Der FC Bayern gerät bei seiner zunehmend verzweifelt und planlos wirkenden Trainersuche immer mehr unter Druck. Nach Ralf Rangnicks öffentlichen Aussagen sind die Münchner in der Hand ihres ehemaligen Widersachers. Ein Kommentar.
Just als die Spekulationen über ein angebliches Interesse des FC Bayern an Ralf Rangnick einen vorläufigen Höhepunkt erreichten, gab Österreichs Teamchef ein ausführliches Interview. Wie es sich für Rangnick gehört, sprach er beim Termin mit 90minuten.at über Matchpläne und übergreifende Fußball-Themen. Fast schon nebenbei bestätigte er aber auch noch das Interesse des FC Bayern an seiner Person.
Ja, es habe "eine Kontaktaufnahme von Bayern" gegeben. Nein, im Moment gäbe es "keinen Grund, mich intensiv und konkret damit zu beschäftigen". Und wann doch? "Wenn die Bayern sagen würden: Wir wollen Sie. Und dann muss ich mich fragen: Will ich das überhaupt?" Die entscheidenden Fragen seien aus seiner Sicht: "Kann ich etwas bewegen? Kann ich etwas bewirken? Besteht die Chance, eine Mannschaft zu entwickeln und erfolgreich zu sein?" Mit diesen Aussagen hat sich Rangnick taktisch klug positioniert und den FC Bayern massiv unter Druck gesetzt.
Rangnick gibt es ganz oder gar nicht. Wenn er ein Projekt angeht, will er Macht und Entscheidungsgewalt. Sonst sieht er keinen Sinn darin, das Projekt überhaupt anzugehen. Das hat er mit seinen Aussagen klar unterstrichen, zu Kompromissen ist er nicht bereit. Beim FC Bayern aber tummeln sich bekanntlich einige Menschen, die durchaus auch einen gewissen Machtanspruch verkörpern.
Nachdem Rangnick das Interesse des FC Bayern nun öffentlich bestätigt hat, steht die Münchner Führungsriege um den neuen Sportvorstand Max Eberl vor der Wahl: Rangnick zu dessen Bedingungen verpflichten oder auf öffentlicher Bühne die nächste Absage bei der Trainersuche kassieren und somit wohl den selbst gesetzten Zeitplan verpassen. Mit Rangnick hat nun ausgerechnet ein langjähriger Widersacher den FC Bayern in der Hand. Er selbst kann pokern und letztlich auch guten Gewissens seine erfolgreiche Arbeit mit der österreichischen Nationalmannschaft fortsetzen. Die Münchner aber sind in Not, zeitlich und aufgrund fehlender Alternativen.