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NBA, Beobachtungen zu den Dallas Mavericks: Macht Jason Kidd eine historische Offense kaputt?

Luka Doncic und Jason Kidd wollen mit den Dallas Mavericks den nächsten Schritt machen.
© getty

Die Dallas Mavericks sind mit zwei Siegen aus drei Spielen in die neue Saison gestartet, haben aber vor allem offensiv bisher nicht wirklich überzeugt. Woran liegt das?

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Drei Spiele haben die Mavericks unter ihrem neuen Coach bisher absolviert, zwei davon wurden immerhin gewonnen, Argwohn herrscht bei den Beobachtern trotzdem immer noch vor. Das liegt einerseits daran, dass die geschlagenen Gegner Toronto und Houston waren, Pflichtaufgaben. Und andererseits an der schwachen Offense.

102,4 Punkte pro 100 Ballbesitzen haben die Mavericks bisher erzielt, das reicht bei Cleaning the Glass für Platz 25 ligaweit, und es bestätigt den Eindruck: Es läuft noch nicht so wirklich rund bei dem Team, das vor zwei Jahren einen Rekord für das beste Offensiv-Rating der NBA-Geschichte aufgelegt hatte.

Die Frage ist angesichts der seit dem Trainerwechsel bestehenden Panik, Jason Kidd könnte seinem Team im Vergleich zu Vorgänger Rick Carlisle eher schaden, also logischerweise: Haben die Probleme in der Offensive mit dem Ansatz des neuen Coaches zu tun? Und wie sieht dieser Ansatz überhaupt aus?

1. Die Wurfverteilung und -qualität

Zunächst einmal muss man festhalten, dass Kidd zwar eigene Ideen hat, insbesondere offensiv aber auch nicht alles auf den Kopf stellen will. Das wäre auch sinnlos: Die Offense war nicht das (primäre) Problem in Dallas, und der Kader ist weitestgehend fast identisch wie unter seinem Vorgänger.

Die Neuzugänge des Sommers, Reggie Bullock und Sterling Brown, spielen bisher keine riesigen Rollen, und selbst Rockets-Coach Stephen Silas, der zuvor als Mavs-Assistant arbeitete, witzelte am Dienstag, dass sich die Starting Five in Dallas seit drei Jahren nicht geändert habe. Er lag damit nicht völlig falsch.

In Zahlen liest sich die neue Verteilung kurz gesagt in etwa so: Über 40 Prozent der Mavs-Würfe sind immer noch Dreier, der Anteil ist sogar etwas größer als im Vorjahr. Am Ring erfolgen nur 24 Prozent ihrer Abschlüsse, das ist der geringste Wert der Liga (zuletzt unter Carlisle: Platz 28).

Den größten Unterschied gibt es bei den langen Zweiern, hier nehmen die Mavs bisher die zweitmeisten Versuche ligaweit (15,6 Prozent). Wie gesagt: Das ist nicht identisch, aber auch nicht grundlegend anders als zuletzt unter Carlisle.

Laut Cleaning the Glass haben die Mavs eine niedrige erwartbare Wurfqualität, auch das ist aber kein neues Thema in Dallas, und es ist nicht zuletzt dem besten Spieler geschuldet. Luka Doncic nimmt die meisten Würfe, ein Großteil davon ist hart verteidigt und für die meisten Spieler kein Wurf mit guter Qualität, nur ist Luka nicht die meisten Spieler.

Blickt man nur auf diese Zahlen (auf die Plays schauen wir gleich noch), fällt vor allem eins auf: Vergangene Saison betrug die effektive Wurfquote der Mavs 55,6 Prozent, aktuell beträgt sie 47,6 Prozent. Das reicht für Platz 28 und wird so schlecht nicht bleiben.

Die Stichprobe ist zu diesem Saisonzeitpunkt noch minimal und nicht aussagekräftig. Die Mavs haben zu viele gute Schützen, sie spielen sogar mehr offene Dreier heraus als in der vergangenen Saison, sie treffen bloß nicht einmal ein Drittel davon. Das wird sich ändern.

Die Wurfverteilung der Mavericks unter Carlisle und Kidd

Am RingKurze MitteldistanzLange MitteldistanzEckendreierAtB DreiereFG% gesamt
20/2128,5%19,7%11%9%31,8%55,6
21/2224,1%17,4%15,6%8,5%34,4%47,6

2. Post-Ups sind wieder in

Die langen Zweier sind die eine etwas "altbackene" Komponente in Kidds Offense, die Post-Ups sind die andere (die nicht zuletzt dank Kristaps Porzingis des Öfteren zu eben jenen langen Zweiern führt). Nur die Heat verzeichneten laut nba.com/stats bisher anteilig mehr Post-Up-Plays, Dallas nutzte diese jedoch nicht sehr effizient (nur 0,81 Punkte pro Play, Platz 19). Auch hier: Kleine Stichprobe. Aber nicht nur das.

