truppe, die auch für die kommende Saison national wie international gute Perspektiven besitzt. Trotz des Abgangs von Star-Innenverteidiger Benatia hat man die Mannschaft in der Summe eher verstärkt als geschwächt, schließlich kamen talentierte Spieler wie Juan Iturbe, Kostas Manolas, Radja Nainggolan, Salih Ucan oder Mapou Yanga MBiwa. Dazu gesellen sich (Wie könnte es anders sein?) erfahrene Haudegen wie Ashley Cole, Jose Holebas oder Seydou Keita.

Mögliche Wunschaufstellung

De Sanctis - Cole, Castan (Astori), Manolas, Maicon - De Rossi - Strootmann, Pjanic - Gervinho, Totti, Iturbe (Florenzi)

Taktik

25 Gegentore in 38 Spielen - man braucht kein Taktik-Fachmann zu sein, um die große Stärke der Roma zu erkennen: Die defensive Kompaktheit. Schlüsselspieler hierfür ist Daniele de Rossi, der tief vor bzw. bisweilen zwischen der Viererkette den Abfangjäger gibt. Er vermag es dank seines strategischen Geschicks, die zuweilen zwischen Innen- und Außenverteidiger entstehenden (Halb-)Räume zu schließen. Manchmal, je nach Gegner, agiert de Rossi allerdings auch etwas mannorientierter und verfolgt einen durchbrechenden gegnerischen Offensivmann schon mal bis zwischen die eigenen Verteidiger. Auch im Aufbauspiel kommt ihm als immer wieder zwischen die Innenverteidiger abkippendem Sechser eine Schlüsselrolle zu.
Essentiell für die defensive Stabilität der Roma waren zudem die starken Innenverteidiger Benatia und Castan, die mit Umsicht im Stellungsspiel, Kompromisslosigkeit im Kopfball wie im Zweikampf sowie einem passablem Aufbau Glanzlichter setzten. Nun ist Benatia allerdings gegangen. Es wird sicher eine Zeit benötigen bis sich ein Spieler gefunden hat, der seinen Part ähnlich glänzend spielt, wie der Marokkaner. In Manolas, Torosidis und Astori stehen allerdings ausreichend Alternativen zur Verfügung.


Fixpunkt im Offensivspiel ist eine andere Roma-Legende: Francesco Totti. Offensiv kommt die Roma über nämlich bevorzugt über ein rasantes Umschalt- und Konterspiel. Totti vermag es wie kaum ein anderer, selbst schwierigste Pässe auf engem Raum unter Gegnerdruck zu verarbeiten - und das meist ohne größeren Zeitverlust, was im Umschaltspiel von hohem Wert ist. Bevorzugte Spielform ist es, ihn anzuspielen, er lässt bevorzugt auf Regisseur Pjanic prallen und dieser, oder bisweilen Totti selbst, spielt einen Steilpass auf den einstartenden Gervinho. Damit dies auf Dauer nicht zu durchsichtig wird, kam in Juan Iturbe noch ein zweiter Flügelspieler, der mehr offensive Akzente als Kontrahent Florenzi setzen soll.
Generell verfügt Garcia über viele Optionen. So kann er nach Bedarf in Mattia Destro auch einen echten Stürmer bringen und verfügt in Adem Ljajic zudem über einen äußerst dribbelstarken

Player-to-watch: Salih Ucan (20)

Toni Sanabria, Leandro Paredes, Juan Iturbe - an interessanten Spielern, die es wert wären, vorgestellt zu werden, mangelt es beileibe nicht. Doch der interessanteste von allen dürfte wohl Salih Ucan sein. Der offensive Mittelfeldspieler vereint eine formidable Technik und eine gute Spielübersicht mit einer für sein Alter beachtlichen Robustheit, die gleichwohl weiterhin verbesert werden muss. Er vermag somit sowohl den defensiven als auch den offensiven Part im zentralen Mittelfeld zu bekleiden. Kaum verwunderlich, dass er Zidane, Lampard und Emre als seine Vorbilder aufzählt. Schon mit 18 Jahren debütierte er für Bucaspor in der türkischen Liga, wo er bei seinen Kurzeinsätzen so sehr überzeugte, dass Fener-Präsident Aziz Yildirim ihn nach Ende der Saison an den Bosporus lockte. Dort gelang ihm allerdings noch nicht der komplette Durchbruch, doch er deutete sein Potenzial mehrfach an, weshalb der AS Rom auf ihn aufmerksam wurde und jüngst die 2-jährige Leihe unter Dach und Fach brachte.

