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NBA: Miami Heat nach der Verpflichtung von Jimmy Butler - Rileys nächster Streich

Von Gianluca Fraccalvieri
Jimmy Butler wird in Zukunft für die Miami Heat auflaufen.
© getty

In einem Vier-Team-Deal haben die Miami Heat Jimmy Butler an den South Beach geholt und sich damit selbst einen Ausweg aus der Mittelmäßigkeit der vergangenen Jahre geschaffen. Für Butler ist es dahingegen die Chance, endlich die erste Geige zu spielen.

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"Die einzige Sache, die ich in niemals tragen würde, ist ...", wurde der 23-jährige Butler 2013 in einem Interview für die Modezeitschrift Chicago Splash gefragt. Seine damalige Antwort würde er vom heutigen Standpunkt aus wohl noch einmal überdenken wollen. "Ein Miami-Heat-Trikot", antwortete Butler damals kurz und knapp. In den sechs Jahren seit diesem Interview haben sich aber sowohl Butlers Situation als auch die Franchise am South Beach grundlegend geändert.

Mit den Championships in den Jahren 2012 und 2013 erlebte Miami die größten Erfolge der Vereinsgeschichte und die Big Three um LeBron James, Dwyane Wade und Chris Bosh werden in Florida für immer Legenden bleiben. Momente wie den Dreier von Ray Allen in Spiel 6 der 2013er NBA Finals vor der weißen Fan-Wand oder das 61-Punkte-Spiel des maskierten James werden die Fans im American Airlines Arena wohl ihr Leben lang nicht vergessen.

So groß die Basketball-Euphorie in Miami jedoch war, so schnell ebbte sie ab 2014 auch wieder ab. Als James, Wade und Bosh in jenem allesamt Free Agents wurden, brach für die Heat ein neues, unrühmliches Zeitalter an. LeBron ging zurück nach Cleveland, Bosh bekam seinen Maximalvertrag, machte aber im Anschluss nur noch 93 Spiele und musste wegen einer Herzerkrankung seine Karriere beenden. Wade verzichtete stattdessen auf Geld, welches er später bekommen sollte, verkrachte sich aber Präsident mit Pat Riley und legte Zwischenstops in Chicago und Cleveland ein.

Die Franchise rutschte so unaufhaltsam in die Mittelmäßigkeit ab. Seit 2013/14 erreichten die Heat nur zweimal die Playoffs, wobei die Niederlage in Spiel 7 der Conference Semifinals gegen die Toronto Raptors im Jahr 2016 das Höchste der Gefühle war.

Hassan Whiteside (4 Jahre, 98 Millionen Dollar) wurde maximal bezahlt, ein Jahr später ließen sich Verantwortlichen von einem Schlussspurt blenden und händigten James Johnson und Dion Waiters fette Verträge aus, nachdem sich Gordon Hayward für Boston und gegen Miami entschied. Der Cap Space für die großen Free Agents war nicht da, geschweige denn, dass ein echter Superstar sich freiwillig dem maximal durchschnittlichen Team am South Beach angeschlossen hätte.

Miami Heat: Pat Riley fädelt Mega-Deal für Jimmy Butler ein

Miami hatte sich zu einer grauen Maus mit wenig Hoffnung entwickelt, auch wenn Head Coach Eric Spoelstra aus durchschnittlichen und merkwürdig zusammengestellten Teams das Maximum herauspresste. Die Perspektive für die Free Agency und die kommende Saison schien dennoch mäßig -bevor Teampräsident Pat Riley mal wieder ein absolutes Ass aus dem Ärmel zauberte.

In einem Vier-Team-Blockbuster-Trade verschifften die Heat Whiteside zu den Blazers, Josh Richardson zu den 76ers und einen Erstrundenpick 2023 zu den Clippers, um im Gegenzug Jimmy Butler und Meyers Leonard zu erhalten.

Die Genialität dieses Deals wird einem erst auf den zweiten Blick bewusst. Mit Whiteside haben die Heatles ihren ungewollten Störenfried an den Mann gebracht, Platz für den jungen Bam Adebayo als Starting-Center geschaffen und mit Leonard noch einen jungen Back-Up-Center erhalten, der mit seinem Wurf dem Team gutes Spacing verleihen kann.

Der Abgang des letztjährigen Topscorers Richardson schmerzt zwar, auch weil sein Vertrag einer der besten der kompletten Liga ist (noch 3 Jahre, 32,6 Mio.), wird aber positionsgetreu mit einem absoluten Superstar und Go-to-Guy in Jimmy Buckets ersetzt. Ganz stumpf runtergebrochen hat Miami lediglich einen Erstrundenpick 2023 für Butler bezahlt. Wenn das mal kein guter Deal ist!

