Mit dem 1:0-Sieg im Topspiel zieht der FC Bayern seinem Verfolger RB Leipzig endgültig den Stecker im Titelrennen. Das ist auch, aber nicht nur der Fähigkeit des Rekordmeisters geschuldet, da zu sein, wenn es darauf ankommt. (Hier geht es zu den Video-Highlights)
Drei Thesen zum Bundesliga-Kracher in Leipzig.
1. Glück erkämpft: FCB-Defensive auf dem Weg zu alter Stärke
Etwas mehr als eine halbe Stunde sah sich der Tabellenführer das in Leipzig alles mal in Ruhe an, blieb unbeeindruckt von dem erdrückenden Angriffspressing und der harten Gangart des Verfolgers.
Dann zauberte Joshua Kimmich praktisch aus dem Nichts in Bayern-typischer "Wir-sind-da-wenn-es-darauf-ankommt"-Manier einen seiner butterweichen Flugbälle aus dem Fußgelenk, in den Lauf von Thomas Müller, der bis zur Grundlinie marschierte, dort Tyler Adams mit einem kurzen Wackler aussteigen ließ und zurück auf Leon Goretzka legte, der rigoros verwandelte. Ein Schuss, ein Tor, die Bayern.
Es sollten bis zum Ende des Spiels nur noch zwei Schüsse auf das Tor von RBL-Keeper Peter Gulacsi folgen. Die brauchte es aber ohnehin nicht. Zum einen schlugen die Leipziger kein Kapital aus ihren sich bietenden Chancen, zum anderen arbeitete der FCB bei allem Glück des Tüchtigen auch um Längen disziplinierter und geschlossener gegen den Ball als noch in so manch anderer Phase in dieser Saison.
Alaba und Pavard überzeugen wieder - ebenso wie der FC Bayern im Kollektiv
Spieler wie David Alaba oder Benjamin Pavard, in der Hinrunde alles andere als stabil, überzeugten nicht erst in Leipzig mit gutem Stellungs- und konzentriertem Aufbauspiel. Zur Prime-Time der Saison ist Flicks Defensive auf dem Weg zu alter Stärke.
"Wir haben schon zu Beginn der Saison thematisiert, dass solche Spiele kommen werden, in denen du nicht 90 Minuten pressen kannst", sagte Matchwinner Goretzka nach dem Spiel bei Sky und sprach sich und seinen Kollegen im anschließenden Interview für das ZDF-Sportstudio ein weiteres Lob aus: "Da musst du auch die Mentalität haben, so eng zu stehen. Wir haben gerade in der zweiten Halbzeit gezeigt, dass wir in unserer eigenen Hälfte verteidigen können."
Eine wichtige Erkenntnis, insbesondere vor dem Champions-League-Viertelfinale gegen Paris Saint-Germain. Denn Neymar, Kylian Mbappe und Co. werden die Münchner Defensive vor weitaus größere Probleme stellen als die lange ohne echten Stürmer angetretenen Leipziger.
2. Hernandez und Choupo-Moting empfehlen sich für PSG
Für das Duell mit den Parisern am Mittwoch haben sich in Leipzig zwei Spieler empfohlen, die normalerweise nicht erste Wahl unter Trainer Hansi Flick sind: Lucas Hernandez und Eric Maxim Choupo-Moting.
Der französische Linksverteidiger zeigte in Abwesenheit des rotgesperrten Alphonso Davies einmal mehr, die Diego-Simeone-Schule bei Atletico Madrid mit Bravour durchlaufen zu haben. Hernandez gewann den Datenexperten von Opta zufolge 71,4 Prozent der 21 Zweikämpfe, die er auf dem Leipziger Terrain bestritt. Hinzu kam eine Passquote von 86,4 Prozent.
Ohnehin gilt: Spielt Hernandez, ist der FCB erfolgreich. Von 23 Bundesliga-Spielen mit ihm in der Startelf ging kein einziges verloren (19 Siege, vier Remis).
Goretzka mit Sonderlob für Choupo-Moting
Und Choupo-Moting? Machte in Abwesenheit des mindestens noch zwei Wochen verletzungsbedingt abwesenden Robert Lewandowski einen guten Job als Wandspieler. Gerade in der ersten Halbzeit blieb der 32-Jährige unter großem Gegnerdruck stabil, ließ den Ball entweder klug in den Rückraum tropfen oder transportierte ihn auf die von Kingsley Coman und Leroy Sane beackerten Außenbahnen. Ein numerischer Beleg: 18 der 19 Zuspiele des Oktober-Neuzugangs waren erfolgreich. "Gut, Choupo", riefen ihm seine Kollegen deshalb immer wieder zu.
Goretzka lobte den Angreifer später explizit: "Lewy eins-zu-eins zu ersetzen, ist natürlich schwierig. Aber Choupo hat heute ein großes Kompliment verdient. Er hat seine große Qualität gezeigt, gut gearbeitet, viele Bälle fest gemacht."