Prognose

Alle Wege führen nach... Ja, wohin eigentlich? Rom verfügt über das Potential, eine der Überraschungen der kommenden CL-Saison zu werden. Der Kader ist breit und qualitativ gut besetzt. Zumindest individuell verfügt ein Großteil der Spieler über eine beachtliche internationale Erfahrung, so dass die CL für die meisten kein Neuland sein dürfte. Dazu kommt, dass die Roma international erst einmal weitgehend als Underdog durchgeht, so dass die Gegner eher offensiv auftreten und der Roma die Räume öffnen werden, die sie für ihn Umschaltspiel benötigen.
Allerdings hat die Sache einen Haken: Die Roma hat die Hammergruppe mit Manchester City und dem FC Bayern erwischt, welche klar favorisiert sein dürften. Selbst ZSKA Moskau besitzt, vor allem zuhause mit der langen Reise, den Wetterkapriolen und dem ungewohnten Kunstrasen, Stolperpotential. Rein auf dem Papier ist der AS Rom eher ein Kandidat für den dritten Platz, welcher gleichbedeutend mit dem "Abstieg" in die Euro League wäre. Aber hier greift die alte Binse: Was zählt, ist aufm Platz. Und dort hat die Roma einiges zu bieten.


FC Bayern München
Gruppe E
Manchester City, ZSKA Moskau, AS Rom

"Wir sind noch lange nicht da, wo wir hin wollen." Pep Guardiola sagt das nicht wie eine Drohung oder als Standart-Satz eines Trainer gegenüber der Medien. Der Spanier sagt es ganz beiläufig, fast in Gedanken versunken. Sein erstes Jahr in München ist sehr gut verlaufen. Bayern hat stellenweise den Guardiola'schen Fußball schon auf hohem Niveau gezeigt. Ein Level, das gut ist, aber nicht gut genug für Guardiola und sein Verständnis von Erfolg und Fußball im Allgemeinen. Im Prä-WM-Jahr will er den FC Bayern noch dominanter agieren, noch schneller spielen, noch variantenreicher auftreten sehen. Dafür kam Lewandowski vom BVB, ein Weltklasse-Stürmer mit tollen Bewegungen, gutem Auge und überragenden Ballan- und Mitnahmen. Zunächst schien es so, als sei der Pole der einzige Neue, der eine echte Option für die Startelf sein würde. Doch durch zahlreiche Verletzungen kam auch Bernat (kam von Valencia) auf seine Minuten und wusste trotz Abstimmungsproblemen mit Quirligkeit zu überzeugen. Rode als Kämpfer schien zunächst ebenfalls gute Karten auf Einsätze zu haben, da mit Thiago und Schweinsteiger zwei Zentrumsspieler zunächst fehlen. Reina soll als stabile Nummer Zwei endlich der erforderliche starke dritte Torhüter sein und Bentias Verpflichtung war nach Badstubers neuerlicher Verletzung schon jetzt goldrichtig. Und dann wäre da noch Xabi Alonso. Wie ein Paukenschlag schlug die Meldung ein. Die einen stellen die Milchmädchen-Rechnung "Alonso für Kroos" auf, die anderen jammern über den "FC Spanien München". Ich sage: Weltklasse-Transfer. Wenn ein Spieler mit derartigen Fähigkeiten, die zudem ganz anders als die von Kroos sind, ablösefrei zu haben ist, dann ist bei der prekären Lage im bajuwarischen Mittelfeld-Zentrum ein Transfer ein Muss. Was für ein Fußballer der zweifache Champions-League-Sieger ist, was für ein geborener Anführer hat er gegen S04 und Stuttgart bereits angedeutet. Erstens weiß ich, dass da noch mehr kommen wird und zweitens hat sein Wechsel einen weiteren tollen Effekt: Lahm kann wieder nach rechts außen, Alaba nach links. Dazu, sofern fit, Alonso, Thiago, Schweinsteiger, Martinez für das Zentrum. In der Hinterhand Rode, Hojbjerg und ein 17-jähriger mit dem Namen Gianluca Gaudino...
Mit diesem Personal, mit diesem Trainer, mit dem Schwung des Weltmeistertitels wird der Titel nur über den FC Bayern gehen. Ob es letztendlich für den ganz großen Wurf reicht, wird sich zeigen und ist letztendlich auch gar nicht so wichtig. Denn was wirklich zählt: Vor diesem FC Bayern muss jede Mannschaft Angst haben.

