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Brüllende Löwen, kläffende Köter

SPOXOTHER
04. September 201308:33
Luca Toni, 36-jähriger Extremdynamiker, schenkte Hellas Verona ein Traum-Comebackgetty
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Luca Toni ist der Mann des Spieltags in Italien, Mario Balotelli fällt dagegen nur negativ auf. In England beleidigt Jose Mourinho die Konkurrenz aus Manchester und Arsene Wenger die eigenen Fans. In Spanien gibt's eine erstklassige Wutrede und den ersten Clash zwischen Barca und Real. Dies und mehr von unseren Korrespondenten in Europa.

Serie A

Von Oliver Birkner

Spiel des Spieltags: Er konnte es offenbar selbst nicht glauben und vergaß beim zweiten Tor sogar am Ohr zu drehen: Luca Toni führte sich beim Ligadebüt für Aufsteiger Hellas Verona gleich mal mit zwei Treffern gegen Milan ein (2:1). Die häufig kopflose AC-Innenverteidigung machte es Toni allerdings auch leicht und ließ den Hünen ungestört ans Werk hüpfen, obwohl man die 192 Zentimeter nur schwerlich übersehen kann.

Trotzdem war es beeindruckend zu verfolgen, mit welcher Leidenschaft Toni im Angriff um jeden Ball fightete. "Ich bin zwar 36, habe aber immer noch Riesenbock auf Training und Kicken - die Rente muss warten", sagte Toni und scherzte dann: "Zum Glück waren es nur zwei Tore, denn beim dritten hätte ich nicht mehr gewusst, wem ich es widmen sollte." Die ersten beiden gingen an Frau und die kürzlich geborene Tochter - ein paar mehr Leute kennt der Stürmer sicher noch. Milan-Coach Max Allegri knurrte, einige vom AC dürften gerne von Toni lernen, der "wie ein Löwe kämpfte".

Womöglich auch Mario Balotelli, dem zwar der Assist zur Führung gelang, danach wie so oft meist durch Lamentieren auffiel (lediglich ein Mal zurecht wegen eines möglichen Elfmeters). "Es geht nicht an, dass sich Mario in jeder Partie unnötig Gelb wegen Meckerns abholt", rügte der neue Kapitän Riccardo Montolivo. Bereits im Vorfeld hatte Veronas Bürgermeister für Diskussionen gesorgt, als er die "aufreizend, provokante Art" von Balotelli kritisierte.

Dementsprechend befürchtete man fiese rassistische Sprechchöre der Heimtifosi, von denen sich einige auf diesem Feld in der Vergangenheit einen bösen Ruf erarbeitet hatten. Eine unbegründete Sorge. Die Verona-Kurve feierte den schwachen Balotelli mit ironischen "Mario, Mario"-Rufen - die entschieden elegantere Variante. Es läuft bisher grenzwertig für Super Mario: Erst kürzlich verweigerte er zwei AC-Fans ein Autogramm, worauf die beiden seinen Ferrari inflationär mit Klopapier einwickelten. Abputzen und einfach immer weiter.

Telefonat des Spieltags: Das Duell zwischen Livorno und der Roma war eigentlich nett anzusehen, doch AS-Trainer Rudi Garcia hatte scheinbar Dringenderes zu erledigen. In der zweiten Hälfte zückte er sein schmuckes Smartphone und begann seelenruhig am Handy zu plaudern. Warum soll ein Coach nicht das machen, was ja auch jeder Dritte auf den Rängen während des Spiels macht? SPOX

Die Kommentatoren registrierten die Aktion des Franzosen jedoch mit einem gehörigen Schuss Perplexität und ein Roma-Tifoso schrieb dem Sender "Sky" prompt: "Ihr könnt Garcia mal stecken, dass ich nicht rangehe, wenn die Giallorossi kicken!" Die ungewöhnliche Maßnahme klärte sich recht schnell auf: Garcia rief seinen Taktik-Fuchs Frederic Bompard oben auf der Tribüne an, um beim Stand von 0:0 Systemänderungen abzusprechen.

Prompt brachte er Gervinho, zog Totti leicht zurück und die Roma siegte 2:0. Handys sind bisweilen also doch zu was zu gebrauchen. Eine Geldstrafe muss Garcia trotzdem zahlen, denn Trainern ist der Einsatz von elektronischen Mitteln auf der Bank untersagt. Warum eigentlich?