Auch wenn sich über die Führungsqualitäten des 29-Jährigen bekanntlich streiten lässt, sind Butlers sportliche Qualitäten über so ziemlich jeden Zweifel erhaben. In den vergangenen Playoffs demonstrierte er eindrucksvoll, dass er immer noch einer der besten Two-Way-Player der Association ist und in der Cruchtime mit dem Spalding in der Hand liefern kann - eines der größten Probleme der Heat in den vergangenen Jahren.

Für Hassan Whiteside ist das Kapitel Miami Heat beendet.
© getty
Für Hassan Whiteside ist das Kapitel Miami Heat beendet.

Miami Heat: Jimmy Butler soll die Kehrtwende einleiten

In der letzten Saison rangierte Miami auf Platz 28 der Liga in Sachen Crunchtime-Scoring, wobei oft der 36-jährige Wade die Zeit zurückdrehen musste, um Spiele in der Schlussphase nicht aus der Hand zu geben. Den Heat fehlte es schlichtweg an jeglicher Identität.

Acht Spieler legten im Schnitt eine doppelte Punktzahl auf, während zwölf Spieler mehr als 20 Minuten Spielzeit pro Nacht sahen und am Ende der Partie dennoch niemand wusste, wer denn nun die Zähler nach Hause bringen sollte. Diese Frage dürfte sich dank des cleveren Moves von Riley endlich geändert haben.

Noch viel wichtiger als die kurzfristige Problembewältigung in der Schlussphase der Partie, wird aber Butlers Einfluss für die Zukunft der Franchise sein. Im nächsten Sommer laufen die teuren Verträge von Ryan Anderson und Goran Dragic (gemeinsam rund 40 (!) Millionen Dollar) aus, im Folgejahr dann schließlich auch die nicht unerheblichen Gehälter von James Johnson (16), Kelly Olynyk (12) und Dion Waiters (12). Für 2021/22 stehen derzeit nur die 13 Millionen von Justice Winslow und eben die 36 Millionen für Butler in den Büchern.

Dass dieser freie Cap Space in den nächsten Jahren auch für entsprechend prominente Spieler genutzt wird, ist zu einem großen Teil auch Butlers Aufgabe. Mit Jimmy haben die Heat endlich das neue Gesicht ihrer Franchise gefunden, das sie seit dem Abgang von D-Wade im Jahr 2016 so schmerzlich vermisst haben. Ein Gesicht, das die Superstars wieder an den South Beach locken soll, wie es in diesem Jahrhundert schon einige Male der Fall war.

Jimmy Butler: Ein legitimer Nachfolger für Dwyane Wade?

Und wie ist der Deal aus der Sicht von Butler selbst zu bewerten? Der Swingman soll Medienberichten zufolge einen Maximal-Vertrag der Sixers über fünf Jahre und 190 Millionen Dollar ausgeschlagen haben, um zukünftig im AAA zu spielen. Es scheint so, als würde Butler nach dem gescheiterten Championship-Run mit Philly nun sein eigenes Ding durchziehen wollen - als Leader einer jahrelang vor sich her vegetierenden Franchise und anders als bei den Wolves und 76ers auch unangefochten als erste Option.

"Willkommen in Miami! Nein, du kannst die Nummer 3 nicht tragen und du kannst auch nicht meinen Spint haben", begrüßte Wade seinen "Nachfolger" neckisch via Instagram. Bulter ließ sich davon nicht beirren und machte den Heat-Fans gleich mal Hoffnung, dass die Zukunft im Sunshine State alles andere als trüb aussehen könnte: "Ich weiß, dass Nummer 3 retired wird, aber ich hoffe, dass meine Nummer und mein Spint auch eines Tages an diesem Punkt sein können."

Ob den Heat mit Butler nun umgehend der große Sprung gelingt, bleibt abzuwarten. Ein Contender sind die Heat nicht, dafür ist die Spitze im Osten zu weit weg, Mit dem Butler-Coup wurde aber der erste Schritt gemacht und vieles deutet darauf hin, dass dies nicht der einzige Move sein wird. Gemäß einiger Berichte würden die Heat gerne auch Bradley Beal von den Washington Wizards als zweiten Star holen, auch wenn die Hauptstädter dies ablehnen.

Und selbst wenn - Miami sieht sich selbst als Big Player und zeigt es auch wieder, das ist die Handschrift von Pat Riley. Wer hätte vor dem Sommer auch nur einen Pfifferling auf einen Blockbuster-Deal der Heat gesetzt? Auch in seinem Karriere-Herbst hat es Riley nicht verlernt.

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