Del Harris im Legenden-Interview: "Du musst ihn K.o. schlagen, Kobe!"

Florian Regelmann
18. April 201918:12
Del Harris ist von Luka Doncic ähnlich beeindruckt wie vom jungen LeBron James.getty
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Del Harris ist seit 60 Jahren im Basketball-Geschäft unterwegs. Noch heute arbeitet der 81-Jährige als Vizepräsident bei den Texas Legends, dem Farmteam der Dallas Mavericks. Wenn einer Geschichten zu erzählen hat, dann ist es der NBA Coach of the Year aus der Saison 1994/95. Im SPOX-Interview spricht Harris über seine legendäre Karriere, seine etwas schwierige Beziehung zum jungen Kobe Bryant und die glücklosen Iberia Superstars.

Außerdemberichtet Harris von einemTreffenmit Barack Obama und verrät, welchen Rat er dem Ex-US-Präsidentengegeben hat.

Es klingelt. Del Harris meldetsich.

Del Harris: (lacht) Es heißt, die Deutschen sind sehr pünktlich. Es scheint zu stimmen. Sie rufen ja auf die Sekunde genau an.

Na klar.

Harris: Wo sind Sie zuhause?

In München.

Harris: Ich war in meinem Leben ein paar Mal in München. Es ist eine wunderschöne Stadt. In den 70er Jahren war ich Coach von den Iberia Superstars in Barcelona in der EPBL. Wir haben auch in München gespielt.

Die Iberia Superstars? In was füreiner Liga?

Harris: In der European Professional Basketball League. Es war eine Liga mit Kohle und Spielern aus den USA, aber sie hat nicht mal eine ganze Saison überstanden. Es sollte eigentlich acht Franchises geben, aber London, Paris und Rom haben das Geld doch nicht zusammen gekriegt, so gab es am Ende nur fünf Teams: die Iberia Superstars, die Belgium Lions in Brüssel, die Israel Sabras in Tel Aviv, die Swiss Alpines in der Schweiz und die Munich Eagles, die in München ihre Spiele in der Halle auf der Militärbasis austrugen. Es gab nur US-Jungs und jeweils einen lokalen Spieler pro Team, die aber alle total schlecht waren, sonst hätten sie ja auch bereits für andere Teams gespielt. Die FIBA hat alles unternommen, um uns zu bekämpfen. Wir durften in Barcelona zum Beispiel nicht zwei Spiele in Folge in der gleichen Halle austragen, so wusste nie jemand, wo wir denn jetzt eigentlich spielen. Es war wild. Aber es gab ein paar Spieler, die damals dabei waren und später in der NBA spielen sollten. Ich erinnere mich an Lon Kruger, den heutigen Head Coach an der Universität von Oklahoma.

Jetztsindwirschon mitten in IhrerfaszinierendenKarriere. Lassen Sie uns von vornebeginnen. Wie sind Sie überhaupt in die Coaching-Schienegerutscht?

Harris: Ich bin in Indiana aufgewachsen, der Heimat des Basketballs. 20 Jahre nach der Erfindung des Basketballsports fand 1911 in Indiana das erste High-School-Turnier in der Geschichte statt. Wir behaupten sogar, dass das erste Spiel überhaupt in Indiana ausgetragen wurde. Ich habe Basketball sozusagen mit der Muttermilch aufgesogen, so wie es bei euch in Deutschland mit Fußball ist. Kennen Sie Jake Weber?

Del Harris über seine Anfänge: "Ich wollte Priester werden"

Nein, da muss ich passen. Tut mir leid. Ich bin 1980 geboren.

Harris: 1980? Oh Gott. Na dann kann ich ihnen keinen Vorwurf machen. Jake Weber kam jedenfalls aus meiner kleinen Heimatstadt und war der Spieler, der am 1. November 1946 beim ersten Spiel in der NBA-Geschichte auf dem Feld stand. Er hat zwar nicht die ersten Punkte gemacht, aber er hat beim Tipoff den ersten Ball für die New York Knicks gewonnen, die bei den Toronto Huskies antraten. Die Knicks gewannen 68:66.

