Der FC Bayern deklassiert den FC Barcelona zum Start in die neue Champions-League-Saison. Für die Katalanen ist das 0:3 im eigenen Stadion der letzte Beweis dafür, dass sie sich von der europäischen Elite entfernt haben. Drei Thesen zum Spiel.
1. Barca noch machtloser als beim 2:8
Die Bayern waren so überlegen, sie hätten im Camp Nou auch ohne Torwart antreten können (hier geht's zur Analyse). Barcas Angreifer - ob der zuletzt hoch gelobte Memphis Depay oder der kurz vor Transferschluss als Ersatz für Antoine Griezmann verpflichtete Ex-Gladbacher Luuk de Jong - brachten es kaum fertig, in den gegnerischen Strafraum einzudringen und sich so etwas wie Halbchancen zu erspielen. Manuel Neuer musste keinen einzigen Schuss auf sein Tor abwehren.
"Armes Barca", titelte die Madrider Sportzeitung Marca, während das katalanische Blatt Sport von einem "Offenbarungseid" schrieb und bei der nächtlichen Fernsehsendung El Chiringuito in der Dauerschleife das Wort "Impotencia", Ohnmacht, fiel.
Die Barca-Fans im Stadion quittierten die träge Leistung erst mit lautstarken Pfiffen und später mit einer gewaltigen Portion Häme, indem sie dem Spielfeld den Rücken zukehrten und kurz vor Schluss jeden noch so einfachen Fünfmeterpass der Herren in Blau und Rot beklatschten. Joan Laporta, der Präsident der Katalanen, fand das gar nicht komisch und hielt bis tief in die Nacht eine Krisensitzung im Stadion. Trainer Ronald Koeman gab indes zerknirscht zu: "Zwischen uns und dem FC Bayern liegt ein deutlicher Qualitätsunterschied."
Einen noch gravierenderen Unterschied als beim historischen 8:2-Sieg der Bayern vor etwas mehr als einem Jahr in Lissabon. Dort verkannten die Cules nämlich nicht so sehr ihre eigene Identität, sie versuchten aktiv nach vorne zu spielen und erarbeiteten sich neben ihren zwei Treffern immerhin auch die eine oder andere Abschlussmöglichkeit. Dass am Dienstagabend kein ähnlich deutlicher Spielstand auf der Anzeigetafel zu sehen war, lag in erster Linie an den weniger effizienten Bayern, die sich im Nachhinein fast schon verärgert ob ihrer ausbaufähigen Chancenverwertung zeigten.
Unterm Strich war es aus Barca-Sicht keine minder große Demütigung als in Lissabon, weil das Spiel endgültig klar machte, dass es sich bei der letztjährigen Performance um keinen einmaligen Ausrutscher handelte, sondern diese Mannschaft - erst recht ohne den nach Paris von dannen gezogenen Lionel Messi - schlichtweg nicht mehr der europäischen Elite angehört.
Und man muss kein Prophet sein, um zu prognostizieren, dass auch die restlichen Aufgaben in Gruppe E keine Selbstläufer für die Koeman-Elf werden. Auf die Katalanen kommen schwierige Wochen, Monate und wohl auch Jahre zu - das Resultat permanenter Misswirtschaft und schlechter Entscheidungen auf allen Ebenen.
2. Upamecano auf dem Weg, Alaba vergessen zu machen
Die Aufgabe im Camp Nou hatte gegen Ende Trainingsspielcharakter für die Bayern. So wechselte Nagelsmann in der Schlussphase auch noch einmal munter durch, um zuletzt angeschlagenen Spielern wie Serge Gnabry, Kingsley Coman oder Lucas Hernandez ebenso wie Neuzugang Marcel Sabitzer in den Rhythmus zu bringen und Eigengewächs Josip Stanisic zu seinem Champions-League-Debüt zu verhelfen. Defensiv war dennoch lange höchste Aufmerksamkeit erforderlich, weil Barca mit einigen langen Bällen operierte.
