NBA Finals - Erkenntnisse zu Suns vs. Bucks, Spiel 2: Die Verschwendung einer legendären Leistung

Ole Frerks
09. Juli 202109:30
Giannis Antetokounmpo war in Spiel 2 der NBA Finals zu oft auf sich allein gestellt.getty
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Die Milwaukee Bucks haben auch das zweite Spiel der NBA Finals gegen die Phoenix Suns verloren. An Giannis Antetokounmpo liegt das nicht - aber der Superstar wird beim 108:118 im Stich gelassen. Phoenix hingegen wirkt erneut wie ein Supercomputer.

Giannis Antetokounmpo kann Finals

Um das direkt aus dem Weg zu räumen: Es ist nicht die Zeit, um sich über irgendetwas bei Giannis zu beschweren, nicht einmal über die mäßige Ausbeute von der Freiwurflinie (11/18) oder über die Dreier. Gut, fünf Dreier (ein Treffer) waren natürlich mal wieder zu viel, trotzdem: Das war ein legendärer Auftritt des Griechen.

Es ist erst eine gute Woche her, da überdehnte sich Giannis das Knie und es war zu befürchten, dass er nicht nur die Finals verpassen würde - er selbst sagte nach Spiel 1, dass er zunächst an ein ganzes Jahr Pause gedacht hätte. Stattdessen war er schon im ersten Spiel der Finals zur Stelle und setzte nun einen drauf.

40 Minuten spielte Giannis in Spiel 2, erzielte 42 Punkte (15/22 FG) und gab direkt von Beginn den Ton an. Vor allem aber dominierte er im dritten Viertel, als er 20 Punkte erzielte und damit das erste 20+-Punkte-Viertel in den Finals seit Michael Jordan (1993) hinlegte. Ein starkes Defensiv-Kollektiv der Suns hatte mit Giannis die größte Mühe.

Und es blieb nicht bei der Offense - Giannis hatte auch am eigenen Korb etliche atemberaubende Plays, unter anderem einen Block in letzter Sekunde gegen Mikal Bridges. An ihm lag es nicht, dass die Suns in der zweiten Halbzeit auch durch die Arbeit am offensiven Brett die Kontrolle über das Spiel behielten. Er konnte schlichtweg nicht überall sein, auch wenn er es versuchte.

An Antetokounmpo lag es nicht, Punkt. In Spiel 1 gewann Milwaukee seine 35 Minuten mit +1, in Spiel 2 stand er bei +3 in 40 Minuten. Macht im Umkehrschluss: Die bisher rund 21 Minuten ohne den Greek Freak haben die Bucks in der Serie mit 27 Punkten verloren.

Diese Statistiken sind nie einwandfrei, in diesem Fall bestätigen sie jedoch den Eye-Test. Die Bucks haben es einfach nicht geschafft, ihrem Superstar zu helfen. "Ich glaube, er will, dass wir uns hart auf ihn verlassen. Er will so viel Verantwortung, wie wir ihm geben können", sagte Coach Mike Budenholzer zwar. Aber vielleicht doch nicht so viel.

Alleine kann Antetokounmpo die Suns nicht schlagen

Das Problem waren, in Kürze, "die anderen". Die eingesetzten Bucks, die nicht Antetokounmpo hießen (Thanasis spielte nicht), trafen in dieser Partie 27 von 71 Würfen, also 38 Prozent. Es fiel wenig von Downtown (9/31), schlimmer war jedoch erneut die Ausbeute am Ring, wo die Bucks unterdurchschnittliche 24/43 trafen.

Jrue Holiday und Khris Middleton hatten daran beide ihren Anteil. Holiday zeigte eine bemerkenswerte Leistung in der Defensive, vergab vorne jedoch reihenweise recht einfache Layups, weil er gefühlt dem Kontakt auswich, um Fouls zu vermeiden, als sei er Ben Simmons. Der Point Guard ist bei den Quoten derzeit fast exakt auf dem Playoff-Niveau von Vorgänger Eric Bledsoe (auch wenn er als Playmaker dennoch mehr zur Offense beiträgt).

"Wir hatten viele offene Würfe, die wir nicht getroffen haben", sagte Holiday nach dem Spiel. "Ich hatte einige Layups, die ich normalerweise treffe, die vom Ring gesprungen sind."

Problematischer war jedoch die Leistung von Middleton (5/16), der mal wieder auf ein starkes Spiel eine Stinkbombe folgen ließ. Defensiv identifizierte ihn vor allem Booker mehrfach als Schwachstelle, offensiv fand er zu keinem Zeitpunkt des Spiels seinen Rhythmus.

Der effizienteste Offensivspieler neben Giannis war Pat Connaughton, das darf bei den Bucks schlichtweg nicht sein. Sie haben Qualität in der Spitze, sie haben auch in Brook Lopez noch einen Akteur, der gerade erst gegen Atlanta bewiesen hat, dass er vorne noch immer viel mehr sein kann als ein Floor-Spacer.

Sie müssen diese Qualitäten aber schleunigst abrufen. Sei es durch mehr Middleton/Giannis-Pick'n'Rolls, Post-Touches für Lopez, wenn Giannis von Ayton verteidigt wird, oder ein simples "Würfe treffen". "Es würde unser Leben leichter machen, wenn wir ein paar Würfe treffen", analysierte Middleton messerscharf. Die Suns sind in der Breite zu gut, um sich von nur einem Spieler schlagen zu lassen.