Mögliche Wunschaufstellung:

Neuer - Bernat, Benatia, Boateng, Lahm - Alonso - Ribery, Alaba, Müller, Robben - Lewandowski

Taktik

Dreierkette oder nicht? Nach der erneuten Badstuber-Verletzung wohl eher erst einmal nicht, da mit Martinez der wahrscheinlich beste mittlere Verteidiger ebenfalls fehlt. Also mit Viererkette. Die Besetzung davor bei derzeitiger Verletzungslage wohl mit Alaba im Mittelfeld und Bernat ansttatt seiner links hinten. Wenn Robben/Lewandowksi/Ribéry fit, dann ist das Trio gesetzt. Um die Plätze im Zentrum vor/neben Alonso kämpfen derzeit Alaba, Müller, Götze, Rode, Gaudino und Hojbjerg. Zunächst wird international Gaudino wohl auf die Bank müssen, aber das dachte man gegen Wolfsburg auch. Schon jetzt hat Guardiola viele Möglichkeiten (3-3-3-1, 4-2-3-1, 4-3-3, 4-1-4-1, 3-4-3), wenn derzeit fehlende Leistungsträger wieder fit sind, lasse ich mich zur gewagten These hinreißen, dass dann der FCB den besten Kader Europas hat und gleichzeitig taktisch unendlich viele Möglichkeiten.

Player to watch: Gianluca Gaudino (17)


Auf einmal war er da, ein schmaler Bursche mit jungenhaftem Aussehen und einer Ballbehandlung zum Niederknien. Gaudinos Sohn Gianluca, 17 Jahre alt, tritt die Nachfolge prominenter Kicker wie Iniesta oder Busquets an und ist Guardiolas neuer Musterschüler. Starker Audi-Cup, starkes Liga-Debüt. Guardiola wird dem Teenager jetzt Minuten geben, ihn stark machen, um ihn nach der Genesung einiger Lazarett-Spieler aufzubauen und ihn zu formen. Die Fähigkeiten dafür hat er: Gutes Auge, brillante Ballführung, Ruhe und erste Ansätze von barcelonesker Pressingresistenz. Ein typischer Guardiola.

Prognose


Bayern spielt nach anfänglichen Problemen tollen Fußball und erlangt auch defensiv eine beeindruckende Balance. Die Münchner erreichen das Halbfinale alles darüber hinaus hängt von Nuancen ab. Wenn alle im Kader fit sind und Guardiola eine Kern-Taktik heraus bilden kann, können den Bayern diese Saison nur drei Teams Probleme machen: Chelsea, Barcelona und Atletico. Real wird nach dem Alonso-Weggang und der Neubesetzung der Zentrale niemals die Dominanz der letzten Saison erreichen.


Borussia Dortmund
Gruppe D
FC Arsenal, Galatasaray Istanbul, RSC Anderlecht

"Wir werden versuchen, uns auf hohem Niveau noch breiter aufzustellen.(...) Wir werden das, was wir an wirtschaftlicher Kraft hinzugewinnen, vor allem in die Mannschaft investieren." Manch ein BVB-Anhänger mag die Augen gerollt haben ob dieses Satzes aus dem Munde ihres Geschäftsführers Hans-Joachim "Aki" Watzke im Interview mit "Der Westen" im April diesen Jahres. Schließlich ähnelte er ähnlichen Einlassungen Watzkes aus den Vorjahren. Nur: Seinerzeit ließ man den Worten kaum wahrnehmbare Taten folgen. Oftmals war die BVB-Transferpolitik einzig bestrebt, die durch Abgänge entstandenen Lücken im Kader zu schließen. Gündogan ersetzte Sahin, Reus Kagawa, Sokratis übernahm die Nachfolge "Tele" Santanas und Mkhitaryan sollte das Erbe Mario Götzes antreten. Doch dieses Mal war es Aki Watzke Ernst mit seinen Aussagen, schließlich ließ man im Sommer Taten folgen: In Lewandowski verließ nur ein Stammspieler den Klub, in Ciro Immobile, Adrian Ramos, Shinji Kagawa und Matthias Ginter kamen hingegen gleich vier Spieler, die zumindest mittelfristig Ambitionen auf einen Stammplatz hegen. Dazu wandelte man die Leihe Nuri Sahins für 7 Millionen Euro in eine feste Verpflichtung um, Ji sorgt überdies für Kaderbreite.

Wenn man so will, hat der BVB eine veritable Trendwende vollzogen. Einen Paradigmenwechsel. Von, überspitzt formuliert, Flickenschusterei zum gestalterischen Investieren. Vom Verkaufen zum Einkaufen. Vom Aschenputtel zur Cinderella?
Der BVB ist wieder wer, auch in Europa. Man ist inzwischen auch auf dem internationalen Parkett als Spitzenklub anerkannt und richtet daran auch die Vereinspolitik aus. Nachdem in den Vorjahren hinter der top besetzten Startelf eine deutliche Qualitätslücke klaffte, kann man inzwischen fast zwei volle Teams mit Top-Spielern besetzen. Etwaigen Verletzungen kann man nun etwas entspannter begegnen als in den Vorjahren. Dafür nimmt man auch ein deftiges Transferminus von knapp 52Mio Euro in Kauf, was allerdings durch die Ersparnisse der Vorjahre sowie den Einstieg einiger strategischer Partner nicht übermäßig schmerzt.

