Wer verschwört sich hier eigentlich gegen wen?

Von Maurice Kneisel
The Miz und R-Truth haben in den letzten Wochen für reichlich Chaos in der WWE gesorgt
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Bei Vengeance in der Nacht vom kommenden Sonntag auf Montag (1.45 Uhr im LIVE-TICKER) trifft Triple H an der Seite von CM Punk auf The Miz und R-Truth. Letztere hatten entscheidenden Anteil an der Verschwörung, die dazu führte, dass Hunter seines Amts als COO enthoben und John Laurinaitis als Nachfolger eingesetzt wurde. Doch wohin soll die Storyline nun eigentlich noch führen?

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Erinnert sich noch jemand an den Anonymous RAW General Manager? Vermutlich nicht, denn das Kurzzeitgedächtnis des durchschnittlichen WWE-Fans ist bekanntermaßen nicht das Beste. Zumindest wird dies von der WWE vorausgesetzt. Egal, der Gute hatte sich jedenfalls mit der Ernennung von Triple H zum COO so ziemlich erledigt und wurde nur vereinzelt bei Shows als modisches Accessoire ausgepackt.

Mittlerweile müssen wir auch auf Trips als Boss verzichten, dafür hat mit John Laurinaitis ein Mann das Zepter in die Hand genommen, der in etwa über das Charisma und Ausdrucksvermögen des Laptop-Gestells verfügt. Die Fans hassen ihn trotzdem von ganzem Herzen und hauen ihm die Heat nur so um die Ohren - zu Recht!

Denn man muss kein Smart Mark sein, um den Executive Vice President of Talent Relations, der sich mittlerweile ähnlich oft vor laufenden Kameras vorgestellt hat wie Dolph Ziggler, zu hassen. Der Kerl ist schließlich Vince McMahons rechte Hand, oder, wie CM Punk es mal so schön formulierte: "ein sinnwidriger, arschkriechender Ja-Sager".

Laurinaitis' Verschwörung

Jetzt hat der Mann mit der Reibeisenstimme, die selbst Tom Waits wie einen Chorknaben klingen lässt, jedenfalls erstmal das Sagen - was definitiv nicht die schlechteste Lösung ist.

Zwar endete die Fehde zwischen Triple H und CM Punk etwas zu abrupt und mit Respekt alleine ist die neue Allianz der beiden auch nur mäßig gut zu erklären, aber was soll's. Stichwort: Kurzzeitgedächtnis. Um Hunter zu stürzen, hat der Interims-COO formerly known as Johnny Ace einige Superstars um sich geschart, die man aufgrund ihrer imposanten Egos zuvor nicht unbedingt als idealen Stable betrachtet hätte.

Die ehemaligen Konkurrenten um die Gunst der nicht ganz so holden Vickie Guerrero, Dolph Ziggler und Jack Swagger, haben plötzlich ihre Differenzen zugunsten eines höheren Ziels beigelegt. Cody Rhodes und Christian sind für jeden Heel-Spaß zu haben und Alberto Del Rio fühlt sich ohnehin immer benachteiligt - ob er nun gerade WWE-Champion ist oder nicht.

Als Krönung machte man sich eine der beiden einzigen Eigenschaften, die David Otunga überhaupt besitzt, zunutze: Seinen Jura-Abschluss von der Harvard University. Und ich muss zugeben: Ich hätte Otunga nicht zugetraut, mich jemals in irgendeiner Form unterhalten zu können. Aber in seiner aktuellen Rolle ist er goldrichtig aufgehoben.

Schnellschüsse

Die Conspiracy-Gruppierung sprach sich klar gegen Triple H aus und setzte sich im vergangenen Monat vehement für dessen Absetzung ein. Spätestens seit der RAW-Ausgabe am 19. September, als Hunter The Miz und R-Truth für ihre wiederholten Attacken auf Referees und Superstars feuerte, war das Maß voll.

Und so wurde munter rum-verschworen, bis der Arzt kam, oder besser gesagt: Vince McMahon. Nach dem Walkout, bei dem das Gros der WWE-Superstars - mit Ausnahme der tapferen Top-Babyface-Fraktion - Triple H das Vertrauen absprach, war klar: seine Zeit als COO war abgelaufen.

Und so kehrte der WWE-Boss früher als erwartet vor die Kameras zurück, um seinen Schwiegersohn abzusägen. Auch diese Entwicklung wirkte etwas überhastet. Ebenso wie die Entscheidung, Laurinaitis mit einer seiner ersten Amtshandlungen The Miz und R-Truth gleich zurückholen zu lassen.