Zurückzu Ihnen.

Harris: Ich wollte eigentlich gar nicht Coach werden. Nach meiner College-Karriere als Spieler wollte ich Priester werden. Mein Professor gab mir damals aber den Tipp, dass ich doch erstmal ein Jahr lang arbeiten sollte, um ein bisschen Geld zu verdienen und dass er auch schon einen Job für mich hätte. Ich könnte Siebt- und Achtklässler trainieren. Also habe ich das gemacht. Es war großartig. Wir haben mehrfach über 100 Punkte erzielt. Die Viertel dauerten nur sechs Minuten. In einem Spiel über 48 Minuten hätten wir also über 200 Punkte erzielt. (lacht) Mit der Zeit habe ich mich gefragt, ob es vielleicht doch meine Bestimmung ist, Coach zu sein. Vielleicht ist das ja doch Gottes Plan für mich und eben nicht ein Priesteramt. Aber mein Ziel war es damals nur, eines Tages Coach an einem kleinen College zu sein. Ich hatte selbst an einem kleinen College gespielt, das schien mir als Ziel groß genug.

Wie ging es weiter?

Harris: Als ich 27 Jahre alt war, sah ich eine Annonce in der Zeitung und bewarb mich für den Posten des Cheftrainers am Earlham College in Indiana. Verrückterweise luden sie mich tatsächlich zum Vorstellungsgespräch ein, plötzlich saß ich an diesem Tisch und zwölf Leuten gegenüber. Zwölf! Nachdem sie sich beraten hatten, holten sie mich wieder zurück ins Zimmer und boten mir den Job an. Ich habe sofort meine Frau angerufen. Neun Jahre blieb ich in Earlham. Als ich kam, hatte das Team in drei Jahren zusammen sieben Spiele gewonnen. Wir holten dann in neun Jahren zwölf Titel mit den Quakers und waren in einem Jahr die Nummer 6 des Landes. Es war eine tolle Zeit.

Del Harris (r.) und Don Nelson arbeiteten in Milwaukee und Dallas zusammen.getty

Del Harris über 60 Jahre im Geschäft: "Die meisten sind tot"

Sie haben in dieser Zeit dannauch den Schrittnach Puerto Rico gewagt. Wie ist das entstanden?

Harris: Ich hatte während der Zeit in Earlham angefangen, Artikel und Bücher über Coaching zu schreiben. Das hatte sich bis nach Puerto Rico herumgesprochen, so wurde man auf mich aufmerksam. Die ersten Anfragen, im Sommer in Puerto Rico zu trainieren, lehnte ich noch ab, weil ich im Sommer immer noch selbst Baseball spielte. Aber als ich damit aufhörte und wieder angerufen wurde, habe ich zugesagt. Es war mitten in der Saison und der Boss war so verzweifelt, dass er mir ein ganzes Jahresgehalt anbot, wenn ich komme. Da musste ich zuschlagen. Sieben Sommer verbrachte ich in der Folge in Puerto Rico. Zuerst war ich Coach bei einem Expansion Team, dann ging es zu einem etwas besseren Team und zum Schluss gewann ich mit dem besten Team, den Bayamon Vaqueros, drei Titel in Serie. Außerdem wurde ich Coach der puertoricanischen Nationalmannschaft und holte 1974 bei der CentroBasket in El Salvador die erste Goldmedaille in der Geschichte des Landes.

Dann folgte die eingangs erwähnte Episode in Europa.

