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NFL Hall of Fame Game Preview: Ravens vs. Bears - Ein Blick in die Zukunft

Von Pascal De Marco
Lamar Jackson wurde an 32. Stelle des Drafts 2018 von den Baltimore Ravens ausgewählt.
© getty

Nach Monaten der Wartezeit ist die NFL wieder da und führt uns mit dem jährlichen Hall of Fame Game zurück auf das Football-Feld. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag treffen die Baltimore Ravens auf die Chicago Bears (ab 2 Uhr live auf DAZN) und ehren damit ihre Hall of Famer Ray Lewis und Brian Urlacher. Im Fokus dabei: Mobile Quarterbacks und eine neue Offense.

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Es wendeten sich so einige Köpfe in Richtung Baltimore, als die Ravens mit dem 32. Pick im diesjährigen Draft Louisvilles Quarterback Lamar Jackson ausgewählt haben. Sollte dies das Ende für Joe Flacco bedeuten, der die Franchise noch vor fünf Jahren zu ihrem zweiten Super Bowl geführt, in den letzten Spielzeiten aber merklich abgebaut hat? Oder sollte er vielleicht nur unter Druck gesetzt werden, um unter Wettkampfbedingungen im Training gegen einen echten Herausforderer endlich wieder zur alten Stärke zu finden?

Eines jedoch war damit klar. Die Franchise hat sich den prädestinierten Playcaller für seine Zukunft gesichert. Die Wachablösung wird eines Tages kommen. Ob früher oder später, dies hängt einerseits von den Leistungen von Flacco, andererseits von der Entwicklung von Jackson ab.

Höchstinteressant bei der Wahl des athletischen Monsters Jackson ist aber, welch ein divergentes Profil er im Vergleich zu Flacco mitbringt und somit die Frage, wie und wann die Offensive der Ravens in einem neuen Gesicht auftreten wird. Angesichts der großen Probleme, die Baltimore im letzten Jahr hatte, die Offense über das Feld zu bewegen, sollte dies jedoch unabhängig vom Mann Under Center weit oben auf der Checkliste stehen.

Lamar Jackson: Konstanz weiterhin ein großes Fragezeichen

In seinen beiden letzten Jahren in Louisville lief Jackson für je mehr als 1.500 Yards und stellte mit seiner Explosivität und Geschwindigkeit eine Gefahr dar, die für College-Defenses kaum zu kontrollieren war. Auch wenn dieses höchst aufregende Element die Gefahr birgt, den 21-Jährigen auf seine Läufer-Fähigkeiten zu reduzieren, ist dies seine aktuell größte Stärke und der Bereich, in den er am wenigsten Arbeit investieren muss.

Über zwei Wochen im Training Camp nämlich hatte Jackson große Probleme, auf konstantem Niveau präzise Würfe abzuliefern und gute Entscheidungen zu treffen. Während er einerseits Momente gezeigt hat, in welchen er lange Pässe ideal getimt und Lücken in der Defense durch Runs gut ausgenutzt hat, so sind seine Würfe andererseits häufig noch nicht eng genug oder er versucht den Ball über die Mitte zu forcieren.

Dies alles ist ein technischer Lernprozess, der den weiten Weg zeigt, den Jackson noch vor sich hat, bevor er sich Hoffnung auf die Ablösung von Flacco machen kann. Die wohl größte Herausforderung jedoch ist die Sprache der Offense. Denn in Louisville spielte er eine Offense, deren Play-Calls hauptsächlich aus Hand-Signalen, No-Huddle oder Ein-Wort-Calls bestand.

Ravens-OC Mornhinweg: "Junge Spieler verfallen in alte Gewohnheiten"

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag wird Jackson dann erstmals unter nationalem Rampenlicht geprüft. Traditionell bekommen Starter der partizipierenden Teams beim Hall of Fame Game kaum oder gar keine Zeit auf dem Feld. Und aktuell ist es auch noch nicht klar, ob der Rookie gegen die Bears überhaupt starten wird, doch wird er Spielzeit bekommen und über den gesamten Verlauf der Preseason essenzielle Erfahrungen sammeln.

Headcoach Harbaugh sprach vor dem Spiel gegen Chicago darüber, was er sich denn in erster Linie von seinem neuen Quarterback wünsche. "Er muss das Spiel kontrollieren", so Harbaugh: "Und damit er das machen kann, muss er so schnell wie möglich Selbstvertrauen entwickeln und die Aufgaben richtig umsetzen. Danach werden wir sehen, was passiert."

Das Coaching Staff der Ravens lobte Jackson in erster Linie für seine Arbeitseinstellung und die Bereitschaft, an sich zu arbeiten. Die populärste Umschreibung von Jacksons Auftritten im Training Camp jedoch ist, dass er an der Konstanz arbeiten muss.

"Er hat bereits die ersten Anpassungen an seinem Spiel getroffen", sagte Offensive Coordinator Martin Mornhinweg: "Ich wünsche mir, dass er das während des Spiels umsetzen kann. Es ist nämlich nicht untypisch für junge Spieler, dass sie dann während des Spiels wieder in alte Gewohnheiten verfallen."

Joe Flacco mit bestem Training Camp seiner Karriere?

