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Free Agent Tyrann Mathieu - Vom Honey Badger zum König der Löwen

Tyrann Mathieu war früher als "Honey Badger" bekannt.
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Einer der wohl interessantesten Free Agents in diesem Jahr ist Tyrann Mathieu. Der vielseitige Defensive Back wurde einst als "Honey Badger" bekannt, geriet auf die schiefe Bahn - und ist im Vorjahr sogar zum Leader bei den Houston Texans aufgestiegen.

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"Obwohl er nicht der größte Bursche in der Welt sein mag, bringt er eine gewisse Präsenz mit sich. Er verhält sich sehr professionell. Er trainiert auf die richtige Weise. Er zeigt große Aufmerksamkeit in Meetings. Er spricht nicht oft, aber wenn er spricht, dann hören ihm die Leute zu", sagte Bill O'Brien, der Head Coach der Texans, über Mathieu während der vergangenen Saison.

Mathieu hat es weit gebracht seit seinem sportlichen Tiefpunkt nach der Saison 2011. Zuvor wurde er als "Honey Badger" gefeiert. Ein Defensive Back, der sich als Ballhawk für die berühmten LSU Tigers auszeichnete, der mit seiner Dynamik und Explosivität für Furore sorgte. Ein wahrer Playmaker eben, was er auch in seiner Sophomore-Saison 2011 als Punt-Returner unter Beweis stellte.

Einer, dem eine großartige Zukunft bevorstand.

Doch Drogen - er wurde mit Marihuana erwischt - ließen ihn von seinem Weg abkommen. Mathieu wurde aus dem Team geworfen, ein Jahr bevor er auch nur an den NFL Draft denken konnte. Er verpasste die komplette Saison 2012.

Mathieu und seine Karriere - mehr noch: sein Leben - standen am Scheideweg. Der Junge, der weitestgehend ohne seine Eltern aufwuchs - sein Vater saß jahrelang für Mord mit bedingtem Vorsatz im Gefängnis, seine Mutter war auch kaum zugegen - drohte genauso abzustürzen wie viele seiner teils verstorbenen Verwandten in seiner Heimat im Osten von New Orleans. Mathieu wurde von seinen Großeltern aufgezogen, später adoptierten ihn Tante und Onkel.

Nach seinem Rauswurf in Baton Rouge landete er schließlich in einem Rehazentrum in der Nähe von Houston, wo er dank der Hilfe von John Lucas, einem ehemaligen First-Round-Pick aus der NBA, wieder in die Spur fand. Lucas, der einst selbst mit Drogenproblemen zu kämpfen hatte und heute ein Mentor für betroffene Sportler ist, sagte gegenüber The Athletic über den jetzigen Mentalzustand von Mathieu: "Nicht viele können mit dem Teufel tanzen und davon zurückkommen und so spielen wie er. Sein Leben bürgte schon sehr viele derartige Herausforderungen dieser Art."

Tyrann Mathieu war früher als "Honey Badger" bekannt.
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Tyrann Mathieu war früher als "Honey Badger" bekannt.

Tyrann Mathieu: Kraftvolle Rede im Trainingscamp

Diese mentale Stärke stellte Mathieu bereits bei seiner Ankunft in Houston 2018 unter Beweis. Coach O'Brien ließ jeden Spieler im Training Camp eine Rede halten und etwas über sich selbst preisgeben. Und die Rede von Mathieu war dem Vernehmen nach so kraftvoll, so überzeugend, dass seine Teamkollegen ihn sofort respektierten und als Anführer ansahen.

"Ich wollte einfach, dass die Jungs verstehen, wo ich herkomme und warum ich derjenige bin, der ich heute bin", erklärte Mathieu The Athletic. Zudem sagte er, dass er damit seine ruhige Art erklären wollte. Die Rede, die in Gänze vertraulich war und somit nicht den Weg in die Öffentlichkeit fand, soll Mathieus Weg vom Honey Badger, über die Drogenprobleme hin zum All-Pro im Jahr 2015 bei den Cardinals unter Bruce Arians nachgezeichnet haben.