Die Suns haben auf alles eine Antwort

Man konnte den Bucks nicht vorwerfen, dass sie nichts ausprobiert hätten. Im Vergleich zu Spiel 1 gab es jede Menge Adjustments: Holiday verteidigte primär Chris Paul und kämpfte sich sogar durch Screens, statt jeden einfachen Switch abzugeben. Lopez verteidigte in der Drop Coverage, stand aber nicht unterm Korb, sondern mehrere Schritte weiter oben.

Die Verteidiger auf dem Flügel halfen aus und sanken von den Schützen ab, um gegen Chris Paul, Booker oder auch Ayton auszuhelfen. Vor allem sollten den Suns die Mitteldistanz und die Abschlüsse am Ring genommen werden.

Das ging im ersten Viertel gewissermaßen auf, Phoenix war im Zweierbereich zunächst komplett abgemeldet und blieb nur durch die exzellente Dreierquote in Schlagdistanz. Es sorgte allerdings auch dafür, dass ein Großteil der Rollenspieler früh ins Spiel fand. Mikal Bridges, Jae Crowder und Cameron Johnson wurden quasi herausgefordert, sie alle waren bereit.

Phoenix traf am Ende 20/40 Dreiern, die zweitmeisten in der Geschichte der Finals. "Ich habe in Houston gespielt", sagte Paul auf die Frage, ob sich dies abnormal angefühlt habe. Tatsächlich, bei den Rockets wären zu ihren Hochzeiten 40 versuchte Dreier sogar eher wenig gewesen. Phoenix hebt sich von diesem Team allerdings in vielerlei Hinsicht ab.

Es gibt bei den Suns nicht die eine, alles übergreifende Art zu spielen. Die Suns sind vielmehr ein Team, das seinen Gegner genau analysiert und schnell herausfindet, welche Coverage wie zu attackieren ist. Sie haben exzellente Schützen, sie haben die Playmaker mit Scoring von überall, sie haben den athletischen Roll-Man Ayton.

Und sie verarbeiten das Spiel in Bewegung und in Echtzeit, allesamt. Die beste Szene des Spiels ereignete sich kurz vor der Halbzeitpause, als Phoenix den Ball fast 24 Sekunden zirkulieren ließ, immer auf der Suche nach einer Lücke. Milwaukee bot diese lange nicht, tatsächlich hätte Middleton einen Crowder-Pass beinahe abgefangen, die Rotationen waren wie aus dem Lehrbuch.

Und doch: Bridges bekam den Ball am Zonenrand, blickte auf und fand Ayton im Dunker-Spot. Es war der zehnte Pass dieser Possession, die Milwaukee beinahe perfekt verteidigt hatte. Das Resultat war trotzdem ein And-1, weil Phoenix das Glück, aber auch das Können und die Intelligenz auf seiner Seite hatte. So einen Angriff schafft nur ein Team, das sich komplett auf einer Wellenlänge bewegt.

Die Rotationen werden noch kürzer

Eigentlich reisen die Suns nun also in einer komfortablen Position nach Milwaukee, es gibt da nur ein Problem. Nach dem Kreuzbandriss von Dario Saric verzichtete Monty Williams in dieser Partie eigentlich auf einen Backup-Center, stattdessen wurde in den Minuten ohne Ayton eben klein gespielt - schließlich hatte man noch Torrey Craig.

Der frühere Buck machte seine Sache tatsächlich ziemlich gut, selbst bei der Szene, die ihn dann ausknockte: Craig nahm ein Offensiv-Foul von Giannis an, bescherte dabei seinem Team den Ballbesitz, aber auch ein Problem. Denn er verletzte sich bei der Aktion am Knie und konnte in der Folge nicht mehr zurückkehren.

Die Suns werden hoffen, dass er für Spiel 3 wieder fit wird. Denn auch Phoenix ist nicht sonderlich tief: Cameron Johnson spielt bisher eine exzellente Serie, Cam Payne hingegen hat zuletzt ein wenig an Spielzeit verloren. Ohne Craig blieben dann nur noch eher wenig getestete Optionen wie Frank Kaminsky oder Abel Nader. Das ist dünn, wobei es helfen wird, dass von nun an immer zwei Tage Pause zwischen den Spielen liegen.

Die Bucks vermissen derweil weiterhin Donte DiVincenzo - schmerzlich. Abgesehen von Connaughton scheint Budenholzer kaum mehr einem Bankspieler zu vertrauen, auch Bobby Portis bekam nur noch fünf Minuten Einsatzzeit, dafür gab es wieder zwölf Jeff Teague-Minuten.

Was will man auch machen? Die Bucks können sich keine soliden Ersatzspieler mehr schnitzen. Es ist daher umso wichtiger, dass ihre Starter in Wisconsin endlich alle gleichzeitig abliefern.

NBA Finals: Die Serie im Überblick - Stand: 2-0

SpielDatumUhrzeitHeimAuswärtsResultat/TV
17. Juli3 UhrSunsBucks118:105
29. Juli3 UhrSunsBucks118:108
312. Juli2 UhrBucksSunsDAZN
415. Juli3 UhrBucksSunsDAZN
5*18. Juli3 UhrSunsBucksDAZN
6*21. Juli3 UhrBucksSunsDAZN
7*23. Juli3 UhrSunsBucksDAZN

*falls erforderlich