Harris: Richtig. Nach meinem Ausflug nach Barcelona rief mich Tom Nissalke an, um sein Assistant bei den Utah Stars in der ABA zu werden, aber wie in Barcelona spielten auch die Stars die Saison nicht zu Ende. Ich dachte mir: "Das gibt es doch gar nicht." Zum Glück wurde Nissalke 1976 Coach der Houston Rockets und nahm mich mit. Seitdem bin ich seit über 40 Jahren in irgendeiner Funktion in der NBA. Wenn ich an die Anfänge als Coach in der High School zurückdenke, bin ich sogar 60 Jahre im Geschäft. Das können nicht so viele sagen. Die meisten sind tot. (lacht) Ich bin sehr glücklich, dass ich noch am Leben bin und bei den Texas Legends in der G-League als Vize-Präsident tätig sein darf.

Als Nissalke Head Coach in Utah wurde, als die Jazz von New Orleans dorthinzogen, wurden Sie 1979 Head Coach der Rockets und erreichten 1981 die Finals. Überraschend, oder?

Harris: Sehr überraschend. Es sah bis kurz vor Ende der Regular Season gar nicht danach aus, dass wir überhaupt die Playoffs erreichen würden. Wir mussten die letzten fünf, sechs Spiele fast alle gewinnen und sind am Ende mit einer negativen Bilanz (40-42) als letztes Team in die Playoffs eingezogen. Damals bestand das Playoff-Feld nur aus zwölf Teams. In der ersten Runde mussten wir gegen die Lakers um Magic und Kareem ran. In einer Best-of-3-Serie. Wir hatten Spiel 1 in L.A. gestohlen, dann aber zuhause verloren. Niemand gab uns eine Chance, ein zweites Mal auswärts zu gewinnen. Niemals würde das passieren. Ich sehe es noch vor meinen Augen, wie Magic in den letzten Sekunden zum Korb zieht, den Gamewinner aber verpasst. Wir gewannen 89:86. Wir hatten das Spiel unglaublich langsam gemacht, das war unsere einzige Chance. Danach trafen wir auf die Spurs, die uns in der Saison mehrfach vermöbelt hatten. Es kam zu Spiel 7 und wieder setzte keiner einen Pfifferling auf uns. Wir hatten schon zwei Mal in San Antonio gewonnen, ein drittes Mal schien völlig unmöglich zu sein. Aber wir gewannen das Spiel 105:100. Es war magisch. Danach setzten wir uns 4-1 gegen Kansas City durch und standen tatsächlich in den Finals.

Dort zogen Sie mit Houston den Kürzerengegen die Celtics. 2-4 hieß es am Ende. Auch weil Larry Bird diesenunmöglichenWurftraf.

Harris: Genau so war es. Bird traf diesen unfassbaren Wurf in Spiel 1, als er den Ball von der rechten in die linke Hand switchte, dabei war, ins Aus zu fallen und irgendwie den Schuss noch traf. Der legendäre Red Auerbach hat nicht umsonst einmal gesagt, dass das für ihn der beste Wurf war, den er je gesehen hat. Wir spielten eigentlich eine gute Serie, aber es sollte nicht ganz reichen. Was man nicht vergessen darf: Meine Rotation umfasste nur sechs Spieler. Und wir spielten die Finals in neun Tagen. Sechs Spiele in neun Tagen, das war damals ganz normal. Wir spielten in dieser Saison auch sechsmal an drei Tagen in Folge. Back to back to back. Heute regen sich alle über zwei Spiele an zwei Tagen auf. Seit unserem Rockets-Team hat auf jeden Fall keine Mannschaft mit negativer Bilanz mehr die Finals erreicht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das auch nie wieder passieren wird. Selbst nach der Niederlage wurden wir in Houston als Helden gefeiert. Es war einer der schönsten Momente in meinem Leben.

Warumsind Sie einige Jahre später in Houston gefeuertworden?

