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NBA - Schon wieder Krisenstimmung bei den Chicago Bulls: Warum die Stars schon jetzt unzufrieden sind

Von Robert Arndt
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Bei den Chicago Bulls hängt nach zwei krachenden Niederlagen schon wieder der Haussegen schief. Die neue Offense von Coach Billy Donovan stößt dabei auf wenig Gegenliebe, die Stars beschweren sich öffentlich. Wie lange geht das in der Windy City noch gut?

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Wenn alles mit rechten Dingen zugegangen wäre, dann stünden die Bulls auch nach drei Spielen ohne Erfolg da, doch dank der Unfähigkeit der Toronto Raptors hat Chicago immerhin einen Sieg auf der Habenseite. An der Stimmung rund um die Bulls ändert das aber nichts, schon nach drei Partien ist die Unruhe innerhalb der Mannschaft spürbar.

Ein Spielermeeting nach der krachenden Auftaktpleite gegen OKC dürfte einmalig in der Geschichte der Association sein, wenige Tage später setzte es in Detroit eine weitere zweistellige Schlappe, obwohl Zach LaVine, geplagt von Rückenproblemen, 51 Punkte erzielte. Dabei waren die Pistons doch der perfekte Aufbaugegner, seit März 2019 hatte Chicago gegen seinen Divisionsrivalen nicht mehr verloren (15 Siege am Stück).

"Das ist unser drittes Jahr zusammen und wir kennen alle das Geschäft", sagte LaVine nach der Pleite in Detroit im Hinblick auf die Big Three um ihn, DeMar DeRozan und Nikola Vucevic. "Wir mögen uns, DeMar ist einer meiner besten Freunde und wir reden ständig miteinander, aber wir müssen endlich Lösungen finden, damit es funktioniert."

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Chicago Bulls: Neue Offense, neue Probleme

Das tat es bislang noch nicht und entsprechend laut sind schon wieder die Stimmen, die den Bulls schon eine ganze Weile kritisch gegenüber stehen. Wie gut kann diese "Big Three" wirklich sein? Hat Chicago im Sommer die Chance verpasst, einen richtigen Neuanfang zu starten? Die Chance war sicherlich da, Vucevic war angehender Free Agent, DeRozan nach einer starken Spielzeit und einem Vertrag, welcher nur noch ein Jahr läuft, mehr als tradebar.

Chicago entschied sich dagegen, verlängerte mit Vucevic, holte mit Jevon Carter und Torrey Craig weitere Veteranen. Auf dem Papier alles sinnvolle Additionen, allerdings wiegt vor allem die Abwesenheit von Lonzo Ball weiter schwer. Die Halbfeld-Offense der Bulls war in den ersten drei Spielen eine einzige Katastrophe, laut Cleaning the Glass waren bisher nur Portland und Toronto noch schlechter.

Dabei sollte doch vor allem die Offense im Fokus stehen. "Wie ist es möglich, dass wir drei solch gute Offensivspieler haben und trotzdem nur 24. im Angriff waren?", fragte Coach Billy Donovan rhetorisch am Media Day. Die Bulls hatten Nachholbedarf in Sachen Shot Quality, zu wenigen Versuchen von Downtown sowie zu wenigen Freiwürfen. Auch deswegen wurde Coby White der Starter auf der Eins und nicht etwa Defensiv-Spezialist Alex Caruso, welcher der deutlich bessere Spieler ist.

Der Ball soll mehr bewegt werden, die drei Stars sollen mehr im Flow der Offense operieren, in Detroit waren es gerade einmal 16 Assists. "Wir sind alle frustriert, weil es nicht so funktioniert, wie wir uns das vorstellen", meinte LaVine. "Wir waren nicht so konstant, wie wir das möchten", fügte DeRozan an. "Wir sind alle nicht eigensinnig und suchen Lösungen, wie das Zusammenspiel besser klappen kann."

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Chicago Bulls: Die Stars wollen das System nicht

Der Ansatz von Coach Donovan scheint dabei nicht allen zu gefallen. Gegen OKC monierte Vucevic, dass er gegen den schmächtigen Chet Holmgren zu wenig Postups erhielt, nach dem Detroit-Spiel war es LaVine, der Donovans Ansatz indirekt kritisierte. "Wir versuchen dieses neue Ding, bei der in unserer Offense alle die gleichen Möglichkeiten haben. (...) In den ersten Spielen waren DeMar und ich oft in der Ecke. Nun gilt es zu schauen, wie wir mehr Touches bekommen."

