QB-Jäger und Big-Play-Garantie?

Von Adrian Franke
09. Januar 201613:33
J.J. Watt und die Texans-Defense wollen Houston bis in die Divisional-Runde tragengetty
Werbung
Werbung

Endlich ist es soweit, die Playoffs sind da! Los geht's in der AFC, wo zunächst die Houston Texans die Kansas City Chiefs zu einem Rematch empfangen - beide Teams haben einen überraschend ähnlichen Weg hinter sich. Die Chiefs hoffen auf Top-Pass-Rusher Justin Houston. In Cincinnati steht anschließend der AFC-North-Kracher an: Die Bengals empfangen Pittsburgh ohne Andy Dalton. Die Steelers müssen derweil ohne DeAngelo Williams ran.

No. 4 Houston Texans (9-7) - No. 5 Kansas City Chiefs (11-5) (Sa., 22.35 Uhr)

Der Weg in die Playoffs:

Houston: Rückblick, Houston Ende Oktober. Es schien, als wäre alles vorbei. Die Saison, die Playoff-Träume, vielleicht gar die Amtszeit von Head Coach Bill O'Brien. Der hatte noch im ersten Spiel seinen Quarterback getauscht, statt Brian Hoyer durfte doch Ryan Mallett ran - und drei Wochen später hieß es dann: Kommando zurück. Das Team verlor indes unter anderem mit 21:38 in Atlanta und mit 20:27 gegen stark angeschlagene Colts. Dann aber folgte der wahre Schocker: Houston wurde beim 26:44 in Miami komplett gedemütigt, die Dolphins führten mit 41:0 zur Halbzeitpause.

Und es sollte noch schlimmer kommen. Arian Foster, gerade erst wieder genesen und einer der wenigen Lichtblicke in Houston bis dato, brachte eine Achillessehnenverletzung aus South Beach mit. Saisonaus. Doch kurioserweise war es der Anfang der Wende: Houston schockte die Bengals in Week 10, schlug, auf dem Rücken einer inzwischen stark verbesserten Defense, die Jets und die Saints und im Saisonendspurt sicherten sich die Texans mit drei Division-Siegen den Titel in der (zugegebenermaßen enttäuschend schwachen) AFC South.

Kansas City: Die Chiefs haben ein ähnliches Szenario hinter sich wie ihr Wildcard-Gegner - rein auf die Ergebnisse bezogen ging es gar noch dramatischer zu. Kansas City schlug die Texans zwar zum Auftakt mit 27:20, danach setzte es aber fünf Pleiten in Folge. Zum Teil gegen starke Gegner (Cincinnati, Green Bay früh in der Saison), zum Teil durch selbstverschuldete Fehler (gegen Denver in Week 2), zum Teil durch schwache Auftritte (gegen Chicago). Zusammenfassung: Auch die Playoff-Träume der Chiefs schienen sich frühzeitig dem Ende zuzuneigen.

Die Parallelen gehen gar noch tiefer, denn Kansas City verlor ebenfalls seinen Star-Running-Back. Für Jamaal Charles war die Saison nach fünf Spielen aufgrund eines Kreuzbandrisses vorzeitig beendet. Doch niemand verfiel in Panik. Stattdessen steigerte sich die Offensive Line von Woche zu Woche und das Passspiel über Alex Smith und Jeremy Maclin klappte immer besser - zunehmend sogar mit vereinzelten tiefen Pässen. In der Defense etablierten sich Eric Berry und Marcus Peters, so dass Kansas City nach der Pleiten-Serie zehn (!) Spiele in Folge gewann und den Division-Titel nur knapp verpasste.

Die aktuelle Situation:

Houston: In der kompletten zweiten Saisonhälfte hat Houston nur zwei Mal mehr als 24 Punkte zugelassen: Gegen Buffalo (21:30) und gegen die Patriots (6:27). Klammert man diese beiden Spiele aus, gelangen Texans-Gegnern in sechs Spielen ganze 8,5 Punkte pro Spiel! Die Defense ist das absolute Prunkstück in Houston, angeführt von J.J. Watt, der nach auskuriertem Handbruch seine zweite Hand inzwischen auch wieder voll benutzen kann.

Offensiv bleibt das Running Game eine wacklige Angelegenheit, mit Ausreißern nach oben und nach unten. Nach der Regular Season stehen allerdings lediglich 3,7 Yards pro Run und damit zu wenig für eine Offense, die im Passing Game nicht wirklich explosiver ist. Zwei Fragen bleiben: Was macht Houston, wenn Receiver DeAndre Hopkins nicht ins Spiel findet? Und wie wird der schwerwiegende Ausfall von Left Tackle Duane Brown aufgefangen?

Das SPOX-Panel zu den Playoffs: "Versagt Manning, ist Ende!"

