Die Olympischen Spiele in London sind zu Ende. Schluss, aus, vorbei - nach 16 Tagen und 302 Entscheidungen. Zum Abschluss präsentiert SPOX noch mal alle Männer und Frauen des Tages. Vom größten Tennis-Loser bis zu Prinzessin Kate.
Was haben wir in London nicht alles gesehen? Unvergessen bleiben neben unseren deutschen Helden natürlich Usain Bolt, Michael Phelps und die ganzen britischen Stars wie Mo Farah, Andy Murray, Chris Hoy oder Jessica Ennis, die den Gastgebern Gänsehaut-Momente en masse beschert haben.
Wir werden uns aber auch an alberne Kampfrichter (Boxen, Fechten, Leichtathletik) erinnern, an den Badminton-Skandal - und natürlich auch an unsere österreichischen Freunde, die gar keine Medaille gewonnen haben. Im Gegensatz zu Gabun, Grenada oder Tadschikistan.
Doch was war sonst noch, wen darf man auf keinen Fall vergessen und wer sind die heimlichen Helden der Spiele? SPOX blickt Tag für Tag auf Olympia zurück und erzählt die etwas anderen Geschichten der Frauen und Männer der 16 Olympia-Tage.
Tag 1
Mann des Tages: Donald Young
"I'm a loser baby, so why don't you kill me." Nicht nur viele Deutsche haben an Tag eins Niederlagen einstecken müssen. Da ist auch noch die Geschichte von Donald Oliver Young Jr. 2011 stand der 23-jährige US-Boy im US-Open-Achtelfinale und kletterte in der Weltrangliste auf Rang 38. Nicht schlecht. Darum geht es aber schon lange nicht mehr. Youngs Problem ist, dass er ums Verrecken kein Tennis-Match mehr gewinnt. So gar keins.
In London war schon wieder in Runde eins Endstation. 4:6, 4:6 gegen den Südtiroler Andreas Seppi. Young hat seit Februar (!) kein Match mehr gewonnen. Inzwischen steht sein Losing-Streak bei 15 Niederlagen in Folge. Und seine Bilanz für 2012 bei 2-18. Und er ist immer noch die Nummer 60 der Welt. Unfassbar. So langsam muss sich Vince Spadea Sorgen um seinen Negativ-Rekord machen. Spadea hat es mal geschafft, 21 Matches in Serie zu verlieren. Sein Spitzname damals: "The World's Biggest Loser." Bis der 26. Juni 2000 kam und Spadea in der ersten Runde von Wimbledon Greg Rusedski mit 9:7 im fünften Satz bezwang. Kopf hoch, Donald! Auch du wirst wieder gewinnen. Vielleicht ja gegen Kohlschreiber.
Frau des Tages: Eva Csernoviczki
Wir haben unsere erste Heldin von London! Sie heißt Eva Csernoviczki, ist 25 Jahre alt und kommt aus Ungarn. Ihre Sportart: Judo. Im Leichtgewicht-Viertelfinale musste die Eva gegen die gemeingefährliche Belgierin Charlene van Snick ran. Und was passierte? Die Belgierin würgte unsere Eva bewusstlos. Die spinnt doch! Der Mattenrichter brach den Kampf ab, van Snick war die Siegerin.
Aber unsere Eva ließ sich von dieser kurzen Bewusstlosigkeit nicht unterkriegen. Im Gegenteil. In der Trostrunde legte sie richtig los, bezwang erst die Chinesin Wu Shugen und stand so im kleinen Finale. Es ging gegen die Argentinierin Paula Pareto um die Bronzemedaille - und unsere Eva setzte sich durch. Erst bewusstlos, dann Bronze! Übrigens: Auch Charlene "Die Würgerin" van Snick gewann am Ende Bronze.
Tag 2
Mann des Tages: Der ARD-Regisseur
Jetzt mal ganz im Ernst, liebe ARD. Ihr begreift es einfach nicht, oder? Ihr rafft es einfach nicht. Ganz Deutschland wartet am Sonntag sehnsüchtig darauf, dass wir endlich die erste verdammte Medaille feiern können. Und die Säbel-Jungs sind auf bestem Weg dazu. Nicolas Limbach und Max Hartung stehen parallel im Viertelfinale auf der Planche - dieSPOX-Redaktion ist total in den Bann gezogen. Offizieller Livescore, Stream, ganz egal, es rockt: Come on Nicolas! Come on Max!