Ob die Anpassungen Jacksons Laufspiel betreffen, wird sich zeigen. Dies nämlich ist auf der Pro-Ebene ein weitaus gefährlicheres Unterfangen als noch auf dem College. Darüber kann Jackson wohl keiner besser berichten als einer seiner neuen Kollegen: Robert Griffin.

"Was ich versucht habe ihm zu erklären, ist, dass in dieser Liga alles viel schneller passiert", sagte Griffin, der selbst für seine athletischen Fähigkeiten als Quarterback gefürchtet wurde und sich bei einem Scramble folgeschwer verletzte. "Es ist nicht so, dass er es nicht machen kann. Aber er muss smart sein. Er muss jetzt noch einiges lernen. Aber ich denke, dass er das schnell machen wird."

Auch Griffin wird bei der Eröffnung der Preseason einiges an Spielzeit erhalten. Flaccos Platz wird jedoch vorerst auch er nicht streitig machen können. Der langjährige Starter scheint den neuen Druck offenbar gut verarbeiten zu können und soll ortsansässigen Medien zu Folge das beste Training Camp seiner gesamten Karriere absolvieren.

Zwar erwähnte Harbaugh noch vor nicht allzu langer Zeit, dass auch Jackson in der Regular Season Snaps erhalten wird und das auch auf der Quarterback-Position, doch scheint diese Aussage unter den aktuellen Voraussetzungen etwas verfrüht gewesen zu sein.

Hall of Fame Game: Baltimore Ravens (Bilanz 2017: 9-7) vs. Chicago Bears (5-11) - Fr., ab 2 Uhr live auf DAZN

  • Neben der interessanten Ausgangslage auf der Quarterback-Position gilt es bei den Ravens auch auf die Neu-Besetzungen auf den Skilled-Position zu achten. Auf den Wideout-Positionen hat Baltimore in Michael Crabtree einen Possession Receiver und in John Brown einen verpflichtet, der über enorme Geschwindigkeit verfügt. Im Slot wird in der kommenden Saison Willie Snead auflaufen, der zuletzt in New Orleans aktiv war. Tight-End-Neuzugang Hayden Hurst hat seit Wochen mit Oberschenkelproblemen zu kämpfen.
  • Der neue Defensive Coordinator der Ravens, Den "Wink" Martindale, hat für ein paar Anpassungen gesorgt, die es unter anderem den Veteranen Eric Weddle und C.J. Mosley erlauben sollen, etwas flexibler zu agieren. Beide Spieler dürfen so eigenständig Pre-Snap-Adjustments durchführen und haben dementsprechend noch größere Verantwortung auf dem Platz.
  • Das große Duell der Preseason lautet in Baltimore Brandon Carr gegen Marlon Humphrey. Humphrey rückte in der letzten Spielzeit auf die Außenseite, nachdem sich Jimmy Smith verletzt hatte und verbuchte daraufhin 2 Interceptions und 11 Pass Break-Ups. Carr, der in seine 11. Saison geht, startete jedes seiner 160 Spiele und will die Serie auch nach der Rückkehr von Smith aufrecht erhalten.
  • Die Chicago Bears freuen sich auf den ersten Auftritt von Matt Nagy und dessen Offense. Zwar ist es nahezu garantiert, dass Starting-Quarterback Mitch Trubisky beim Spiel gegen Baltimore nicht auflaufen wird, doch wird die Handschrift des ehemaligen Offensive Coordinators der gefährlichen Offense der Kansas City Chiefs trotzdem zu erkennen sein. Under Center spielen nämlich zwei, die Nagy's Offense bereits kennen. Chase Daniel und Tyler Bray.
  • Chicagos größtes Sorgenkind lautet seit mehreren Monaten Roquan Smith. Der First-Round-Pick der Bears kann sich mit der Franchise nicht auf einen Vertrag einigen, in erster Linie aufgrund der neuen Helmet-Tackling-Regelung und möglichen Gehaltsaussetzungen, die in Kraft treten, falls Smith nach einem entsprechenden Helmet-Hit suspendiert werden sollte. Aktuell wird seine Position durch den Veteranen Nick Kwiatkoski besetzt.
  • Wie stark ist der Pass Rush der Bears 2018? In Akiem Hicks und Leonard Floyd basiert das Fundament auf zwei tragkräftigen Säulen, doch dahinter befinden sich einige Fragezeichen. Um auf diese eine Antwort geben zu können, wird das Spiel gegen die Ravens durchaus hilfreich sein. Hier können sich die Reservisten unter Beweis stellen, die nach dem ein oder anderen Abgang in der Offseason auf Spielzeit hoffen.
  • Running Back Ryan Nall, Offensive Tackle Rashaad Coward und Cornerback Kevin Toliver werden beim Duell mit Baltimore unter besonderer Beobachtung stehen. Der ungedraftete Nall machte durch ein tolles Camp auf sich aufmerksam und will sich mit seiner Entschlossenheit und Cutting-Fähigkeiten den dritten Platz im Depth Chart der Running Backs sichern. Coward wurde vom Defensive zum Offensive Tackle umpositioniert und erhält die erste Bewährungsprobe und Toliver muss unter Beweis stellen, dass er konstant abliefern kann. Der athletische Cornerback hatte bei LSU immer wieder Aussetzer, die ihn eine Draft-Nominierung gekostet haben. Bei den Ravens wird der deutsche Running Back Christopher Ezeala aller Voraussicht nach die Chance auf Snaps erhalten.
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