Dem Zufall wird jedenfalls nichts überlassen, wie O'Brien ausführte: "Vor einem Regular-Season-Spiel schaust du dir von deinem Gegner vielleicht die drei, vier letzten Spiele oder die Partien gegen einen bestimmten Gegner an. Jetzt siehst du alle Snaps und versuchst, überall einen Vorteil für dein Team zu finden. Egal ob Down, Distance, Situation, auswärts, zuhause, Special Teams, wie Alex Smith in welcher Situation agiert. All diese Dinge. Wir müssen uns wirklich detailliert vorbereiten."

Kansas City: O'Briens Gegenüber am Samstag, Andy Reid, weiß ebenfalls schon genau, worauf es für sein Team ankommen dürfte: "Houston spielt wirklich gut, sie hatten zuletzt acht Sacks gegen Jacksonville. Das wird eine tolle Herausforderung für unsere Offensive Line, darum geht es. Wir spielen in der O-Line nicht immer schön. Aber diese Jungs kämpfen Woche für Woche, und das gilt es, zu würdigen."

Vor allem im Run-Blocking haben die Chiefs eine beachtlich starke Einheit, was die 4,7 Yards pro Run erklären. Lediglich Buffalo und Tampa Bay (je 4,8) sind hier noch besser. Bei den Rushing-Touchdowns (19) steht zudem niemand vor Kansas City. Darüber hinaus hat KC inzwischen ein zumindest solides, verlässliches Passspiel - und so etwas wie einen Playoff-Quarterback!

Alex Smith hat inzwischen drei Starteinsätze in der Postseason auf dem Konto. Seine Bilanz: 873 Passing-Yards, neun Touchdowns, keine Interception. Und auch die Chiefs haben eine durchaus fähige Defense, die während der Zehn-Spiele-Siegesserie nur 12,8 Punkte pro Spiel zuließ und unter dem Strich 16 Turnover mehr als ihre Gegner verzeichnete.

SPOXSpox

Players to Watch:

Houston: Houstons Front Seven. Kein Geheimnis hier, denn die Texans müssen dieses Spiel über ihre Front Seven gewinnen. Wichtig dabei: J.J. Watt muss entlastet werden, sollten ihn die Chiefs doppeln. Dabei muss die Front auch gegen das Running Game stark verteidigen, bei den sieben Texans-Pleiten in dieser Saison verzeichneten die Gegner im Schnitt 152,1 Rushing-Yards. Nur ein Houston-Bezwinger blieb unter 110 Rushing-Yards: Die Chiefs in Week 1.

Watt steht zwar unweigerlich im Fokus, doch auch Whitney Mercilus setzte im Saisonendspurt einige Ausrufezeichen. Hier winkt eine Chance für die Texans, alleine aus Watts Präsenz Kapital zu schlagen. Als Joker in der Hinterhand bleibt Jadeveon Clowney, der trotz Fußverletzung am Donnerstag eingeschränkt mittrainierte.

Kansas City: Justin Houston. Der absolute X-Faktor beim Playoff-Opener. Zunächst einmal bleibt abzuwarten, ob der beste Outside Linebacker der NFL überhaupt spielen kann. Eine Knieverletzung zwang Houston in den vergangenen fünf Spielen zum Zuschauen, alles deutet aber auf ein Comeback pünktlich zur Postseason hin.

SPOXspoxWenn Houston spielen kann, könnte er das Spiel an sich reißen. Houston kann der Texans-Offense ohne Left Tackle Brown den Rhythmus nehmen und verhindern, dass die Hausherren ins Rollen kommen. Gelingt das, wird der Druck auf Houstons Defense mit der Zeit zu groß.

Darauf kommt es an:

Neben Justin-Houston-gegen-die-O-Line könnte Kansas City die Texans-Offense auch anderweitig massiv einschränken: Wenn die Secondary um Peters Top-Receiver Hopkins (111 Receptions, 1521 Receiving-Yards in der Regular Season) halbwegs ausschalten kann, werden Brian Hoyer schnell die Mittel ausgehen.

Umso wichtiger wird es für die Texans, ein stabiles Running Game aufzuziehen und so den Pass-Rush der Chiefs zumindest ein wenig aus dem Spiel zu nehmen. Alfred Blue legte einen starken Schlussspurt (4,5 Yards pro Run über die letzten drei Spiele) hin, in den Playoffs muss er daran anknüpfen.

Prognose: Houston wird mit großen Emotionen und jeder Menge Fan-Unterstützung in die Partie starten. Doch die Chiefs haben mit ihrem konstanten Running Game die Möglichkeit, einem solchen Gegner den Zahn zu ziehen. So wird es ein extrem enger Schlagabtausch, den das Team gewinnt, dessen Running Game besser ins Rollen kommt - und das werden die Chiefs sein. Kansas City gewinnt sein erstes Playoff-Spiel seit 22 Jahren.