Und was macht die ARD in dieser dramatischen Situation. Sie ist live beim Straßenrennen der Frauen, da sind ja auch nur noch 45 Kilometer zu fahren... Irgendwann kommt dann doch Fechten. Aber nicht das Viertelfinale, sondern das Achtelfinale von Limbach gegen Benedikt Wagner. Wie kann man nur so wenig Gespür haben? Es kommt nicht überraschend, wirklich nicht, aber es ist trotzdem immer wieder lächerlich. Ach ja, als Höhepunkt sitzt dann plötzlich Adels-Experte Rolf Seelmann-Eggebert im Studio. Nuff said.
Frau des Tages: Kimberly Rhode
Skeet, oder Wurfscheibenschießen, wie wir sagen, sieht ja schon extrem schwierig aus. Und erst das Reglement. Bei Wikipedia heißt es: "Beim sportlichen Skeet wird eine Serie von 25 Wurfscheiben beschossen. Auf den ersten beiden Positionen werden eine Wurfscheibe aus dem Hochhaus sowie eine Dublette beschossen. Auf den Positionen 3 bis 5 werden jeweils einzelne Wurfscheiben von beiden Maschinen sowie eine Dublette beschossen, auf den Positionen 6 und 7 sind es eine Wurfscheibe aus dem Niederhaus sowie eine Dublette und auf der 8. Position sind es zwei einzelne Wurfscheiben von beiden Maschinen." Hä?
Kimberly Rhode kann dieses Wurfscheibenschießen auf jeden Fall wie keine Zweite. Rhode ist die erste US-Sportlerin, die bei fünf Olympischen Spielen in Folge eine Medaille gewonnen hat. 1996 Atlanta: Gold im Doppeltrap. 2000 Sydney: Bronze im Doppeltrap. 2004 Athen: Gold im Doppeltrap. 2008 Peking: Silber im Skeet. Und jetzt 2012 in London Gold im Skeet. Mit Olympischen Rekord in der Quali und der totalen Perfektion (25/25) im Finale. Kimberly, wir bewundern dich sehr.
Tag 3
Mann des Tages: Philipp Boy
Der Sportsoldat aus Cottbus würde sich am liebsten vergraben. In London fiel er in den letzten Tagen so ziemlich von jedem Gerät runter, das man sich so vorstellen kann. In der Quali ging der ganze Mist schon los. Nach drei Stürzen verpasste Boy, immerhin Mehrkampf-Vizeweltmeister, alle Gerätefinals.
Noch schlimmer: Er versuchte einen ganz schwierigen Sprung, den sogenannten Dragulescu, und verpatzte ihn so sehr, dass er sich böse verletzte. Seine Fußverletzung stellte sich als Einblutung, Schwellung und Entzündung im Sprunggelenk heraus. Im Team-Finale wollte sich Boy durchbeißen, aber es ging schon wieder total in die Hose. Beim Pferd musste Boy absteigen, am Reck stürzte er böse runter. Totaler Wahnsinn: Es war im achten Reck-Wettkampf der Saison Boys siebter Absturz. Der Pechvogel ist mental komplett blockiert und steht völlig neben sich. Hoffentlich fällt er nicht aus dem Bett. Tragisch.
Frau des Tages: Shin A Lam
Es gibt Bilder, die werden einem lange in Erinnerung bleiben. Das Bild der hemmungslos heulenden Shin A Lam gehört definitiv dazu. Es ist das Bild der Olympischen Spiele von London bislang. Da denkt die Südkoreanerin, dass sie doch im Finale stehen müsste. Und dann DAS! Britta Heidemann trifft in der längsten letzten Sekunde der Fecht-Geschichte und Shin A Lam ist raus. Nach dem Eklat folgt ein 45-minütiger "Sitzstreik" der Koreanerin, als sie abwarten muss, was der Protest einbringt.
Wie sie da sitzt... Diese Emotionen. Ein Wahnsinn. Auch dieses Bild ist um die Welt gegangen. Dass Shin A Lam dann ihr Gefecht um Bronze verlor, war vorher klar. Die Arme war durch. Fertig mit der Welt. Bitterer kannst du keine olympische Medaille verlieren. Ach ja, eines noch: Dass es überhaupt diese abartige "Los-Regel" gibt und dass man unfähig ist, eine Uhr zu haben, die Zehntelsekunden anzeigt, ist ein schlechter Witz, liebes Fechten.
Tag 4
Mann des Tages: Chad le Clos
Doppel-Gold am 30. Geburtstag! Klar, Michael Jung aus Horb am Neckar ist Deutschlands Sport-Held des Tages, er hat als erster Reiter der Geschichte die Welt-, die Europameisterschaft und Olympia in Serie gewonnen. Und er ist eine lässige Socke. Genau wie sein Württemberger Super-Pferd Sam. Dennoch soll an dieser Stelle ein anderer Champion gewürdigt werden. Und zwar der Südafrikaner Chad le Clos. Der Name an sich ist schon wieder legendär. Und dann fing der 20-Jährige über die 200m Schmetterling auf den letzten Metern noch Michael Phelps auf dessen Paradestrecke ab und holte Gold.
