NFL

Ein Raubtier mit vielen Zähnen

Die Offense der Atlanta Falcons war die imt Abstand beste dieser Saison
© getty

Die Atlanta Falcons stellen die fraglos beste Offense dieser Saison - und womöglich sogar darüber hinaus. Einige der Zahlen sind historisch, die Offense von Coordinator Kyle Shanahan besticht durch Vielfalt, spektakuläre Play-Designs und attackiert die Schwächen ihrer Gegner gezielt. Doch wie funktioniert das im Detail? Vor dem Super Bowl gegen die New England Patriots (Montag, 0.30 Uhr live auf DAZN) erklärt SPOX die Falcons-Offensive.

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"Ich bin wirklich stolz auf ihn", schwärmte Atlantas Head Coach Dan Quinn nach dem Sieg im Championship Game gegen die Green Bay Packers von seinem Offensive Coordinator Kyle Shanahan. "Er hat den Nagel auf den Kopf getroffen."

44:21 hieß es am Ende, und das wohl auch nur, weil die Falcons in der zweiten Hälfte ein wenig den Fuß vom Gas genommen hatten. 271 Passing-Yards legte Quarterback Matt Ryan alleine in der ersten Hälfte auf, verteilte den Ball dabei auf neun verschiedene Receiver und verzeichnete drei Touchdown-Pässe.

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Es folgten lediglich noch sechs Passversuche in der zweiten Hälfte, in der Atlanta mit seinem Running Game eher darum bemüht war, Zeit von der Uhr zu nehmen. Wirklich überrascht war kaum jemand von Atlantas 44 Punkten. Dass die Defense Aaron Rodgers über weite Strecken kontrollieren konnte, das war die Überraschung - die Falcons-Offense dagegen? Fast Business as usual.

Vielleicht ist das das größte Kompliment. Im Laufe der Saison haben wir uns daran gewöhnt, dass Defenses gegen Atlantas Offense schlicht überfordert sind: Die Falcons knackten elf Mal die 30-Punkte-Marke (fünfthöchster Wert in der NFL-Geschichte) und legten fünf Mal mindestens 40 Punkte auf (der NFL-Rekord liegt bei sechs). Im Mittelpunkt von alledem: Das wohl am besten zusammengestellte und aufeinander abgestimmte Passing Game, das die NFL seit einer ganzen Weile gesehen hat.

1. Das Passspiel - Feuern aus allen Rohren

"Es ist ganz anders, als das, was ich davor kannte", wurde Ryan vonThe Ringer nach dem Einzug in den Super Bowl zitiert. "Die Play-Calls sind länger und es ist enorm wichtig, alle Details zu verstehen und sicherzustellen, dass alles am richtigen Platz ist. Ich hatte das Gefühl, dass wir einige wirklich tolle Dinge erreichen könnten, sobald wir uns alle aneinander gewöhnt haben."

Das war eindrucksvoll zu sehen: Atlanta beendete die Regular Season mit 40,53 Yards pro Drive (Platz eins), 3,06 Punkten pro Drive (1.) und nur 0,06 eigenen Turnovern pro Drive (2.). Ryan selbst verzeichnete dabei 9,26 Yards pro Passversuch, der höchste Wert aller Zeiten für Quarterbacks mit mindestens 400 Pässen, und der insgesamt höchste Wert seit Kurt Warner und der "Greatest Show on Turf" in St. Louis 2000.

Das Verstecken der Waffen:

Eine dafür allerdings ebenfalls essentielle Statistik: Atlanta führte die Liga auch was Yards nach dem Catch angeht an, und daran hat Shanahan einen riesigen Anteil. Die Route-Designs der Falcons-Receiver nämlich zielen darauf ab, füreinander Platz zu schaffen und Gegnern das Verteidigen gegen den Spielzug als Ganzes möglichst schwer zu machen.

Dabei fällt vor allem ein Stilmittel immer wieder auf - die Falcons schaffen es mit großer Regelmäßigkeit, ihre für den jeweiligen Spielzug primäre Anspielstation in gewisser Weise zu "verstecken". Bedeutet: Beispielsweise aus Stack- oder Bunch-Formations - also Aufstellungen, in denen mehrere Receiver direkt beieinander stehen - läuft mindestens ein Receiver eine vertikale Route, während in dessen Rücken ein anderer, meist etwas tiefer platzierter Receiver, eine horizontale Route läuft.

Der Effekt daraus ist erstaunlich: Defenses müssen einerseits den tiefen Pass respektieren, gegen diese Offense ohnehin. Darüber hinaus allerdings kreiert es Räume für die so über das Scheme "freigeblockten" Receiver, deren Gegenspieler meist einen Umweg laufen müssen, um sie zu erreichen.

Das kann auch später in der Route stattfinden, etwa wenn ein Spieler eine Crossing-Route über die Mitte läuft, während ein anderer Spieler einige Yards weiter downfield in die entgegengesetzte Richtung läuft - und so einem zentral postierten Safety den Weg versperrt.

All das ist exakt so geplant, genau wie die sogenannten Switch-Routes, ein weiteres äußerst auffälliges Mittel. Hierbei führt das Play-Design den außen postierten Receiver nach innen, und den innen platzierten Receiver nach außen. Das kreiert einerseits eine Rub-Route - ein weiteres Konzept, in dem ein Verteidiger dazu gezwungen werden soll, um einen Spieler herum zu laufen, ehe er zu seinem Gegenspieler kommt - andererseits kann es auch zu Kommunikationsfehlern in der Defense führen. So etwa geschehen gegen Seattle.