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Oldschool College Offenses: Die Army Navy Triple Option

Die Triple Option ist bei Army und Navy noch immer weit verbreitet.
© getty

Für manche ist sie ein Relikt vergangener Tage, für andere ein Argument dafür, dass Option-Football im Run Game nach wie vor brandgefährlich sein kann. So oder so: die Triple Option liefert für einige wenige Teams im College Football nach wie vor irre Statistiken und stellt Defenses vor große Probleme. Tag 2 der SPOX-College-Football-Themenwoche nimmt die Triple Option unter die Lupe.

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Wer die NFL in der vergangenen Saison verfolgt hat, der kam über eine gewisse Dosis "Option" nicht hinaus. Gemeint ist natürlich die Run Pass Option, die in gewisser Weise eine Erweiterung des Play-Action-Passspiels darstellt.

Im Gegensatz zum Zone Read, den NFL-Fans 2012 mit Robert Griffin, Russell Wilson und später auch Colin Kaepernick so richtig kennen gelernt haben und der Griffins spektakuläre Rookie-of-the-Year-Saison ermöglichte, hat die Run-Pass-Option zusätzlich eine Dimension im Passspiel. Das macht die Spielzüge einerseits schwerer zu verteidigen, andererseits lässt sie sich auch mit weniger athletischen Quarterbacks umsetzen.

Beim Zone Read liest der Quarterback einen vorher spezifisch festgelegten und in aller Regel nicht geblockten Verteidiger - meist ein Defensive Lineman oder ein Linebacker - und wartet in dem Sekundenbruchteil dessen Reaktion ab. Je nachdem, ob sich der Verteidiger in Richtung des geplanten Laufwegs des Running Backs orientiert oder ob er den Quarterback attackiert, zieht der Quarterback den Ball entweder zurück und läuft selbst los, oder übergibt den Ball an den Running Back.

Bei der Run-Pass-Option liest der Quarterback ebenfalls einen spezifischen Verteidiger in dem Moment, in dem er sich entscheiden muss, ob er den Ball an den Running Back übergibt, oder ob er ihn selbst behält. Das aber kann deutlich komplexer und ausgedehnter sein, so werden hier auch Secondary-Spieler in die Reads mit einbezogen - und statt selbst mit dem Ball loszulaufen, hat er die Möglichkeit, einen Pass zu werfen, wenn er den Ball behält. Eine Erweiterung des Play-Action-Passspiels eben, ein Run ist genauso möglich wie ein Pass.

Das Passspiel überragt (fast) alles

Für College-Football-Fans waren all diese "Innovationen" in der NFL selbstverständlich keine Neuerung - vielmehr ist die Option-Offense im College für viele, viele Teams das täglich Brot. Und dabei gehen die Optionen gerne auch mal weiter. Spread-Offenses mit weit offenen, aggressiven Passing Games dominieren heute ganz eindeutig den College-Football.

Das führt zu jährlich enorm steigenden Passing-Zahlen, Baker Mayfield in Oklahoma oder Mason Rudolph für Oklahoma State sind zwei ganz aktuelle Beispiele hierfür. Das Passspiel ist im modernen Football so klar das erste Mittel für Erfolg, dass das Run Game in der NFL nicht nur einen merklichen Wertverlust erfahren hat - auch der Wert eines Running Backs wird zunehmend daran gemessen, wie groß seine Rolle im Passspiel ist.

Hier muss ein Spieler einen Unterschied machen können, hier wird entschieden, wer Spiele gewinnt; nach dem Quarterback sind alle anderen Positionen, die das Passspiel primär beeinflussen (Cornerbacks, Pass-Rusher, Offensive Tackle, Wide Receiver), von größter Bedeutung für den Ausgang eines Spiels.

Gelegentlich gibt es noch Teams, die intensiver auf das Run Game setzen - die Tennessee Titans in den vergangenen Jahren, teilweise auch die Dallas Cowboys oder aktuell die Jacksonville Jaguars dienen hier als Beispiele. Doch findet das immer noch in gewissen Maßen statt, so sehr es manche Coaches auch gerne versuchen würden: in der NFL kommt man um das Passspiel nicht herum.

Army, Navy und Co.: Die Triple-Option Flexbone-Offense

Wer eine kleine Zeitreise antreten will, zurück in die Zeiten, in denen das Run Game den Football dominierte und das Passspiel noch eher als exotisch (bestenfalls) oder feige (sehr Oldschool) betrachtet wurde, der muss in den College-Football gehen. Und da idealerweise zu Army, Air Force oder Navy.

Alle drei Schulen spielen eine Variante der modernen Variante der Triple Option, das philosophische Baby von Paul Johnson, der sie bei Georgia Tech ebenfalls noch spielt. Eine sehr Run-lastige Offense, die in den 1980er und 90er Jahren so richtig auf die Bühne stürmte, und in der Option-Fans voll auf ihre Kosten kommen.