"Michael ist mein Held. Ich kann es einfach nicht glauben", sagte le Clos im Anschluss. Okay, Phelps schenkte ihm den Sieg mit seinem fatalen Patzer beim Anschlag auch irgendwie, aber egal. Chad le Clos ist Olympiasieger. Dass er damit nie im Leben gerechnet hatte, sah man bei der Siegerehrung. le Clos, der immer noch seine Schwimmbrille um den Hals baumeln hatte, weinte Freudentränen. Seine Eltern weinten auf der Tribüne. SPOX liebt diese Momente der echten Gefühle bei den Sommerspielen und weinte fast mit. Was ein Bild.
Frau des Tages: Ye Shiwen
Okay, diesmal war es kein Wunder-Rennen. Über 200m Lagen gewann Ye Shiwen nicht mit Weltrekord. Olympischer Rekord wurde es aber allemal. Wie die 16-Jährige die letzten 50m Freistil den Turbo zündete, war schon wieder nicht von dieser Welt. Man muss es sich noch mal vor Augen führen, was dieses Supergirl bis jetzt in London geleistet hat. Über die 400m Lagen war sie bei ihrem Fabel-Weltrekord am Ende bekanntermaßen schneller unterwegs als Ryan Lochte und Michael Phelps in ihrem Lagen-Rennen kurz zuvor.
Die letzten 50 Meter Freistil war sie dort 17 Hundertstel schneller als Lochte, auf der vorletzten Bahn war sie 8 Hundertstel schneller als Phelps. Ein 16-jähriges Mädchen schneller als die beiden US-Superstars... Jetzt gab es also keinen weiteren Fabel-Weltrekord. Man ist geneigt zu sagen: Zum Glück. Die Diskussionen, ob das alles mit rechten Dingen zugehen kann, werden ohnehin nicht abreißen. Von der Physiognomie her würde nichts auf Doping hindeuten, sagen Experten. Ye Shiwen hätte noch ein nettes Mädchengesicht und kein Wachstumshormonkinn. Aber kann man sich innerhalb eines Jahres um 7 Sekunden steigern? Es gibt unglaubliche Dinge, aber so unglaubliche? Das muss jetzt erst mal jeder für sich selbst entscheiden.
Tag 5
Mann des Tages: Ralf Holtmeyer
36. Siege in Folge mit dem Gold-Abschluss in London. Und wer ist als Trainer dafür verantwortlich? Ralf Holtmeyer. Es war zudem ja auch der erste Olympiasieg des Achters seit 1988. Und wer war 1988 als Trainer dafür verantwortlich? Na klar, Ralf Holtmeyer. Dieser Mann ist der personifizierte Winner! Manche bezeichnen Holtmeyer als harten Hund und vergleichen ihn mit Felix Magath. Dabei fordert er einfach nur Leistung ein. Ein Leitsatz: "Freundschaft geht bisweilen zulasten des Leistungsdenkens." Nein, von einer Harmonie-Masche hält er rein gar nichts. Ein Beispiel: Unter dem früheren Schlagmann Sebastian Schmidt wurde kein Rennen verloren. Er ersetzte ihn trotzdem durch Kristof Wilke. Frischer Wind sollte her.
Nach einem seiner wenigen Misserfolge, dem Ausscheiden in der Quali für Sydney 2000, wurde Holtmeyer erniedrigt und musste statt den Männern die Frauen übernehmen. Was machte er? Er führte die Frauen zum WM-Titel 2003. Als sich das Männer-Flagschiff 2008 in Peking komplett lächerlich machte und sogar im B-Finale Letzter wurde, hieß es: Ralf Holtmeyer is back! Und seitdem ist der Achter eben unbesiegbar. Ganz starker Typ, dieser 56-jährige Ralf Holtmeyer.
Frau des Tages: Munkhbayar Dorjsuren
Munkhbayar Dorjsuren braucht Trost. Viel Trost. Schon vor ihrem Wettkampf war die deutsche Schützin aus München unglücklich. Ihrem mongolischen Mann wurde das Visum verweigert, er konnte sie nicht unterstützen. Aber auch ohne ihren Mann lief es im Wettkampf erst mal prächtig. Nach der Präzisionsrunde lag Dorjsuren auf Rang drei - und nach der ersten Serie mit der Pistole leuchtete sogar die "1" auf. Dorjsuren führte! Doch dann das Drama. Die Pistole klemmte! Genauer gesagt: der doofe Repetierschlitten. Mitten in der dritten Serie musste Dorjsuren den Arm heben und anzeigen: "Hey, meine Waffe ist gestört!"
