Chris Kaman hat sowohl bei den Dallas Mavericks als auch in der deutschen Nationalmannschaft jahrelang an der Seite von Dirk Nowitzki gespielt. Im Interview mit SPOX und DAZN erklärt der ehemalige Center die Unterschiede zwischen dem Dallas-Dirk und dem DBB-Dirk, warum er Nowitzki bewundert und wie er überhaupt zum deutschen Nationalspieler wurde.
Der gebürtige US-Amerikaner lief unter anderem bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking und bei der Europameisterschaft 2011 im DBB-Trikot auf, insgesamt kam er auf 25 Länderspiele. In der NBA war der heute 39-Jährige insgesamt 13 Jahre lang aktiv, 2010 schaffte er es sogar ins All-Star Game.
Mit SPOX sprach Kaman über den Start seiner Karriere bei den Clippers, die damals als Lachnummer verschrien waren, seine Lieblingsstation in der Association und wer für ihn der Favorit in der laufenden Saison ist.
Herr Kaman, seit ihrem Karriereende 2016 war es relativ ruhig um Sie. Auch Ihr Abschied aus der NBA kam ziemlich leise. Warum haben Sie damals die Sneaker an den Nagel gehängt?
Chris Kaman: Im Mai war unsere Saison mit den Blazers vorbei, kurz darauf ist mein Vater verstorben. Entsprechend hatte ich in dem Sommer viel um die Ohren. Ich habe überlegt, ob ich weiterspielen soll, ich hatte ein paar gute Angebote. Letztlich habe ich die aber abgelehnt. Meine Mutter war nun alleine und in all den Jahren als NBA-Profi hatte ich wenig Zeit für meine Familie. Außerdem hatte ich nicht mehr diesen Drive. Ich bin jeden Tag mit Schmerzen aufgewacht, das hat mich ausgelaugt. Also habe ich mich dazu entschieden, eine Pause einzulegen und daraus wurde dann mein Karriereende.
Sie sind berühmt-berüchtigt für Ihre für NBA-Verhältnisse eher ungewöhnlichen Hobbys und ihren Hang zur Natur. Wie viele Jagdtrips haben Sie seit Ihrem Karriereende gemacht?
Kaman: Eine Menge! Wahrscheinlich waren es in den vergangenen gut fünf Jahren zwischen 20 und 30 Jagd- und Angelausflüge. Zuhause haben wir zudem eine kleine Farm, wo wir unsere eigenen Tiere züchten und unser eigenes Essen anbauen. Vor allem mit unseren Kindern ist das eine großartige Erfahrung, meine Frau und ich haben zwei Jungs und ein Mädchen im Alter von sechs, vier und zwei Jahren. Wir können unsere Kinder in einem entspannteren Umfeld großziehen im Gegensatz zu all den Städten, in denen wir über all die Jahre gelebt haben.
Konnten Sie während Ihrer aktiven Karriere eigentlich auch mal Mitspieler für einen Ihrer Jagdtrips begeistern?
Kaman: Ich habe es versucht (lacht). Es lag definitiv nicht an meinen fehlenden Bemühungen. Meistens war ich aber alleine.
Kaman über seine Bewunderung für Dirk und das DBB-Team
Dirk Nowitzki ist nicht unbedingt für seine Extravaganz bekannt. Wie haben Sie sich mit ihm verstanden?
Kaman: Wir hatten und haben immer noch eine sehr gute Beziehung, ich habe erst vor ein paar Tagen mit ihm gesprochen. In dem einen Jahr als Teamkollegen in Dallas haben wir uns angefreundet. Er ist ein großartiger Typ, er behandelt alle Menschen fair. Und er hat härter gearbeitet als 99,9 Prozent aller anderen Spieler, mit denen ich jemals zusammengespielt habe. Ich bewundere seine Leidenschaft für das Spiel und was für eine tolle Karriere er sich erarbeitet hat.
Sie haben sowohl in Dallas als auch in der deutschen Nationalmannschaft an der Seite von Nowitzki gespielt. Gibt es Unterschiede zwischen dem Dallas-Dirk und dem DBB-Dirk?
