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Lou Williams hält die Saison der Clippers am Leben: "Selbstvertrauen eines Michael Jordan"

Lou Williams hält die Saison der L.A. Clippers am Leben.
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Lou Williams befindet sich bei den L.A. Clippers in der Form seines Lebens und taucht mittlerweile sogar in der All-Star-Konversation auf. Dabei ist eine andere Frage beim "Professional Getter of Buckets" wesentlich wichtiger.

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Das Duell, das sich die L.A. Clippers und die Houston Rockets in der Nacht auf Dienstag im Staples Center lieferten, wird aus verschiedenen Gründen in Erinnerung bleiben - allen voran wohl aufgrund der Tatsache, dass Clint Capela zu einem trojanischen Pferd gemacht wurde, während Chris Paul und ein paar "Schergen" durch irgendwelche Geheimgänge schlichen, um Rache an Austin Rivers zu nehmen. Auch das jetzt schon legendäre Segment bei Inside the NBA mit Live-Reaktionen von Shaquille O'Neal und Charles Barkley dürfte die ganze Angelegenheit unsterblich machen.

Ein ebenfalls unterhaltsamer Subplot der ganzen Geschichte war wiederum eine Aussage von Paul nach dem Spiel, der Lou Williams als "Go-to-Guy" der Clippers bezeichnete. Das wurde als Missachtung von Blake Griffin, dem designierten Franchise Player des Teams, aufgefasst - richtigerweise. Aber ganz so absurd war die Aussage, die Antipathie zwischen Paul und Griffin ausgeklammert, eigentlich doch nicht.

Die Clippers gehören in den letzten Wochen zu den heißesten Teams der Liga und haben elf der letzten 14 Spiele gewonnen - darunter zwei Siege gegen Houston und einer gegen Golden State. Mehr Punkte erzielt als alle anderen Teams (116 pro Spiel) haben sie in diesem Zeitraum ebenfalls. Und der Go-to-Guy, zumindest in den letzten Wochen, ist dabei tatsächlich Lou Williams.

Lou Williams: 50 Punkte gegen die Warriors

Nun ist der Sixth Man of the Year von 2014/15 (mit Toronto) natürlich seit Jahren als professioneller Scorer bekannt, als eine der besser funktionierenden Mikrowellen der jüngeren Vergangenheit. Aber in seiner 13. NBA-Saison spielt der mittlerweile 31-Jährige auf einem noch nie dagewesenen Niveau.

Er erzielt mehr Punkte denn je (23,3), er spielt auch viel mehr Assists (5) - und legt dabei deutlich bessere Quoten auf als in allen bisherigen Saisons. Seine effective Field Goal Percentage (54,4 Prozent) entspricht fast exakt dem Wert von Paul. Nur 15 Spieler erzielen in dieser Saison im Schnitt mehr Punkte als Williams, obwohl dieser von 42 Spielen nur zwölf als Starter eröffnete.

Seit dem 22. Dezember hat Sweet Lou sogar noch mal eine ordentliche Schippe drauf gepackt - über die letzten 13 Spiele legt er durchschnittlich 31,2 Punkte auf und trifft dabei fast schon absurde 46 Prozent seiner Dreier. Den Warriors schenkte er 50 Punkte ein (27 Punkte in einem Viertel!), den Hornets 40 - über die Saison gesehen haben bloß vier Spieler mehr 35-Punkte-Spiele hingelegt als Williams (6).

Lou Williams: Ein "professioneller Scorer"

"Es gibt so Spielertypen, die wir professionelle Scorer nennen - Lou, Jamal Crawford, auch Paul Pierce", sagte Doc Rivers vor Kurzem zu Bleacher Report. "Er punktet auf jede erdenkliche Art. Man kann ihn nicht nach links schicken, weil er von überall tödlich ist. Deswegen schickt ihn die ganze Liga nach rechts, und Lou liebt es. Der Schlüssel für mich lautet nur, ihm aus dem Weg zu gehen."

Williams hat in der Tat nahezu jeden Wurf im Repertoire. In dieser Saison nimmt (und trifft) er den Dreier nicht nur mehr als je zuvor, er erarbeitet sich auch sechs Freiwürfe pro Spiel, von denen er 90,6 Prozent versenkt. Er kann aus der Mitteldistanz abdrücken und sich mit Shake-and-Bake-Arien fast immer den nötigen Platz zum Abdrücken verschaffen.

Seine Kreativität und auch seine Teamdienlichkeit (Williams bereitet 27 Prozent der Field Goals seiner Mitspieler vor, wenn er auf dem Court steht) haben dazu geführt, dass die Clippers trotz unzähliger Verletzungen und einem Kader voller G-League-Alumni noch immer eine Top-10-Offense stellen.

Williams selbst ist dabei gar nicht überrascht von der besten Saison seiner Karriere und erklärte kürzlich sehr nüchtern: "Je älter ich werde, desto klarer sehe ich das Spiel. Ich konzentriere mich nicht auf den, der vor mir steht. Mittlerweile weiß ich einfach, wo und wie ich punkten kann. Es gibt einige Spots, von denen ich Erfolg haben werde, wenn man mich dort hinlässt."