Die Folge: Sie musste nachschießen, als ihre Konkurrentinnen mit dem Vorkampf schon fertig waren. Dorjsuren zeigte Nerven, leistete sich zweimal die Neun und einmal die Acht. Das war's mit der Medaille. Dorjsuren war außer sich vor Wut, packte ihre sieben Sachen zusammen und haute sofort ab. "Ich hatte die Medaille schon um den Hals. Leider ist mir so etwas in meinem ganzen Leben noch nicht passiert. Und ich schieße schon ein halbes Leben lang", war Dorjsuren bedient. Der schlechte Witz an der ganzen Geschichte: Dorjsuren hatte vor Olympia nach mehr als 20 Jahren den Hersteller ihrer Waffen gewechselt. Die arme Munki.
Tag 6
Mann des Tages: Philip Hindes
Nachdem die britischen Teamsprinter in Weltrekord-Zeit Gold holten, galt die gesamte Aufmerksamkeit Sir Chris Hoy. Die 36-jährige lebende Legende holte sich seine fünfte olympische Goldmedaille. Damit zog er mit Ruder-Legende Sir Steve Radgrave gleich. Der eigentliche Brüller an diesem britischen Bahnrad-Triumph ist aber Philip Hindes. 19 Jahre alt. Aus Krefeld. Weil er in Deutschland chancenlos war, wechselte er die Seiten. Seit 2010 fährt Hindes für das Geburtsland seines Vaters.
Hindes hat die wichtige Anfahrer-Rolle im 3-Mann-Express-Zug inne. Und fast wäre das Jahr 2012 zu einem totalen Drama für den jungen Deutsch-Briten geworden. Bei der WM im April führte sein Fehler zur Disqualifikation. Und auch bei Olympia ging es für Hindes katastrophal los. In der Quali-Runde legte sich Hindes nach wenigen Metern slapstick-mäßig auf die Bahn. Zum Glück wurde entschieden, dass es sich um einen mechanischen Fehler handelte. Hindes und das britische Team konnten weitermachen. Und Gold gewinnen. Auch dank Hindes, der im Finale das beste Rennen seines Lebens machte.
Frau des Tages: Gabrielle Douglas
Die beste Turnerin der Welt heißt Gabby Douglas. Spitzname: Das fliegende Eichhörnchen. Das All-American Golden Girl, wie die 16-Jährige von "ESPN" getauft wurde, gewann nach Gold in der Mannschaft nun auch Gold im Mehrkampf. Douglas lieferte sich ein brillantes Duell mit der Russin Viktoria Komova und verzauberte mit ihrem Lächeln die North Greenwich Arena. Diese Gabby ist ein echter Show-Stopper, ein absoluter Publikumshit. Gabby rockte die Arena zu Techno-Musik. Gabby tanzte. Gabby grinste die Wertungsrichter keck an. Gabby hat einfach Pep.
Vor zwei Jahren hatte Gabby ihrer Mom eröffnet, dass sie die Familie in Virginia Beach verlassen und nach Iowa ziehen wolle. Um dort mit Liang Chow zu arbeiten, der 2008 schon einmal als Trainer ein US-Girl zum Olympiasieg geführt hatte. Shawn Johnson. Mit 14 von der Familie wegziehen? Quer durchs Land? Gabbys Mutter war strikt dagegen, ließ sich dann aber von Gabbys älteren Schwestern überreden. Jetzt hat sie eine goldene Tochter.
Tag 7
Mann des Tages: Jörgen Persson
Also für Timo Boll läuft es ja in London so eher mittel. Erst scheidet er im Einzel wie in Peking schon im Achtelfinale aus und erlebt ein totales Debakel, und jetzt lässt er sich von einem 46-Jährigen von der Platte putzen. Aber nicht von einem gewöhnlichen 46-Jährigen. Sondern von Tischtennis-Gott Jörgen Persson! Die schwedische Legende hat seit Seoul 1988 keine Olympischen Spiele verpasst. Im Übrigen genauso wie der Kroate Zoran Primorac und der Belgier Jean-Michel Saive. Persson, Primorac, Saive - Namen, bei denen der Tischtennis-Fan ins Schwärmen kommt.
