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Gefangen im eigenen Ich

Carson Palmer (r.) und die Cardinals-Offense haben bisher mehr als ein wenig Sand im Getriebe
© getty

Die vor der Saison als heißer Titel-Anwärter gehandelten Arizona Cardinals (1-3) haben einen völlig unerwarteten Fehlstart hingelegt und stehen nach dem ersten Saisonviertel bereits mit dem Rücken zur Wand. Zum Auftakt von Week 5 müssen die Cards jetzt ohne Carson Palmer zu Division-Rivale San Francisco (1-3), alles andere als ein Sieg zählt für das Team von Coach Bruce Arians nicht (Fr., ab 2.25 Uhr live auf DAZN). Doch die Probleme über die ersten vier Spiele kommen nicht von ungefähr - und sind zumindest teilweise auch hausgemacht.

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Es war, als würde er Cardinals-Fans und der gesammelten Experten-Schar aus der Seele sprechen. "Ich sage es mal so: Diesen Start habe ich niemals kommen sehen", gab Geschäftsführer Steve Keim am Montag bei Arizona Sports zu. "Wir haben jetzt zum ersten Mal seit drei Jahren richtigen Gegenwind und wir werden schnell herausfinden, wer wir wirklich sind."

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Sein Team hatte gerade das dritte von vier Saisonspielen verloren, zuhause gegen Division-Rivale Los Angeles. Arizona hat schon jetzt so viele Niederlagen auf dem Konto, wie in der kompletten Vorsaison und dabei bereits zwei Heimspiele abgegeben. Beim Duell mit den 49ers wird Quarterback Carson Palmer, der gegen L.A. eine Gehirnerschütterung erlitten hat, ausfallen, und blickt man auf die Ergebnisse, sind die Cardinals bisher vor allem eines: Weit weg von dem Titel-Anwärter-Status, den ihnen vor der Saison nahezu durch die Bank weg jeder zugeschrieben hatte.

Doch gehen die Hintergründe für den schwachen Saisonstart des amtierenden NFC-West-Champions tiefer als die reinen Ergebnisse, umso mehr, da Arizona jedes der Spiele ohne Frage hätte gewinnen können. Und so kam es wenig überraschend, als Keim hinzufügte: "Es gab Anzeichen dafür, dass wir ein talentiertes Team haben, und wir haben noch Zeit."

Aber auch er weiß: "Wir dürfen uns jetzt keine Fehltritte mehr erlauben. Jeder weiß, dass sich die Dinge in unserer Position schnell verändern müssen."

"Das können wir viel besser"

Und das beginnt mit der Offense. Im Vorjahr noch dominierte Arizona Gegner reihenweise mit seinen explosiven, langen Pässen und einem gleichzeitig ausbalancierten und hochkarätig besetzten Passing Game. Davon ist bisher in dieser Saison wenig zu sehen, selbst nach dem 40:7-Erfolg über Tampa Bay in Week 2 monierte Coach Bruce Arians: "Das Ergebnis zeigt in meinen Augen nicht, wie schlecht wir offensiv gespielt haben. Das können wir viel besser. Die Kommunikation war nicht gut und wir hatten viel zu viele mentale Fehler."

Doch nach vier Spielen kristallisiert sich immer mehr heraus, dass die Probleme nicht nur durch Arizonas eigene Fehler zustande kommen, dennoch aber zumindest teilweise hausgemacht sind. So haben sich Defenses allem Anschein nach auf Arians' Offense aus der vergangenen Spielzeit eingestellt. Es begann schon mit New England beim Auftakt und setzte sich seither fort: Defenses konzentrieren ihre Coverage verstärkt darauf, die langen Pass-Optionen zuzustellen und setzten gleichzeitig der gerade in Pass-Protection anfälligen Offensive Line zu.

Das Power Ranking nach 4 Spielen: Defense wins Championships - oder?

Die Folge daraus: Palmer muss den Ball etwas länger halten, hat aber weniger Zeit und so kassiert er viel zu viele Sacks und Hits - genau so kam auch die Gehirnerschütterung gegen die Rams zustande. Der Druck zerstört das Timing der Offense, das lange Passspiel funktioniert so nicht: Gegen Los Angeles hatten Palmer und Backup Drew Stanton zusammengenommen 22 Pässe, die mindestens zehn Yards weit flogen. Das Ergebnis daraus waren null Touchdowns und drei Interceptions.

Der Schlüssel liegt im Running Game

Selbst wenn man die Probleme in der O-Line, Palmer war in der Vorsaison gegen Defense-Pressure einer der besten Quarterbacks der Liga, ausklammert - Arizonas Quarterback ist schlicht deutlich von seinem sensationellen Level der vergangenen Regular Season entfernt. In der Folge wirft er zu viele deutlich zu riskante Pässe, allerdings kommen diese Pässe auch zustande, weil Arians konstant an seinem aggressiven Passing-Scheme festhält. Dabei ruht der Schlüssel zur Rückkehr zu einer dominanten Offense möglicherweise woanders.

Die Cardinals nämlich haben sich über die letzten Jahre alle Bausteine für eine dominante Rushing-Offense zusammengesammelt: Die via Free Agency verpflichteten Guards Mike Iupati und Evan Mathis haben ihre Stärken genauso im Run-Blocking wie Center A.Q. Shipley und Football Outsiders listet die O-Line als fünftbeste Line im Run-Blocking. Vor allem aber hat Arizona in David Johnson einen Top-5-Running-Back, der das auch konstant auf dem Platz zeigt und regelmäßig Arizonas bester Offense-Spieler ist.