Vielleicht sogar All-Star?

In letzter Zeit scheint es, als wären diese Spots fast überall auf dem Court. Nachdem Williams zweimal in Serie zum Spieler der Woche im Westen gewählt wurde und insbesondere dieses unfassbare Spiel gegen Golden State hatte, beginnen längst auch die ersten Stimmen damit, ihn in die All-Star-Konversation zu bringen - was natürlich eine Premiere für ihn wäre.

Das Gerede ist ihm allerdings nicht so wichtig. "Ich mache einfach meinen Job, genau wie immer", so Williams. "Wenn man sich mit solchen Erwartungen befasst, kann man das Konzept verlieren, dass man einfach nur Spiele gewinnen will. Man will dann nur auf sich selbst schauen. So spiele ich das Spiel aber nicht."

Im Prinzip ist es unerheblich - Williams spielt offensiv eindeutig in All-Star-Form, im Westen wurden aber schon bessere Spieler als er (Damian Lillard zum Beispiel) nicht berücksichtigt, weil die Conference im Backcourt unfassbar tief besetzt ist. Es wäre sicherlich eine schöne Geschichte, wenn er es schaffen würde.

Für ihn persönlich wäre es aber wohl eine noch schönere Geschichte, wenn er zu diesem Zeitpunkt tatsächlich noch für die Clippers spielt.

Undurchsichtige Situation der Clippers

Die Lage von Williams, der in den letzten fünf Jahren für fünf verschiedene Teams gespielt hat, ist ziemlich undurchsichtig: Sein Vertrag läuft aus, es besteht aber die Möglichkeit, dass er während der Saison eine Extension unterschreibt - erste Gespräche haben laut Yahoo! Sports auch bereits stattgefunden.

Wie diese verlaufen werden, hängt aber natürlich auch mit der weiteren Verfassung der Clippers zusammen. Denn auch ihre Saison steht bekanntlich auf Messers Schneide: Momentan sind sie mitten im Playoff-Rennen (Platz 9), vor dem Turnaround der letzten Wochen hat es aber auch schon Gedanken gegeben, das Ganze aufzulösen - unter anderem soll in Minnesota angefragt worden sein, ob die Wolves nicht Griffin haben wollten. Auch um DeAndre Jordan gab es bereits Trade-Gerüchte.

Sollten angesichts der neuerlichen Ausfälle (Jordan, Austin Rivers) doch wieder einige Spiele am Stück verloren werden, könnte dies ganz schnell wieder aufkommen. Und dann hätte Williams in der aktuellen Form natürlich großen Trade-Wert - ein furchtloser und gleichzeitig hocheffizienter Scorer von der Bank würde etlichen Contendern (Boston? Minnesota? Cleveland?) gut zu Gesicht stehen.

Williams hofft auf Verbleib in Los Angeles

Williams selbst ist natürlich bewusst, dass die Chance eines Trades bis zur Deadline am 8. Februar immer besteht. Allein im Kalenderjahr 2017 wurde er ja zweimal getradet, einmal von den Lakers zu den Rockets und dann eben von den Rockets zu den Clippers, im Trade für CP3. Er hofft allerdings, dass es dieses Mal anders läuft.

"Ganz ehrlich, ich hoffe, dass ich die Saison nicht anderswo beende", sagte Williams kürzlich zu ClutchPoints. "Ich gebe mein Herz und meine Seele für dieses Team, um uns trotz der Verletzungen irgendwie im Rennen zu halten. Ich würde hier gerne ein Zuhause finden, ich entwickle langsam eine Bindung zu den anderen. Ich hoffe, dass ich auch am Ende des Jahres noch hier bin."

Selbstvertrauen wie Michael Jordan

Das steht derzeit noch in den Sternen, zu volatil wirken die Clippers. Und zu berechtigt ist auch die Frage, ob sich ein mehrjähriges Investment wirklich lohnt - handelt es sich derzeit nur um einen epischen Hot Streak oder hat es wirklich Klick gemacht? Dass ein Guard mit 31 die mit großem Abstand beste Saison seiner Karriere spielt, ist schließlich alles andere als gewöhnlich und auch den Umständen geschuldet.

Williams wird sich freilich nicht davon beirren lassen, dass seine Situation unklar ist - dafür kennt er das Ganze einfach schon zu gut. Er wird bis zum 8. Februar wachsam bleiben, aber in erster Linie einfach das tun, was er am besten kann: Für Buckets sorgen. In einem Geschäft, in dem man nicht wahnsinnig viel kontrollieren kann, hat er zumindest das in der Hand - und ist sich dessen auch bewusst.

"Lou ist nicht der größte Spieler, er ist nicht der schnellste und springt auch nicht am höchsten", sagte DeMar DeRozan, der in Toronto ein Jahr mit Williams zusammenspielte und ihn seitdem als "Bruder" bezeichnet. "Aber er spielt mit dem Selbstbewusstsein eines Michael Jordan."

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