Ohne Aufschwung-Rhetorik

Stefan RommelMarkus Hoffmann
26. Oktober 200810:25
SPOXGetty
Werbung
Werbung

Das Comeback von Hans Meyer auf der Bundesliga-Bühne verlief recht unspektakulär - aber aus Sicht von Borussia Mönchengladbach zumindest erfolgreich.

Es soll ja Menschen geben, die Hans Meyer nicht kennen. Rob Friend gehört zu dieser seltenen Gattung. Oder besser gehörte.

Denn bis vor einer Woche hatte der Kanadier Friend vom Jenaer Meyer allenfalls bruchstückhafte Kenntnisse, zusammengeklaubt aus den Erinnerungen alter Weggefährten der holländischen Ehrendivision und ein paar Folgen Bundesliga Classics im DSF.

Ohne Aufschwung-Rhetorik

Jetzt ist das anders. Hans Meyer ist zurück, zurück bei Borussia Mönchengladbach und zurück in der Bundesliga. Als Einstandsgeschenk nach achtmonatiger Abstinenz von der Liga kredenzte der bis dato Tabellenletzte dem 65-Jährigen einen mühsamen 1:0-Erfolg über den Karlsruher SC.

Ein direkter Zusammenhang zwischen dem zweiten Saisonsieg des Aufsteigers und dem Amtsantritt Meyers ist nicht auszumachen. Und doch wird der Dreier auch am neuen Übungsleiter festgemacht.

Aber Meyer wäre nicht Meyer, wüsste er die Lage nicht nüchtern und sachlich einzuschätzen - ganz ohne Neue-Besen- und Aufschwung-Rhetorik.

"Ich hatte etwas Bauchschmerzen, weil die Vorbereitungszeit auf dieses Spiel nicht besonders lang war", sagte Meyer auf der Pressekonferenz nach dem Spiel im Borussia-Park. "Vier Tage Training reichen nicht, damit die Mannschaft versteht, was ich ihr vermitteln möchte. Aber wir werden in den kommenden Tagen daran arbeiten."

Noch lange keine Trendwende

Viel Zeit für Veränderungen blieb Meyer nicht, also veränderte er im wichtigen Spiel gegen einen potenziellen Konkurrenten im Abstiegskampf auch kaum etwas. Nur eine Sache: Die Einstellung.

Im letzten Heimspiel gegen den Erzrivalen 1.FC Köln fehlten der Mannschaft der unbedingte Siegeswille und die nötige Kampfbereitschaft. Zumindest das war gegen Karlsruhe anders.

"Ich habe im Vorfeld gesagt, dass auch mal ein Krampfspiel nötig ist. Dass die Mannschaft es so wörtlich genommen hat, hätte ich nicht gedacht." Von einer Trendwende nach den Saisonpunkten fünf, sechs und sieben wollte Meyer nichts wissen.

"Um die Klasse zu halten, müssen wir besseren Fußball spielen. Heute haben wir gegen einen starken Gegner gewonnen, darüber können wir uns freuen", sagte Meyer und fügte in der ihm eigenen Art an: "Und auch ein Bier trinken - aber nicht zwei."

Und danach, also mit der Trainingseinheit am Sonntag, beginnen für Meyer und seine Borussia die Aufräumarbeiten. "Der Sieg gibt uns ein gutes Gefühl, aber die Tabelle ist schon jetzt zweigeteilt. Wir haben viel Arbeit vor uns."

Ernüchterung beim KSC

Ebenso viel wie der Gegner. Der Karlsruher SC verlor zum dritten Mal binnen einer Woche ein Spiel, das er nicht verlieren darf. So langsam macht sich Ernüchterung breit beim Überraschungsteam der letzten Saison.

SPOXGetty"Wir müssen endlich zu Potte kommen und Tore schießen, ganz einfach. Jede Woche fragen wir uns nun in der Kabine, warum wir verloren haben. Wir leisten ständig Aufbauhilfe und bekommen selber nichts hin", schimpfte Verteidiger Christian Eichner. "Es gibt so Phasen im Leben. Jetzt müssen wir zusammenstehen und aus der Scheiße wieder raus."

Der KSC stürzt Richtung Tabellenkeller, vor der Brust haben die Badener die schweren Partien gegen Schalke, beim Derby in Hoffenheim und dann gegen Bayer Leverkusen.

Hoffnung und Bedrohung

Trainer Edmund Becker formulierte deshalb eine Hoffnung, in der aber auch ein wenig Bedrohung mitsurrte. "Für uns ist die Situation wegen der vielen Niederlagen ungewohnt. Jetzt wird sich zeigen, ob es in der Mannschaft zu Schuldzuweisungen kommt, oder ob die Truppe zusammensteht."

So bleiben am Ende des Tages zwei Mannschaften, von denen keine so recht weiß, wo sie nun steht. Gladbach war nicht die bessere, aber die effektivere Mannschaft. Der KSC überlegen, aber nicht kaltschnäuzig genug. Von allem ein bisschen was, aber nichts so ganz.

Die Sache mit dem Dialekt

Viele Beobachter hatten sich einen spektakulären Nachmittag mit Onkel Hans gewünscht, mit Knalleffekt und einem Potpourri amüsanter Sprüche. Hans Meyer aber machte: nur seinen Job. Mehr nicht.

Meyer ist sich der Schwere der Aufgabe in Mönchengladbach bewusst, für seine kruden Späße bleibt da zunächst mal keine Zeit. Zumindest fast. Denn auch bei Rob Friend hat der Trainer schon bleibenden Eindruck hinterlassen. Das kann er ja.

"Der neue Trainer ist ein lustiger Typ, der immer Witze macht", sagte also der Kanadier. "Nur muss Christian Ziege das ständig übersetzen. Denn leider verstehe ich kaum ein Wort von seinem ostdeutschen Dialekt."

Alle Informationen zum 9. Bundesliga-Spieltag...