Schon einmal hat eine Länderspiel-Reise der Nationalmannschaft in der Sommerpause für Aufsehen gesorgt. 1999 nahm der DFB am Confed-Cup in Mexiko teil - und scheiterte kläglich in der Vorrunde. Einer, der damals überraschend im Kader stand war Ronald Maul. Der damalige Profi von Arminia Bielefeld und heutige sportliche Leiter vom FC Gütersloh 2000 sprach mit SPOX über die Reise nach Mexiko, sein Verhältnis zu Lothar Matthäus und seine Trikot-Sammlung von damals.
SPOX: Herr Maul, hat bei Ihnen in den letzten Tagen häufiger das Telefon geklingelt als sonst?
Ronald Maul: In der Tat. Sie sind nicht der erste, der sich bei mir meldet. Ich kann mir schon denken, auf was es hinausläuft.
SPOX: Die USA-Reise der Nationalmannschaft...
Maul: Ich muss dazu sagen, dass mir das gar nicht so bewusst war. Ich hatte das Geschehen um die Nationalmannschaft in letzter Zeit gar nicht wirklich verfolgt und wusste nicht, dass eine USA-Reise ansteht, bei der einige Spieler fehlen werden. Als dann die Flut von Interview-Anfragen kam, habe ich mich doch mal schlau gemacht und so wurde mir klar, wohin die Reise geht (lacht).
SPOX: Sie waren beim letzten USA-Trip dabei, als eine ähnliche Notelf für Deutschland auflief. Erzählen Sie!
Maul: Der Confed-Cup 1999 in Mexiko stand an und der DFB hatte die Bewerbung für die WM 2006 laufen. Deshalb war es eine zwingende Notwendigkeit, an diesem Turnier teilzunehmen. Der Zeitpunkt war natürlich nicht wirklich günstig. Es war mitten in der Vorbereitung auf die Bundesligasaison. Mit den Vereinen wurde abgemacht, dass pro Bundesligist nur zwei Spieler für dieses Turnier abgestellt werden sollten. Daher musste das Ganze ein wenig breiter aufgestellt und auch Spieler eingeladen werden, die im Normalfall nicht dabei gewesen wären.
SPOX: Hatten Sie mit Ihrer Berufung gerechnet?
Maul: Nein. Mir war es schon bewusst, dass ich unter normalen Umständen nicht mitgefahren wäre. Ich wurde aber auch nicht völlig willkürlich ausgewählt. Es gab im Zuge der WM 2006 zu der Zeit die sogenannte A2-Nationalmannschaft, für die ich auch schon nominiert wurde. Aus diesem Kreis bediente man sich. Das waren auch die ersten Reisen von Michael Ballack und Bernd Schneider, mit denen ich damals im A2-Nationalteam schon zusammengespielt habe. Ich war also kein völlig Unbekannter im DFB-Kreis.
SPOX: Welche Eindrücke haben Sie von damals noch in Erinnerung?
Maul: Es war ein sensationelles Erlebnis. Wann fährt man schon mal mit der A-Nationalmannschaft irgendwohin? Das war schon spannend, mit diesen ganzen Privilegien und Pflichten, die man als Nationalspieler hat. Vor 100.000 Zuschauern in Guadalajara zu spielen und mit Polizeieskorte zum Stadion geleitet zu werden sind Erlebnisse, die man einfach behält. Rein sportlich haben wir aber natürlich nicht das geschafft, was wir uns vorgenommen hatten.
SPOX: Hat es Sie nicht geärgert, dass Sie so wenig gespielt haben und bei beiden Niederlagen nur eingewechselt wurden?
Maul: Auf keinen Fall. Ich habe keine Ansprüche gestellt. Ich wurde gegen Brasilien und die USA eingewechselt und habe dann auch nicht gut gespielt - da bin ich ehrlich genug.
SPOX: Hatten Sie nach der Reise noch Kontakt zur Nationalmannschaft?