Um es ganz direkt zu sagen: Army und Navy hegen und pflegen eine der ältesten Offenses im College-Football, die Option-Fans voll auf ihre Kosten kommen und Nostalgiker in der Vergangenheit schwärmen lässt: Die Triple-Option Flexbone-Offense.

Absurde Stats durch die Triple Option Flexbone

Die Triple Option generell war einst die dominierende Offense-Variante im College. Alabama nutzte sie unter Bear Brant, Oklahoma spielte sie unter Barry Switzer. Titel wurden damit eingefahren, Rekorde aufgestellt und Gegner dominiert. In der vergangenen Saison spielten noch sieben FBS-Colleges ihre Version der Flexbone Triple Option: Navy, Army, Air Force, Georgia Tech, Georgia Southern, New Mexico und Tulane.

Das führt zu Stat-Lines, die NFL-Fans ihre Augen zweifeln lassen - wie etwa der 64:6-Sieg von Army über Fordham 2017, den Army ohne eine einzige Pass-Completion vollbrachte: Ahmad Bradshaw ging 0/2 als Passer, dafür lief er bei neun Runs im Schnitt für 19,7 Yards pro Run. Army stand am Ende der Partie bei 47 Runs für 513 Yards und acht Rushing-Touchdowns.

Vor diesem Hintergrund ist es wenig überraschend, dass im Vorjahr in der Top-5 was Rushing-Yards pro Spiel angeht vier der oben genannten Teams standen: Army (Rang 1/355,8 Rushing-Yards pro Spiel), Navy (2/343), Georgia Tech (4/307,4) und Air Force (5/306,9). Gleichzeitig hatten fünf Flexbone Triple Option Teams die fünf wenigsten Pässe 2017: Army (61), Navy (101), Georgia Tech (119), Air Force (142) und Georgia Southern (195). Army ging mit insgesamt 19 angekommenen Pässen durch die Saison.

Paul Johnson, Ken Niumatalolo und die Option in Hawaii

Als Paul Johnson in den späten 1980er Jahren die Triple Option für sich entdeckte und begann, sie schematisch auszubauen, war er der 29-jährige Offensive Coordinator in Hawaii. Sein Quarterback Ken Niumatalolo hatte zu dem Zeitpunkt noch nie in einer Option-Offense gespielt, die Schule hatten mehrere ihrer Top-Spieler der Vorsaison verloren.

Und doch: für Zweifel ließ Johnson keinen Raum.

"Ich habe schnell gesehen, dass das eine besondere Offense ist. Wir konnten den Ball gegen jede Defense bewegen. Ich wusste, dass das keine Gimmick-Offense ist", sollte Niumatalolo später sagen, "und sie funktioniert noch immer. Im Kern ist es die gleiche Offense. Andere Dinge kommen und gehen, aber Option-Football in sich betrachtet ist intakt."

Manchmal wird Niumatalolo gar regelrecht emotional, wenn er über die Offense spricht: "Diese Offense ist bewährt. Die Leute denken, dass es eine Gimmick-Offense ist - aber sie basiert auf Zahlen, auf Winkeln innerhalb der Plays. Viele Leute machen die gleichen Dinge in der Spread-Offense, nur eben aus der Shotgun heraus. Aber letztlich geht es um Zahlen."

Wie funktioniert die Triple Option Flexbone Offense?

In ihrer Grundformation hat die Flexbone Offense drei Running Backs im Backfield: Der Fullback steht hinter dem Quarterback, welcher sich Under Center befindet. Je auf jeder Seite vom Fullback steht ein Running Back, die auch "Slotback" oder "Wing Player" genannt werden. Ganz simpel gesagt gibt es nach dem Snap diese drei Optionen: Der Quarterback kann den Ball dem Fullback für einen Inside-Run übergeben, er kann selbst mit dem Ball laufen, oder er kann ihn zu einem der Slotbacks pitchen.

Bei der ersten Option liest der Quarterback zumeist - wie beim Zone Read auch - den Defensive Tackle oder Defensive End auf einer vorher festgelegten Seite. Attackiert er den Quarterback, gibt es die Übergabe an den Fullback. Zögert der Verteidiger, oder zieht in Richtung des Fullbacks, behält der Quarterback den Ball.

Erfolgt Letzteres, behält der Quarterback also den Ball und läuft los. Der erste Verteidiger wurde so via Read also schon aus dem Play genommen, mit dem Ball in der Hand wird der Verteidiger früher oder später auf einen weiteren ungeblockten Verteidiger kommen - meist ein Linebacker oder Safety.

Inzwischen sollte sich einer der Running Backs parallel zum Quarterback befinden, und somit erfolgt der nächste Read: Konzentriert sich der Verteidiger auf den Quarterback, gibt's den Pitch zur Seite. Zögert der Verteidiger oder stellt den Running Back zu, behält der Quarterback den Ball und läuft selbst los.

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