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Ein "Kinderspiel" für Tolzien - oder?

Scott Tolzien (M.) wird am Donnerstag wohl Quarterback der Colts sein
© getty

Im Thanksgiving Night Game geben sich dieses Jahr die Pittsburgh Steelers (5-5) bei den Indianapolis Colts (5-5) die Ehre. Allerdings müssen die Gastgeber aller Voraussicht nach auf Star-Quarterback Andrew Luck verzichten - ihn ersetzen würde Backup Scott Tolzien. Kein Wunder, dass Ben Roethlisberger und Co. allen Grund zum Optimismus haben.

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Welch ein bitterer Rückschlag für die Colts: Da gewinnt man zwei Siege in Folge und rückt dank der Niederlage der Houston Texans (6-4) in Mexico City wieder in Schlagdistanz zur Division-Spitze - zumal ja noch ein Heimspiel gegen die Texans wartet.

Und dann zieht sich Andrew Luck eine Gehirnerschütterung zu.

Wieder einmal rächt sich die schwache Offensive Line, die in dieser Saison pro Spiel stolze 3,5 Sacks und noch einige Pressures mehr zulässt. Vielleicht war es der Hit von Titans-Defensive Tackle Austin Johnson im Schlussviertel, vielleicht auch einer von sieben weiteren Hits (zwei Sacks). Unterm Strich bleibt: Zum zweiten Mal hintereinander wird Luck wohl keine 16 Saisonspiele absolvieren können.

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Zwar ist es noch nicht offiziell, auch Coach Chuck Pagano wollte den Ausfall des teuersten Spielers aller Zeiten am Dienstag noch nicht bestätigen. Aber nach nur drei spielfreien Tagen aus dem Concussion Protocol der NFL entlassen zu werden, ist selbst bei optimalem Heilungsverlauf fast unmöglich. Außerdem ließ sich Wide Receiver T.Y. Hilton entlocken, dass Pagano intern einen Einsatz von Luck bereits ausgeschlossen haben.

Bereits in der Vorsaison hatte Indys Quarterback aufgrund einer Bauchmuskel- und Nierenverletzung insgesamt neun Spiele verpasst. Aber damals hatte man mit Matt Hasselbeck einen abgebrühten Veteranen als Ersatz parat, der von acht Spielen fünf gewinnen konnte. Hasselbeck arbeitet mittlerweile für ESPN. Und so wird es am Donnerstag voraussichtlich Scott Tolzien richten müssen.

"Man könnte sagen, dass ihm die Snaps fehlen"

Tolzien...wer war das doch gleich? Dem Gegner aus Pittsburgh geht es da ähnlich. "Ich hab keine Ahnung, wer das ist", soll Safety Sean Davis gesagt haben, und Linebacker Ryan Shazier erklärte, man werde schon noch etwas über Tolzien herausfinden. Deshalb schnell die Fakten: Der Colts-Backup ist 29 und seit 2011 in der Liga, zuerst bei den Chargers, dann San Francisco, Green Bay und seit März bei den Colts.

Seine Erfahrung ist dennoch überschaubar. Sechs Einsätze insgesamt, zwei bei den Packers von Beginn an vor drei Jahren. Insgesamt 56/91 für 717 Yards und einen Touchdown. Und fünf Interceptions. "Ja, man könnte wohl sagen, dass ihm die Snaps und das Tape und die geworfenen Pässe und die gecheckten Protections und solche Dinge fehlen", musste sogar Pagano zugeben. "Aber Scott hat riesige Fähigkeiten und ich habe vollstes Vertrauen in ihn, genau wie die ganze Organisation und vor allem die Spieler in unserer Kabine."

Tolzien sei jemand, der "sich jeden Tag vorbereitet, als wäre er selbst der Starter", betonte Pagano. "Er kennt und versteht diese Offense." Man sei schon einmal in dieser Situation gewesen und habe sie gemeistert. "Spiel einfach, du darfst dich nicht unter Druck setzen", sei seine Message an Tolzien. "Er muss nicht das ganze Team tragen. Das tut Andrew auch nie."

"... am Ende nur ein Kinderspiel"

Darüber könnte man sicher geteilter Meinung sein. Aber die Botschaft scheint Tolzien erreicht zu haben. Der gehört ohnehin zur eher ruhigen Sorte. "Ich weiß nicht, ob ich so bin oder nicht", antwortete er darauf angesprochen. "Man muss sich gut vorbereiten und darf nicht vergessen, dass es am Ende nur ein Kinderspiel ist. Ich spiele Football, seit ich sieben Jahre alt bin. [...] Einfach locker bleiben und das Ganze wie ein Kind angehen."