Im Einzel waren die alten Säcke alle früh gescheitert. Persson verlor gegen einen Kroaten namens Andrej Gacina. Aber er hatte ja noch eine Chance. In der Mannschaft. Persson, Einzel-Weltmeister von 1991 (!) und Olympia-Vierter von Peking 2008, trat im ersten Einzel gegen Boll an. Und Persson gewann. 11:6, 11:7, 14:16, 11:8. Damit brachte er die Schweden mit 1:0 in Führung. Die deutschen Herren drehten die Partie zwar noch, Persson verlor am Ende trotz kurzfristiger Nackenmassage (man wird halt alt) gegen Bastian Steger, aber er bleibt dennoch ein Gott. Und er ist der erste Mann, der sich bei zwei Sommerspielen nacheinander SPOX-Mann des Tages nennen darf. Hey Jörgen, Hey!
Frau des Tages: Liz Cambage
Sie ist Australierin. 20 Jahre alt. Ein absoluter Jungstar. 2,03 Meter groß. Und sie hat jetzt für DAS Play des olympischen Basketball-Turniers der Frauen gesorgt. Sie hat gedunkt! Im Spiel gegen Russland (70:66) nahm Liz Cambage 6:14 Minuten vor Ende des dritten Viertels einen Pass von Kristi Harrower an, dribbelte einmal, zog dann zum Korb und stopfte mit einer Hand! Und es sah so spielerisch leicht aus.
Weil sie es mit einer solchen Leichtigkeit tat, und weil es eben kein Fastbreak war, blieb auch die große Reaktion der Zuschauer aus. Die waren wohl zu verdutzt. Dafür sprang die gesamte australische Bank sofort auf. Und Cambage lief mit einem breiten Grinsen im Gesicht zurück in die Defense. "Eigentlich dunke ich sonst nie, obwohl es alle von mir fordern. Ich bin da etwas schüchtern. Die Entscheidung kam aus dem Bauch heraus. Ich habe nicht nachgedacht", beschrieb Cambage selbst ihren denkwürdigen Moment. Australiens Coach Carrie Graf fasste es so zusammen: "Es war ein historischer, ikonischer Moment im Frauensport." Die FIBA konnte übrigens nicht bestätigen, ob es der erste Dunking einer Frau in der Geschichte der Olympischen Spiele war.
Tag 8
Mann des Tages: Valeriy Borchin
Olympiasieger von Peking und Weltmeister 2011 im 20 km Gehen. Bis Kilometer 16 war auch in London alles bestens für den Russen. Doch als Russlands Sportler des Jahres 2011 bei Kilometer 18 das Ziel schon sehen konnte, gingen ihm die Kräfte aus. Der 25-Jährige kollabierte und brach an der Bande zusammen. Er wurde sofort medizinisch versorgt. Wir wünschen gute Besserung.
Gold ging übrigens an Ding Chen. Mit 19 Jahren und 364 Tagen wurde jüngster Geh-Olympiasieger ever. Ging in 1:18:46 Olympischen Rekord. Und kann nun bestens dekoriert in seinen 20. Geburtstag hineinfeiern. Happy Birthday!
Frau des Tages: Sonja Pfeilschifter
Olympia, das bedeutet für die Schützin aus Ismaning grundsätzlich: Tränen. Tränen in Sydney, Tränen in Athen, Tränen in Peking, und natürlich - man ahnte es schon - Tränen in London! Vor den Spielen, wie immer eine der besten Schützinnen. Bei Olympia 2012. 19. Und wieder waren es die Nerven. Sie begann stark, ehe ihr die Zeit davonlief.
Dabei hatte der Verband seine Athletin diesmal vor der Belastung geschützt, mit dem Luftgewehr für die erste deutsche Medaille zum traditionellen Olympia-Auftakt sorgen zu müssen. Es half nichts. Und Pfeilschifter attackierte den Verband auch noch dafür, dass sie nicht hatte antreten dürfen. Man wolle sie zum Rücktritt zwingen... Die WM, so erklärte Pfeilschifter trotzig, werde sie aber noch mitnehmen. Das war, nachdem die olympischen Tränen getrocknet waren...
Tag 9
Mann des Tages: Lee Chong Wei
China hat alle 5 Goldmedaillen im Badminton gewonnen. Das ist Premiere. Um ein Haar hätte der Weltranglistenerste Lee aus Malaysia die weiße Weste beschmutzt. Die Neuauflage des Olympischen Finales von 2008 war im 3. Satz an Dramatik nicht zu überbieten. Lee unterlag Titelverteidiger Dan Lin erst mit 21:15, 10:21 und 19:21. Die Ballwechsel dauerten bis zu 49 Sekunden, bis zu 46 Mal flog dabei der Federball übers Netz. Die Wembley Arena tobte. Die SPOX-Redaktion auch.