Nach nur drei Spielen riecht das schwer nach einer Identitätskrise, obwohl die Preseason so positiv verlaufen war. Teambuilding stand im Vordergrund, auch deswegen wählte die Franchise ein Trainingslager in Tennessee, damit das Vertrauen weiter aufgebaut werden konnte.

Nicht einmal eine Woche nach Saisonstart scheint vieles davon vergessen. Patrick Williams steht schon wieder in der Kritik, nachdem er in Detroit nur drei Würfe nahm und ohne Punkte blieb. Donovan musste dazu bereits erste Fragen zu einem Lineup-Wechsel beantworten. Gefühlt war diese Offseason bisher nicht der erhoffte Neuanfang, stattdessen haben sich die Probleme nur ein wenig verschoben.

Chicago Bulls: Der Roster in der Übersicht

Point GuardShooting GuardSmall ForwardPower ForwardCenter
Coby WhiteZach LaVineDeMar DeRozanPatrick WilliamsNikola Vucevic
Jevon CarterAlex CarusoTorrey CraigTerry TaylorAndre Drummond
Ayo DosunmuDalen TerryJulian Phillips--
(Lonzo Ball)----
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Chicago Bulls: Verhandlungen mit DeRozan gestalten sich zäh

Wie Shams Charania (The Athletic) meldete, führten Gespräche mit DeRozan (34) zu einer möglichen Vertragsverlängerung ins Nichts. Sowohl bei der Länge als auch beim Geld soll es eine große Lücke geben. Seine Zukunft in der Windy City ist in der Schwebe und man muss kein Professor sein, um zu verstehen, warum Wettanbieter die Bulls nach den L.A. Clippers als Favoriten auf die Dienste von James Harden sehen.

Natürlich ist auch LaVine ein Trade-Kandidat, allerdings kassiert der verletzungsanfällige Guard über die kommenden drei Jahre noch 129 Millionen Dollar und hält darüber hinaus eine Spieler-Option über 49 Millionen. Gemäß ESPN haben sich zwar einige Teams nach dem Shooting Guard erkundigt, allerdings aufgrund der hohen Forderungen der Bulls abgewunken.

Wenn die Bulls also etwas machen wollen, dann dürfte es eher DeRozan treffen, der auch für Contender einen gewissen Wert hat. Allerdings zeigt die Vergangenheit, dass das Front Office um Arturas Karnisovas vor allem mit eigenen Wunschspielern sehr geduldig war - siehe Vucevic. Auch Donovan soll nicht zur Debatte stehen, obwohl er noch vom alten Regime ausgewählt wurde.

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Chicago Bulls: Gibt es noch den Umschwung?

Der Ansatz, weniger Eins-gegen-Eins zu spielen, ist ja auch kein falscher, jedoch fehlt gewissermaßen dazu das Spielermaterial. Es gibt keinen echten Point Guard im Kader (wird Ball jemals wieder spielen können?), stattdessen bringt Donovan den bisher besten Spieler, Caruso, nur von der Bank. Es besteht so weiterhin Luft nach oben, wenn auch nicht so viel, wie sich das Bulls-Fans wahrscheinlich erhoffen.

Im Vorjahr war es die Defense (Platz 5), welche die Kohlen aus dem Feuer holte, sie war dank All-Defense-Guard Caruso (und später auch Patrick Beverley) das Fundament für Chicago. Nun setzt Donovan auf mehr Offense, was sich noch nicht ausgezahlt hat. Viel Zeit, hier die richtige Balance zu finden, bleibt im traditionell unruhigen Chicago nicht, vor allem nicht nach LaVines recht deutlichen Aussagen. "Wir versuchen etwas zu machen, was nicht funktioniert."

LaVine meinte damit die neue Offense, doch im dritten Jahr in dieser Zusammensetzung bleibt ein einziger Playoff-Sieg und viel Mittelmaß. LaVines Worte könnten damit nicht nur auf die Offense beschränkt sein, die Zeit der Bulls-Big-Three könnte sich schon bald dem Ende entgegen neigen.

Chicago Bulls: Die kommenden Spiele

DatumUhrzeitGegnerOrt
31. Oktober0 UhrIndiana PacersA
2. November1.30 UhrDallas MavericksA
4. November1 UhrBrooklyn NetsH
5. November2 UhrDenver NuggetsA
7. November2 UhrUtah JazzH
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