Ähnlich äußerte sich auch Flick. Choupo-Moting habe immerhin gegen "die beste Abwehr der Bundesliga" gespielt, seine Sache "sehr ordentlich" gemacht. Mit Blick auf das PSG-Spiel bringt der gebürtige Hamburger den Vorteil mit, die Pariser Mannschaft aus seiner Zeit an der Seine (2018-2020) gut zu kennen. Als Alternative für das Sturmzentrum stünde Flick noch Serge Gnabry zur Verfügung.
3. Leipzig nicht titeltauglich: Kein Torjäger, kein FCB-Jäger
Was man den Leipzigern nach diesem Abend hoch anrechnen musste: Sie versuchten gar nicht erst, das Meisterrennen noch einmal künstlich spannend zu reden. Das sei sieben Spieltage vor Schluss "so gut wie abgehakt", sagte Abwehrchef Willi Orban. Und Kapitän Marcel Sabitzer sprach kopfschüttelnd von "Träumereien".
Zu tief saß der Stachel an diesem Abend über die Niederlage und wie sie zustande kam. Julian Nagelsmann, der Trainer des Tabellenzweiten, zählte auf der Pressekonferenz die Ballbesitz-, Ecken- und Torschussstatistik auf, um letztlich mit starrer Miene festzuhalten: "In der wichtigsten Kategorie haben wir versagt."
Allein in Durchgang zwei gab seine Mannschaft neun Schüsse ab. Den Ball zwingend auf den Kasten von Manuel Neuer brachte aber nur Sabitzer. "Uns fehlt der Killerinstinkt", fasste Orban das Leipziger Problem in dieser Saison treffend zusammen.
Nagelsmann: "Vorne keinen drin, der einfach zu Toren kommt"
Der Abgang von Top-Torjäger Timo Werner wiegt nach wie vor schwer, denn während Yussuf Poulsen nicht mehr so zuverlässig knipst wie noch in den vergangenen Spielzeiten (heuer nur elf Pflichtspiel-Tore), enttäuschen die Neuzugänge Alexander Sörloth und Hee-chan Hwang bis dato auf ganzer Linie. Nagelsmann setzte deshalb auch gegen die Bayern an vorderster Front zunächst auf die beiden offensiven Mittelfeldspieler Dani Olmo und Emil Forsberg.
Dadurch hatte die in einer Art 4-2-2-2 agierende Leipziger Elf oft ein Übergewicht im Zentrum, kam aber kaum zu gefährlichen Aktionen. Und wenn Olmo und Co. mal durch waren, fehlte die Präzision im Abschluss.
"Es kommt nicht von ungefähr, dass wir 31 Tore weniger geschossen haben als die Bayern. Wir spielen eine gute Runde, aber haben vorne keinen, der einfach zu Toren kommt, mal 15, 16 oder 17 Tore pro Saison schießt", räumte Nagelsmann ein.
Die große Erkenntnis des Liga-Gipfels: Um ernsthaft etwas mit der Meisterschaft zu tun haben zu wollen und die bayerische Dominanz zu brechen, braucht RBL einen zuverlässigen Torjäger.
Die Tabelle der Bundesliga: FCB sieben Punkte vor RBL
Platz | Team | Sp. | Tore | Diff | Pkt. |
1. | Bayern München | 27 | 79:35 | 44 | 64 |
2. | RB Leipzig | 27 | 48:22 | 26 | 57 |
3. | Wolfsburg | 27 | 46:22 | 24 | 54 |
4. | Eintracht Frankfurt | 27 | 55:37 | 18 | 50 |
5. | Borussia Dortmund | 27 | 55:39 | 16 | 43 |
6. | Bayer Leverkusen | 27 | 45:32 | 13 | 43 |
7. | Borussia M'gladbach | 27 | 46:41 | 5 | 39 |
8. | 1. FC Union Berlin | 26 | 40:32 | 8 | 38 |
9. | SC Freiburg | 27 | 40:41 | -1 | 37 |
10. | VfB Stuttgart | 26 | 47:41 | 6 | 36 |
11. | FC Augsburg | 27 | 29:41 | -12 | 32 |
12. | TSG Hoffenheim | 27 | 41:47 | -6 | 30 |
13. | Werder Bremen | 26 | 31:38 | -7 | 30 |
14. | 1. FSV Mainz 05 | 27 | 27:46 | -19 | 25 |
15. | Hertha BSC | 26 | 31:45 | -14 | 24 |
16. | 1. FC Köln | 27 | 25:47 | -22 | 23 |
17. | Arminia Bielefeld | 27 | 21:46 | -25 | 23 |
18. | Schalke 04 | 27 | 17:71 | -54 | 10 |
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