Taktik

Hohes Pressing, gedankenschnelles Gegenpressing, rasantes Umschaltspiel - der Dortmunder Stil ist bekannt und mittlerweile schon alternativlos im Verein verankert. Daran wird sich auch so schnell nichts ändern, schließlich führte er zur inzwischen schon vierjährigen Blütezeit der Westfalen. Doch es stehen kleine Umwälzungen an, welche auch Klopps Vollgasfussballer erst einmal reibungslos über die Bühne bringen müssen.
Eine Hauptrolle kommt dabei dem jüngst gen Süden geschiedenen Robert Lewandowski zu. Zwar bemüht sich auch der BVB um einen geordneten, flachen Spielaufbau von hinten, doch gegen gewisse Gegner bediente man sich auch hoher, das gegnerische Pressing überbrückender Flugbälle, welche vor allem Lewy wie kein Zweiter dingfest machen konnte und dann zum eigenen Sechser oder auf die einstartenden Offensiven Mittelfeldspieler ablegen konnte. Vor allem in den Duellen gegen den bajuwarischen Rivalen bediente man sich dieses Musters bevorzugt. Dies wird allerdings in Zukunft nicht mehr ohne weiteres möglich sein, da weder Ramos, noch Immobile, geschweige denn Aubameyang Bälle auf Brusthöhe mit dem Rücken zum gegnerischen Tor festmachen können. Ihr Spiel ist eher gen Tiefe ausgelegt. Sie benötigen maßgenaue Pässe in die Gasse.


Auch das Erfolgssystem 4-2-3-1 steht auf der Kippe. Klopps Gedankenspiele reichen von einem klassischen flachen 4-4-2 über die Mittelfeldraute bis hin zu einem 4-1-4-1. Vor allem Letzteres dürfte sukzessive eine gewichtigere Rolle in Westfalen spielen. Gegen die zunehmend tiefer stehenden Gegner hat man in dieser Formation einen Spieler mehr in Ballnähe, was für gelegentliche Überzahlsituationen sorgt, die im modernen Fussball eine solch wichtige Rolle einnehmen. Vor allem für das Kombinationsspiel, wie auch für das Gegenpressing ist es erstrebenswert einen zusätzlichen Spieler in der Nähe des Balles zu wissen. Das könnte durch ein 4-1-4-1 besser erreicht werden, als durch das 4-2-3-1, was durch die sehr offensive Interpretation des zentral-offensiven Mittelfeldspielers (Reus, Mkhitaryan oder Kagawa) vielmals in ein situatives 4-4-2 pendelt.

Player-to-watch: Milos Jojic (22)

In Ermangelung talentierter Jugendspieler, denen in dieser Saison der Sprung in den A-Kader zuzutrauen ist, soll hier der Fokus auf einen fast schon etablierten Spieler gelegt werden. Auf den Serben Milos Jojic nämlich. In der Winterpause, als die Verletzungsmisere die extremsten Züge annahm, sicherte man sich für 2,2 Mio Euro die Dienste des Zentralen Mittelfeldspielers von Partizan Belgrad. Damals von Vielen als reiner Vorgriff auf die Zukunft angesehen, mauserte sich der polyvalente Mittelfeldspieler im Eiltempo zur Soforthilfe und sammelte in zehn Liga-Einsätzen beachtliche 5 Scorerpunkte (4 Tore, 1 Vorlage). Erstaunlich schnell adaptierte der beidfüßige Serbe die Eigenheiten des schwarz-gelben Spiels und lieferte auf diversen unterschiedlichen Positionen, sei es als Achter, als Zehner oder als rechter offensiver Mittelfeldspieler, beachtliche Leistungen. Jojic überzeugt durch eine hohe Laufbereitschaft, eine immense taktische Intelligenz und Disziplin, eine solide Technik sowie durch ein giftiges Zweikampfverhalten. Setzt Klopp zukünftig eher auf ein 4-1-4-1 verfügt Jojic überdies über beste Aussichten. Die Rolle als Zwischenspieler, nominell als zweiter Zehner, erscheint ihm wie auf den Leib geschneidert. Hier könnte seine Vielseitigkeit am besten zum Tragen kommen.