Frau des Tages: Elena Savelyeva
History in the making! Dass ausgerechnet die Russin Savelyeva den Box-Wettbewerb der Frauen in London eröffnete, dafür konnte sie nichts. Dass 2012 die ersten Olympischen Spiele sind, bei denen Boxerinnen teilnehmen dürfen? Eher ein Verdienst von Boxverbänden und dem IOC. Aber dass sie als erste Siegerin in die Geschichtsbücher eingeht, ist allein Elenas Verdienst. Sieg über Kim Hye Song aus Nordkorea. Mit 12:9. Glückwunsch!
Tag 10
Mann des Tages: Matthew Emmons
Die Olympia-Geschichte hat viele Pechvögel erlebt. Doch Matthew Emmons gebührt in dieser Kategorie wohl einen Ehrenplatz. Werfen wir einen kleinen Blick zurück: 2004 hatte der Schütze vor dem letzten Schuss drei Ringe Vorsprung. Er zielte wie immer. Er drückte wie immer ab. Doch die Trefferanzeige zeigte eine Null an. "But I shot, I shot", rief er entsetzt.
Das hat sogar gestimmt. Leider schoss Emmons auf die falschen Scheiben. Die Folge: Statt Gold holte er sich die rote Laterne ab. Vier Jahre später in Peking lag er sogar mit 3,3 Ringen in Führung. Diesmal traf er auch die richtigen Scheiben - es leuchtete allerdings eine unteriridische 4,4 auf. Er wurde nur Vierter. Die Pechsträhne ging weiter.
Und in London? Man ahnt es. Diesmal hatte er Silber vor Augen. Doch im letzten Durchgang flatterten ihm die Nerven. Der Südkoreaner Jonghyun zog noch vorbei. Zumindest sicherte er sich noch Bronze. Und ist damit besser als alle deutschen Schützen zusammen.
Frau des Tages: Jamina Roberts
Richtig erfolgreich ist Jamina Roberts bei Olympia eigentlich nicht. Zumindest sportlich gesehen. Fünf Spiele bestritt sie mit der schwedischen Handball-Nationalmannschaft in London. Fünf Mal verließ sie das Feld als Verlierer. Aber muss es denn immer um Gold, Silber und Bronze gehen? SPOX meint: Nein!
Dabei sein ist alles! Und außerdem hat Frau Roberts (übrigens nicht blond!) ja doch noch ihr Ziel erreicht: einmal Usain Bolt treffen. Als sie in der Nacht auf Montag zufällig Bolts Trainer in der Mensa des Olympischen Dorfes traf, nutzte sie ihre Chance. "Wir haben ihn gefragt, ob wir Bolt nicht treffen könnten", so Roberts gegenüber der schwedischen Tageszeitung "Expressen".
Und der Meister gewährte Roberts zusammen mit zwei Landsfrauen tatsächlich eine 90-minütige Audienz. Der Beweis folgte kurze Zeit später auf "Twitter". "Es war echt krass. Aber er war nicht frech oder sowas", sagte Roberts danach. Drei Schwedinnen auf einem Zimmer? Tja, Usain Bolt müsste man sein...
Tag 11
Mann des Tages: Liu Xiang
Im Zeitalter von Rekorden und Doping vergisst man gerade bei Olympia nicht selten die menschliche Seite des Sports. Liu Xiang erinnerte an Tag 11 ein ganzes Stadion daran, dass sich nicht alles um Edelmetall dreht. Keine Frage: Der Chinese wollte aufs Podium. Doch dieser Traum platzte im Vorlauf über 100 Meter Hürden bereits an der ersten Hürde.
Wie 2008 scheint er eine schwere Verletzung an der Achillesehne des rechten Beines erlitten zu haben. Anders als in Peking verschwand der 29-Jährige allerdings nicht schnell in den Katakomben. Unter tosendem Applaus richtete er sich auf und hüpfte auf seinem gesunden Bein dem Ziel entgegen. Vor der letzten Hürde ging gar auf seine eigentliche Bahn zurück, legte beide Hände auf das Hindernis und küsste es.
Er schloss quasi Frieden mit seinem Albtraum, der vor vier Jahren begann. Dass der Ungar Balazs Baji auf ihn wartete und im Anschluss Lius Arm in den Himmel reckte, als könnte er ihn zum Sieger erklären, passte ins Bild. Pierre de Coubertin wäre wahrlich stolz auf ihn gewesen.
Frau des Tages: Josefa Idem
Ist es die gute Pasta von der Mama? Oder doch ab und zu ein Schlücken Rotwein? Man weiß es nicht. Aber irgendwas muss an Josefa Idem dran sein. Die Italienerin ist mittlerweile satte 47 Jahre alt. Eigentlich spricht man bei einer Dame ja nicht vom Alter, aber bei der Kanutin erweist man ihr damit eher Respekt. Ihre ersten Olympischen Spiele erlebte sie 1984 in Los Angeles. Damals startete die im nordrhein-westfälischen Goch geborene Idem übrigens noch für Deutschland.