Und sonst? Das erste Mal vergisst man nie. Mit diesem Plakat machten sich die Tifosi von Sassuolo auf nach Turin, wo man zwar 0:2 verlor, doch immerhin Zeuge des allerersten Serie-A-Spiels der Vereinsgeschichte wurde. Nie residierte ein kleineres Städtchen als Sassuolo (Provinz Modena) mit 41.000 Einwohnern im italienischen Oberhaus der Nachkriegsgeschichte.

Die absolute Serie-A-Spitzenposition belegt weiterhin Casale Monferrato im Piemont mit 36.000 Seelen - das war allerdings in den 1930ern. Der Präsident ist übrigens lodernder Milan-Anhänger und besitzt im Büro ein Schild: Inter 0 - Sassuolo 1. Lange Jahre Utopie, vielleicht bald Wirklichkeit. Willkommen Sassuolo!

Serie A: Toni gehen die Widmungen aus

Premier League: Gehirnwäsche im Emirates

Primera Division: "Wir sind das beschissenste Team der Liga"

Premier League

Von Raphael Honigstein

Mou des Spieltags: Am Montag ist in Großbritannien ein Feiertag (Bank Holiday), und auch die Premier League darf dank des ersten Spitzenspiels der Saison feiern: Die Fetzen werden bei Manchester United gegen Chelsea (21 Uhr im LIVE-TICKER) so richtig schön fliegen. Für den Pre-Match-Hype hat Jose Mourinho fast im Alleingang gesorgt. Vor ein paar Tagen bezeichnete er Manchester City und United sinngemäß als "Meister ohne Brillanz".

Dann spannte er Tottenham genüsslich den Brasilianer Wilian aus und legte am Freitag noch ein paar Scheite mehr ins Feuer. Es sei "die Schuld von David Moyes", dass Wayne Rooney gerne an die Stamford Bridge wechseln wolle, behauptete der Portugiese.

"Er hat ihn doch als zweite Wahl bezeichnet, nicht ich. Es ist nicht so, dass wir es auf Robin van Persie abgesehen haben. Wenn ich jemanden als zweite Wahl bezeichne, und dann kommt ein Verein und will ihn kaufen, kann doch niemand böse sein." Zuvor hatte Mourinho übrigens versichert, erst am Dienstag ein neues Angebot für Wazza abgeben zu wollen - aus "ethischen" Gründen, versteht sich. Das ist wahrer Sportsgeist.

Thema des Spieltags: Englische Torhüter.... eigentlich war das Thema ja durch. Seit Joe Hart den Kasten in der Nationalmannschaft hütet, musste man sich kaum noch Sorgen machen. Doch jetzt, zehn Tage vor den nächsten WM-Qualifikation-Spielen, gehen Stress und Diskussionen wieder los. Hart patzte beim 2:3 von Manchester City bei Aufsteiger Cardiff City so übel (vor dem dem 1:2 durch Frazier Campbell), dass selbst die extrem Hart-freundliche Presse auf der Insel nicht daran vorbei sehen konnte.

"Joke Hart", titelte die Sun böse. David Platt, der das Match als Experte für Al-Jazeera analysierte, gab dem 26-Jährigen gleich noch einen mit. "Wenn Roberto Mancini und ich noch bei City wären, wäre Hart nicht mehr da", sagte der frühere Assistenztrainer des Scheich-Klubs, "wir hatten entschieden, Asmir Begovic (Stoke City) zu verpflichten."

Man darf diese Einlassung getrost als Quittung verstehen: Hart hatten am Ende der Amtszeit von Mancini mehr oder weniger öffentlich gegen den ungeliebten Italiener aufbegehrt. Roy Hodgsons Alternativen heißen übrigens John Ruddy (Norwich) und Ben Foster (West Brom). SPOX

Und sonst? Ein überzeugender 3:1-Sieg beim FC Fulham (mit zwei Toren von Lukas Podolski) hat die Stimmung bei Arsenal extrem verbessert. Zumindest bei Trainer Arsene Wenger, um es genauer zu sagen. Der Franzose setzte nach dem Schlusspfiff zur großen Gesellschaftskritik an. "Wir leben in einer interessanten, aber exzessiven Welt", sagte Wenger, "die Leute im Emirates wurden einer kleinen Gehirnwäsche durch die Medien unterzogen".

Wenger gestand im gleichen Atemzug ein, dass dies nach Jahren ohne Trophäen verständlich sei. Ein bisschen unverschämt gegenüber den lange leidenden Fans der Gunners war dieses Statement trotzdem. Dass Arsenal seit drei Monaten namhafte Neuzugänge versprach, aber bisher nur Yaya Sanogo (20, Auxerre) präsentierte, nervt die Arsenal-Anhänger auch ohne Gehirnwäsche gewaltig.