Prognose

Der BVB geht als Favorit in seine Gruppe - ein Zeichen für die veränderte Wahrnehmung der Borussen auf internationaler Ebene, mit allen Risiken und Nebenwirkungen. Während man die neue Rolle finanziell dazu nutzte, sich eine solide Basis für die Zukunft zu schaffen, wird man sich sportlich mit zunehmend defensiveren Gegnern auseinandersetzen müssen. Der Raum für das eigene Konterspiel wird enger werden, die Angriffsfläche für das eigene Pressing geringer. Während man in der Vergangenheit von der taktischen Naivität mancher Gegner profitierte, wird in der Zukunft kaum ein Team diesen Fehler wiederholen.
Doch man sieht sich dafür (zurecht) gewappnet. In Kagawa, Reus und Mhitaryan verfügt man über drei technisch perfekte Spieler, die auch mit engsten Räumen keinerlei Probleme haben. Zudem erwartet ganz Dortmund die Rückkehr von Ilkay Gündogan, der sich in der Vergangenheit Kreativdirektor, Katalysator und Stratege in Personalunion unverzichtbar machte. Sein Fehlen war in der vergangenen Saison bisweilen schmerzhaft zu spüren. Zwar wird es dauern, bis er seine volle Leistungsfühigkeit erreicht, doch spätestens nach der Winterpause dürfte mit dem Nationalspieler zu rechnen sein. Die Gruppenphase wird man auch ohne ihn überstehen.


Der Kader verfügt über eine beachtliche Breite, so dass man in der Lage sein wird, einige Verletzungen ohne Qualitätsverlust aufzufangen. Dennoch: Einige Spieler sind letztlich nicht zu ersetzen, namentlich vor allem Mats Hummels und Marco Reus. Ihr Fehlen ist stets gleichbedeutend mit einer Schwächung. Ginter hin, Kagawa her. Zudem offenbart sich die Lewy-Nachfolge als erwartet schwierig. Weder Immobile, noch Ramos oder Aubameyang bringen eine solche technische Klasse auf engstem Raum ins Kombinationsspiel mit ein. Sie sind eher als Verwerter am Ende einer Kombinationskette anzusehen. Darauf wird sich das BVB-Spiel einstellen müssen.
Nichtsdestotrotz sollte das Viertelfinale wieder möglich sein. Bleibt man von einer extremen Verletzungsmisere verschont, ist möglicherweise auch noch mehr drin. Vielleicht sogar zwei Reisen nach Berlin
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Zu Teil 1 (Spanien/Frankreich)

Zu Teil 2 (England)

KOMMENTARE
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Maxi_FCB
15.09.2014 | 23:03 Uhr
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Maxi_FCB : 
15.09.2014 | 23:03 Uhr
0
Maxi_FCB : 
So das ist es nun also. Nach einem elendigen, nervenaufreibenden Kampf mit dem Blogeditor. Wir hoffen es gefällt und würden uns über konstruktive Kommentare aller Art freuen.

P.S.: Da werden auch noch einige Bilder eingefügt werden, so dass es etwas ansehnlicher aussieht, aber ich bin jetzt erstmal froh, dass die drei Blogs überhaupt so da stehen
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Broich
16.09.2014 | 17:11 Uhr
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Broich : 
16.09.2014 | 17:11 Uhr
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Broich : 
Klasse ist es geworden! Der Blogeditor versus Mensch: Ist ein durchaus verfilmbarer Stoff für einen Thriller mit Blut am Ende. ;)
Super Texte von dir, Maxi. Meinen merkt man doch stellenweise an, dass sie in kurzer Zeit sehr schnell getippt wurde. ;)
0
Maxi_FCB
16.09.2014 | 18:24 Uhr
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Maxi_FCB : 
16.09.2014 | 18:24 Uhr
0
Maxi_FCB : 
Ach wo. Die Texte sind allesamt richtig gut geworden. Liest sich bis auf einige Ecken, wo ich nochmal editieren müsste, aber es aus Angst vor den Launen des Blogeditors lasse, richtig gut.
Bleibt nur zu hoffen, dass die User die Ausdauer mitbringen, das bis zum Ende durchzukauen.

"Thriller mit Blut am Ende"? Nur am Ende? Ich entwickle durchaus auch zwischendurch Mordgelüste...

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1976_daniel
17.09.2014 | 15:06 Uhr
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0
1976_daniel : Danke!!!
17.09.2014 | 15:06 Uhr
0
1976_daniel : Danke!!!
Danke euch beiden für diesen wirklich guten und "sehr" ausführlichen Bericht.
0
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