Die Indiana Pacers haben Paul George für einen Dumping-Preis an die Oklahoma City Thunder verscherbelt und damit ziemlich viele Teams verwirrt. Passen Russell Westbrook und PG zusammen? Warum gab es kein besseres Angebot - und welche Auswirkungen hat der Wechsel auf den Rest der Liga? SPOX beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was bedeutet der Deal für die Pacers?
Die Pacers wussten seit einer Weile, dass sie George nicht würden halten können, insofern mussten sie früher oder später die Reißleine ziehen. Nun ist der Rebuild eingeleitet - allerdings kann man den Deal, den sie mit OKC eingefädelt haben, nicht wirklich als Kickstarter bezeichnen.
Sabonis ist erst 21 Jahre alt und hat in seinem Rookie-Jahr zumindest Ansätze gezeigt, auch wenn er nach diversen Statistiken einer der schlechtesten Starter der Liga war und im Laufe der Saison immer stärker einbrach. Er dürfte dennoch eine recht lange und produktive NBA-Karriere vor sich haben - als Rollenspieler, nicht als Star. Das ist Teil 1.
Teil 2 heißt Oladipo. Beim 25-Jährigen ist noch immer nicht ganz klar, wie gut er ist oder sein kann. Seine Defense ist nur so lala, obwohl er einst als Defensiv-Biest galt. Sein Distanzwurf ist immer noch so mittelmäßig, dass smarte Teams ihn offen stehen lassen.
Er hat durchaus Qualitäten als Scorer und als sekundärer Playmaker, aber nach vier Saisons nichts, was ihn so richtig auszeichnet. Abgesehen von seinem Vertrag vielleicht. In den nächsten vier (!) Saisons stehen ihm jeweils 21 Millionen Dollar zu. Die Pacers müssen also wirklich viel von ihm halten, um dieses Commitment einzugehen. Es half womöglich, dass Oladipo die Indiana University besuchte und anders als George wohl nicht unglücklich darüber ist, in Indianapolis zu spielen.
Das alles ist schön und gut - aber vor allem ist es reichlich wenig Gegenwert für einen der meistumworbenen Spieler des Sommers. Dass die Pacers nicht einmal einen Zweitrundenpick bekommen haben, wirkt wie ein Raubüberfall. Sogar für Bojan Bogdanovic ging letzte Saison ein Erstrundenpick über die Ladentheke!
Abgesehen davon, dass kein Pick ergattert wurde, waren die Pacers zudem auch nicht in der Lage, wenigstens einen der teuren Veteranen-Verträge (Thaddeus Young, Monta Ellis, Al Jefferson) mit abzugeben. Young und Ellis verfügen beide noch über Spieleroptionen für 2018/19, beide haben bei einem Rebuild aber wenig beizutragen. Kein Wunder, dass Indiana sogar von der Polizei in Oklahoma City veräppelt wurde.
Im Hoosier State kann man sich nun auf ziemlich viele Niederlagen gefasst machen, zumal sich ja auch Jeff Teague bereits Richtung Minnesota verabschiedet hat. Myles Turner ist das einzige echte Star-Talent im Kader, voraussichtlich soll um ihn, Oladipo, Sabonis und Ike Anigbogu ein neues Team aufgebaut werden. Klingt spannend? Stimmt, nicht wirklich.
Warum gab es kein besseres Angebot?
Die Frage müsste eigentlich lauten: 'Warum nahm Indiana keins der besseren Angebote an?' Denn allem Anschein nach gab es durchaus reizvollere Optionen, beziehungsweise es hätte sie zu einem anderen Zeitpunkt gegeben.
Die Celtics sollen vorm Draft noch zwei Starter (eine Kombination aus Avery Bradley, Jae Crowder und Marcus Smart) sowie drei Erstrundenpicks angeboten haben. Dabei waren zwar nicht die (sehr wahrscheinlichen) Lottery-Picks aus Brooklyn und Los Angeles beziehungsweise Sacramento involviert, aber eben immerhin Draft-Picks - das wichtigste Gut bei dem Versuch eines Rebuilds.
ESPN zufolge stand zudem ein Drei-Team-Trade mit den Cavaliers und Nuggets im Raum - dabei wäre Kevin Love nach Denver gegangen, George nach Cleveland, und die Pacers hätten ein Paket um Gary Harris, Trey Lyles und einen geschützten Erstrundenpick bekommen. Auch dies wäre ein reizvolleres Angebot gewesen als Oladipo und Sabonis.