Kaman: Ich glaube, die gibt es tatsächlich. Er ist natürlich dieselbe Person, aber wenn man für sein Heimatland antritt, dann spielt man mit mehr Intensität. Dirks Leidenschaft war in den Spielen der deutschen Nationalmannschaft noch größer als bei den Mavs. Was mich angeht: Ich durfte zwar für die Nationalmannschaft auflaufen, aber ich war kein echter Bürger des Landes, ich bin nicht in Deutschland aufgewachsen. Dennoch habe ich versucht, dem Team zu helfen, um erfolgreich zu sein. Für mich war es toll, eine zusätzliche Möglichkeit zu bekommen, gegen die Besten der Welt zu spielen.
Wie ist es überhaupt dazu gekommen, dass Sie in die deutsche Nationalmannschaft gekommen sind?
Kaman: Das ist eine lange Geschichte. Dirk und ich haben damals schon lange gegeneinander gespielt, öfters miteinander gesprochen und Trash Talk ausgetauscht. Was zwei große, weiße Spießer halt so untereinander machen. Irgendwann habe ich ein Interview mit Ric Bucher von ESPN geführt und wir haben aus irgendeinem Grund über meinen familiären Hintergrund gesprochen, seine Familie kam aus Deutschland genau wie meine. Also meinte Ric, ich sollte doch für Deutschland spielen und er hat meine Kontaktinformationen an Dirk weitergeleitet. So hat sich das entwickelt.
Wie ging es weiter?
Kaman: Die Verantwortlichen von der Nationalmannschaft haben mir bei der Beantragung meiner Ausweispapiere geholfen. Ich musste einen Nachweis über meinen Stammbaum liefern und mehrere Tests absolvieren. Der ganze Prozess hat eine Weile gedauert, aber am Ende hat es geklappt und ich durfte bei den Olympischen Spielen 2008 für Deutschland auflaufen. Das war eine fantastische Erfahrung.
Sie waren bei Olympia 2008 und der EM 2011 für den DBB dabei. Welche Erinnerungen haben Sie an die Turniere?
Kaman: Es war anfangs etwas hart für mich, ich kann so gut wie gar kein Deutsch. Zwar sprechen viele der Spieler Englisch, aber ihre Muttersprache ist natürlich Deutsch. Also waren viele der Gespräche und Ansagen der Coaches auch auf Deutsch. Es hat ein wenig gedauert, bis ich mich eingefunden hatte. Aber das waren alles tolle Jungs, wir hatten eine spaßige Truppe und eine tolle Zeit. Zu einem gewissen Grad waren wir auch erfolgreich. Wir sind zwar in der Vorrunde in Peking ausgeschieden, aber es war die erste Olympia-Teilnahme für die deutsche Nationalmannschaft seit Barcelona 1992. Ich bin glücklich, ein Teil davon gewesen zu sein.
Wie haben Sie selbst Ihre Rolle im DBB-Team gesehen?
Kaman: Dirk ist natürlich ein anderer Spielertyp als ich, die Nationalmannschaft hat aber nach jemandem wie mir gesucht. Mein Spiel hat gut zu Dirk gepasst, der mehr außerhalb der Zone agierte. Wir kannten uns schon ein wenig, weil wir in der NBA gegeneinander gespielt hatten. Zu der Zeit haben wir als Teamkollegen eine Beziehung aufgebaut und wie ich gesagt habe, wir verstehen uns auch heute noch gut. Ich habe die Zeit in der Nationalmannschaft sehr genossen und in Deutschland tolle neue Leute kennengelernt.
Chris Kaman über die Clippers und seine Lieblingsstation
Ihre Karriere in der NBA begann als Nr.6-Pick im Draft 2003 bei den Clippers. Die Franchise galt viele Jahre als Lachnummer der Liga. Mit welchem Gefühl sind Sie damals nach L.A. gegangen?