Gerade gegen Atlanta, bisweilen aber auch danach war es kurios, wie selten Dallas' bester Post-Spieler - Doncic - mit dem Rücken zum Korb etwas kreieren durfte. Porzingis verzeichnete bisher die meisten Post-Plays, seine Probleme hier sind bekannt - sie sollten es zumindest sein.

Auch Dorian Finney-Smith wurde im ersten Spiel direkt mehrere Male in den Post geschickt. Vergangene Saison hatte er in 60 Spielen zwei dieser Plays! Maxi Kleber kam auch schon in den Genuss, obwohl er selbst in Europa nie ein Post-Spieler war. Doncic hat bei dieser Aktion, dem zweiten Mavs-Angriff der Saison, schon gezeigt, was er von DFS-Post-Ups hält:

Luka Doncic ist nicht überzeugt.
© nba.com/stats
Luka Doncic ist nicht überzeugt.

Es spricht grundsätzlich nichts dagegen, offensiv neue Komponenten einzusetzen und Dinge auszuprobieren, bei einigen Aktionen wirken die Mavs jedoch so, als würden sie es sich selbst unnötig kompliziert machen. Ihre besten offensiven Phasen hatten sie bisher, wenn sie doch wieder mehr zum Carlisle-Ball gingen und Doncic aus dem Screen-and-Roll agieren ließen, wie in der zweiten Hälfte gegen Toronto. Er ist eben sehr gut darin.

Die Mavs sabotieren ihren besten Spieler nicht, sie machen es ihm bisweilen jedoch etwas schwerer als nötig. Das gilt, zumindest offensiv, auch für einige Lineups.

3. Big or no Big?

In allen drei Spielen ließ Kidd Porzingis und Dwight Powell starten. Über die Saison hat die neue Starting Five bisher ein Net-Rating von -24,1. Und das liegt nahezu gänzlich an der Offensive. Powell soll die gewohnte Lob-Gefahr sein, allerdings generieren die Mavs bisher nur wenige Aktionen mit einem abrollenden Spieler.

Ist Powell nicht direkt involviert, steht er im Weg. Das behindert vor allem Porzingis, aber auch Doncic hat auf dem Weg zum Korb immer wieder mehr Hindernisse im Weg als nötig. Überhaupt ist das Spacing ein Problem, das die Mavs mit all ihren Schützen nicht haben müssten.

Vielleicht ergibt es perspektivisch mehr Sinn, Porzingis entweder weiter vom Korb wegzuziehen oder ihn mit einem anderen Frontcourt-Partner zu kombinieren. Kleber wäre eine Option, Finney-Smith als Vierer eine andere (in diesem Szenario könnte Bullock in die erste Fünf gezogen werden).

Sollen weiterhin so viele Post-Up-Plays insbesondere für Porzingis angesagt werden, scheint es in jedem Fall kontraproduktiv, einen Big wie Powell, der keine Range mitbringt, daneben auf dem Court stehen zu haben.

Grundsätzlich befindet sich Dallas unter Kidd noch in einer Findungsphase. Es ist positiv zu sehen, dass Porzingis beweglicher wirkt und die Defense im Vergleich zur Vorsaison einen verbesserten Eindruck hinterlässt. Offensiv werden sich die Wurfquoten normalisieren.

Gleichzeitig tragen die Neuerungen Kidds bisher noch nicht dazu bei, die Offense in irgendeiner Form wirklich besser zu machen. Es ist nicht falsch, mehr Facetten einbringen zu wollen, aber die Realität in Dallas ist nicht anders als unter Carlisle: Die beste Option der Mavs lautet fast immer, Doncic mit möglichst viel Shooting um ihn herum den Ball zu geben und Entscheidungen treffen zu lassen.

Je schneller sich der neue Head Coach dieser Erkenntnis beugt, desto schneller wird auch das Offensiv-Rating wieder in die Höhe schießen. Und langfristig wäre ein funktionierender Plan B trotzdem keine schlechte Sache. Das ist allerdings nicht nur ein Thema für den Coach, sondern auch für das Front Office.

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