Einen Vorteil hat der voraussichtliche Starter auf seiner Seite: Da Luck im Laufe der Saison fast traditionell am Donnerstag aussetzte, blieben Tolzien einige Reps mit der First-Team-Offense. "Es wird ein bisschen anders als sonst", erklärte Hilton. "Aber wir haben schon seit den OTAs und dem Minicamp trainiert. Wir wissen, was von ihm zu erwarten ist. Unsere Fünf-Sterne-Spieler müssen einfach zeigen, was sie können." Das gelang Hilton im vergangenen Jahr mit Hasselbeck nicht: Gegen die Steelers fing er gerade mal drei Bälle für 36 Yards Raumgewinn.

Pittsburgh: keine große Umstellung

Bei den Steelers will man dem Ausfall von Luck derweil noch nicht so recht über den Weg trauen - hat man doch mit Ben Roethlisberger seinerseits einen Quarterback, der selbst schwere Verletzungen in Rekordzeit wegsteckt. "Wenn man im (Concussion) Protocol steht, ist man nicht automatisch raus", so Shazier. Die Entscheidung werde wohl erst kurz vor Kick-Off fallen. Aber selbst ohne Luck wäre es laut Safety Mike Mitchell keine große Umstellung: "Andrew Luck ist ein beweglicher Pocket Quarterback, und Tolzien wäre auch ein Pocket Quarterback. Wir würden gegen die gleiche Offense spielen, also wird das hoffentlich nicht allzu schwierig für uns."

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Die Konzentration liegt vielmehr auf der eigenen Offense, die gegen die hilflosen Browns zwar vier lange Drives hinlegte, diese dann aber gleich dreimal nur per Field Goal beendete - wäre Coach Mike Tomlin vor dem Seitenwechsel nicht aufs Ganze gegangen, stünde die Bilanz sogar bei 4/4. "Wir müssen in der Red Zone ein paar Details verbessern", gab Running Back Le'Veon Bell zu. "Gegen Cleveland sind wir damit noch durchgekommen, aber in anderen Spielen vielleicht nicht mehr."

Bell, der gegen die Browns für 201 Yards Raumgewinn verantwortlich war und mittlerweile im Running und Passing Game fast gleichstark zu sein scheint, wird auch gegen die Colts wieder auftrumpfen wollen. Die lassen großzügige 4,5 Yards pro Carry zu. Noch leichter könnte es für Wideout Antonio Brown werden: Fast 285 Passing Yards gibt Indy pro Spiel ab. Das bedeutete die Rote Laterne - und für Donnerstag stehen auch noch Cornerback Vontae Davis (Knöchel) und Safety Clayton Geathers (Gehirnerschütterung) auf der Kippe. Vorsichtshalber verpflichtete das Team unter der Woche Free Agent Darryl Morris für die Secondary.

Big Ben als Colts-Killer

Die größte Bedrohung stellt aber Roethlisberger da, wenn man die beiden letzten Duelle zu Rate zieht. 2015 trumpfte er mit 364 Yards und vier Touchdowns auf, im Jahr davor waren es sogar gigantische 522 Yards und sechs Touchdowns. Allerdings fanden beide Spiele im Heinz Field statt - und anno 2016 hat er auswärts nur einmal die 300 Yards knacken können.

Auch der 34 Jahre alte zweifache Champion rechnet mit einem Einsatz von Luck. Und warnt ihn gleichzeitig davor. Schließlich war Big Ben im vergangenen Jahr selbst ins Concussion Protocol gerutscht, hatte seinerseits aber sechs Tage zur Regeneration. "Er ist jung und hat eine lange Karriere vor sich. Mit dem Gehirn ist nicht zu spaßen." Er selbst habe im Laufe seiner Karriere zu oft nicht zugegeben, dass er etwas abbekommen oder eine Gehirnerschütterung davongetragen haben. "Wenn ich zurückschaue, wünschte ich, ich hätte das nicht getan."

Mit Sympathie sollten die Colts aber nicht rechnen - auch wenn Luck wider Erwarten auflaufen sollte. Mit einer ebenfalls ausgeglichenen Bilanz steht Pittsburgh gemeinsam mit Baltimore an der Spitze der AFC North, und viele Geschenke bietet der Spielplan nicht mehr.

Week 12 im Überblick

Das SPOX-NFL-Tippspiel, Week 12:

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PanthersRaidersRaidersRaiders
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