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NBA - Brooklyn Nets schnappen sich auch noch LaMarcus Aldridge: Wie viele All-Stars sind genug?

LaMarcus Aldridge wechselt nach seinem Buyout in San Antonio zu den Brooklyn Nets.
© getty

Die Brooklyn Nets haben einen weiteren Coup gelandet und sich nach seinem Buyout auch noch den umworbenen LaMarcus Aldridge gesichert. Doch kann der siebenmalige All-Star den Nets wirklich weiterhelfen?

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Geht man nach den Namen, sind die Nets auf einem guten Weg, die größte Star-Truppe der NBA-Geschichte zusammenzustellen. Mit Kevin Durant (11), James Harden (9), Kyrie Irving (7), Blake Griffin (6), DeAndre Jordan (1) und nun Aldridge (7) vereint Brooklyn 41 Auftritte beim All-Star Game, mehr wiesen in diesem Jahrtausend nur die Boston Celtics 2010/11 (56) und 2011/12 (43) auf.

Natürlich ist diese Zahl nur ein bedingt aussagekräftiger Gradmesser, wenn es um die Qualität der Teams geht, was auch die Celtics-Teams beweisen: 15 der 10/11er All-Star-Auftritte gingen allein auf die Kappe von Shaquille O'Neal, der in seiner damals letzten NBA-Saison mit 38 viele Jahre von seiner Bestform entfernt war und hoffte, eine letzte Chance auf einen weiteren Ring zu bekommen.

Die Reputation und die tatsächliche Leistung stimmen nicht immer überein, gerade bei Veteranen. Das traf bei Griffin zu, das tut es auch bei Aldridge, auch wenn beide nach ihrem jeweiligen Buyout durchaus großes Interesse auf sich zogen. Nun hat Brooklyn das Rennen gemacht und unter anderem die Miami Heat ausgestochen, die zuvor als Favorit auf Aldridges Dienste galten.

Ob LMA seinen neuem Team wirklich helfen wird, ist allerdings keineswegs sicher. Auf den ersten Blick bringt die Verpflichtung eher mehr Fragen als Antworten mit sich.

LaMarcus Aldridge ist nicht mehr der Scorer früherer Tage

Zunächst lohnt sich ein Blick auf die Frage, warum Aldridge überhaupt verfügbar war. San Antonio befand sich ja nicht wie Griffins Ex-Team Detroit (oder die Cavaliers mit Andre Drummond) in einer Situation, in der Ergebnisse nichts zählen, im Gegenteil: Momentan sind die Spurs auf Playoff-Kurs. Die Entscheidung, Jakob Pöltl zu Ungunsten von Aldridge zu befördern, war eine sportliche.

Aldridge verzeichnete diese Saison die wenigsten Punkte seit seinem Rookie-Jahr (13,7 pro Spiel), bei ebenfalls zurückgehender Effizienz. LMAs Paradewurf ist der lange Zweier, den er nach wie vor sehr gut trifft, ansonsten ist er jedoch nicht mehr der Scorer vergangener Tage.

In dieser Saison kamen nur 17 Prozent seiner Abschlüsse am Ring, das ist mit großem Abstand ein Karrieretiefstwert. Von der Dreierlinie ist er nach einem guten Vorjahr auf 36 Prozent zurückgefallen.

Warum Jakob Pöltl den Platz von LaMarcus Aldridge einnahm

Das größere Problem identifizierten die Spurs indes am defensiven Ende, wo sie in den Minuten mit Aldridge auf 100 Ballbesitze gerechnet 7 Punkte mehr zuließen (115,5 laut Cleaning the Glass). Das war das Hauptargument für Pöltl, der San Antonio hinten einen ganz andere Qualität verschafft (Defensiv-Rating mit ihm: 107,1).

In erster Linie deshalb gerieten die Spurs an den Punkt, an dem sie ihn erst traden wollten und dann in Ermangelung von Angeboten aus seinem Vertrag herauskauften. Aldridge plagte sich in den letzten Jahren mit einigen Verletzungen herum und wirkt zunehmend hüftsteif, gerade in der Pick'n'Roll-Defense. Seine Alibi-Closeouts haben seit längerem einen gewissen Kultstatus erreicht.

Auch am Ring ließen die Spurs deutlich mehr Versuche (+3,5 Prozent) bei einer besseren Quote (+4,7) zu, wenn Aldridge auf dem Court stand. Das alles ist vor allem insofern interessant, dass sich bei den Nets eigentlich seit Wochen fast alle Beobachter (und Head Coach Steve Nash) einig sind, dass am ehesten noch defensiv Upgrades von Nöten wären.