Kaman: Ich habe während des Pre-Draft-Prozesses zweimal bei den Clippers vorgespielt, ich wusste also, dass ich weit oben auf ihrer Liste stand. Zu dem Zeitpunkt habe ich mich selbst als Gewinner gesehen. Ich habe am College mit Central Michigan die Mid-American-Conference gewonnen und war bei March Madness dabei. Für solch ein kleines College war das ein großer Erfolg. Die Umstellung zu den Clippers war eine Herausforderung. Ich bin zu einem Team gekommen, dessen Ruf war nur: verlieren, verlieren, verlieren. Es hieß, die Clippers kümmern sich nicht darum, zu gewinnen. Wenn du gedraftet wirst, bist du im ersten Moment einfach begeistert. Erst ist den Tagen darauf beginnst du zu realisieren, dass du bei einem der schlechtesten Teams im Basketball gelandet bist.
Wie sind Sie mit dieser Situation umgegangen?
Kaman: Ich bin ein harter Arbeiter, das ist für mich ein sehr wichtiger Teil meines Spiels. Ich habe immer mit vollem Einsatz gespielt, denn ich wusste, das ist das einzige, was ich kontrollieren kann. Also habe ich mich durchgekämpft und in dieser Zeit eine Menge gelernt, sowohl von guten als auch von schlechten Typen. Mir ist es gelungen, meine Wurzeln zu bewahren. Als ich das Team 2011 als Teil des Chris-Paul-Trades von New Orleans nach L.A. verlassen musste, ist die Franchise durchgestartet. Aber wir hatten ebenfalls ein paar gute Jahre, zum Beispiel mit dem Playoff-Run 2006.
Nach den Clippers waren Sie für die Hornets, Mavs, Lakers und Blazers aktiv. Verfolgen Sie Ihre ehemaligen Teams auch heute noch?
Kaman: Auf jeden Fall, vor allem Portland. Das war mein Lieblingsteam, für das ich gespielt habe. In den zwei Jahren habe ich so viele tolle Erinnerungen gesammelt. Das Team und die Organisation waren großartig, die Blazers kümmern sich wirklich gut um ihre Spieler. Und sie haben es verstanden, die richtigen Jungs zu holen, wir hatten keine 'bad guys' in der Mannschaft. Wir mussten uns nicht mit irgendwelchen Problemen auf der Bank oder in der Kabine herumschlagen. Meine Zeit bei den Blazers weiß ich auch heute noch sehr zu schätzen. In der aktuellen Saison hatten sie viele Verletzungen, das war ein ständiges Auf und Ab. Wir werden sehen, wie sie sich in den Playoffs schlagen.
Wer ist für Sie in diesem Jahr der Favorit auf die Championship?
Kaman: Ich bin vor allem gespannt auf LeBron James und Anthony Davis. Wenn die beiden gesund sind, dann haben die Lakers gute Chancen. Mir gefallen aber auch die Clippers und Jazz mit ihrem Teambasketball. Was den Osten angeht: Die Bucks sind solide, bei den Nets ist etwas fraglich, ob alle Stars fit bleiben können. Wenn ich ein Team wählen muss, dann gehe ich mit LeBron und den Lakers.
Die Karrierestatistiken von Chris Kaman in der NBA
Team | Saisons | Spiele / Minuten | Punkte | Rebounds | Assists | Blocks | FG% |
Clippers | 8 | 493 / 29,7 | 11,8 | 8,3 | 1,3 | 1,4 | 48,7 |
Hornets | 1 | 47 / 29,2 | 13,1 | 7,7 | 2,1 | 1,6 | 44,6 |
Mavs | 1 | 66 / 20,7 | 10,5 | 5,6 | 0,8 | 0,8 | 50,7 |
Lakers | 1 | 39 / 18,9 | 10,4 | 5,9 | 1,5 | 1,0 | 50,9 |
Trail Blazers | 2 | 90 / 16,8 | 7,6 | 5,6 | 0,8 | 0,6 | 51,2 |
Karriere | 13 | 735 / 26,7 | 11,2 | 7,6 | 1,3 | 1,3 | 48,9 |
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