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Unfassbar! Drama-Remis in der Wüste!

Die Defenses dominierten zwischen Seattle und Arizona auf beiden Seiten
© getty

Die Arizona Cardinals (3-3-1) haben es verpasst, in der Division die Lücke zu den Seattle Seahakws (4-1-1) signifikant zu verkleinern. In einem nahezu komplett von den Defenses dominierten Spiel hatte Arizona offensiv lange den deutlich besseren Auftritt - schaffte es aber nicht, sich selbst zu belohnen. Beide Teams schienen mehrfach wie der schon sichere Sieger, doch in einer hochdramatischen Overtime versagten beide Kicker. So stand am Ende ein 6:6 (0:0, 3:0, 0:0, 0:3, 3:3) BOXSCORE.

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In einem auf beiden Seiten extrem physischen Spiel boten sowohl die Cardinals, als auch die Seahawks eine Defensiv-Schlacht, wie man sie heute in der NFL nur noch sehr selten zu sehen bekommt. Seattle ging in das Schlussviertel mit ganzen drei (!) First Downs, Arizona auf der anderen Seite konnte lange sein klares Plus an Ballbesitz-Zeit nicht verwerten.

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Das schlug sich auch in den Statistiken nieder. Russell Wilson (24/37, 225 YDS) fand hinter einer löchrigen Offensive Line erst in der Overtime seinen Rhythmus, Carson Palmer (29/49, 342 YDS) hatte zumindest ein wenig mehr Erfolg. Doch die Cardinals fabrizierten aus zahlreichen Trips in Seattles Hälfte keine Punkte und so rettete Seattle sich in die Overtime - wo beide Teams die Chance hatten, das Spiel mit kurzen Field Goals zu entscheiden. Doch beiden Kickern versagten die Nerven.

Die Stimmen:

Bruce Arians (Head Coach Cardinals): "Hoffentlich verfolgt uns dieses Spiel nicht am Saisonende noch."

...über das vermeintliche Foul von Wagner beim Field-Goal-Block: "Er hat ihn berührt. Haben Sie es nicht gesehen? Für mich sah es jedenfalls so aus. Aber die Refs haben anders entschieden und auch beim letzten Kick hat er den Long Snapper definitiv berührt. Ich bin mir sicher, wir werden die Liga darauf ansprechen und dann irgendeine Erklärung bekommen, die kompletter Mist ist, wie normalerweise."

Pete Carroll (Head Coach Seahawks): "Das war ein unfassbares Spiel. Ich glaube nicht, dass ich schon mal ein Unentschieden selbst miterlebt habe und mein Kopf kann das noch nicht richtig einordnen. Es war ein unglaubliches Duell zweier Teams, die sich nichts geschenkt haben. Es blieb so eng, weil beide Defenses sensationell gespielt haben."

Der Spielfilm:
Vor dem Kick-Off:
Es ist angerichtet! Der NFC-West-Kracher zur Primetime lässt schon einen leichten Hauch von Playoff-Luft erahnen: Verlieren die Cardinals zuhause, ist die Division wohl schon außer Reichweite. Angehen müssen sie diese Aufgabe ohne den verletzten Receiver John Brown, im Gegenzug kehrt Guard Mike Iupati zurück.

Auch Seattle auf der anderen Seite hat einen schwerwiegenden Ausfall zu beklagen, Safety Kam Chancellor ist nicht rechtzeitig fit geworden. Das machte sich in der Vorwoche gegen Atlanta vor allem in der Run-Defense bemerkbar. Mit dabei sind dagegen die unter der Woche angeschlagenen D-Liner Frank Clark und Michael Bennett.

1. Viertel: Wie schon in den vergangenen beiden Spielen startet Arizona offensiv mit kurzen und mittellangen Pässen, der erste Drive endet aber nach einer kostspieligen Strafe - die Drop-Probleme der vergangenen Wochen setzen sich zudem fort. Seattles erster Drive hat noch gar keinen Rhythmus, Wilson wird beim Zone Read im Backfield gestoppt, die Cards-Front beginnt, auch gegen Seattles Empty-Backfield-Formation, extrem aggressiv und Wilson steckt früh viele Hits ein. Arizona hat mit seiner Kombination aus Runs und kurzen Pässen zwar etwas mehr Erfolg, Punts auf beiden Seiten prägen dennoch das Bild in den ersten Minuten. Seattle bleibt im ersten Viertel ohne First Down. 0:0.