Was war also der Grund? Man kann nicht in den Kopf von General Manager Kevin Pritchard hineinschauen, Stimmen aus Cleveland und Boston legen aber Folgendes nahe: Indiana wollte George nicht innerhalb der eigenen Conference abgeben.
Sollte das stimmen, wäre es ein fürchterlicher Grund; es könnte noch ewig dauern, bis Indiana wieder ein Faktor wird und ernsthaft mit Boston oder Cleveland konkurrieren kann. Warum nimmt man also nicht einfach den besten Deal? Was kümmert es die Pacers, wer in den nächsten Jahren um den Titel mitspielt, wo sie doch selber nichts damit zu tun haben werden?
Natürlich besteht auch die Möglichkeit, dass die Pacers entweder die Nerven verloren haben oder dass sie Sabonis und Oladipo für künftige Stars halten. Das wäre allerdings auch kein besonders gutes Zeichen für Indiana. Dieser Trade wäre mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auch in einer Woche noch zu haben gewesen - ein geduldiger GM hätte wohl erstmal versucht, eine Auktion anzustacheln.
Am Draftabend hatte Pritchard noch betont, man werde "keinen schlechten Deal" für George annehmen. Das hat er nun aber getan - ob aus falschem Stolz oder aus Inkompetenz spielt im Endeffekt nur eine untergeordnete Rolle. Den Pacers hat er mit dieser Entscheidung jedenfalls keinen Gefallen getan.
Was bedeutet der Deal für die Thunder?
Natürlich ist das Risiko, dass sie George nur für ein Jahr "gemietet" haben, durchaus real. PG-13 wollte raus aus der Kleinstadt und OKC ist der kleinste Markt in der gesamten NBA. Es kann also durchaus sein, dass George im Sommer 2018 trotz allem den Hut nimmt und sich Richtung Los Angeles verabschiedet.
Der George-Trade bringt aber auch eine Wagenladung Upside mit. Zunächst einmal macht er OKC umgehend wieder relevant: Die Thunder haben noch kein Titel-Team beisammen, mehr als ein Erstrundenaus könnte aber schon jetzt wieder drin sein - und der Sommer ist ja noch nicht vorbei. Sam Presti arbeitet bereits an den nächsten Deals, unter anderem traf man sich am Wochenende mit Rudy Gay.
Der Trade ist außerdem auch ein Zeichen an Russell Westbrook. Der MVP hat zwar erst letztes Jahr seinen Vertrag verlängert, er kann aber trotzdem nächsten Sommer schon wieder aussteigen. Daher will OKC ihm am liebsten schon jetzt einen Mega-Max a la Stephen Curry anbieten - mit George als Co-Star lässt sich da sicherlich leichter argumentieren als mit Steven Adams. Westbrook hat gefordert, dass das Team verstärkt wird. Presti hat ihm nun bewiesen, dass er dazu durchaus in der Lage ist.
Sie mussten dafür zudem wirklich nicht viel riskieren - letzte Saison tradeten sie Serge Ibaka für Oladipo, Sabonis und Ersan Ilyasova nach Orlando, nun brauchten sie nicht einmal Ilyasova, um aus dem gleichen "Paket" George zu machen. Hände hoch, wer das für einen schlechten Deal hält.
Sollte George Mitte der Saison weiterhin von Hollywood träumen, kann man zudem ja immer noch schauen, ob man ihn vor der Deadline selbst wieder abgibt. Bei Presti dürfte man immerhin davon ausgehen, dass er für einen Spieler vom Kaliber eines Paul George wenigstens einen Erstrundenpick abstaubt.
Passen George und Russell Westbrook überhaupt zusammen?
Kurz und knapp: Wenn Westbrook den Ball dominiert wie in der letzten Saison, als er mit einer völlig besinnungslosen Usage-Rate von 41,7 Prozent sämtliche Rekorde pulverisierte, wird es jeder Co-Star schwer haben, der gerne auch mal selbst den Ball in der Hand hält. Wenn man zudem noch ein schlechter Catch-and-Shoot-Spieler ist wie Oladipo, kann man von Zeit zu Zeit dann schon mal verhungern.
George allerdings kann werfen - ziemlich gut sogar. Er ist gut darin, sich abseits des Balles zu bewegen, und kann trotzdem auch mal mit Ball in der Hand kreieren. Wenn man sich einen perfekten Co-Star für Westbrook backen wollte, würde er George ziemlich stark ähneln (am meisten würde er Kevin Durant ähneln, aber das steht auf einem anderen Blatt).
