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Formel 1 - Erkenntnisse zum Österreich-GP: Rennstewards bestrafen echtes Racing - Verstappen performt dominanter denn je

Christian GuininGERMANY
05. Juli 202101:22
Nach Ansicht der Kommissare drängte Norris (m.) Perez (r.) von der Strecke.getty
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Während Max Verstappen beim Großen Preis von Österreich seine beeindruckende Form untermauert, erlebt Sebastian Vettel ein schwaches Wochenende mit kuriosem Ende. Gesprächsthema sind in Spielberg jedoch die fragwürdigen Entscheidungen der Rennstewards. Die Erkenntnisse zum Österreich-GP.

1. Rennstewards bestrafen echtes Racing

Schon beim Großen Preis von Portugal Anfang Mai waren die Regelgebung und -bewertung der FIA und Rennstewards das große Thema des Wochenendes. Damals musste Max Verstappen am Samstag zunächst seine potenzielle Pole-Runde aufgrund der Überschreitung von Track-Limits abgeben, einen Tag später wurde ihm auch der Extrapunkt für die schnellste Runde des Rennens gestrichen - ebenfalls weil er mit allen vier Rädern über die vorgegebene Kerb-Linie in Kurve 14 hinausschoss.

Beim Österreich-GP an diesem Sonntag wurde erneut mehr über fragwürdige Strafen und Verwarnungen diskutiert als über schöne Überholmanöver und gutes Racing. Um eines vorweg klarzustellen: Viele der durch die Rennstewards ausgesprochenen Strafen waren vertretbar, so etwa beim wiederholten Abkürzen der Kurven von Nikita Mazepin (Haas) und Yuki Tsunoda (AlphaTauri), dem völlig unnötigen Crash zwischen Kimi Räikkönen (Alfa Romeo) und Sebastian Vettel (Aston Martin) - Räikkönen bekam nachträglich noch eine 30-Sekunden-Zeitstrafe - oder wegen unzureichender Verlangsamung unter Gelber Flagge (30-Sekunden-Zeitstrafe für Mazepin und Nicholas Latifi, Williams). All das muss so geahndet werden.

Dann aber gab es auch Szenen, bei denen die Verkündung des anschließenden Strafmaßes mehr als Verwunderung bei Fahrern, Fans und Experten auslöste. So zum Beispiel zu Beginn des Rennens, als Sergio Perez (Red Bull) nach dem Restart ein - nennen wir es einmal abenteuerliches - Überholmanöver gegen Lando Norris (McLaren) wagte. Außen in Kurve vier versuchte sich der Mexikaner am Briten vorbeizuzwängen, der anschließende Ausflug ins Kiesbett und Verlust eines Podestplatzes waren die logische und faire Folge.

Nichtsdestotrotz belegten die Stewards Norris im Anschluss mit einer Fünf-Sekunden-Zeitstrafe. Dem Urteil zufolge soll Norris dem RB-Piloten nicht genügend Platz gelassen haben und ihn von der Strecke gedrängt haben. "Wenn man in die Formel 2 oder Formel 3 oder in jede andere Serie schaut: die Leute, die da außen waren, endeten damit, dass sie im Kiesbett gelandet sind. So läuft die Kurve. Er ist das Risiko eingegangen, nicht ich. Er hat sich selbst in Kies befördert. Ich hatte nicht das Gefühl, dass es mein Fehler war", ärgerte sich Norris im Anschluss. Dabei gilt doch bereits im Kartsport die alte Regel: Wer in der Kurve die Nase vorne hat, hat das Sagen. Norris hatte die Nase vorne, war dazu noch auf der Innenseite, die Kommissare entschieden sich dennoch gegen ihn.

Horner: "Dann gibt es Fahrer, die sich von der Strecke katapultieren"

Doch der Norris-Vorfall sollte nicht der einzige bleiben, der von den Stewards fragwürdig bewertet wurde. Ausgerechnet Perez lieferte sich Mitte des Rennens einen Zweikampf mit Ferrari-Fahrer Charles Leclerc, diesmal mit ihm in der Norris-Position und Leclerc als (zu) aggressiver Mann hinter ihm. Gleich zwei Mal versuchte Leclerc in aussichtslosen Situationen das Überholmanöver außen vorbei, zwei Mal endete der Monegasse im Kies. Auch hier fackelte man nicht lange, wenige Zeit später verkündeten die Kommissare je zwei Fünf-Sekunden-Strafen gegen den Mexikaner.