Seite 1: Houston Texans vs. Kansas City Chiefs

Seite 2: Cincinnati Bengals vs. Pittsburgh Steelers

No. 3 Cincinnati Bengals (12-4) - No. 6 Pittsburgh Steelers (10-6) (So., 2.15 Uhr)

Der Weg in die Playoffs:

Cincinnati: Die Wendepunkte in der laufenden Spielzeit der Bengals ausfindig zu machen ist nicht unbedingt schwierig, es waren derer exakt zwei: Nachdem Cincy mit acht Siegen in die Saison gestartet war, setzte es zunächst die völlig unerwartete Heimpleite gegen Houston in Week 10. Ausgerechnet zur Primetime, die alte Problemzone der Bengals, und das mit einer frustrierenden 6:10-Heimpleite.

Der zweite Wendepunkt kam vier Wochen später. Cincinnati verlor nicht nur sein Heimspiel gegen die Pittsburgh Steelers mit 33:20, die Bengals verloren darüber hinaus ihren Quarterback Andy Dalton. Der brach sich früh im Spiel nach einer Interception den Daumen und kam bis jetzt nicht wieder zurück. Mit Vertreter AJ McCarron verlor Cincinnati noch eines der letzten drei Spiele, eine dramatische Overtime-Partie in Denver. Am Ende eine Pleite zu viel, um sich eine Bye-Week zu sichern.

Pittsburgh: Es war von Beginn an eine Achterbahnfahrt für die Steelers, die sich im Nachhinein vor allem über eines ärgern dürften: Die verletzungsgeplagten Baltimore Ravens gewannen gleich beide Duelle mit Pittsburgh, mit zwei eigenen Siegen wäre der Division-Titel noch möglich gewesen.

Umgekehrt dürften sie bei den Steelers auch froh gewesen sein, dass die Ben-Roethlisberger-Vertreter Michael Vick und Landry Jones zumindest zwei von vier Spielen gewannen. Kaum war Roethlisberger wiedergenesen, fiel Running Back Le'Veon Bell aus - und DeAngelo Williams sprang bemerkenswert gut ein. Trotzdem schien Pittsburgh seine Playoff-Chancen bereits verspielt zu haben, als es jene zweite Pleite gegen Baltimore in Week 16 setzte. Doch ein Sieg gegen Cleveland mit zeitgleicher Niederlage der New York Jets bescherte den Steelers zumindest das letzte Wildcard-Ticket.

Die aktuelle Situation:

Cincinnati: Dalton wird auch zum Playoff-Start nicht dabei sein, bleibt aber dennoch optimistisch: "Dieses Team ist für solche Situationen wie gemacht. AJ leistet gute Arbeit." Der Druck auf Offensive Coordinator Hue Jackson wird damit umso größer, die Bengals werden mehr von ihrem Running Game (3,9 Yards pro Run in der Regular Season) sowie mehr kreative und gleichzeitig sichere Pässe für McCarron brauchen.

Sieht man aber vom Quarterback ab, treten die Bengals nahezu in Bestbesetzung an. Vor allem das offensive Waffenarsenal ist hochkarätig besetzt: Receiver A.J. Green wird ein Schlüsselspieler sein, auf einen Green in Topform hat Pittsburgh in der Secondary keine direkte Antwort. Tyler Eifert ist eine brandgefährliche Red-Zone-Waffe, Mohamed Sanu, Marvin Jones sowie Pass-Catching-Back Gio Bernard müssen die Lücken ausnutzen, die durch mögliche Sonderbewachung für Green entstehen.

Hangover, Week 17: Eine Tragödie in Grün und Weiß

In der Defense hat Cincinnati 21 Interceptions auf dem Konto, ein absoluter Top-Wert. Dazu kommt, dass die Bengals nur 22 Passspielzüge von mindestens 25 Yards zugelassen haben. Lediglich die Tampa Bay Buccaneers (20) waren hier in der Regular Season noch besser. Pittsburgh wird sich seine Big Plays also erarbeiten müssen, die Cincy-Schwachstelle war bisher eher die Run-Defense: 4,3 Yards pro Run erliefen Gegner im Schnitt.

Pittsburgh: Kaum überraschend vor dem Hintergrund des bisherigen Saisonverlaufs kam die Hiobsbotschaft am Freitag: DeAngelo Williams wird gegen Cincinnati aufgrund einer Knöchelverletzung passen müssen, wie schon in der Vorsaison wird Pittsburgh somit der Leading-Rusher in den Playoffs fehlen. Doch da Bell auch in diesem Jahr ebenfalls ausfällt, scheint Fitzgerald Toussaint den Starter-Job zu bekommen. Ohne Bell und Williams ist Backup-Quarterback Mike Vick mit 99 Yards der beste (gesunde) Steelers-Rusher aus der Regular Season.

