NBA

Am Tropf zweier Shooter?

Von Jan Dafeld
JJ Redick (l.) feierte bei den Clippers einen gelungenen Einstand
© getty

Am Sonntagabend (21.30 Uhr im LIVE-STREAM FOR FREE) kommt es im Staples Center zum Showdown zwischen den L.A. Clippers und Indiana Pacers. Ein interessanter Faktor bei den Clippers: Das Flügelduo JJ Redick und Jared Dudley. Beide kamen im Sommer per Trade nach Los Angeles. Nach 15 Spielen fällt die Beurteilung der beiden Shooter positiv aus. Die Offensive der Clippers gehört zu den besten der Liga. Dennoch sorgen andere Teams für die großen Schlagzeilen. Denn die Probleme der Franchise sind bekannt.

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Nicht allen Fans der Los Angeles Clippers gefiel es, als die Franchise am 2. Juli Eric Bledsoe Richtung Phoenix schickte. Mit seiner Explosivität und Athletik hatte sich der 23-Jährige in die Herzen vieler Zuschauer gespielt und galt bei so manchem Beobachter trotz seiner eher geringen Spielzeit als einer der talentiertesten Point Guards der Liga.

Knapp fünf Monate später werden Bledsoe in Los Angeles allerdings nur noch wenige Tränen nachgeweint. Bei den Suns feierte der Kentucky-Absolvent zwar einen hervorragenden Einstand und legte in seinen ersten neun Partien in der Wüste Arizonas etwa 20 Punkte, 7 Assists und 5 Rebounds pro Spiel auf. Die Leistungen unterstrichen jedoch auch, dass er rein finanziell nicht langfristig als Edel-Backup zu halten gewesen wäre.

Trade für die Eliteschützen

Darüber hinaus wusste der Gegenwert, der für Bledsoe (und Small Forward Caron Butler) im Sommer zu den Clippers wechselte, bisher durchaus zu überzeugen. JJ Redick und Jared Dudley erhielten von Beginn an einen Platz in der Starting Five des Teams und eröffneten Trainer Doc Rivers neue Optionen in der Offensive.

"Wir haben einen unglaublich guten Spieler in Bledsoe abgegeben, doch wir haben auch Spieler bekommen, die wahrscheinlich besser in unser Konzept passen", erklärt der ehemalige Coach of the Year. Was die beiden Swingmen dem Team in erster Linie bringen sollen, ist und war nie ein Geheimnis: Shooting.

Beide gehören zu den dreißig besten Dreipunkteschützen der gesamten Liga innerhalb der letzten fünf Jahre. Vor allem Redick, für den Rivers sehr viele Spielzüge laufen lässt, die häufig an Ray Allen in Boston erinnern, strahlt vom Perimeter eine permanente Gefahr aus. Dazu tritt er im Gegensatz zu Dudley als starker Cutter und Passer in Erscheinung.

Ergänzung zu den bisherigen Stars

Die Gewichtung in der Clippers-Offensive ist simpel, die Rollen klar verteilt. Vereinfacht erklärt: Blake Griffin stellt einen hohen Screen für Chris Paul, JJ Redick bekommt abseits des Balls einen Baseline-Block von DeAndre Jordan und Jared Dudley wartet in der ballfernen Ecke auf einen Pass.

Lieber einen offenen Wurf der Schützen von außen zulassen oder auf die Help-Defense gegen das Pick-and-Roll Duo verzichten? Eine schwierige Wahl für viele Coaches. Bislang entscheiden sich die meisten eher für letztere Variante. Meist wird versucht, Griffin das Pick-and-Pop anzubieten, um dem Forward so einen offenen Wurf aus der Mitteldistanz zu erlauben.

Frühstarter in der Offensive

"Selbst, wenn sie ihre Würfe nicht bekommen oder nicht treffen, setzen sie die gegnerische Defensive unter Druck", lobt der All Star seine neuen Teamkollegen. "Alleine durch die Bewegung und die Präsenz von der Dreipunktelinie, die sie unserer Offensive geben, eröffnen sie uns neue Optionen."

Redick und Dudley eilt ihr Ruf zwar voraus, dennoch versucht Rivers jeden Gegner von Anfang an durch die beiden Schützen unter Druck zu setzen und ihn somit zu einer engen Verteidigung zu zwingen. Über 40 Prozent seiner Punkte erzielt Redick deshalb im ersten Viertel, nur vier Spieler scoren ligaweit in den ersten zwölf Minuten besser als der 29-Jährige (6,7 Punkte). Gegen Chicago waren Redick und Dudley so für 17 der 31 Punkte verantwortlich.