"Das ist enttäuschend", sagte Red Bulls Teamchef Christian Horner über die Entscheidung der FIA. "Dann gibt es Fahrer, die sich einfach von der Strecke katapultieren und eine Strafe fordern." Auch für die Strafe gegen Norris, immerhin im Duell mit seinem eigenen Fahrer, hat Horner kein Verständnis. "Das ist hartes Racing gewesen." Schon zuvor hatte sich McLaren-Teamchef Andreas Seidl ähnlich geäußert. "Ich verstehe es nicht. Das war Racing. Lando hat nichts falsch gemacht", so Seidl. "Man weiß im Go-Kart-Sport schon, dass man da nicht hinfährt auf die Außenlinie, weil da wirst du im Kies landen, ohne, dass der andere Schuld hat."

Eine Erklärung von Rennleiter Michael Masi gab es nicht, dennoch sollte sich die FIA die Kritik aus den Reihen der Fahrer und Teams zu Herzen nehmen. Schließlich wollen wir gutes und sauberes Racing sehen. Mit der Linie der Stewards vom heutigen Sonntag ist das kaum möglich.

2. Max Verstappen performt dominanter denn je

Dominanter hätte der Auftritt von Max Verstappen in Spielberg kaum ausfallen können. Mit dem dritten Sieg innerhalb von 15 Tagen stellte der Niederländer einen neuen F1-Rekord auf und war dabei noch souveräner unterwegs als beim ebenfalls ungefährdeten Triumph der Vorwoche. 18 Sekunden brummte er seinem ersten Verfolger Valtteri Bottas auf und das, obwohl der Finne einen Stopp weniger absolvierte.

"Das war unglaublich", sagte Verstappen nach dem Rennen und zeigte sich von der Performance seines RB16B begeistert. "Das Auto war wie auf Schienen. Mit jedem Reifensatz hat es einfach unheimlich Spaß gemacht. Ziemlich unglaublich. Ich bin selbst etwas überrascht, wie es heute gelaufen ist. Das habe ich nicht so erwartet", rang er nach Worten.

Groß in Gefahr geriet der Sieg des 23-Jährigen auf dem Red-Bull-Ring nie. Der WM-Spitzenreiter führte das Rennen vom Start weg an und gab die Führung bis ins Ziel nicht ab. Einzig beim ersten Restart nach dem Safety-Car schnupperte McLaren-Pilot Lando Norris kurzzeitig an der Führung, die Angriffe des Engländers wehrte Verstappen aber souverän ab.

"Ich wusste, dass Lando auch einen guten Topspeed hat. Ich musste daher sicherstellen, dass ich einen guten Restart habe. Es war okay", so Verstappen. "Er musste sich auch etwas gegen Checo (Sergio Perez; Anm.d.Red.) verteidigen, das hat meine erste Kurve etwas einfacher gemacht. Dann war der Anschluss etwas verloren."

Max Verstappen gewann das dritte Rennen innerhalb der letzten 15 Tage: Rekord!getty

Verstappen ohne Risiko souverän zum Sieg

Hellhörig wurden die vielen niederländischen Fans in Spielberg lediglich, als sein Team nach seinem zweiten Boxenstopp meldete, einen Schnitt in einem seiner Reifen gefunden zu haben. Wo genau Verstappen sich diesen zugezogen haben könnte, war nicht bekannt, beeinträchtigt wurde der Red-Bull-Pilot davon offenbar aber ohnehin nicht: "Beim Fahren hatte ich keine Ahnung davon. Ich habe nichts gemerkt." Trotzdem lobte er die Entscheidung seines Teams, ihn noch einmal zum Reifenwechsel reinzuholen und ihn um den Extrapunkt für die schnellste Rennrunde kämpfen zu lassen.

In einem Zweikampf konnte sich Verstappen somit kein einziges Mal messen, sein schieres Tempo sowie seine Kontrolle über das Rennen war aber wieder einmal mehr äußerst beeindruckend. Speziell unter dem Gesichtspunkt, dass, wie RB-Sportchef Dr. Helmut Marko nach der Zieleinfahrt anmerkte, man beim Niederländer gegen Ende des Rennens nicht mehr volles Risiko ging, Kerbs vermied und den Motor drosselte. Der Vorsprung auf Bottas wuchs dennoch bis zur letzten Runde.