Harris: Es ging damit los, dass wir einen neuen Besitzer bekamen. Charlie Thomas. Er kaufte die Franchise für 9,5 Millionen Dollar. Als Philadelphia dann Moses Malone 13 Millionen anbot, bekamen wir ein Problem. Charlie sagte: "Ich habe 9,5 Millionen für die ganze Franchise gezahlt, ich zahle jetzt doch nicht 13 Millionen für einen einzigen Spieler." Also zog es Moses nach Philly, wo er erneut MVP wurde und die Meisterschaft holte. Wir haben aber nicht nur Moses verloren, sondern auch Mike Dunleavy und Bill Willoughby, drei meiner sechs besten Spieler waren weg. Das Ziel war, zu tanken und Letzter zu werden, um im Draft Ralph Sampson zu bekommen. Das klappte auch, aber ich wurde gefeuert und durch Bill Fitch ersetzt. Die Rockets wurden danach wieder Letzter und pickten im nächsten Draft Hakeem Olajuwon. Der Rest ist Geschichte.

Vor Sam Bowie an 2 und Michael Jordan an 3. NachIhrer Rockets-Zeit holte Sie Don Nelson als Co-Trainer nach Milwaukee. Und nach Nellies Wechselnach Golden State beerbten Sie ihnals Head Coach. Was war Ihr Plan mit den Bucks?

Harris: Mein Plan war es, den Weg der Rockets zu gehen. Ich wollte die Coaching-Rolle an meinen Assistenten Frank Hamblen übergeben und General Manager sein. Ich wollte Deals für unsere älteren Spieler einfädeln und uns in die Position bringen, um im Draft entweder Shaquille O'Neal oder Alonzo Mourning zu bekommen. Ich wusste einfach, dass wir mit der Mannschaft nicht um den Titel spielen konnten. Ich hatte zum dritten Mal Moses Malone in meinem Team, aber Moses war 36 und hatte Rückenprobleme. Auch Dale Ellis war nicht mehr richtig fit. An der Deadline hatte ich drei Deals auf dem Tisch, aber der Besitzer wollte die Saison nicht wegwerfen, weil wir zu dem Zeitpunkt im Playoff-Rennen waren. Wir hätten im damals unglaublich starken Osten aber nie was gerissen. Trotzdem hat er meinen Plan abgelehnt und mich gefeuert. Danach habe ich als Berater für die Sacramento Kings gearbeitet und bekam 1994 den GM-Posten angeboten. Das erste Angebot lehnte ich ab, dann veränderte ein Anruf alles.

Del Harris über die Kings: "Ihr wolltet mich über den Tisch ziehen"

Von wemkamdieserAnruf?

Harris: Von Jerry West. Er sagte mir, dass er mich als Coach für die Lakers verpflichten wolle. Lakers-Besitzer Jerry Buss dachte aber, dass ich schon bei den Kings im Wort stehen würde und wollte die gute Beziehung zu ihnen nicht gefährden. Ich machte Jerry West deutlich, dass ich nichts unterschrieben oder zugesagt hätte. "Aber Jerry meint, du hast zugesagt." "Hab ich aber nicht." So ging unser Gespräch. Also rief ich die Kings an und sagte ab. Sie waren natürlich sauer, aber ich sagte ihnen: "Ihr habt mir ein mieses Angebot gemacht. Hättet Ihr mich nicht so über den Tisch ziehen wollen, hätte ich längst unterschrieben. Es ist eure eigene Schuld." Ich flog nach L.A., hatte aber nichts Schriftliches in der Hand. Das war ein komisches Gefühl, aber letztlich ging alles gut und ich wurde Head Coach bei den Lakers.

Die Lakers warendavorzumersten Mal überhaupt in der Lottery gelandet. Magic hatteals Coach die letztenzehnSpieleverloren und danachkeinen Bock mehr auf Coaching. Aber mit Ihnen ging es bergauf, in der Saison 1994/95 wurden Sie sogarzum Coach of the Year gewählt.