Defensive Tackle D.J. Reader sagte über die Rede, sie sei ein kritischer Punkt für das Team gewesen, um Mathieu schon dann als Anführer zu verstehen.

Doch um diesen Punkt überhaupt zu erreichen musste Mathieu, dann wieder sauber, 2013 erstmal ein NFL-Team davon überzeugen, überhaupt einen Draft-Pick für ihn zu investieren. Die Cardinals Taten dies. Sie zogen Mathieu in der dritten Runde des Drafts mit dem 69. Pick insgesamt.

Auf seine beste Saison 2015 folgten dann jedoch wieder schwierigere Zeiten. 2015 endete für Mathieu mit einem Kreuzbandriss, 2016 durch eine Schulterverletzung. Und 2017 - dieses Mal gesund - resultierte schließlich in seiner Entlassung.

Tyrann Mathieu blüht bei Houston Texans wieder auf

Die Texans schlugen schließlich zu und unter Defensive Coordinator Romeo Crennel blühte Mathieu wieder auf. Crennels variable Defense erlaubte es Mathieu, seine Vielseitigkeit unter Beweis zu stellen. Er ist mit seinen 1,75 Metern nicht eben der größte und mit seinen 86 Kilogramm nicht eben der kräftigste Safety der Liga. Doch in seiner Hybrid-Rolle - er switcht häufig zwischen Safety und Nickelback (352 Snaps als Slot Corner letztes Jahr) - sorgte er für große Probleme im Passspiel der Gegner.

Zahlentechnisch äußerte sich das wie folgt: Die Defense der Texans belegte 2017 Platz 31 der Liga bei Pässen über die Mitte gemäß DVOA (49,1 Prozent) von FootballOutsiders. Nach Mathieus Ankunft sah dies 2018 ganz anders aus: Platz 16 (9,2 Prozent)!

Man muss natürlich erwähnen, dass auch andere Faktoren hierbei geholfen haben, allen voran die Rückkehr von J.J. Watt, der an der Front half, das Passspiel des Gegners zu stören. Doch Mathieus Einfluss lässt sich nicht wegdiskutieren.

Ebenfalls klar erscheint, dass Mathieu nun zu den Top-Kandidaten auf dem Markt unter den Defensive Backs zählen wird. Allerdings braucht es auch die richtige Situation für ihn. Seine Flexibilität macht ihn zwar wertvoll, aber auch zu einem speziellen Fall. Wer ihn will, sollte auch wissen, wie er ihn einsetzt.

Mögliche nächste Stationen für den Honey Badger

Insofern kommen die Texans infrage, die sich seinen Verbleib mit einem aktuellen Cap Space von mehr als 75 Millionen Dollar in jedem Fall leisten könnten. Ansonsten kommen die Tampa Bay Buccaneers in den Sinn. Dort ist der Mann am Ruder, der Mathieu einst in die Liga geholt hat - Head Coach Bruce Arians.

Ebenfalls interessant erscheint ein Szenario, in dem Mathieu nach New England geht. Wenn jemand einen Spieler "richtig" einsetzen kann, dann wohl Bill Belichick. Safety ist allerdings keine Priorität für die Patriots, die Gerüchten zufolge bereits 2013 über ihn nachgedacht hatten.

Wer ihn letztlich holt, wird in jedem Fall einen Mann bekommen, der einen bemerkenswerten Weg hinter sich hat. Jemand, der trotz größter Widerstände und Unwägbarkeiten zum Leistungsträger wurde, zu dem Kollegen aufschauen können.

Texans-Cornerback Jonathan Joseph nannte Mathieu - einst der Honey Badger - einen Löwen. Und "Löwen brüllen nicht oft", wie Joseph in Anspielung an den eher ruhigen Mathieu sagt: "Aber wenn sie brüllen, dann machen sie ein Statement."

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