2. Viertel: Nachdem Seattle aus der eigenen Endzone punten muss, beginnen die Cards ihren nächsten Drive tief in der Hawks-Hälfte. Dabei springt allerdings nur ein Field-Goal-Versuch heraus - und den blockt Bobby Wagner spektakulär, indem er über die Line springt! Offensiv dagegen setzen sich die Probleme fort, auch Drops plagen Seattles Passing Game. Arizona dominiert die Ballbesitz-Zeit und die Yard-Statistiken komplett, tut sich aber gleichzeitig extrem schwer damit, Zählbares daraus zu machen. Das ändert sich erst kurz vor der Halbzeitpause: Johnson ist jetzt auch im Passing Game ein stärkerer Faktor und rettet den Drive bei Third Down sensationell. Dieses Mal klappt das Field Goal aus 46 Yards. Seattles O-Line dagegen macht es der eigenen Offense weiter schwer, einen Drive zusammen zu basteln. Dadurch kommen die Cards nochmals in Position: Palmer dirigiert einen guten 1-Minute-Drill - doch Seattle beendet den versuchten Field-Goal-Drive per Sack! 3:0 Cardinals zur Halbzeit.

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3. Viertel: Seattle kommt mit einigen guten Runs aus der Pause, steht sich aber erneut mit Strafen selbst im Weg - und auch defensiv folgen jetzt Fouls, ein ungewohntes Bild für die Seahawks. Arizona kommt so bis in die Red Zone und spielt ein kurzes Fourth Down aus, doch Seattles Defense hält! Die Cardinals bekommen in Seattles Hälfte einfach zu wenige Punkte zustande, aus drei Trips innerhalb der gegnerischen 30-Yard-Line stehen drei Punkte auf dem Konto. 3:0 Cardinals.

4. Viertel: Arizona beginnt das Schlussviertel in Seattles Hälfte, weil Nelson per Crossing Route für einen der größten Raumgewinne des Abends sorgt. Nach erneuter Strafe aber müssen die Cards wieder in der gegnerischen Hälfte punten. Es bleibt die Defense-Show auf beiden Seiten, mit gleichem Bild: Seattle kommt nicht aus der eigenen Hälfte raus, Arizona kann gute Field Positions nicht nutzen. Neun Minuten vor dem Ende steht Seattle bei vier First Downs! Chandler Jones schlägt dann auch noch Wilson den Ball aus der Hand, die Hawks aber bleiben in Ballbesitz. Und wenig später passiert es: Die Seahawks blocken einen Cardinals-Punt tief in Arizonas Hälfte, haben erstmals überhaupt heute Ballbesitz jenseits der 50-Yard-Line und gleichen vier Minuten vor dem Ende aus! Beide Teams haben daraufhin die Chance auf den Game-Winning-Drive, beide Male ist die gegnerische Defense wieder überlegen. 3:3, Overtime!

Overtime: Arizona gewinnt den Münzwurf und nimmt den Ball - mit Blick auf den Spielverlauf keine selbstverständliche Wahl. Michael Floyd wird dann zum ersten tragischen Helden: Erst fängt er Palmers Pass bei 3rd&10, kurz darauf lässt er beim nächsten Third Down komplett frei den Ball fallen. Der Kick aus 45 Yards geht durch - und plötzlich funktioniert Seattles Offense: Ein guter Run, Play Action und schon sind die Hawks tief in Arizonas Hälfte. Wo die Defense schließlich hält: Field Goal, Ausgleich. Doch Palmer antwortet: Tolle Pässe zu Momah und Nelson, jeweils gegen Sherman, bringen Arizona an die 5-Yard-Line. Johnson bringt den Ball bei zwei Versuchen nicht über die Goal Line - und aus 25 Yards geht das FIELD GOAL AN DEN PFOSTEN! Unfassbar! Wilson bringt sein Team danach in Position - und der 28-Yard-Kick GEHT AUCH DANEBEN! Es ist ein Wahnsinn!! Damit bleiben nur noch sieben Sekunden auf der Uhr, das Hail-Mary-Wunder bleibt aus und es gibt tatsächlich das Unentschieden! 6:6!