Beide Stars werden sich an eine leicht veränderte Rolle gewöhnen müssen, aber das muss nichts Schlechtes sein. George hat nach Jahren als erste Option zum ersten Mal einen Spieler neben sich, der besser ist als er und neben dem er nicht ständig die gesamte Offense schultern muss.
Das liegt ihm mehr: George kann eine erstklassige "Second Banana" sein. Ein herausragender Verteidiger, der wenn er heiß läuft auch der Topscorer sein kann - der es aber neben Westbrook nicht zwingend immer sein muss. Neben Russ wird George dann vielleicht auch nicht mehr fordern, dass er in engen Spielen den letzten Wurf nehmen muss - obwohl er sie fast nie trifft.
Westbrook wiederum dürfte ebenfalls glücklich sein. Die letzte Saison hat sicher Spaß gemacht, er wurde MVP, aber jetzt ist es an der Zeit, sein Spiel zumindest wieder in etwas normalere Bahnen zu lenken. Russ hat durch Georges Ankunft mehr Platz für seine Drives, ein Shooter von seinem Kaliber stand letzte Saison nicht im Thunder-Kader.
Das kann und muss er nutzen und den Neuzugang auch entsprechend mit einbeziehen. Denn wenn auch George neben ihm verhungert, wird nicht nur er das Team verlassen - es werden auch andere Superstars davon absehen, in der Zukunft mit Westbrook zusammenspielen zu wollen. Das setzt ihn unter Druck, bietet ihm aber auch eine große Chance. Das Potenzial für einen monströsen One-Two-Punch ist zweifelsohne da.
Was bedeutet der Deal für den Rest der Liga?
Neben den Pacers gibt es noch weitere große Verlierer dieses Trades: An erster Stelle die Cavaliers, die die Chance auf den wohl einzigen Spieler verpasst haben, der zu haben war und der wirklich einen Unterschied im Hinblick auf ein mögliches Finals-Re-Re-Rematch gegen die Warriors gemacht hätte (nein, das tut Carmelo Anthony nicht).
In der Bay Area dürfte man sich ins Fäustchen gelacht haben - die Thunder sind nun besser, in der jetzigen Besetzung aber auch noch (lange) nicht auf dem Niveau von Golden State. Auch die Cavaliers haben aber zumindest einen kleinen Grund zum Aufatmen. Denn Boston hat George schließlich auch nicht bekommen.
Selbst dann, wenn Boston Gordon Hayward bekommen sollte, werden die Cavs ihre Vormachtstellung im Osten kaum hergeben müssen. Im Gegenteil: Es gibt nun sogar noch weniger Konkurrenz. Nachdem nun auch Paul Millsap (nach George und Jimmy Butler) gen Westen gezogen ist, wird das Ungleichgewicht der Conferences immer extremer.
Stand jetzt hat sich kein Team im Osten, abgesehen von den Sixers (ausgerechnet!), signifikant verbessert, während die "Superteams" im Westen nahezu aus dem Boden sprießen. Denver ist besser. OKC ist besser. Houston ist besser. Minnesota ist besser. Allein der Kampf um die hinteren Playoff-Plätze dürfte im Westen zu einem absoluten Blutbad verkommen.
Im Osten? Toronto und Washington halten den Status quo, Boston und Miami hoffen noch auf Verstärkungen, die jungen Bucks und Sixers trenden nach oben, Cleveland bleibt der Goldstandard, auch wenn die Möglichkeiten für Verstärkungen langsam ausgehen. Chicago, Atlanta, Brooklyn, (wahrscheinlich) New York, Indiana und Orlando wollen neu aufbauen. Charlotte und Detroit sind irgendwie auch noch da. Reichen 38 Siege für einen Playoff-Platz? 35?
Man stelle sich vor, Anthony wird nach Houston getradet und LeBron wechselt nächste Saison wirklich nach Los Angeles. Nach und nach verkommt die Eastern Conference zu einem postapokalyptischen Brachland a la "Mad Max". Rockets-GM Daryl Morey witzelte bereits bei Twitter, dass sein Team daran arbeite, Houston irgendwie in die Eastern Conference zu befördern.
Wer weiß: Vielleicht wird eines Tages sogar ernsthaft mal darüber nachgedacht, die Conferences tatsächlich einzustampfen.
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