Dahinter gibt es auch nach der Verletzung von Chris Johnson mit Andre Ellington einen guten Rotationsspieler. In der Folge verzeichnen die Cards über die ersten vier Spiele 4,2 Yards pro Run, nur zehn Teams sind hier noch besser. Gleichzeitig aber rangiert das Team von Coach Arians in punkto Rushing-Versuche pro Spiel mit deren 24 nur auf dem 21. Rang und ist deutlich näher an Schlusslicht Miami (18,5) als an der Spitzengruppe um Dallas (35), New England (32,5), Philadelphia und San Francisco (je 32).

Zu oft bekam man zuletzt den Eindruck, dass Arians entweder zu früh vom Running Game weg ging, oder Spiele mit einem sehr Pass-lastigen Ansatz einleitete. Und das obwohl neben Palmer auch die Receiver, insbesondere Michael Floyd, bislang weitestgehend eher durchwachsen spielen. Immerhin John Brown scheint seinen Trainingsrückstand infolge einer Gehirnerschütterung aufgeholt zu haben und war zuletzt deutlich stärker in den Game Plan involviert.

Der Badger ist zurück

All das könnte Arizona vielleicht sogar noch irgendwie auffangen, wenn die Defense ihr Potential voll ausschöpfen würde. Auch hier allerdings ist das Niveau der Vorsaison noch ein Stück weit entfernt. Und auch das hat einige Gründe, die auf der Hand liegen.

Da wären einerseits die Probleme in der Defensive Line. Erstrunden-Pick Robert Nkemdiche schlägt sich seit Wochen mit einer Knöchelverletzung herum und auch Frostee Rucker ist verletzt, so dass Calais Campbell viel zu oft auf sich alleine gestellt ist. Das übt großen Druck auf die Linebacker aus - und im schlimmsten Fall sieht das dann so aus wie in Buffalo, als LeSean McCoy und Tyrod Taylor die Defense im Running Game dominierten.

Insgesamt bereiten Quarterbacks der Defense große Probleme, wenn sie die Pocket verlassen - so auch zuletzt gesehen bei Case Keenum. Darüber hinaus war die Defense für kurze Pässe anfällig, diese beiden Probleme aber sollen schon bald der Vergangenheit angehören, denn: Der Honey Badger ist zurück.

Der Week-4-Hangover: Debakel im Flips-Look

Tyrann Mathieu ist zwar nach überstandenem Kreuzbandriss seit Week 1 mit dabei, die Coaches waren aber sehr vorsichtig: Nur 25 seiner 220 Snaps verbrachte er tatsächlich im Slot, nahe an der Line of Scrimmage, wo er ohne Frage am besten ist. Stattdessen war er meist auf Free Safety, doch damit ist jetzt Schluss. "Ich bin bereit, ich erwarte große Dinge von mir selbst. Ich fühle mich wohl und es ist Zeit, dass ich zurückkomme. Ich muss wieder Plays machen", stellte Mathieu unter der Woche klar. Defensive Coordinator James Bettcher bestätigte am Tag darauf, dass Mathieu gegen die Niners in den Slot zurückkehrt.

Zu früh für Panik

Ausreden, das ist ohnehin klar, sind ab sofort für Arizona verboten. Das gilt umso mehr gegen ein 49ers-Team, dessen Talent-Level auf dem Papier deutlich hinter Arizona steht und das sich ohne Frage im Umbruch befindet. Die Niners stehen bei desolaten 6,1 Yards pro Pass, dennoch hält Chip Kelly an Blaine Gabbert fest. Vor allem aber ist die Defense inzwischen auch ein großes Problem.

NaVorro Bowman hat einen Achillessehnenriss erlitten und wird den Rest der Saison verpassen, während gegen die Cards auch Defensive Lineman DeForest Buckner sowie Safety Jimmie Ward ausfallen und Buckners D-Line-Kollege Arik Armstead eine Schulterverletzung plagt.

Und all das gegen ein Cardinals-Team, das sich schlicht keine Niederlage leisten darf. Völlig unabhängig davon, dass Drew Stanton zuletzt einen sehr schwachen Eindruck hinterließ. Es habe, so Steve Keim weiter, nach der Rams-Pleite "viel Wut in der Kabine" gegeben, "auf eine gute Art und Weise".

Deshalb sei es auch trotz des unerwarteten Fehlstarts noch zu früh für Panik: "Panik ist für mich ein Wort, wenn du deinen Pfad verlässt und unorthodoxe Dinge tun musst. Ich glaube nicht, dass wir das im Moment brauchen. Ich glaube, wir haben einige gute Spieler, die besser spielen müssen. Und einige Spieler, die in punkto Vorbereitung wieder besser arbeiten müssen."

Week 5 detailliert im Überblick

Das SPOX-NFL-Tippspiel, Week 5:

Florian RegelmannStefan PetriAdrian FrankeMarcus Blumberg

Cardinals @49ers

CardinalsCardinalsCardinalsCardinals

Patriots @Browns

PatriotsPatriotsPatriotsPatriots

Eagles @Lions

EaglesLionsEaglesEagles
Bears @ColtsColtsColtsColtsBears
Titans @DolphinsDolphinsDolphinsTitansDolphins
Redskins @RavensRavensRedskinsRavensRavens
Texans @VikingsVikingsVikingsVikingsVikings
Jets @SteelersSteelersSteelersSteelersSteelers
Falcons @BroncosBroncosBroncosBroncosBroncos
Bengals @CowboysBengalsBengalsCowboysCowboys
Bills @RamsRamsRamsBillsRams
Chargers @RaidersRaidersRaidersRaidersRaiders
Giants @PackersPackersPackersPackersPackers
Buccaneers @PanthersPanthersPanthersPanthersPanthers
Week 48-79-68-78-7
Insgesamt32-3131-32

37-26

39-24
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