Auch in Transition werden die beiden Flügelspieler häufig als schnelle Scoring-Optionen genutzt. In einem Team, in dem die gegnerische Defensive in erster Linie darauf bedacht ist, die Highflyer Griffin und Jordan nicht frei in ihrem Rücken laufen zu lassen und dadurch meist tiefer absinkt, ergeben sich im Schnellangriff immer wieder offene Würfe. Nahezu 50 Prozent der Abschlüsse Redicks und Dudleys erfolgen innerhalb der ersten 10 Sekunden des Angriffs.

Abhängigkeit als Gefahr

Allerdings wandelt das gesamte Team auf einem schmalen Grat. Die hinzugewonnenen Fähigkeiten von außen machen die Clippers zwar gefährlicher, gleichzeitig begeben sie sich dadurch jedoch in eine gewisse Abhängigkeit. Gegen OKC, Miami und Memphis trafen die beiden Neuzugänge weniger als ein Viertel ihrer Dreier - prompt erzielte man durchschnittlich mehr als zehn Punkte weniger als in den restlichen Partien und verlor alle drei Spiele.

"Wir versuchen uns in der Offensive weiterhin zu verbessern", erklärt Point Guard Chris Paul. "Uns muss einfach klar werden, dass in manchen Spielen ein bestimmter Plan funktioniert und in anderen eben nicht." Der 93:80-Sieg im letzten Spiel gegen die Knicks könnte ein Schritt in die richtige Richtung gewesen sein. Zum ersten Mal in dieser Saison genügten den Clippers weniger als 102 Punkte zum Sieg. Zum zweiten Mal in Folge ließen sie weniger als 83 Punkte zu.

Starke Defensive der Stammformation

Nach diesen Spielen kletterte der Pacific-Division-Champion der vergangenen Saison zwar aus dem letzten Tabellendrittel in der defensiven Effizienz, lässt als Team aber weiterhin mehr als 102 Punkte pro 100 Angriffen zu - zu viel für eine Franchise mit den Ansprüchen der Clippers.

Dabei trifft die Starting Five trotz all der Kritik, die vor allem auf die Big Men Blake Griffin und DeAndre Jordan einprasselt, nur wenig Schuld an der defensiven Misere.

Chris Paul, JJ Redick, Jared Dudley, Blake Griffin und DeAndre Jordan standen in der laufenden Saison bisher in 38 Prozent der Minuten zusammen auf dem Feld. Der eine Punkt, den sie pro Angriff zulassen, ließe sie an den Top-10 der Liga kratzen - und das, obwohl sie die gefährlichsten gegnerischen Lineups zu Beginn und am Ende des Spiels verteidigen. Selbst wenn Bullock oder Barnes Dudley auf der Drei ersetzen, kann die Formation den guten defensiven Wert halten.

Puzzlestück in der Reserve fehlt

Der Weg zu einer besseren Team-Defense der Clippers führt wohl nicht über die Flügelspieler. Dabei absolvierte Matt Barnes, der wahrscheinlich beste Wing-Defender des Teams, lediglich die Hälfte der Spiele.

Das Problem ist vielmehr, dass Doc Rivers keinen guter Zonen-Verteidiger von der Bank bringen kann. Byron Mullens weist das mit Abstand schlechteste Defensive Rating der gesamten Liga auf. Auch Antawn Jamison, der in den letzten Spielen endlich Mullens' Platz in der Rotation einnehmen konnte, ist, trotz seines teils positiven Einflusses auf das Clippers-Spiel, alles andere als ein starker Verteidiger.

Ein Team von vielen

Auch deshalb sorgen die Clippers in der unglaublich hart umkämpften Western Conference noch nicht für Furore. Das Powerhouse scheinen (erneut) die Spurs zu sein, die Blazers bekamen für ihre lange Siegesserie zudem viel Aufmerksamkeit. Los Angeles steht dagegen bislang nicht wirklich besser da, als die Konkurrenten aus Oklahoma City oder auch Houston. Dies gepaart mit den schwachen Eindrücken, die Blake Griffin und Co. im letzten Jahr in den Playoffs hinterließen, jagt keinem der Konkurrenten wirklich Angst ein.

Doch das Team ist auf einem guten Weg: Mit Siegen über die Warriors, Thunder oder auch Rockets (zweimal) zeigten die Clippers, dass sie mit den besten Teams der Liga durchaus mithalten können. Zudem ist das defensive Konzept von Trainer Doc Rivers von Spiel zu Spiel besser zu erkennen. Mit den Indiana Pacers folgt nach den guten Auftritten gegen die Knicks und Bulls nun allerdings der erste echte Prüfstein.

Gegen die mit Abstand beste Verteidigung der NBA werden die Clippers eine gute bis exzellente Saisonleistung benötigen. Chris Paul dürfte nach seinen Oberschenkelproblemen gegen die Knicks rechtzeitig fit werden, sodass sich in Los Angeles eigentlich niemand Sorgen um die Offensive machen muss - zumindest solange die Shooter heiß laufen.

Der NBA-Spielplan im Überblick