Dass es für de Jong und Co. nichts zu holen gab, lag auch an der sehr gut abgestimmten Bayern-Innenverteidigung, die neben der richtigen Positionierung auch eine beispielhafte Antizipation an den Tag legte. Insbesondere Dayot Upamecano stach als wachsamer Zweikämpfer heraus, der Franzose beendete das Spiel mit den meisten erfolgreichen Balleroberungen (neun) und einer Gesamt-Zweikampfquote von 60 Prozent.
Es war eine weitere von zuletzt schon mehreren starken Leistungen des Neuzugangs aus Leipzig, der mittlerweile voll angekommen und auf dem besten Wege ist, David Alaba sportlich vergessen zu machen.
"Ein Vorteil für Upa ist sicherlich, dass er mich kennt", sagte Nagelsmann, der jedoch auch die restliche Innenverteidigung lobend hervorheben wollte: "Alle drei haben es gut gemacht. Auch Niki (Süle) und Lucas (Hernandez). Wenn ich gerade sehe, wie sich Lucas nach seiner Einwechslung reingeworfen hat... Das war schon sehr, sehr gut!"
3. Der FC Bayern sollte mit Lewandowski verlängern
Wer, wenn nicht er? Robert Lewandowski trug sich am Dienstagabend auch im 18. Pflichtspiel in Folge in die Torschützenliste ein. Mit seinem Doppelpack schraubte der Weltfußballer seine Ausbeute in dieser Saison auf zehn Treffer hoch. Eine überragende Quote vor dem Hintergrund, dass Lewandowski erst bei sechs Einsätzen 2021/22 steht. Nagelsmann kam nach dem Spiel deshalb gar nicht mehr aus dem Schwärmen heraus.
Er sei "unglaublich froh", mit erfahrenen und zuverlässigen Spielern wie Lewandowski oder auch Thomas Müller, dem Torschützen zum 1:0, zusammenzuarbeiten. Bei dem 33 Jahre alten Lewandowski sehe man täglich "diese Gier". Nagelsmann: "Es kommt ja auch nicht von ungefähr, dass er seit Jahren so viele Tore macht. Sein Leben ist darauf ausgerichtet, Profisportler zu sein."
Allein vor diesem Hintergrund sollte sich der FC Bayern - wie bereits von Präsident Herbert Hainer in Aussicht gestellt - in den kommenden Monaten um eine Verlängerung des 2023 auslaufenden Vertrags mit Lewandowski um ein bis zwei weitere Spielzeiten bemühen. Es ist zwar kein Geheimnis, dass sich der Pole gerne noch einmal einer neuen Herausforderung stellen würde, die Beziehung Bayern-Lewandowski funktioniert aber nach wie vor zu gut, um sich bereits nächsten Sommer (dann könnte der FCB noch eine Ablöse generieren) zu trennen.
Erling Haaland wird medial zwar immer wieder als potenzieller Lewandowski-Nachfolger gehandelt, der Norweger dürfte gerade in puncto Gehalt aber ohnehin viel zu teuer sein, weil sich mehrere europäische Schwergewichte um ihn streiten werden. Lewandowski ist allein von seiner Physis her zuzutrauen, noch bis 2024 oder 2025 auf Spitzenniveau zu agieren. Bis dahin ist genug Zeit, sich um einen geeigneten Nachfolger zu bemühen. Gegebenenfalls auch Haaland, sollte er dann noch oder wieder zu haben sein. Ohne finanzielle Forderungen, die das Gehaltsgefüge sprengen würden - schließlich wollen die Bayern eines Tages nicht so enden wie Barca.
FC Bayern München: Die nächsten fünf Spiele im Überblick
Datum | Uhrzeit | Wettbewerb | Gegner | Ort |
18.09.2021 | 15.30 Uhr | Bundesliga | VfL Bochum | Heim |
24.09.2021 | 20.30 Uhr | Bundesliga | Greuther Fürth | Auswärts |
29.09.2021 | 21.00 Uhr | Champions League | Dynamo Kiew | Heim |
03.10.2021 | 17.30 Uhr | Bundesliga | Eintracht Frankfurt | Heim |
17.10.2021 | 15.30 Uhr | Bundesliga | Bayer Leverkusen | Auswärts |
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