Im Passing Game verfügt Pittsburgh mit Ben Roethlisberger und Antonio Brown über ein besonderes Duo, das jedes Spiel komplett an sich reißen und Gegner dominieren kann. Denvers Chris Harris, einer der besten Cornerbacks der Liga, bekam das vor einigen Wochen zu spüren. Gleichzeitig, das haben die vergangenen Wochen gezeigt, ist es unter Umständen auch eine fehleranfällige Offense. Kommt das Passspiel nicht ins Rollen, gibt es teilweise auch haarsträubende Fehler.

Die Secondary ist, ganz im Gegensatz zu den Bengals, absolut anfällig. Pittsburgh gehörte sowohl bei gegnerischen Yards pro Pass (7,5), als auch bei Passing-Yards pro Spiel (271,9) zu den schwächsten Teams der Liga. Die Stärke der Defense ruht im Pass-Rush und der aggressiven Front Seven, Safety Will Allen betonte dennoch: "Viele Leute reden über die Yards, die wir zulassen. Aber normalerweise stoppen wir den Gegner dann in der Red Zone. Wir bekommen Turnover und unsere D-Line sorgt für Chaos. Das macht Gegner eindimensional."

SPOXSpox

Players to Watch:

Cincinnati: Geno Atkins. Pittsburgh geht mit 16 Rushing-Touchdowns und 4,4 Yards pro Run in die Postseason, über weite Strecken war es ein effizientes Running Game - egal ob mit Bell oder mit Williams. Jetzt stehen beide nicht zur Verfügung, was bleibt ist eine solide Run-Blocking-Line. Hier kommt Geno Atkins ins Spiel: Der Defensive Tackle der Bengals muss seine dominante Saison fortsetzen und die Duelle an der Line of Scrimmage gewinnen. Dann kann Pittsburghs Offense eindimensional werden, und somit deutlich leichter zu schlagen sein.

Pittsburgh: Ben Roethlisberger. Unabhängig davon, ob Atkins seine Gala-Form auf den Platz bringt: Ohne Williams und mit Blick auf die eigene Secondary wird aus Sicht der Steelers noch mehr von Big Ben abhängen als sonst ohnehin schon. Roethlisberger leistete sich seinerseits zuletzt einige völlig unnötige Interceptions, insgesamt sieben Picks stehen aus den letzten vier Spielen zu Buche. Die Quote muss er schleunigst abstellen, um seinem Team eine Chance auf den Sieg zu geben.

Darauf kommt es an:

Kann Cincinnati eigene Turnover verhindern? In den vergangenen Jahren war das regelmäßig der Genickbruch für die Bengals, mit McCarron droht hier erneut ein Problem. Ein Umstand, der einer aggressiven und opportunistischen Steelers-Defense extrem entgegen kommt. Kann Pittsburghs Defense hier mehrfach zuschlagen, wird es eine sehr schwere Aufgabe für die Hausherren.

Umgekehrt muss Pittsburghs bislang bemerkenswert gute O-Line die eigene Form in die Playoffs retten. Nur dann kann das Running Game irgendetwas zustande bringen, nur dann kann die Offense ihre gefürchteten Big Plays initiieren. Gelingt das umgekehrt aber, wird es für die Bengals schwer, Antonio Brown und Martavis Bryant zu stoppen. Hier liegt der Schlüssel zum Spiel, denn die vergangenen Spiele haben umgekehrt auch gezeigt: Es ist längst nicht unmöglich, dieser Steelers-Offense ordentlich Sand ins Getriebe zu streuen.

Prognose:

Die Bengals sind auf dem Papier die komplettere Mannschaft, gerade weil Pittsburghs Secondary alles andere als sattelfest ist. Doch die tragische Playoff-Geschichte in Cincinnati geht auch ohne Andy Dalton weiter: Big Ben, Brown, Bryant und Co. schaffen den Auswärtssieg mit zwei langen Touchdownpässen von Roethlisberger. Und Cincinnati muss auch nach 25 Jahren weiter auf einen Sieg in der Postseason warten.

Die SPOX-Tipps:

Florian RegelmannStefan PetriAdrian FrankeMarcus BlumbergBastian
Strobl
Chiefs @Texans21:1717:20 OT23:2027:1624:17

Steelers @Bengals

23:1428:17

21:17

23:1731:17
Week 17:8-811-510-6

9-7

11-5
Insgesamt161-95156-100

160-96

147-109

150-106

Seite 1: Houston Texans vs. Kansas City Chiefs

Seite 2: Cincinnati Bengals vs. Pittsburgh Steelers

Die Playoffs: Wildcard Weekend im Überblick