In London erlebt sie nun - 28 Jahre später - ihre achten Spiele. Ein Rekord für die Ewigkeit! Aber wie ist es eigentlich, gegen Konkurrentinnen anzutreten, die auch ihre Töchter sein könnten? "Wen interessiert schon das Alter", schmunzelte Idem, nachdem sie im Einer-Kajak ihr Halbfinale gewonnen hatte. "Die Stoppuhr sicherlich nicht!"
Außerdem trifft sie durchaus auf Leidensgenossen. Im selben Rennen war schließlich auch die Deutsche Katrin Wagner-Augustin. Die gehört mit ihren 34 Lenzen ja auch zum älteren Semester, schied aber im Gegensatz zu Idem aus. Lag's vielleicht an der fehlenden Pasta?
Tag 12
Mann des Tages: Scott Brash
Warum wird man Sportler? Für den Ruhm, logisch! Für das Geld, eh klar! Um auf Galas und Veranstaltungen zu gehen, vielleicht! Scott Brash ist das relativ egal. Der Brite, der im Springreiten Gold holte, erhofft sich etwas ganz anderes.
"Ich hoffe wirklich, dass ich jetzt ein bisschen besser bei den Frauen ankomme. Das ist alles, was ich will", erklärte der 26-Jährige am Mittwoch im Gespräch mit der "BBC".
Wen man den Geschichten aus dem Olympischen Dorf glauben mag, dürfte eine Goldmedaille um seinen Hals bei der Partnersuche nicht gerade schaden. Lass' es krachen, Scotty!
Frau des Tages: Merve Aydin
Der Olympic Spirit lebt, man mag es kaum glauben! War es am Dienstag Liu Xiang, der sich verletzt ins Ziel schleppte, rührte an Tag 12 Merve Aydin die Zuschauer im Olympiastadion zu Tränen.
Dabei hatte es die Türkin weit schwieriger als der Chinese. Immerhin trat sie nicht über 110 Meter Hürden an, sondern im 800-Meter-Vorlauf. Bei etwa der Hälfte der Strecke verletzte sich Aydin. Aber aufgeben? Bei Olympia? Geht's noch? Quälend langsam, mit Tränen in den Augen kämpfte sie sich dem Ziel Schritt für Schritt entgegen.
Als die 22-Jährige endlich auf die Zielgerade einbog, brandete im weiten Rund tosender Applaus auf. Ihre Zeit am Ende: 3:24,35 Minuten. Das reichte zwar nicht für den Einzug ins Halbfinale. Dafür sorgte sie für einen weitern Olympischen Moment in Sachen Sportsgeist.
Tag 13
Mann des Tages: Manteo Mitchell
Nur die Harten kommen in den Garten. Sollte dieses Sprichtwort wirklich stimmen, kommt Manteo Mitchell ins Paradies für Fortgeschrittene. Im 4x400-Meter-Vorlauf fühlte und hörte (!) der US-Boy bei der Hälfte der Distanz, wie sein Wadenbein in der Mitte durchbrach.
Normale Menschen (und Fußballer) hätten aufgegeben, sich auf den Boden gekugelt und ihren Schmerzen freien Lauf gelassen. Nicht Mitchell! Der 25-Jährige biss auf die Zähne und schleppte sich als Startläufer irgendwie noch ins Ziel, um den Staffelstab zu übergeben.
"Ich wollte die anderen Jungs nicht im Stich lassen. Also bin ich einfach weitergelaufen", so Mitchell. Dass die US-Staffel tatsächlich noch das Finale erreichte, macht die Gute-Nacht-Geschichte für harte Männer natürlich perfekt.
Frau des Tages: Isabelle Yacoubu
Welches kleine Mädchen träumt nicht davon? Man hat gerade einen großen Sieg eingefahren, ist bereits auf dem Weg zum Duschen, als man auf der Tribüne ein Plakat entdeckt: "Willst du mich heiraten?" Genau das ist Isabelle Yacoubu nach ihrem Viertelfinal-Erfolg gegen Tschechien passiert.
""Ich habe gesagt: 'Ja, ja, ja und ja!' Ich hätte mir keine schönere Art und keinen besseren Moment dafür vorstellen können", so die französische Basketballerin gegenüber dem Internetportal "Sport365". Dass sie zuerst (aus Verzweiflung?) in Tränen ausgebrochen war, lassen wir jetzt mal unter den Tisch fallen.