Maul: Danach befand sich das DFB-Team im Umbruch. Nach der enttäuschenden EM 2000, dem Jugendkonzept, das der DFB damals ins Leben rief sowie nach meiner schlechten Saison beim HSV habe ich nicht mehr an die Nationalmannschaft gedacht. Spätestens da war mir auch klar, dass dieses Level für mich nicht mehr erreichbar ist. So standen für mich am Ende insgesamt 20 Jahre Profi-Jahre, aber ich stelle mich heute ganz sicher nicht als Nationalspieler vor.
SPOX: Also keine Enttäuschung?
Maul: Nein. Hätten wir einen erfolgreichen Confed-Cup gespielt, wäre die Chance für mich vielleicht ein wenig höher gewesen. Ich konnte das alles schon realistisch einschätzen. Ich habe zwei Mal schlecht gespielt, wir haben 0:4 verloren - das ist jetzt keine Basis, die einen im Notizblock weiter nach oben geschoben hätte.
SPOX: Damals standen Leitwölfe wie Lothar Matthäus oder junge Spieler wie Michael Ballack im Team. Wie haben Sie das Klima innerhalb der Mannschaft mitbekommen?
Maul: Man hat sich ein wenig beschnuppert. Wir waren jedoch über einen solch langen Zeitraum zusammen, da lernt man den einen oder anderen etablierten Spieler besser kennen. Mit Mehmet Scholl oder Jens Lehmann habe ich auch privat ein bisschen gequatscht. Eine Pflichtveranstaltung war es in erster Linie für den DFB. Wir Spieler bekamen von der negativen Stimmung in Deutschland auch aufgrund der Zeitverschiebung nur wenig mit. Lothar Matthäus kam auf uns zu und hat viel mit den jungen und neuen Spielern gesprochen und gesagt, dass wir uns keine Gedanken machen sollen. Es war ein sehr angenehmes Klima in der Truppe.
SPOX: Im Anschluss an die Reise gab es eine regelrechte Medien-Schelte. Hat Sie das getroffen?
Maul: Dadurch, dass direkt die Bundesligasaison anstand, war das besser zu verschmerzen. Wir hatten unsere Pflicht erfüllt und es war jetzt auch nicht ganz so dramatisch, nicht bis ins Endspiel gekommen zu sein. Natürlich hätten wir gerne besser gespielt. Es war aber eine Pflichtreise und so muss man das auch betrachten. Für Trainer Erich Ribbeck war es natürlich eine undankbare Aufgabe, ein solches Turnier mit so vielen unbekannten und neuen Leuten zu spielen.
SPOX: Ein Bielefelder im Nationalteam - das gab es nicht oft.
Maul: Die Arminia hat natürlich nicht in dieses Horn der anderen Vereine hineingeblasen, die Spieler für diese Reise abstellen mussten. In Bielefeld war man stolz, einen Nationalspieler zu stellen und hat das positiv für den Verein ausgelegt.
SPOX: Haben Sie ein Erinnerungsstück von der Reise?
Maul: Wir hatten ein paar mehr Trikots mit dabei. Wir hofften ja, dass wir noch eine Zwischenrunde spielen und eventuell ins Finale einziehen. Von daher konnte ich ein paar Trikots mitnehmen, zumal auch mein Name drauf stand. Mit "Maul" war ja auch nicht mehr viel anzufangen. (lacht)
SPOX: Als Ehemaliger - was halten Sie von der aktuellen USA-Reise?
Maul: Man sollte den Jungs eine faire Chance geben und die Erwartungshaltung überdenken. Das ist eine Mannschaft, die in dieser Form noch nie zusammengespielt hat und aller Wahrscheinlichkeit nach auch nicht mehr oft zusammenspielen wird. Es werden aber auch Spieler darunter sein, die ein positives Bild abgeben werden. Da sind ja trotzdem viele Leistungsträger von Bundesligisten dabei. Für den Bundestrainer ist das doch angenehm: Er kann sich die Spieler unter Wettkampfbedingungen anschauen.
Ronald Maul im Steckbrief
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