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NBA-Kolumne Above the Break: James Harden und die Philadelphia 76ers - Warum für niemanden mehr auf dem Spiel steht

James Harden ist bei den Philadelphia 76ers noch nicht zu 100 Prozent eingeschlagen.
© getty

Für wohl keinen Spieler steht in den anstehenden Playoffs mehr auf dem Spiel als für James Harden. Wie präsentiert sich der 32-Jährige bisher bei den Philadelphia 76ers? Sagen wir so: Es ist kompliziert ...

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Seit knapp zwei Monaten ist James Harden nun Teil der Philadelphia 76ers, hat 18 Spiele für sein neues Team absolviert. Zwölf Spiele davon haben die Sixers gewonnen, das klingt gut. 22 Punkte, 8 Rebounds und 10 Assists verzeichnet Harden im Schnitt für Philly, das klingt nach All-Star. 1,13 Punkte verzeichnet er pro Isolation, das klingt sogar noch besser, nach Superstar, nach Prime Harden. Die Realität jedoch ist ein bisschen komplizierter.

Es gab nun schon einige Spiele, in denen Harden eben nicht wie er selbst aussah, sondern abtauchte. Miese Spiele darf jeder mal haben, dass diese mehrfach ausgerechnet gegen die Top-Teams kamen, zu denen Philly ja auch gehören will und gegen die Harden einen Unterschied machen sollte, ist zumindest unglücklich.

Nüchtern betrachtet spielt Harden bisher gut, nicht überragend. Wie ein Star auf jeden Fall, aber nicht wie der Superstar früherer Tage. Problematischer noch für die Sixers ist indes, dass dieser Umstand bei Harden nicht zu der Erkenntnis zu führen scheint, dass er sein Spiel entsprechend anpassen sollte.

Harden hat Ansätze gezeigt, gerade in den ersten Spielen wirkte er Off-Ball richtiggehend engagiert. Für den Moment muss sich jedoch festhalten lassen, dass das eher Ausnahmen waren. Oft wirkt es so: Die anderen Sixers machen ihr Ding, Harden macht seins. Auf diesem Weg wird Philly seine Ziele aber nicht erreichen - und Harden wohl auch nicht.

James Harden: Ihr macht das schon!

Offensiv lassen sich drei primäre Probleme identifizieren. Das erste ist eins, welches Harden am leichtesten selbst fixen könnte. Wir bezeichnen es als "Rumstehen, wenn er den Ball nicht hat". Dieses Bild verdeutlicht es ganz gut:

Theoretisch könnte James Harden einen weiteren Verteidiger binden.
© nba.com
Theoretisch könnte James Harden einen weiteren Verteidiger binden.

Harden ist in die Offense involviert, wenn er selbst die Entscheidungen trifft. Wenn er den Ball jedoch abgegeben hat, ist er sehr oft nicht mehr als eine Salzsäule, die an der Dreierlinie herumsteht. Und hat dabei keine Shooting Gravity, was merkwürdig erscheint, schließlich hat Harden die drittmeisten Dreier der NBA-Geschichte versenkt und ist einer ihrer besten Shooter.

Harden bevorzugt jedoch nicht die Würfe, die ihm aus diesem Setup heraus ermöglicht werden könnten. Seit Jahren hat er kein Interesse an Catch-and-Shoot, sondern nimmt seine Würfe, nachdem er gedribbelt und am liebsten einen Schritt zurück genommen hat.

Harden nimmt in dieser Saison 1,1 Dreier pro Spiel, ohne vorher gedribbelt zu haben. Zur Einordnung: Sein "Vorgänger" in Philly, Seth Curry, nahm knapp vier dieser Würfe. Harden will oben am Perimeter stehend oft nur passen, oder eben dribbeln - und seine Gegenspieler wissen das. Deshalb wissen gegnerische Teams, dass Harden oben keine unmittelbare Gefahr als Scorer ausstrahlt, und helfen von ihm aus, etwa hier gegen Embiid im Post.

Immerhin steht James Harden nicht ganz aufrecht.
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Immerhin steht James Harden nicht ganz aufrecht.

Der Kameruner hat zwar nach Jahren mit Ben Simmons jede Menge Erfahrung, im Halbfeld 4-gegen-5 zu spielen - eigentlich sollte das mit Harden aber vorbei sein. Das ist fast schon Negative Gravity! Und es wäre recht einfach vermeidbar, wenn Harden mehr Catch-and-Shoot-Bereitschaft und/oder mehr Bewegung ohne Ball an den Tag legen würde.

In einigen wenigen Aktionen sah man Harden schon als Screener, das ist zumindest ein Anfang. Gegen gut vorbereitete Playoff-Defenses wird es aber noch viel mehr davon geben müssen.

James Harden: Am Ball überragend ... oder?

Auch mit dem Ball in der Hand wechseln sich Licht und Schatten bisweilen ab. Harden ist mit einigem Abstand der beste Passer im Team, er hat sowohl Embiid als auch Tyrese Maxey oder Tobias Harris schon zu etlichen leichten Abschlüssen verholfen, die sie vorher nicht hatten. Er macht die Offense viel besser, um satte 13,1 Punkte pro 100 Ballbesitze laut Cleaning the Glass.

Es ist also Meckern auf hohem Niveau, ganz ohne geht es trotzdem nicht. Harden ist ein bereitwilliger Passer, dennoch hat er manchmal nach wie vor die Tendenz, seine Mitspieler zu Statisten zu machen, wie es in Houston jahrelang praktiziert wurde. Und er winkt noch immer gern alle Mitspieler weg, um sein Ding zu machen.

Zu viel Bewegung ist auch nicht gut!
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Zu viel Bewegung ist auch nicht gut!

Von Zeit zu Zeit ist das vollkommen okay, die Sixers haben ihn ja auch für diese Fähigkeit geholt, aus der Isolation Punkte zu kreieren. Es sollte nur eben nicht das primäre Ziel sein, einen Stepback-Dreier zu nehmen, wenn man eine noch bessere Option im Post stehen hat, die vielleicht sogar gerade einen kleineren Gegenspieler bei sich stehen hat.

Gerade nach dem Switch geht Harden bisher zu oft auf den eigenen Abschluss, statt Embiid zu füttern. Er ist aber aktuell nicht mehr der Terror gegen Mismatches, der er für viele Jahre war. Nekias Duncan (basketballnews.com) zufolge steht Harden aktuell bei 2/13 FG und 3 Ballverlusten, wenn er nach dem Switch gegen Embiids Verteidiger scoren wollte. Das ist schlecht!

Vor ein paar Jahren wäre Olynyk in diesem Szenario wohl Toast gewesen.
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Vor ein paar Jahren wäre Olynyk in diesem Szenario wohl Toast gewesen.
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