Harris: Wir haben uns in meinen vier Jahren immer gesteigert. Von 48 Siegen über 53, 56 und dann sogar 61. Wenn man bedenkt, dass Shaq in den letzten beiden Jahren verletzt zusammen 53 Spiele verpasste, war unsere Bilanz wirklich nicht so schlecht. 1998 haben wir in den Playoffs sogar die SuperSonics rausgehauen, die wie wir 61 Spiele gewonnen hatten, wurden aber dann in den Conference Finals von Utah geswept. Die Jazz waren zu diesem Zeitpunkt in ihrer Hochzeit und einfach viel besser als wir, das mussten wir anerkennen. Danach wurde Nick van Exel nach Denver getradet. Elden Campbell und er hatten sich den Zorn des Besitzers zugezogen. Und ich hatte plötzlich meinen Point Guard verloren, Derek Fisher war nicht bereit für diese Rolle. Als die Saison nach dem Lockout begann, schlugen wir sogar gleich am Anfang zweimal die Spurs. Aber als wir an drei Tagen drei Spiele hatten und in Seattle, Denver und Toronto Niederlagen kassierten, wurde ich am nächsten Tag rausgeschmissen.

Sie waren der erste Trainer von Kobe. Wie erinnern Sie sich an die erstenbeiden Jahre, alsermit 18 in die Liga kam?

Harris: Kobe war ein Teenager. Er war physisch noch gar nicht entwickelt. LeBron hatte bereits den Körper eines 30-Jährigen, als er so jung in die NBA kam. Er war ein echter Mann. Davon war Kobe weit entfernt. Zum Ende seiner Rookie-Saison war er aber schon ein fester Bestandteil der Rotation und im zweiten Jahr wäre er fast schon Sixth Man of the Year geworden, nur Danny Manning landete vor ihm. Mit 15 Punkten pro Partie war er nach Shaq und Eddie Jones unser drittbester Scorer.

Wie war IhreBeziehungzu Kobe? Nachseinem 62-Punkte-Spiel gegen die Mavs 2005 sagteer, dass Sie seine Motivation dafürgewesenseien. Erhabe Sie gehasstals Rookie.

Harris: Das war ein Scherz von Kobe. Das hat er mir auch gesagt. Wenn er es wirklich so empfunden hätte, warum hat es dann bis 2005 gedauert, bis er dieses Spiel gemacht hat? (lacht) Da hätte es vorher schon einige Möglichkeiten gegeben. Ich habe nie irgendwelche Animositäten gespürt. Es gab auch keinen Grund dafür. Es wird auch gerne vergessen, dass ich Eddie Jones als Starting Shooting Guard hatte, als Kobe in die NBA kam. Eddie war ein All-Star. Es war auch nicht wirklich möglich, Eddie und Kobe mehr zusammenspielen zu lassen, das hätte nicht funktioniert. Da hätten wir einige Probleme bekommen im Rebounding oder in der Defense. Kobe hat genug Spielzeit bekommen.

Kobe Bryant musste sich als Rookie unter Del Harris seine Spielzeit hart erarbeiten.getty

Del Harris: "Mir hat der Basketball in den 80ern besser gefallen"

Aber Kobe war ja einunglaublichehrgeiziger Typ. Es gab sicherMomente, in denenerunzufrieden war, oder?

Harris: Natürlich. Einmal sagte er mir, dass ich Shaq aus dem Low Post nehmen soll. Er könne jeden Spieler der Welt im Eins-gegen-eins schlagen. Ich sagte ihm: "Kobe, dieser Moment, wenn wir das so machen, wird vielleicht eines Tages kommen, aber jetzt sicher nicht. Du kannst im Eins-gegen-eins jeden schlagen, das weiß ich, aber du kannst es nicht effizient genug. Jeder will dich spielen sehen, aber ich werde dir nichts schenken. Du musst es dir verdienen. Du musst es wie ein Championship-Match im Boxen sehen. Du musst ihn K.o. schlagen, Kobe! Du musst ihn ausknocken, wenn du Starter sein willst. Solange du das nicht machst, wirst du nicht starten. Aber wenn du es schaffst, wirst du den Respekt von jedem bekommen." In seinem dritten Jahr war es dann soweit.