Der Star des Spiels: Arizonas Front-Trio. Chandler Jones, Markus Golden und Calais Campbell spielten schlicht und ergreifend herausragend. Seattles Offensive Line war vom ersten Drive an komplett überfordert, die starken Auftritte der Cardinals-Pass-Rusher setzen sich fort. Auf der anderen Seite überragte Cliff Avril (2,5 Sacks), den Arizonas O-Line genauso wenig in den Griff bekam. Bester Offense-Spieler auf dem Platz war einmal mehr David Johnson (33 ATT, 113 YDS; 8 REC, 58 YDS).

Der Flop des Spiels: Arizonas Special Team. Zum wiederholten Male in dieser Saison kostete das Special Team die Cards einen Sieg: Ein Punt-Block, ein Field-Goal-Block, abgesehen von einem Kick fast nur schlechte Punts und dann natürlich der Field-Goal-Fehlschuss in Overtime - all das verhinderte einen deutlich früheren Sieg und überschattete letztlich einen völlig desolaten Auftritt von Seattles Offensive Line.

Das fiel auf:

  • Die Hausherren begannen defensiv sehr aggressiv, konnten aber von Anfang an auch mit dem 4-Men-Rush Druck auf Wilson erzeugen - in den vergangenen Jahren oft ein Problem für die Cards gegen Seattle (3 Hits allein über die ersten fünf Pass-Versuche).
  • Das hatte mehrere Gründe: Arizonas verbesserter Pass-Rush zeigte die nächste starke Vorstellung, gleichzeitig wurden die Schwächen in der Hawks-O-Line einmal mehr schmerzhaft offensichtlich. Darüber hinaus war schnell klar, dass Wilson nach wie vor angeschlagen ist und sich sehr unrund bewegt. Arizonas Coverage- und Rush-Konzepte mit Pass-Rushern über die Mitte und gelegentlich einem Spy funktionierten gut gegen Wilson.

  • All das hatte auch Auswirkungen auf die Coverage. Die Tatsache, dass die O-Line nicht hielt und Wilson nur selten Plays mit seinen Bewegungen verlängern konnte, erlaubte es Arizona, die Receiver aggressiv zu decken: Wilson musste den Ball schließlich meist schnell werfen, doch selbst in der Spread-Formation mit Empty Backfield war häufig kein Receiver frei. Zur Halbzeit standen 181 Cardinals-Yards derer 47 für Seattle gegenüber.
  • Stichwort Coverage: Patrick Peterson folgte Doug Baldwin auch in den Slot, es war über weite Strecken eine klare Mann-Zuteilung. Allerdings zog sich Arizonas Star-Cornerback eine leichte Rückenverletzung zu, und musste mehrfach während des Spiels behandelt werden.
  • Zuletzt hatten die Seahawks-Coaches wiederholt angekündigt, dass Wilson im Running Game wieder eine größere Rolle bekommen soll - doch es wirkte fast, als würden ihn seine Blessuren am Knöchel und am Knie stärker behindern, als vergangene Woche. Die wenigen Runs sahen sehr langsam aus, selbst als Ablenkung funktionierte er so nicht.
  • Die Cardinals auf der anderen Seite bauten anfangs auf Heavy Formations und liefen teilweise gar aus 3-TE-Sets. Allerdings musste Darren Fells, Arizonas bester Blocking-Tight-End, gegen Ende des ersten Viertels aufgrund einer Knöchelverletzung raus, was den Ansatz etwas änderte. Außerdem auffällig: Arians gab Johnson dieses Mal früher Pausen, außerdem waren auch End-Around-Runs mit J.J. Nelson, wie schon gegen die Jets, ein Mittel.
  • Gleichzeitig operierte Arizona teilweise aber auch aus einer 5-Receiver-Spread-Formation heraus und setzte, wie zuletzt gegen San Francisco und die Jets erfolgreich, auf mehr kurze und mittellange Pässe. Bei den langen Pässen wieder deutlich: Palmers mangelnde Genauigkeit, das Timing stimmte hier wieder nicht. Es ist im Passspiel der große Unterschied im Vergleich zur Vorjahres-Offense.
  • Dabei darf aber Seattles extrem starke Coverage nicht unerwähnt bleiben, auch Linebacker Bobby Wagner lieferte im Eins-gegen-Eins gegen Johnson gute, enge Deckung. Seattle konnte zudem seinerseits immer wieder unfassbaren Druck an der Line of Scrimmage erzeugen.

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