Die beiden hatten sich - ähnlich wie CM Punk nach seinem vermeintlichen Abgang im Sommer - durch unerwartete Auftritte bei den Pay-per-Views und "YouTube"-Videos bei den Fans in Erinnerung gehalten. Aber der Kurzzeitgedächtnis-Problematik sei Dank wurde dieser Teil der Storyline bereits nach wenigen Wochen beendet und die Beiden On-Air wieder eingestellt.

Alle gegen Triple H

Diese Entscheidung ist sicherlich nicht komplett sinnfrei, trotzdem hätten sicherlich nicht wenige Fans gerne gesehen, welches Chaos die beiden "arbeitslosen" Rebellen noch angerichtet hätten. Sei's drum. Kommen wir lieber zum widersinnigsten Part der ganzen Geschichte.

Bei Hell in a Cell sorgten Awesome Truth dafür, dass der Main Event nach dem Titelgewinn Del Rios im kompletten Chaos versank: Die beiden schlüpften in den Ring, anschließend wurde die Zelle wieder herab gelassen, so dass Triple H und der hinzu gerufene Tross Polizisten ihnen nicht folgen konnten. Soweit alles klar.

Wer soll den Käfig herunter gelassen haben? Hierfür kommen, da Laurinaitis mit Hunter die Halle betrat, nur die übrigen Mitglieder der Conspiracy, wie beispielsweise Otunga, in Frage. Laurinaitis' SMS-Kumpel Kevin Nash wäre auch noch denkbar, wurde nach seinem letzten Auftritt aber in den Shows kaum mehr thematisiert.

Die Gruppierung hat wochenlang über das Anstacheln der Kollegen sowie die Prüfung rechtlicher Schritte an der Absetzung Triple Hs gefeilt. Somit verfolgten sie eindeutig das gleiche Ziel wie The Miz und Verschwörungsexperte R-Truth, die zudem - ebenso wie die Conspiracy - direkt mit John Laurinaitis kooperieren.

Freund oder Feind?

Dementsprechend sollte klar sein, dass sämtliche dieser Heels unter einer Decke stecken. Trotzdem attackierten Awesome Truth nicht nur John Cena und CM Punk, sondern auch den frischgebackenen WWE-Champion und Conspiracy-Mitglied Alberto Del Rio.

Wo genau ist da der Sinn? Gut, Alex Riley hat beim Finale der zweiten NXT-Staffel auch seinen Verbündeten Percy Watson vermöbelt. Aber das hat bis heute auch kein Mensch, inklusive A-Ry höchstpersönlich, verstanden.

Und damit nicht genug. Bei RAW am 10. Oktober brach Laurinaitis den Main Event zwischen Del Rio und Punk ab, um die beiden in ein Tag-Team-Match gegen Miz und Truth zu packen. Auch wenn der Mexikaner schließlich mit einer vorgetäuschten Knieverletzung die Halle verließ und Punk seinen Gegnern zum Fraß vorwarf, hatte er sich zuvor doch mit reichlich Wut im Bauch auf seine Gegner gestürzt.

Knapp zwei Wochen später teamen nun bei Vengeance Triple H und CM Punk gegen The Miz und R-Truth, Alberto Del Rio beschäftigt sich mal wieder mit mit seinem Erzfeind John Cena und die übrigen Conspiracy-Mitglieder sind entweder gar nicht auf der Card oder stecken in Matches, die außerhalb der Haupt-Storyline laufen.

Stable oder Eintagsfliege?

Die WWE hat seit geraumer Zeit keinen großen, dominanten Stable im Stile der Corporation/Corporate Ministry, Evolution oder Legacy aufgebaut. Mit der Conspiracy hätte man nach der Machtergreifung durch John Laurinaitis die Chance, eine starke, aufgrund der Umstände glaubwürdig zusammen gestellte Heel-Gruppierung zu etablieren, die Show-übergreifend bei RAW und SmackDown eine dominante Rolle spielen könnte.

Man hat aber den Eindruck, dass die Kooperation keine zwei Wochen nach dem Erreichen der gemeinsamen Ziele bereits zerfällt. Schade eigentlich. Doch hier kommt der anstehende Main Event von Vengeance ins Spiel: Klar ist, dass Alberto Del Rio John Cena nie im Leben eigenständig in einem Last Man Standing-Match besiegen wird.

Nachdem er den Titel gerade mal drei Wochen vor Vengeance zum zweiten Mal gewann, bleibt zu hoffen, dass er dieses Mal den für den Aufbau seines Charakters dringend nötigen Sieg einfährt. Und wenn schon miese Tricks dafür nötig sind, wäre ein deftiger Beatdown durch einen Stable sicher nicht die schlechteste Option.

Kommt es aber nicht dazu, hat sich die Gruppierung wohl schon komplett erledigt und wird bald in Vergessenheit geraten sein. Das geht beim durchschnittlichen WWE-Fan bekanntermaßen verdammt schnell. Glaubt zumindest die WWE.

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