Wenn wirunsüberlegen, wiesehrsich der Basketball in der NBA über die Jahrzehnteverändert hat. Wie blicken Sie auf diesen Wandel?

Harris: Mir persönlich hat der Basketball in den 80ern besser gefallen. Wie die großen Teams damals Basketball zelebriert haben, wie der Ball und die Spieler bewegt wurden, war großartig. Die Betonung des Dreiers hat heute dazu geführt, dass manche Spieler, Coaches oder Teams denken, dass es besser ist, je mehr Dreier du schießt. Das stimmt aber nicht unbedingt, du musst schon noch effizient dabei sein. Ein Spieler, der eine Dreierquote von unter 32 Prozent hat, sollte keinen Dreier nehmen, nur weil er offen ist. Sie sollten den Dreier nur im Notfall am Ende der Shot Clock nehmen.

Del Harris über sein Treffen mit Barack Obama: "Sie sind unser Point Guard"

Wie hat sich der Einfluss von Europa auf die NBA gewandelt?

Harris: Früher wären Scouts nie nach Deutschland geflogen, um einen talentierten Basketballer zu finden. Um einen Fußballer zu finden, ja, aber im Basketball war Deutschland nicht auf dem Radar. Heute ist es ganz egal, woher du kommst. Slowenien, Lettland, Serbien - es spielt keine Rolle. Bei den Coaches ist es dasselbe. Inzwischen können wir nicht mehr sagen, dass die besten Coaches der Welt alle in den USA arbeiten. Einige der besten der Welt sind sicher in Europa. Mich persönlich freut das extrem, weil ich diesen Sport so liebe und immer versucht habe, mein Wissen auf der ganzen Welt weiterzugeben. Bis auf Australien habe ich auf allen Kontinenten gearbeitet. Das bedeutet mir viel. Und jetzt sehe ich einen jungen Slowenen wie Luka Doncic mit 19 in die Liga kommen, der in seiner Rookie-Saison dominiert. Kobe war richtig gut mit 19, aber er hat nicht dominiert. Er war nicht der beste Spieler seines Teams. Er hat keine Triple-Doubles aufgelegt und im Schnitt 21 Punkte gemacht. Doncic steht da in einer Reihe mit Magic und LeBron. Der Junge ist phänomenal. Wenn ein Regisseur seine Story als Drehbuch vorschlagen würde, würden alle sagen, dass das ein toller Film wird, aber dass es in der Realität niemals passieren könnte.

Abschließend noch eine Anekdote: Sie habeneinmal den ehemaligenPräsidenten Barack Obama getroffen. Wie kam es dazu?

Harris: Nachdem ich in Dallas als Coach aufgehört hatte und nur noch als Berater der Mavs tätig war, hat mich Vinny Del Negro kontaktiert. Er war ein guter Freund geworden und übernahm den Cheftrainer-Posten bei den Bulls, ohne vorher nur einmal in seinem Leben Trainer gewesen zu sein. Also half ich ihm. Als wir in Washington spielten, lud uns Präsident Obama ins Weiße Haus ein, er ist ja ein Hardcore-Bulls-Fan. Als ich an der Reihe war, ihn zu treffen, sagte ich ihm: "Mr. President, ich weiß, dass Sie Basketball lieben. Sie sind als Präsident der Point Guard unseres Landes. Darf ich Ihnen einen Rat geben?" Er bejahte. "Ein guter Point Guard kennt die Stärken und Schwächen seiner Mitspieler. Spielen Sie den Ball nicht an Mitglieder der Regierung weiter, wenn Sie nicht ganz sicher sind, dass sie offen sind und den Wurf auch treffen." Er hat herzhaft gelacht. Aber er verstand, was ich meinte.

Und was würden Sie dem aktuellenPräsidentenDonald Trump raten?

Harris: Hör' auf zu tweeten! (lacht)