Mit 32 Punkten führt der 23-Jährige nun die WM-Wertung an, mit dem starken RB-Paket sowie den fehlerlosen Auftritten zuletzt ist sein Favoritenstatus in Stein gemeißelt. "Ich bin fokussiert auf den Rest der Saison. Es ist noch so lang und man muss noch so viele Punkte holen", will Verstappen von Rennen zu Rennen denken. "Wir müssen sicherstellen, dass wir an jedem Wochenende wieder vorne dabei sind und das gesamte Potenzial des Autos nutzen. Wir hatten in Österreich ein besonders starkes Auto, es war einfach sehr dominant, aber wir müssen einfach sicherstellen, dass wir auch in Silverstone wieder da sind. "

3. Vettel-Crash täuscht über schwache Aston-Martin-Performance hinweg

Für Sebastian Vettel und Aston Martin endete der Große Preis von Österreich enttäuschend. Ohne Punkte verlässt der britische Traditionsrennstall den Red-Bull-Ring. Gesprächsthema nach dem Rennen war aber nicht die magere Ausbeute der Grünen, sondern die Kollision zwischen Vettel und seinem Ex-Teamkollegen und heutigem Alfa-Romeo-Piloten Kimi Räikkönen in der letzten Runde des Rennens.

Räikkönen hatte zuvor versucht, George Russell im Williams zu überholen und kam beim Ausgang aus Kurve vier etwas zu weit von der Ideallinie. Vettel sah seine Chance und ging innen am Iceman vorbei. Sichtlich überrascht konnte Räikkönen schließlich nicht mehr ausweichen und krachte dem Heppenheimer ins Heck. Statt der Positionen zwölf und 13 standen am Ende die Plätze 17 und 18 zu Buche, der Finne bekam wegen des Crashes sogar noch eine 30-Sekunden-Zeitstrafe aufgebrummt.

"Ich weiß es nicht. Ich muss mir das erst noch einmal anschauen und mit ihm sprechen", sah Vettel jedoch keinen klaren Schuldigen. Für ihn sei die Szene "ein Missverständnis mit Kimi" gewesen. Ich war innen und dachte, ich sei vorne. Keine Ahnung. Bisschen komisch. Ich glaube aber, das hat keiner von uns mit Absicht gemacht."

Ohnehin: Beide befanden sich zu jenem Zeitpunkt außer Reichweite der Punkte, viel mehr als ein Blechschaden gab es also nicht zu beklagen. "Ein bisschen enttäuschend", beschrieb Vettel deshalb die Pace seines AMR21. Von P11 kommend sah es zunächst ganz ordentlich für den 34-Jährigen aus, spätestens nach dem ersten Stopp hing Vettel aber zu lange im Verkehr fest. Auch das Überholen stellte sich als schwierig heraus. "Wir haben versucht, immer wieder Druck zu machen. Die Balance war okay. Im Auto fühlte es sich gut an. Wir waren nur nicht schnell genug, damit wir um Punkte hätten kämpfen können", rätselte er.

Sebastian Vettel wurde in Spielberg nur 17.getty

Aston Martin: In Silverstone wieder stärker?

Unterm Strich bleiben somit zwei punktlose Wochenenden für Vettel auf dem Red-Bull-Ring. Nach den guten Auftritten in Monaco, Baku und Le Castellet eine herbe Enttäuschung. Nach wie vor scheint der Aston Martin - ähnlich wie Mercedes - große Probleme auf Highspeed-Kursen zu haben. Dort fehlt in den schnellen Kurven der Grip, zusätzlich ist der Mercedes-Motor im Vergleich mit den Antrieben von Honda, Ferrari und Renault nicht mehr derart dominant. All das macht Probleme.

Was in zwei Wochen beim Heimspiel in Silverstone (Sonntag, ab 16 Uhr im Liveticker) drin ist, lässt sich daher kaum beantworten. "Schwer zu sagen", meinte Vettel: "Es ist eine andere Strecke. Heute hat sich das Auto ganz gut angefühlt, aber wir waren nicht schnell genug. Wir waren zu langsam. Das müssen wir analysieren."

Formel 1: Die WM-Wertung nach 9 von 23 Rennen

  • Fahrerwertung:
PlatzFahrerTeamPunkte
1Max VerstappenRed Bull182
2Lewis HamiltonMercedes150
3Sergio PerezRed Bull104
4Lando NorrisMcLaren101
5Valtteri BottasMercedes92
6Charles LeclercFerrari62
7Carlos SainzFerrari60
8Daniel RicciardoMcLaren40
9Pierre GaslyAlphaTauri39
10Sebastian VettelAston Martin30
  • Konstrukteurswertung:
PlatzTeamPunkte
1Red Bull286
2Mercedes242
3McLaren141
4Ferrari122
5AlphaTauri48
6Aston Martin44
7Alpine32
8Alfa Romeo2
9Williams0
10Haas0
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