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"Das ist nicht Brett Favre"

Von Jan-Hendrik Böhmer
Brett Favre, Rücktritt, Green Bay Packers, NFL
© Getty

München - Brett Favre. Nach 17 Jahren NFL hat der Quarterback der Green Bay Packers seine Karriere beendet. Konnte sich einfach nicht mehr motivieren, sah keinen Grund mehr, die Strapazen einer kompletten Saison durchzustehen - war mental ausgelaugt. 

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"Ich bin einfach müde", hinterließ er "ESPN"-Redakteur Chris Mortensen auf dessen Mailbox. "Körperlich fühle ich mich fit. Aber die Arbeit innerhalb der Woche wurde mir einfach zu viel. Ich versuche mich immer zu steigern. Und die einzige Steigerung zur letzten Saison wäre ein Super-Bowl-Sieg." Und genau diesen glaubte Favre mit den Packers nicht mehr erreichen zu können. Nicht ohne gezielte Verstärkungen.

"Er hat sehr mit sich gerungen", erklärt Clark Henegan, ein langjähriger Freund von Favre der "Green Bay Press Gazette". "Und bis zuletzt hat er gehofft, dass irgendetwas passiert, dass ihn an den Super Bowl glauben lässt. Dass die Packers etwa einen Randy Moss verpflichten. Erst als dem nicht so war, musste er eine Entscheidung treffen."

"Das ist nicht der Brett Favre, den ich kenne"

Eine Entscheidung, die nach ähnlichen Situationen in den vergangenen Jahren viele überrascht, wenn nicht gar schockiert. Besonders nach Favres überragender Saison.

"Das ist nicht der Brett Favre den ich kenne", sagte Sport-Kolumnist Jay Mariotti von der "Chicago Sun-Times" in der TV-Sendung "Around the Horn". "Der würde keine Herausforderung ablehnen. Ich kann es einfach nicht verstehen, dass er ausgerechnet jetzt aufhört, wo es mit den besten Packers seit Jahren so viel zu erreichen gibt."

Ärger mit den Packers-Managern? 

Was ist also passiert? Wie der Favre-Vertraute Henegan tippt auch Football-Experte Woodrow Wilson Paige bei "ESPN" auf Differenzen mit den Packers-Bossen: "Ich denke es wäre nicht passiert, wenn sich das Packers-Management anders verhalten hätte", so Paige. "Wenn sie auf Favre gehört und Randy Moss verpflichtet hätten, dann wäre er geblieben."

Und er geht noch weiter: "Ich glaube Favre war sehr wohl bereit zurückzukommen. Erst als sich die Packers entschlossen, das Team nicht so zu verstärken, dass es endgültig zu einem Spitzenteam wird, sah er keinen Grund mehr, seine Karriere fortzusetzen."

Kein Fehler der Packers

Hätten General Manager Ted Thompson und Head Coach Mike McCarthy also mehr tun müssen, um Favre zu einer weiteren Saison zu überreden? Thompson und McCarthy meinen "nein". Wie in den letzten Jahren hätte McCarthy auch jetzt jede Woche persönlich mit Favre gesprochen und stellte klar, dass sie Favre "zurückhaben wollten".

Und auch Favre sagt: "Das hat überhaupt nichts mit den Packers zu tun. Wirklich nicht. Auch nicht damit, wen sie verpflichten - und wen nicht. Ich komme mit allen hier gut klar."

Probleme und Missverständnisse 

Allerdings gab es zuletzt häufiger Reibereien und Missverständnisse. Neben den unterschiedlichen Meinungen zur Einkaufs-Politik der Packers soll es auch Probleme um den Einsatz von Ersatz-Quarterback Aaron Rodgers gegeben haben.

McCarthy hätte demnach geradezu Angst gehabt, Favre vom Feld zu nehmen und sich anschließend gesträubt dies mit dem 38-Jährigen zu besprechen.

"Natürlich hatten wir unsere Differenzen" gibt McCarthy jetzt zu. "Das ist in unserer Beziehung doch ganz klar. Aber offenbar habe ich seine Aussagen komplett missverstanden. Denn ich dachte wirklich, dass er zurückkommt. Ich bin fassungslos."

Favre, ein Synonym für alles Gute

So wie die meisten Fans. Dennoch können sie Favres Entscheidung verstehen, sehen sie sogar als einen letzten Dienst an den Packers. "Er schuldet uns nichts", meint etwa Packers-Fan Lee Nelson stellvertretend für viele Favre-Anhänger. "Er geht nach einer großartigen Saison und überlässt das Feld nun der Jugend."

Und auch Favre selbst fühlt sich gut, glaubt das Team ist ohne einen unmotivierten Favre besser dran. Wie viele Fans sieht er im 24-jährigen Rodgers, der seine gesamte bisherige Profi-Karriere in Green Bay unter Favre verbrachte, einen geeigneten Nachfolger.

Noch. "Denn Rodgers sollte seine Sache lieber gut machen", sagt Packers-Experte Tom Dombeck von "Channel 20" zu SPOX.com. "Sonst kann die Stimmung hier ganz schnell umschlagen." Und die Favre-Fußstapfen sind groß: "Brett Favre wird immer ein Synonym für alles Gute bei den Packers und in Green Bay bleiben", schreibt selbst Green Bays Bürgermeister Jim Schmitt in einem Statement auf "packers.com".

Streit bei den Packers, oder einfach müde? Diskutiere die Gründe für den Rücktritt von Brett Favre im Forum. 

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