Im vergangenen März war bekannt geworden, dass Hertha-Investor Lars Windhorst eine von langer Hand geplante Dokumentation über den Berliner Klub wieder einstampfen ließ, weil sich "ein hochrangiges Mitglied der Hertha-Geschäftsführung in ehrabschneidender und herablassender Weise über Herrn Windhorst als Investor" geäußert haben soll. Nun hat Regisseur Lee Hicken Einblicke in die Dreharbeiten gegeben.
Hicken gilt als renommierter Dokumentarfilmer, der unter anderem 2017 mit der Dokumentation "Take us Home" über Leeds United internationalen Erfolg hatte. Er wurde Anfang 2020 über die von Windhorsts Tennor Holding, die seit 2019 49 Prozent der Anteile an der KgAA von Hertha besitzt, engagierte Produktionsfirma "Pulse Films" für den Job als Regisseur rekrutiert.
"Es hieß: Du machst die Serie und du kannst sie so machen, wie du möchtest. Es gibt keine Regeln", sagte Hicken gegenüber 11Freunde. "Ich sagte: Ihr werdet nur dann scheiße aussehen, wenn ihr euch scheiße verhaltet. Ich dachte: Wenn sie einen Werbefilm wollen, würden sie einen Werbefilmer engagieren - und nicht mich."
Tennor-Sprecher Andreas Fritzenkötter erläuterte die Beweggründe für den Stopp der Doku, die im Herbst 2021 veröffentlicht werden sollte und nun aber nie erscheinen wird, in der Sport Bild wie folgt: "Wir haben das Projekt gestoppt, weil es weder den abgesprochenen Vorstellungen noch professionellen Ansprüchen entsprach. Es war ungeeignet für eine Veröffentlichung", erklärte Fritzenkötter.
Er belegte dies mit einem Beispiel: "In dem Video-Material äußert sich ein hochrangiges Mitglied der Hertha-Geschäftsleitung vor laufender Kamera in ehrabschneidender und herablassender Weise über Herrn Windhorst als Investor. Für so eine Dokumentation absolut unbrauchbar, wie etliche andere Passagen auch. Am Ende wäre der Bearbeitungsaufwand zu hoch gewesen und hätte zusätzliche Kosten verursacht."
Hertha-Doku: "Niemand hat Windhorst beschimpft"
Auf diesen Vorwurf reagierte Regisseur Hicken, der das Filmmaterial als das "vielleicht beste, was wir je gedreht haben" bezeichnete, nun deutlich: "Ich weiß nicht, was der Mann meint. Niemand hat Windhorst beschimpft, im Gegenteil, für meinen Geschmack waren die Hertha-Verantwortlichen sehr respektvoll und vorsichtig. Zudem wurde er nicht mal direkt mit Namen angesprochen. Wenn es hinter den Kulissen offensichtlich Streit gegeben hatte, sagten sie zum Beispiel ganz diplomatisch: 'Es gibt kleinere Probleme mit den Investoren, wir sind aber guter Dinge, diese bald zu lösen.' Anscheinend war sogar das zu viel für Herrn Windhorst."
Hicken mutmaßt daher: "Vielleicht war es eher die Summe von Kommentaren, die kein gutes Licht auf den Investor warf. Es hieß nun mal oft und von quasi allen: Wir wundern uns, wo das Geld bleibt. Wer die Aufnahmen sah, hat sofort verstanden, dass das Verhältnis zwischen dem Verein und Tennor nicht sonderlich gut sein kann."
Hertha-Doku: Windhorst sagte Treffen mit Regisseur ab
Der 41-Jährige sagte zudem, dass er trotz mehrerer Kontaktversuche nicht persönlich mit Windhorst für die Doku sprechen konnte, weil dieser vereinbarte Treffen stets kurzfristig abgesagt habe.
"Wir haben es wirklich versucht, ihm sehr viele Möglichkeiten gegeben. Es ist nicht an uns gescheitert", erklärte Hicken.
Nicht nur die geplatzte Dokumentation ist Beleg dafür, dass die Partnerschaft zwischen Windhorst und Hertha BSC bisher unter keinem guten Stern steht.
Zuletzt gab es Anschuldigungen von Windhorst gegenüber dem Hertha-Präsidium um Werner Gegenbauer. Windhorst hat seit seinem Einstieg 2019 rund 374 Millionen Euro in die Hertha investiert. Er hält aktuell 66,6 Prozent an der abstiegsbedrohten Hertha BSC GmbH & Co. KGa.
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