Wenger versprach, bis zum Ende der Transferperiode noch ein bis drei Spieler zu verpflichten, aber die Angst ist groß, dass sich dahinter nur der alte Bekannte Mathieu Flamini verbirgt. Der vereinslose Franzose trainiert seit Wochen beim FC Arsenal mit. "Ich will nicht sagen, dass es eine Chance gibt und auch nicht, dass es keine Chance gibt", sagte Wenger zu der Personalie.

Serie A: Toni gehen die Widmungen aus

Premier League: Gehirnwäsche im Emirates

Primera Division: "Wir sind das beschissenste Team der Liga"

Primera Division

Von Frank Oschwald

Pressekonferenz des Spieltags: Wutausbruch nach spanischer Art: Während sich die Journalisten in Deutschland bei der noch so kleinsten Brandrede vor Freude vor dem bevorstehenden Themenüberschuss fast in die Hosen machen, gab Rayo-Trainer Paco Jemez nach dem Spiel gegen Atletico Madrid eine richtige Einführung in "How to do Frustrede":

"Wir sind das kleinste und beschissenste Team der Liga", resümierte der Coach. "Es gibt 19 Mannschaften in dieser Liga und danach kommen wir. Solange wir das nicht kapieren, holen wir gegen kein Team in dieser Liga einen Punkt."

Als neutraler Betrachter könnte man nach den Aussagen annehmen, Rayo Vallecano steht nach zwei Spieltagen mit leeren Händen und einem verheerenden Torverhältnis da. Doch ganz so düster sieht es eigentlich nicht aus. Denn am ersten Spieltag siegten die Hauptstädter deutlich mit 3:0.

Lediglich im zweiten Saisonspiel gegen Atletico setzte es ein 0:5. Grund genug für Jemez den Trapattoni zu mimen. Warum er Innenverteidiger Galvez nach rund 30 Minuten vom Feld genommen habe? "Ich konnte beim besten Willen nicht das ganze Team austauschen", so Jemez. Schlagkräftiges Argument.

Team des Spieltags: Was hatten sie sich beim FC Villarreal nach dem Abstieg in die Segunda Division 2012 nicht schon für Horrorszenarien ausgemalt. Nach dem Ausverkauf des einstigen stolzen Champion-League-Teilnehmers wird der Klub mehrere Jahre in der Zweitklassigkeit versauern und so schnell nicht mehr im Oberhaus auftauchen.

SPOXDenkste! Obwohl zahlreiche Leistungsträger den Klub verließen, gab's nach nur einem Jahr für das "Gelbe U-Boot" den direkten Wiederaufstieg. Oben angekommen, wurde direkt ordentlich investiert. Neben Bilbao und Barcelona hat Villarreal mit rund 10 Millionen Euro aktuell das drittgrößte Transferminus.

Doch die Ausgaben scheinen sich auszuzahlen. Ex-Barca Juwel und Topneuzugang Giovani dos Santos leitete mit seinem Treffer die Wende im Spiel gegen Real Valladolid (2:1) ein. Nach zwei Spieltagen steht der Aufsteiger nun mit sechs Punkten und einem perfekter Start da. "Villarreal ist wieder aufgewacht und mit dem richtigen Fuß aufgestanden", titelte das spanische Blatt "Marca".

Und sonst? Als Real-Coach erwartet Carlo Ancelotti eine Unmenge an Aufgaben. Ganz oben auf der Liste: Giftpfeile in Richtung Barcelona senden. Nachdem der neue Barca-Coach Tata Martino die kolportierte Ablösesumme für Gareth Bale kritisierte ("Die Zahlen sind völlig absurd und es fehlt sämtlicher Bezug"), konnte sich der Italiener nun erstmals in der Paradedisziplin von Vorgänger Jose Mourinho beweisen:

"Martino ist noch nicht lange hier. Er versteht den europäischen Fußball nicht und er weiß noch nicht einmal, wie sein eigener Klub funktioniert."

Heftige Worte des ausgewiesenen Spanien-Kenners Ancelotti. Zählte dieser doch unlängst Zweitligist Real Saragossa zu den Titelkandidaten der Primera Division. Wir verzeichnen dennoch: erste Giftpfeile Richtung Barcelona? Check.

Serie A: Toni gehen die Widmungen aus

Premier League: Gehirnwäsche im Emirates

Primera Division: "Wir sind das beschissenste Team der Liga"

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