Der beste Center der Brooklyn Nets ist ...

Brooklyn belegt beim Defensiv-Rating einen nicht nach "Titelfavorit!" schreienden Platz 24 (114,2). Zuletzt schien das zwar keine große Rolle zu spielen, weil das Team vor allem dank James Harden trotzdem von Sieg zu Sieg eilte, in den Playoffs wird aber zumindest eine gewisse Steigerung von Nöten sein. Stand jetzt scheint es unwahrscheinlich, dass Aldridge dabei helfen kann.

Vielleicht schadet er sogar. Brooklyn hatte schon vor seinem Wechsel viele unterschiedliche Lösungen auf der Fünf, auch Griffin kam dort schon zum Einsatz, dazu gab es die konventionelle Lösung mit Starter Jordan oder der Small-Ball-Option Jeff Green, mit der Brooklyn offensiv am explosivsten wirkte. Den besten Eindruck hinterließ jedoch ein anderer.

Zweitjahresprofi Nicolas Claxton hat zwar den mit Abstand "kleinsten" Namen, aber seit dem Harden-Trade auch den größten Impact aller Nets-Bigs. In seinen Minuten ist das Defensiv-Rating mit 100,3 sogar elitär. Er kann den Ring beschützen und ist beweglich genug, um auch in dem Switch-lastigen Schema zu funktionieren, das Brooklyn seit Hardens Ankunft überwiegend nutzt.

Brooklyn Nets: Die Ratings auf der Center-Position

MinutenOffensiv-RatingDefensiv-RatingNet-Rating
DeAndre Jordan998114,9112,8+2,8
Jeff Green409119,3118,1+1,2
Jarrett Allen (vor Trade nach CLE)319117,6105,1+12,5
Nicolas Claxton265117,1100,3+16,9

Tatsächlich switchen die Nets laut Second Spectrum in dieser Spielzeit mehr Picks als alle anderen Teams - Aldridge tat das in San Antonio nahezu nie. Aufgrund seiner fehlenden Beweglichkeit ließen die Spurs ihn fast ausnahmslos droppen und erlaubten dabei haarsträubende 1,114 Punkte pro Play.

Das klingt nach einer Möglichkeit, um eine ohnehin schlechte Defense noch weiter zu schwächen. Dass Aldridge etwa wie Claxton hier seinen Mann steht, ist heutzutage wohl schlichtweg unrealistisch. Claxton hat auch deshalb zuletzt oft von Nash das Vertrauen in engen Situationen bekommen, weil er eben diese Komponente mitbringt.

Nicolas Claxton schafft es, nach dem Switch vor Damian Lillard zu bleiben.
© nba.com/stats
Nicolas Claxton schafft es, nach dem Switch vor Damian Lillard zu bleiben.

LaMarcus Aldridge zu den Nets: Vielleicht doch kein Coup

In der Theorie ergibt die Verpflichtung eines Spielers wie Aldridge Sinn: Stretch-Bigs sind gefragt und mehr Platz für die dynamischen Scorer des Teams schadet nicht. Da er nach seinem Buyout zum Minimum unterschrieben hat, gibt es kein finanzielles Risiko und die Hoffnung ist berechtigt, dass er - ähnlich wie Griffin - mit anderen Teamkollegen wieder eine bessere Form an den Tag legt.

Es gibt, gerade in der speziellen Situation der Nets, aber auch Gefahren, und diese sind politischer Natur. In Jordan hatte man schon vor der Saison einen Spieler, der aufgrund seiner Freundschaft zu Durant und Irving eine größere Rolle spielte, als die Leistungen es rechtfertigten. Mit Griffin und Aldridge sind nun zwei weitere große Namen hinzugestoßen, die sich womöglich auch deshalb für Brooklyn entschieden haben, weil ihnen eine gewisse Rolle versprochen wurde.

Bedenkt man, dass auch Durant in gewissen Szenarien die beste Option auf der Fünf sein könnte, laufen die Nets Gefahr, am Ende zu viele Leute für zu wenig Spielzeit zu haben und hier nicht nur nach sportlichen Gründen auszusortieren. Sollte nun ausgerechnet Claxton für Aldridge seine Minuten reduziert sehen oder gar aus der Rotation fallen, war die Verpflichtung dieses nächsten großen Namens womöglich doch kein Coup.

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