Ein passendes Hochzeitsgeschenk hat die 26-Jährige übrigens schon. Am Donnerstagabend zog sie mit ihren Landsfrauen durch ein 81:64 gegen Russland ins Finale ein. Die Frage ist jetzt nur: Gibt es eine goldene oder silberne Hochzeit?
Tag 14
Männer des Tages: Steve Hooker und Brad Walker
Echte Recken des Stabhochspringens aus Australien und den USA. Heute aber nach drei Sprüngen schon ein Häufchen Elend. Mit leeren Augen mussten Hooker (Olympiasieger 2008/5,96 m, Weltmeister 2009/5,90 m) und Walker (Weltmeister 2007/5,86 m) das Finale von London verfolgen, nachdem sie die Anfangshöhe von 5,65 m je drei Mal gerissen hatten. SALTO NULLO MAL ZWEI. Unfassbar: Brad Walker hatte dieses "Kunststück" schon 2008 in Peking ins Vogelnest gezaubert. Als Favorit. Bei - man ahnt es schon - 5,65 m.
Frau des Tages: Squel Stein
Ob BMX mit dieser Sturzrate olympisch bleibt? Da wird es kritische Stimmen geben. Dagegen sprechen die herrlichen Bilder, die diese rasante Sportart liefert. Dafür hatten die Zuschauer des Frauen-Rennens am Freitag allerdings kaum noch Augen, nachdem die Brasilianerin Squel Stein nach bösem Crash auf einer Trage fixiert geborgen werden musste. Über die Schwere der Verletzung wurde am Abend nichts bekannt. Wir hoffen, das ist ein gutes Zeichen und wünschen gute Besserung!
Tag 15
Mann des Tages: Wang Guan
Ein Chinese, der in einem olympischen Wettkampf von Anfang an keine Chance hat und Letzter wird. Gibt es nicht? Gibt es doch! Der 25-jährige Wang ist Moderner Fünfkämpfer. Die können Fechten, Schwimmen, Reiten, Laufen und Schießen - eigentlich.
Aber was immer Wang aus Liaoning in London anpackte, es ging schief! Verlor seine ersten 14 Gefechte, lag mit einer 12:23-Bilanz schließlich auf dem geteilten 34. und letzten Platz. Dann eben Aufholjagd im Becken - nicht! Rang 32 von 36 Teilnehmern im 200 m Freistil in 2:12.13 Minuten. Wang blieb Letzter!
Und beim Springreiten? Wang bekommt "Sherwater Oscar" zugelost, das Pferd verweigert am ersten Hindernis, steigt und wirft den armen Wang achtlos ab. Null Hindernisse genommen, quasi nicht gestartet, NULL Punkte. Natürlich weiterhin Rang 36. Musste mit 6:29 Minuten Rückstand in den abschließenden "Biathlon". Gemein, das alles!
Frau des Tages: Han Na Gwon
Südkoreanische Handballerin, 22 Jahre alt. Mit 7 Treffern beste Torschützin im kleinen Finale gegen Spanien. In einem Krimi sondergleichen. 24:24 nach der regulären Spielzeit, 28:28 nach der 1. Verlängerung. Und in der 2. Overtime? Da ging fast nichts mehr. 5:22 Minuten lang versuchten die Spielerinnen nach dem 30:29 für Spanien ein Tor zu erzielen. Gwon warf in dieser Zeit drei Mal aus dem Spiel heraus auf den Kasten, hinzu kam ein Siebenmeter. Doch der Ausgleich fiel einfach nicht. Es waren noch 14 Sekunden auf der Uhr, als Spanien mit dem 31:29 den Deckel auf das Bronze-Match machte. In der 79. Minute. Gwon und ihr Team standen mit leeren Händen da.
Tag 16
Mann des Tages: Tsepo Ramonene
Chapeau, Tsepo! Der Mann aus Lesotho hat den Olympischen Marathon durch die Londoner City auf Rang 85 beendet. Nach 2:55:54 Stunden war Ramonene der letzte Starter, der das Ziel erreichte. Anders als 20 Athleten, die vorher ausstiegen. Wir gratulieren zum Durchbeißen!
Frau des Tages: Prinzessin Kate
Sie hat ihren ganz persönlichen Olympischen Marathon absolviert. Nach 16 pickepackevollen Tagen ist es nun geschafft. Präsentieren hier, Anfeuern da, Jubeln dort - Kate machte immer eine gute Figur. Der Ausstatter von Team GB soll, so heißt es, durch Model Kate deutlich mehr Umsatz machen, als durch alle 29 britischen Olympiasiege zusammen. Bei der Abschlussfeier wirkte sie an der Seite von Prinz Harry vielleicht ein klein wenig müde. Wir verzeihen ihr das, auch unsere Reserven gehen zur Neige.
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